Lin Mu konnte sich so ein Wesen nicht mal ansatzweise vorstellen. Das stärkste Tier, das er bis jetzt gesehen hatte, war der Alpha-Stahlrückwolf, natürlich ohne den alten Xukong mitzuzählen. Aber selbst dieser schien nicht so stark zu sein wie dieses Bärenwesen.
Jetzt, wo Lin Mu darüber nachdachte, kam ihm die Aura, die von ihm ausging, eher schwach vor. Es schien fast, als wäre er verletzt.
„Aber trotzdem, Senior, warum sollte der Schutz aktiviert werden, wenn es jetzt schwach ist?“, fragte Lin Mu.
„Das liegt an der Blutlinie dieses Tieres. Das Bärenwesen, das du dort gesehen hast, ist etwas Einzigartiges. Selbst ich habe bisher nur wenige seiner Art gesehen, und sie sind sicherlich keine Bewohner einer Welt wie dieser. Eine Welt wie diese kann nicht einmal die Kultivierung eines einzigen solchen Wesens bewältigen, noch dazu eines Jungtieres“, antwortete Xukong.
Lin Mu war noch erstaunter, da die Situation für ihn immer seltsamer wurde.
„Ein Jungtier? Heißt das …“, begann Lin Mu, verstummte jedoch, als ihm klar wurde, was das bedeutete.
„Ja, diese Bärenbestie … ist ein Kind“, bestätigte Xukong seine Vermutung.
„Aber … aber … wenn es ein Kind ist, dann ist seine Kultivierung wirklich über dem Reich der Unsterblichen?“, fragte Lin Mu erneut.
„Ja, sogar ein Kind dieser Spezies kann bei seiner Geburt über dem Reich der Unsterblichen stehen. Allerdings ist dieses hier zu sehr geschwächt“, sagte Xukong in einem leicht wehmütigen Tonfall.
„Wie heißt das Tier?“, fragte Lin Mu schließlich, als ihm klar wurde, dass er den Namen des Tieres noch immer nicht kannte.
„Dieses Tier wird ‚Großer Schlafbär‘ genannt.
Es ist ein Tier, das nur in höheren Welten zu finden ist und unglaublich stark ist. So stark, dass selbst dieses Exemplar, obwohl es keine hohe Kultivierungsstufe hat, allein durch die Aura seiner Blutlinie den Schutzzauber aktivieren konnte, den ich über dich gelegt habe.
Und ich sage dir, wenn der Schutzzauber damals aktiviert worden wäre, hätte er das Tier zwar verscheucht, aber auch mehr als die Hälfte der Energie des Schutzzaubers verbraucht“, antwortete Xukong.
Lin Mu war ein wenig erschrocken über diesen Aspekt. Er hatte bereits von Senior Xukong gehört, dass der Schutz nicht dauerhaft war und bei jedem Einsatz seine Energie verbrauchen würde. Aber Senior Xukong hatte ihm gesagt, er solle sich darüber keine Sorgen machen, da er noch lange halten würde.
Aber jetzt, wo er hörte, dass es etwas gab, das mehr als die Hälfte der Energie verbrauchen konnte, wurde ihm klar, was für eine Verschwendung das sein könnte. Lin Mu dachte dann an die Blutlinie des Großen Schlafbären. Wenn schon seine Blutlinie so stark war, welche Fähigkeiten hatte sie dann noch?
Aber Xukong schien Lin Mus Gedanken gelesen zu haben, denn er begann, ihm mehr darüber zu erzählen, bevor er überhaupt gefragt hatte.
„Die Großen Schlummerbären sind vor allem wegen ihrer Blutlinienfähigkeit einzigartige Bestien. Diese Fähigkeit wird als „Brunnen des Schlummers“ bezeichnet. Sie ermöglicht es ihnen, ihre Kultivierungsbasis allein durch Schlafen zu verbessern. Ähnlich wie bei einem Brunnen, aus dem man umso mehr Wasser schöpft, je länger man pumpt, verbessert sich die Kultivierung der Bestie umso mehr, je länger sie schläft“, erklärte Xukong.
Lin Mu war von dieser Blutlinienfähigkeit etwas sprachlos.
Wenn überhaupt, kam es ihm ein bisschen unfair vor.
„Es ist wirklich ein Tier, das vom Himmel gesegnet ist“, murmelte Lin Mu vor sich hin.
„Es ist aber nicht alles so gut, wie du denkst. Diese Fähigkeit hat auch eine Nebenwirkung: Sie können nicht vollständig kontrollieren, wann sie schlafen. Es dauert viele Jahre, bis sie lernen, diese Fähigkeit zu kontrollieren, und nur die Erwachsenen ihrer Spezies können sie vollständig verstehen“, sagte Xukong.
Als Lin Mu die Worte von Senior Xukong hörte, gingen ihm weitere Gedanken durch den Kopf, bis ihm ein anderer Gedanke kam. Lin Mu fragte sich, ob es jemanden gab, der die Blutlinienfähigkeit eines Großen Schlafbären erwerben und assimilieren konnte.
„Senior, wenn seine Blutlinienfähigkeit so stark ist, sollte es dann nicht andere Kultivierende geben, die stärker sind als er und sie erworben haben?“, fragte Lin Mu mit einem seltsamen Glitzern in den Augen.
Xukong hatte den seltsamen Glanz in Lin Mus Augen schon einmal gesehen und fühlte sich nun etwas unwohl.
„Ja, viele haben das, aber alle sind gestorben. Diese Blutlinie-Fähigkeit ist nichts, was Menschen leicht kontrollieren können. Selbst unvergleichliche Kultivierende und Menschen, von denen man sagen konnte, dass sie vom Himmel gesegnet waren, sind umgekommen“, antwortete Xukong.
„Warum ist das so? Was ist so gefährlich an dieser Fähigkeit, sie scheint mir ziemlich einfach zu sein“, fragte Lin Mu weiter.
„Die Realität ist, dass die Blutlinienfähigkeit von Tieren nicht immer mit Menschen kompatibel ist und oft in schädlicher Form auftritt. An manche Fähigkeiten muss man sich einfach lange gewöhnen, und die Nebenwirkungen, die ihr Besitzer in dieser Zeit hat, schaden ihm letztendlich oder töten ihn sogar.“
„Im Fall des Großen Schlafbären ist die Nebenwirkung der unkontrollierbare Schlaf. Sobald ein Kultivierender die Blutlinie assimiliert hat, zeigt sie sofort ihre Wirkung. Der Schlaf, der ausgelöst wird, ist lang … sehr lang. So lang, dass der betreffende Kultivierende an Hunger stirbt“, antwortete Xukong.
Lin Mu war wieder mal verwirrt. Er hatte zwar gehört, dass sogar Unsterbliche an dem Erbe des verlorenen Unsterblichen verhungern können. Aber er konnte sich nicht vorstellen, wie das in diesem Fall passieren sollte, da sie ja eigentlich ihre Kultivierung steigern würden.
„Verhungern? Aber wie? Steigern sie nicht stattdessen ihre Kultivierung?“, fragte Lin Mu.
„Nichts ist umsonst, alles hat seinen Preis. Die Fähigkeit des Schlummerbrunnens ermöglicht es zwar, die Kultivierung im Schlaf zu steigern, aber sie verbraucht auch Lebensenergie. Das geschieht zwar nicht sofort. Zuerst verbraucht die Fähigkeit die normalen Nährstoffe aus dem Körper, aber wenn diese aufgebraucht sind, beginnt sie, die Lebensenergie des Körpers selbst zu verbrauchen“, antwortete Xukong.
