Musik ist das Schwierigste und gleichzeitig das Einfachste, was man lernen kann. Aber für jemanden, der noch nie ein Instrument gespielt hat und keine Ahnung von Noten hat, ist es unmöglich, die schwierigste Melodie an einem Tag zu lernen und zu spielen. Das ist echt unmöglich und man könnte sagen, es ist so, als würde ein Blinder ein Wagenrennen gewinnen.
Für Kent ist die Situation ähnlich. Er kann nicht mal die Grundlagen der Noten lesen.
Aber um seine Freunde vom Fluch zu befreien, nahm er diese frustrierende Aufgabe auf sich. Zu der harten Arbeit kam noch das nervige Verhalten des Mädchengeistes hinzu, das ihn völlig durcheinander brachte.
Die Tage vergingen wie Minuten, während er sich in das Erlernen der Musik von Grund auf vertiefte. Er zeigte große Geduld, jedes einzelne Instrument bis zur Perfektion zu lernen. Aber ein talentierter Mensch braucht nur ein Motiv, um etwas zu lernen. Das ist bei Kent der Fall.
33. Tag…
Kent saß mit gekreuzten Beinen auf der ewigen Lotusblume, die sanft vor dem imposanten Felsenedikt schwebte. Die alten Schriftzeichen, die in die Oberfläche eingraviert waren, leuchteten schwach und summten mit einer sanften Resonanz, die im gleichen Rhythmus wie sein Herzschlag zu pulsieren schien.
Die Lotusblume schimmerte unter ihm, ein Geschenk des Gottes der Musik als Gefäß, um zu meditieren und die Melodie aufzunehmen.
Die Melodie hieß „Ashta varna Svara Vibhuti“, ein Zauber, der im Laufe der Zeit verloren gegangen war und sich auf acht heilige Texte verteilte. [Acht Seelen, Strahlkraft des Selbst]
Er kniff die Augen zusammen, folgte den leuchtenden Buchstaben und flüsterte den Namen vor sich hin. „Ashta varna Svara vibhuti… Die achtfache Resonanz des Selbst.“
Die Aufgabe begann von vorne, aber diesmal mit mehr Selbstbeherrschung und Perfektion.
Die Tage harter Arbeit zehrten an seinen Nerven, sodass er seine Umgebung und den Grund für sein Tun längst vergessen hatte.
Und doch war er hier, mit der Aufgabe betraut, acht Instrumente gleichzeitig zu meistern, von denen jedes ein Maß an Synchronisation und Geschicklichkeit erforderte, das jenseits seines Vorstellungsvermögens lag. Seine Gefährten, die durch die verfluchte Melodie an den Toren des Schlosses festgehalten wurden, ließen ihm keine andere Wahl, als weiterzumachen.
Der Geist des Mädchens schwebte in den Schatten, auf dem Rand einer schwebenden Plattform.
Ihre goldenen Augen folgten jeder seiner Bewegungen, ihre Neugier flackerte wie Kerzenflammen.
„Schau ihn dir an … er hält nicht einmal die richtige Haltung“, murmelte sie und verschränkte mit einem Seufzer die Arme. „Das wird ewig dauern.“
Doch trotz ihrer Sticheleien wünschte ihr Herz ihm insgeheim, dass er Erfolg haben würde. Kents Triumph bedeutete auch ihre Freiheit, eine unausgesprochene Wahrheit, die zwischen ihnen schwebte.
Kent atmete tief aus und hob die Hand. Der Zauber erforderte mehr als nur das Lesen. Er war lebendig und pulsierte in den Instrumenten, die auf den runden Steinplattformen standen.
Jedes Instrument – eine Veena, eine Tabla, eine Flöte, eine Mridangam, eine Sitar, eine Tambura, eine Muschel und Glocken – leuchtete schwach an seinem Platz. Der Zauber verlangte, dass alle acht gleichzeitig gespielt wurden, um die heilige Melodie zu erzeugen, die den Fluch aufheben würde.
Bevor er die Melodie spielte, traf er letzte Vorbereitungen.
Kent legte zuerst seine Hand auf die Veena [du kannst Guqin nehmen] und spürte die kalten Saiten unter seinen Fingerspitzen.
Er zupfte eine einzelne Note, die durch den Saal hallte und von den Wänden des Schlosses widerhallte. Ein sanftes goldenes Licht breitete sich von der Veena aus, verflüchtigte sich jedoch schnell. Sein Griff wurde fester. Die Instrumente reagierten auf die richtige Melodie, nicht auf einfache Noten.
Eines nach dem anderen näherte sich Kent jedem Instrument, probierte es aus und lauschte. Seine Finger stolperten und erzeugten dissonante Klänge, doch er machte weiter. Die Stunden vergingen, während er sich mühsam den Klang jeder Note einprägte. Seine Kleidung war schweißnass, aber die Entschlossenheit in seinen Augen brannte heller denn je.
Als er versuchte, seinen ersten Klon durch den Zauber zu reproduzieren, flackerte der ewige Lotus unter ihm und signalisierte Erschöpfung.
Er machte weiter, sang die alten Worte, seine Stimme war brüchig, aber fest. Neben ihm erschien ein schwacher Schimmer – ein zweiter Kent, wenn auch verzerrt und verschwommen. Der Klon brach innerhalb weniger Augenblicke zusammen.
„Tsk. Ich habe dir doch gesagt, dass die Haltung wichtig ist“, rief das Mädchen. „Du bist zu steif. Entspann dich. Lass dich von den Instrumenten leiten.“ Entdecke versteckte Geschichten in My Virtual Library Empire
Kent atmete langsam ein und konzentrierte sich. Er passte seinen Griff an, sodass die Veena ganz natürlich in seinem Schoß lag. Diesmal war die Melodie, die erklang, sanfter. Ein weiterer Schimmer, diesmal klarer, stieg aus dem Lotus auf. Der Klon stand aufrecht da, in jeder Hinsicht identisch mit Kent.
Er starrte die Gestalt erstaunt an.
„Ich habe es geschafft …“, flüsterte Kent.
„Ha. Einer geschafft, noch sieben. Feier noch nicht.“
Das Mädchen schwebte nun näher heran und tippte nachdenklich an ihr Kinn. „Trotzdem nicht schlecht.“
Kents Klone vermehrten sich. Jeder Erfolg brachte mehr Selbstvertrauen mit sich. Als der achte Klon vor ihm stand, erkannte er seine Leistung kaum noch. Die Klone bewegten sich im Gleichklang und ahmten jede seiner Gesten nach. Durch ihre Augen sah er die Welt aus acht verschiedenen Blickwinkeln, ihre Sinne verbanden sich mit seinen, als hätten sie einen einzigen Geist.
„Das ist unglaublich“, staunte Kent und ballte seine Hand, während seine Klone die Bewegung nachahmten.
Der Geist des Mädchens beobachtete das Ganze mit kaum verhüllter Bewunderung, hielt jedoch Abstand.
„Er hat es tatsächlich geschafft“, dachte sie. „Vielleicht kann er den Fluch wirklich brechen.“
Als die Klone bereit waren, näherte sich Kent den Instrumenten. Er stellte sich vor sie und mit einem einfachen Nicken begaben sich seine acht Ichs an ihren Platz.
Die Veena, die Flöte und die Sitar erwachten unter ihren Fingerspitzen zum Leben, während das tiefe Dröhnen der Mridangam und der Tabla wie Donner hallte. Die Muschel schmetterte, und der sanfte Klang von Glöckchen erfüllte den Saal.
Das Schloss bebte, die schwarzen Steine zitterten unter der Harmonie der heiligen Melodie. Goldenes Licht sickerte aus dem Boden und kroch die Wände hinauf. Jeder Ton schien die Dunkelheit zu vertreiben und verwandelte das einst unheimliche Bauwerk in etwas Strahlendes.
Während Kent spielte, löste sich der Fluch langsam auf. Einer nach dem anderen regten sich seine Freunde, die am Tor standen, und ihre starren Körper wurden weicher.
Als der letzte Ton verklang, stand die dunkle Burg in goldenem Licht und strahlte im ätherischen Schein.
Der Geist des Mädchens blinzelte ungläubig. Ihre dunklen Kleider wurden milchig weiß, sie verwandelte sich in eine Prinzessin.
„Er … hat es wirklich geschafft“, flüsterte sie.
Kent senkte die Hände, seine Klone verschwanden, als ihn die Erschöpfung überkam. Doch sein Blick blieb auf seine Freunde gerichtet, die wieder zum Leben erwacht waren.
Am anderen Ende der Halle trottete sein Baby-Drache heran und hielt ein paar glitzernde Schmuckstücke im Maul. Kent musste lächeln.
„Natürlich hast du geplündert, während ich die ganze Arbeit gemacht habe“, lachte er leise.
Der Mädchengeist verschränkte die Arme und tat so, als wäre ihr das egal.
„Du bist gar nicht so schlecht, Mensch. Das muss ich dir lassen.“
–
Neujahr ist echt verwirrend, Leute …