Auf dem Schlachtfeld war es still, die Spannung war greifbar, als der Lebensbändiger vom Garuda-Berg herunterkletterte. Seine zarten Hände zitterten, als er die göttlichen Kräuter, die er gepflückt hatte, sorgfältig untersuchte. Jedes Blatt leuchtete mit einem ätherischen Glanz, seine goldenen Adern pulsierten vor uralter Heilkraft.
„Diese Kräuter sind wirklich mächtig“, murmelte der Lebensbändiger. „Perfekt … absolut perfekt.“
Sparky, der uralte Drache, schnaubte leise und senkte seinen massigen Kopf neben den alten Zauberer. Fatty Ben wischte sich den Schweiß von der Stirn und rang noch nach Atem von der gefährlichen Reise.
„Bist du sicher, dass das funktioniert?“, fragte Fatty Ben besorgt.
„Wir haben keine andere Wahl“, antwortete der Lebensbändiger. „Diese Kräuter sind das einzige bekannte Mittel gegen den Höllenbann der Schlange. Aber die Zeit läuft gegen uns. Wir müssen schnell handeln.“
Die menschliche Armee stand in einiger Entfernung und hielt den Atem an. Madam Clark umklammerte ihre Brust und beobachtete, wie der Lebensbändiger arbeitete. Amelia, Sony, Lucy, Maya und Kents andere Begleiter standen in einer Reihe, ihre Gesichter blass vor Angst.
Der Lebensbändiger zermalmte die Kräuter zwischen seinen Handflächen, und eine schimmernde goldene Flüssigkeit trat hervor. Mit präzisen Bewegungen goss er sie über Kents Körper, der immer noch von Kopf bis Fuß in die sich windenden, dämonischen Schlangen gehüllt war.
In dem Moment, als die goldene Flüssigkeit sie berührte, schrien die Schlangen vor Schmerz. Eine nach der anderen verdorrten sie zu schwarzem Staub, ihr verfluchtes Gift wurde durch die göttliche Energie der Kräuter vom Garuda-Berg gereinigt.
Ein tiefer Seufzer der Erleichterung ging durch die versammelten Krieger, als sie sahen, dass Kents Körper von den Schlangen befreit war. Doch seine Haut blieb blass und sein Atem ging stoßweise und schwach.
„Wach auf, Junge …“, flüsterte der Lebensbändiger, seine Stimme kaum hörbar über dem Gemurmel der Armee.
Dann geschah es.
Kents Finger zuckten. Seine Brust hob sich mit einem tiefen, zittrigen Atemzug. Seine Augen flatterten auf und enthüllten seine wilden goldenen Pupillen.
Die ganze Armee brüllte vor Triumph. Jubel hallte über das Schlachtfeld, während sich die Krieger vor Freude umarmten.
„Der Drachenlord ist aufgewacht!“
Doch inmitten der Feierlichkeiten begann die Sonne unterzugehen. Der Himmel verdunkelte sich. Aus den Toren der Dämonenburg dröhnte ein leises, kehliges Knurren – ein Zeichen dafür, dass die Dämonen sich auf ihren Angriff vorbereiteten.
Kent, noch immer schwach, rappelte sich mühsam auf. Seine Mutter eilte mit Tränen in den Augen zu ihm. „Du bist wach! Gott sei Dank!“
Kent biss die Zähne zusammen. „Wir haben keine Zeit … Bereitet die Verteidigungslinien vor …“
–
Weit entfernt, jenseits des Schlachtfeldes, ragte die Burg des Kriegsgottes in den Himmel, ihre goldenen Türme durchbohrten die Wolken.
Eine einsame Gestalt schritt auf den Eingang zu.
Im Gegensatz zu den anderen Göttern, die sich mit göttlichen Gewändern und Ornamenten schmückten, trug diese Gestalt die einfachste Robe eines Zauberers. Ihre Aura war schwach, aber überwältigend, ihre Präsenz bescheiden, aber göttlich.
Der Schicksalsgott war angekommen.
Die Wachen an den Toren des Schlosses verneigten sich sofort. Einer von ihnen rannte hinein, um den Kriegsgott über die Ankunft seines Vaters zu informieren.
Kurz darauf stürmte der Kriegsgott Maximus mit einem widersprüchlichen Gesichtsausdruck nach draußen.
„Vater?“, rief er, als er das gewöhnliche Aussehen des Schicksalsgottes sah. „Warum siehst du so aus?“
Der Schicksalsgott hob eine Augenbraue. „Ist das wirklich das Erste, was du mich fragen willst?“
Der Kriegsgott zögerte. „Ich meine … ich habe dich nicht erwartet.“
„Ich bin als Vater hier, nicht als Schicksalsgott“, sagte die alte Gottheit und trat näher. „Sag mir, Maximus … Habe ich als Vater versagt? Oder hast du als mein Sohn versagt?“
Die Worte trafen den Kriegsgott wie ein Hammerschlag. Sein Atem stockte. „Vater, ich …“
Der Schicksalsgott fuhr mit strenger Stimme fort. „Ich habe dich zu einem Krieger erzogen. Zu einem Beschützer. Zu einem Gott, der seines Titels würdig ist. Und doch sitzt du hier und siehst zu, wie Millionen unter der Tyrannei einer verbotenen Göttin leiden.“
Tränen traten Maximus in die Augen. „Vater, mir sind die Hände gebunden! Die Götter haben einen Eid geschworen …“
„Eide?“ Der Schicksalsgott spottete. „Sag mir, Maximus … Ist dir dein Streben, ein Alter Gott zu werden, wichtiger als die Rettung der Menschheit?“
Der Kriegsgott ballte die Fäuste, Scham brannte in seinem Herzen. „Nein … aber wenn ich mich einmische, werden die Götter …“
„Die Götter?“ Die Stimme des Schicksalsgottes donnerte. „Du bist der wahre Gott! Du herrschst über diese Reiche! Und doch stehst du hier und zögerst, während dein Volk leidet!“
Der Kriegsgott sank auf die Knie. Sein Herz schmerzte vor Schuld. „Was soll ich tun, Vater? Sag mir … was kann ich tun?“
Der Schicksalsgott seufzte und trat vor. Er legte eine feste Hand auf die Schulter seines Sohnes. „Maximus, du musst dich an etwas erinnern. Du bist nicht nur ein Gott. Du bist mein Sohn. Bevor du zum Kriegsgott wurdest, warst du ein Krieger. Du warst ein Beschützer. Beweise mir heute, dass du dieses Titel würdig bist.“
Maximus blickte auf, Tränen liefen ihm über das Gesicht. „Ich verstehe jetzt … Ich werde nicht länger untätig bleiben.“
Der Schicksalsgott nickte und begann zu verschwinden. „Dann geh … und zeig der Welt, wer du wirklich bist.“
Der Kriegsgott Maximus kniete vor der leeren Stelle, an der sein Vater, der Schicksalsgott, verschwunden war. Sein Herz pochte, seine Gedanken waren schwer von den Worten seines Vaters. Die Tränen, die sein Gesicht benetzten, waren nicht nur Tränen der Trauer, sondern auch der Erkenntnis.
Sein Vater hatte Recht. Er hatte seine wahre Pflicht vergessen. Er hatte sich von Regeln und Politik davon abhalten lassen, seine Verantwortung für den Schutz der Menschheit wahrzunehmen. Er ballte die Fäuste, und seine göttliche Aura stieg langsam wie ein goldenes Inferno um ihn herum auf.
Maximus sprang auf, und seine Stimme hallte durch die großen Hallen seines Schlosses. „Versammelt alle sofort! Bereitet den göttlichen Streitwagen vor und ruft meine Armee herbei! Wir marschieren sofort los!“
Der Befehl des Kriegsgottes hallte mehrmals wider. Die Burg des Kriegsgottes, die jahrzehntelang still gewesen war, brach in Bewegung aus. Soldaten eilten zur Waffenkammer, polierten ihre göttlichen Waffen und legten ihre Rüstungen an. Die großen Schmiedehäuser brannten hell, während Schmiede alte Schwerter, Speere und Schilde umschmiedeten, die seit Jahrhunderten keinen Krieg mehr gesehen hatten.
Auf dem Übungsplatz stellten sich massige, goldgerüstete Krieger in Formationen auf.
Ihre göttlichen Rösser, majestätische Tiere aus Donner und Feuer, brüllten vor Vorfreude. Der Himmel über der Burg verdunkelte sich, als mächtige geflügelte Kreaturen, Greifen und himmlische Adler, aufflog und auf ihre Herren warteten.
In der Kammer des Kriegsgottes kleideten die Diener Maximus in seine Rüstung. Sein purpurroter Umhang, das Zeichen seines Ranges, wehte hinter ihm her, als er zu den Ställen schritt.
Sein göttlicher Streitwagen, gezogen von sieben himmlischen Hengsten, die von Blitzen umgeben waren, stand bereit. Seine besten Krieger, die Himmlische Garde, bildeten einen Schutzkreis um ihn herum, ihre Gesichter von grimmiger Entschlossenheit geprägt.
General Leontius näherte sich. „Mein Herr, die Armee ist versammelt. Wir warten auf deinen Befehl.“
Maximus kletterte auf seinen Wagen und hielt die goldenen Zügel fest umklammert. „Dann marschieren wir. Heute Nacht werden die Himmel selbst erbeben, wenn wir in den Krieg ziehen!“
Mit einem mächtigen Schrei riss er die Zügel an. Die göttlichen Hengste bäumten sich auf und sprangen los, zogen den Wagen des Kriegsgottes in den stürmischen Himmel. Hinter ihm stürmte die gesamte Armee vorwärts, ihre Schlachtrufe erschütterten den Himmel.
–
[Fortsetzung folgt…]