Selbst mit einer perfekten Karte, um die alten Runen abzudrucken, die Amedith auf dem Boden gesehen hatte, als die Teufel die Dunkelelfen zerfetzten, schien es, als würde der Zauber ohne festen Boden einfach nicht funktionieren. Vielleicht lag es an den Runen selbst, da sie nicht wirklich zum Abdrucken gedacht waren. Um diese Theorie zu überprüfen, schnitzte Raven die Rune, die er Darius vor seinen Augen mit Tinte gemalt hatte.
„Leichte Heilung“, sagte er und warf die Schriftrolle in die Luft, während er Regalia ansah.
Ein leuchtend grüner Luftwirbel umgab die Halbwölfin und die Kratzwunde an ihrer Hand, die bis aufs Blut ging, verschloss sich augenblicklich.
„Es liegt also doch an der Erde und vielleicht noch an etwas anderem“, bestätigte die Gruppe ihre Vermutungen und beschloss, sich auf Runen zu verlassen, die keine Oberfläche benötigten.
Die allererste war die Rune für Massenhysterie, dann einige Heilungen und schließlich die giftige Wolke der Verwirrung, die ihren Feinden die Luft zum Atmen nehmen konnte. Raven dachte auch an Höllenfeuer, aber das erforderte Vorbereitungen – etwas, das er sich angesichts des Geländes, in dem sie sich befanden, nicht leisten konnte.
Sich im Schatten zu verstecken, um diese magischen Kreise unter den Füßen der Minotauren zu schnitzen, war eine Sache, aber das auf dem Meeresgrund? Wenn es in der Hölle überhaupt einen gab? Es gab einfach keine Möglichkeit, das zu tun – nicht ohne sein Leben zu riskieren, indem er gegen die Schrecken kämpfte, die in der Tiefe lauerten.
„Ich werde noch mal nach den Geschwistern sehen, versucht in der Zwischenzeit, euch alle Runen zu merken, die ihr könnt“, sagte Raven, bevor er sich von der Gruppe verabschiedete und wieder nach oben ging. Diesmal wurde er aber nicht von düsteren Blicken der Elfen empfangen, sondern die beiden waren laut und fröhlich, während sie große Fische aus dem Meer zogen.
Die Geschwister waren hingegen nirgends zu sehen, sie waren in einem Wohnbereich unter einer anderen Kabine verschwunden. Das Schiff war doppelt so groß wie ihr ursprüngliches Boot und bot genug Platz für alle, vielleicht nicht zu groß, aber auch nicht zu klein.
„Ich könnte diese Idioten schon jetzt umbringen, aber wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können.“
Raven griff in seine Tasche und holte den dunkelschuppigen Schmuck hervor, der alles Licht in seiner Umgebung verschlingen konnte. Er wollte ihn gegen die Schiffe einsetzen, aber da sie im Freien kämpfen würden, blieb seine Wirksamkeit fraglich, da sie nur den Horizont um sich herum sahen.
„In ein oder zwei Tagen sollten wir sie auf halbem Weg nach Lantherem treffen.“
Er steckte den Schmuck wieder in seine Tasche und beschloss, sich den Mädchen beim Fischen anzuschließen, während er darauf wartete, dass die Nacht tiefer wurde, damit er versuchen konnte, Jahandeers Schwestern einer Gehirnwäsche zu unterziehen. Wenn Athenias Worte wahr waren, als sie ihm diesen Segen gab, dann konnte nichts sie davon abhalten, ihm zu gehören, außer vielleicht der Einfluss eines anderen Gottes – den der Dschinn jedoch offenbar überhaupt nicht hatte.
Raven nutzte diesen Vorteil und schlich sich mitten in der Nacht, als die Geschwister endlich schliefen, zu ihnen. Aber anstatt ihre Gedanken direkt zu kontrollieren, pflanzte er einen Samen der Abscheu und des Hasses gegenüber ihrem Bruder in sie. Er wollte, dass ihr Übergang von Liebe zu Verachtung fließend und nicht überstürzt verlief.
„Als ich das letzte Mal die Gedanken dieser Centurian-Mädchen auf einmal verändert habe, sind sie wirklich verrückt geworden.“
Trotzdem verließ Raven mit überraschender Leichtigkeit den Raum, sicher, dass er sie im Bedarfsfall dazu bringen konnte, seinen Befehlen zu folgen. Jetzt stellte sich ihm nur noch eine Frage …
„Wir müssen wohl einfach abwarten, ob dieses Geschenk bei Dschinns funktioniert oder nicht.“
Theoretisch hatte er keine Zweifel, aber wenn sogar Unsterbliche sterben konnten, gab es nichts Absolutes auf dieser Welt. Selbst seine Schattenschritte hätten gerade entdeckt werden können, und das Geschenk hätte auch fehlschlagen können, aber zum Glück schien das bisher nicht der Fall zu sein.
Als sie zu den Mädchen zurückkehrten, flüsterte Raven ihm seinen Plan zu, während das Trio weitergemacht hat. In ein oder zwei Tagen würde die Gruppe auf diese Flotten treffen und gezwungen sein, gegen die Hexenjäger zu kämpfen. Das Gewehr war immer noch schwer abzuwehren, aber auch dafür hatte Raven eine super Idee.
„Passt nur auf, dass ihr nicht zu nah an sie herankommt, und schaltet wenn möglich jeden aus, der versucht, einen Feuer- oder Heiligzauber einzusetzen“, wies er sie vor dem Kampf an und stellte sicher, dass sie auf alles vorbereitet waren.
„Willst du das wirklich ohne Erika machen?“, warf Aria ein, immer noch etwas verwirrt darüber, warum ihre Hauptheilerin beim Kampf nicht dabei sein würde.
Raven blickte zurück zur Tür, die zu den vielen Räumen im Erdgeschoss führte, und behielt den Eingang im Auge, während er auf Arias Bedenken einging.
„Asmodia und Erika, wir brauchen beide in Bestform, wenn wir auf der Insel sind“, da niemand kam, beschloss er, Aria doch direkt anzusehen.
„Ganz zu schweigen davon, dass ich möchte, dass sie ihren Einfluss auf der Insel nutzt, um die Bürger an das gegenüberliegende Ende der Insel zu bringen, wo wir landen werden. Das Letzte, was ich will, ist, die Zahl der potenziellen Anhänger von Athenia zu verringern.“
„Verdammt, du hast recht. Diese Dummköpfe hören auf niemanden außer ihr, und selbst dann bezweifle ich, dass alle zustimmen werden.“
„Das ist egal, wir müssen nur die Mehrheit in Sicherheit bringen. Den Idioten kann man nicht helfen, wenn sie sich selbst dafür entscheiden.“ Erika würde die Bedrohung für ihr Leben nicht geheim halten, und wenn jemand so dumm war, zu bleiben, dann war das ganz allein seine Schuld – zumindest hatte Raven sich das eingeredet.
Unschuldige Opfer wollte er nicht, aber wenn er die Wahl hatte, dieses Chaos ordentlich zu bereinigen, ohne dass jemand aus seiner Gruppe sterben musste, oder zu versuchen, alle zu retten, dann war die Entscheidung klar.
„Ich hoffe, ihr Leben ist das wert, was auch immer du ihnen bringen wirst …“
Raven blickte zum Himmel und wünschte sich von ganzem Herzen, dass Athenia ihren Teil der Abmachung einhalten und die Insel genauso segnen würde wie seine Heimat.
„Jeden Moment …“, flüsterte Melicia im Hintergrund, den Blick auf den Horizont gerichtet, wo jeden Augenblick das erste Schiff auftauchen konnte. „Bringen wir es hinter uns, ihr Bastarde.“
Sie war bereit, sich ihnen zu stellen, und die anderen auch. Jetzt blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu warten und zum Horizont zu blicken, bis endlich das erste Schiff auftauchte.
