„Das ändert doch nichts an der Handlung, oder?“ murmelte ich vor mich hin, als ich meine Schwester und die anderen allein ließ. Natürlich aktivierte ich eine Barriere um sie herum, damit die wilden Bestien ihnen nichts antun konnten. „Na ja, ich hoffe es zumindest …“
Wie auch immer, ich wollte diese Kreaturen einholen, oder besser gesagt, die Wesen, die „Spectral Shades“ genannt wurden und nur Schachfiguren in einem größeren Spiel waren.
Sie aufzuspüren war relativ einfach, da einige von ihnen noch Spuren von Aurelius‘ dunklem Äther trugen. Sie führten mich zu einer Höhle tief im Wald, einem Ort, an dem die Dunkelheit aus jeder Ritze zu sickern schien.
Ich wusste, dass ich mein Ziel erreicht hatte.
Ein Magier der mittleren Sternenstufe war dafür verantwortlich, sie herbeizurufen und sie auf das Lager anzusetzen, das sich dort versteckte. Soweit ich mich erinnere, stand geschrieben, dass er schwer verletzt war und sich auf diese Kreaturen verließ, um seine Wunden zu heilen und sich zu erholen.
Ihn am Leben zu lassen, hätte bedeutet, einen weiteren Vorfall wie den heutigen zu riskieren, nein, sogar noch Schlimmeres. Er tauchte später in der Geschichte auf und verursachte einen ziemlich großen Zwischenfall, den die Hauptfiguren nur knapp überstanden. Ganz zu schweigen davon, dass viele Menschen ums Leben kamen.
Aber das will ich nicht zulassen. Deshalb bin ich gekommen, um das Problem zu beseitigen, bevor es weiter eskaliert.
Das wird allerdings sicher nicht einfach werden. Denn selbst wenn er verletzt ist, dürfte seine derzeitige Kraft der eines Lunar-Tier-Erwachten mittlerer Stufe entsprechen, genug, um mich in einem direkten Kampf zu besiegen.
Aber ich hatte einen Plan, auf den ich mich vorbereitet hatte. Ich werde versuchen, ihn mit einem Schlag zu erledigen. Wenn das nicht klappt, muss ich alles geben, um zu überleben und zu gewinnen.
Mit diesem Plan im Kopf betrat ich die Höhle, bekleidet mit dem Mantel der Unsichtbarkeit, der meine Anwesenheit verbarg, während ich tiefer in die Dunkelheit vordrang.
Es war unheimlich still in der Höhle, das einzige Geräusch war das leise Echo meiner Schritte auf dem felsigen Boden. Ich folgte der Spur aus dunklem Äther und navigierte durch die verwinkelten Tunnel, bis ich eine Höhle erreichte, die in ein unheimliches violettes Licht getaucht war.
Dort, in der Mitte der Höhle, lag der verletzte Magier, umgeben von einem Schwarm Spektralschatten. Seine Aura war schwach, aber immer noch beeindruckend, was darauf hindeutete, dass er noch lange nicht machtlos war.
Vorsichtig beobachtete ich seinen Zustand. Er schien in tiefer Meditation zu sein und wahrscheinlich die dunkle Energie der Schatten zu nutzen, um seine Wunden zu heilen.
Sollte ich jetzt angreifen? Oder tut er nur so?
Aber jetzt ist der beste Zeitpunkt …
Okay, los geht’s!
Doch gerade als ich mich bewegen wollte, öffnete der Magier plötzlich die Augen und strahlte ein schwaches violettes Leuchten aus.
Ich erstarrte und fragte mich, ob er mich entdeckt hatte.
„Hm…“, hörte ich ihn murmeln, als würde er lauschen.
„Also gab es doch jemanden wie ihn … Interessant …“ Ein seltsamer Glanz huschte über seine Augen und ein widerlicher Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Die Prophezeiung war also doch wahr. Und wer hätte gedacht, dass derjenige, der die wahre ‚Dunkelheit‘ besitzt, sich an einem Ort wie diesem versteckt. Das Opfer hat sich gelohnt, Keke …“
Hä, wovon redet er denn?
Während ich versuchte, die kryptischen Worte des Magiers zu verstehen, schossen mir mehrere Fragen durch den Kopf. Welche Prophezeiung? Was meinte er mit „demjenigen mit wahrer Dunkelheit“? Und von welchem Opfer sprach er?
Die plötzliche Enthüllung des Magiers hat mich total überrascht. In dem Roman stand nichts über diese Prophezeiung oder jemanden mit wahrer Dunkelheit. Es war, als hätte die Geschichte eine unerwartete Wendung genommen, mit der ich nicht gerechnet hatte.
Aber dann ging mir ein Licht auf.
Der Magier musste einen verbotenen Zauber benutzt haben, um den sogenannten „Einen mit wahrer Dunkelheit“ aufzuspüren, wahrscheinlich Aurelius.
Deshalb war er verletzt. Im Roman stand nicht, wie er verletzt worden war, was meine Vermutung plausibel machte.
Mein Herz raste, als mir die Schwere der Lage bewusst wurde. Wenn der Magier Aurelius aufgrund einer Prophezeiung aufgespürt hatte, dann war er in größerer Gefahr, als es dargestellt worden war. Schließlich war nicht klar, ob der Magier ihn töten oder nur auf die Probe stellen wollte …
Und war er allein, oder steckte eine Organisation oder ein Kult dahinter?
Ich blieb wie angewurzelt stehen und hoffte, der Magier würde mehr verraten, aber zu meiner Enttäuschung schloss er die Augen und versank wieder in seiner Meditation, sodass ich keine Chance mehr hatte, weitere Informationen zu erhalten.
Ich seufzte innerlich, erleichtert, dass er mich nicht bemerkt hatte, aber enttäuscht, dass er aufgehört hatte zu reden.
Aber jetzt war ich mir noch sicherer, dass ich schnell handeln musste. Ich weiß nicht warum, aber ich habe das Gefühl, dass es an mir liegt, dieser Bedrohung allein entgegenzutreten. Und ich kann mir keine Fehler leisten. Ein falscher Schritt könnte mich alles kosten. Es war unklar, ob der Magier wirklich verletzt war, wie es im Roman stand.
Nein, jetzt war nicht die Zeit zu zögern.
Ich holte tief Luft und näherte mich dem Magier vorsichtig, ohne ein Geräusch zu machen.
Ich zog meine Waffe und bereitete mich auf das vor, was kommen würde. Der Magier hielt die Augen geschlossen und bemerkte mich nicht, als ich mich näherte. Mit einer schnellen und geräuschlosen Bewegung positionierte ich mich hinter ihm, bereit zum Schlag.
Ich nahm all meinen Mut zusammen und startete meinen Angriff, wobei ich auf eine lebenswichtige Stelle zielte, die ihn mit einem Schlag besiegen würde.
Die Klinge zerschnitt die Luft mit tödlicher Präzision und zielte direkt auf den Hals des Magiers.
Als meine Klinge auf den Hals des Magiers herabfiel, schien er die Gefahr im letzten Moment zu spüren. Mit einer schnellen Bewegung rollte er sich zur Seite und entging knapp dem tödlichen Schlag. Mein Angriff war jedoch nicht völlig umsonst; die Klinge streifte seine Schulter und hinterließ eine tiefe Wunde.
Verdammt, ich habe eine so gute Gelegenheit vertan.
„Urgh!“ Der Magier stieß einen Schmerzensschrei aus, als Blut aus der Wunde spritzte und seine dunkle Robe befleckte. Er rappelte sich auf, seine Augen blitzten vor Wut und Vorsicht.
„Du wagst es, mich anzugreifen, du kleiner Wicht?“, knurrte er, und seine Stimme hallte durch die Höhle. „Für deine Unverschämtheit wirst du teuer bezahlen!“
„Greift ihn an!“
