Switch Mode

Kapitel 562: Die Bar

Kapitel 562: Die Bar

Die Straßen von Varenthia erstreckten sich vor ihm, verwinkelt und unberechenbar, ganz wie die Lage, in der Caius sich befand.

Er ging mit bedächtigen Schritten neben dem schwarzhaarigen Kerl her, seine Nerven waren angespannt. In seinem Kopf tobte ein Kampf der gegensätzlichen Gedanken.

„Was zum Teufel mache ich hier? Dieser Typ ist stark. Und verrückt. Ist es wirklich eine gute Idee, ihn zu Kael Draven zu bringen?“
Sein Instinkt schrie Nein. Draven war nicht der Typ Mann, der Überraschungen schätzte, und diesen Verrückten zu ihm zu bringen, kam ihm vor, als würde er eine tollwütige Bestie direkt in die Höhle des Löwen führen.

„Aber gleichzeitig … kann ich ihn wirklich aufhalten?“
Das war die eigentliche Frage, oder? Was würde passieren, wenn Caius sich weigerte? Er hatte gesehen, wozu dieser Mann fähig war. So oder so würde er Draven finden.

Musste Caius sein Leben riskieren, um das Unvermeidliche zu verhindern?

Er atmete langsam aus.

„Ja, ja … Lass uns einfach auf ihn vertrauen. Wenn er mich tot sehen wollte, hätte er es schon längst getan.“
Neben ihm ging der schwarzhaarige Mann gemächlich weiter, die Hände in den Falten seines langen Mantels versteckt. Sein Blick wanderte scharf und aufmerksam über die Stadt und nahm jedes Detail in sich auf, wie ein Reisender, der zum ersten Mal ein fremdes Land sieht.

Caius kniff die Augen zusammen.

„Du schaust dich ganz schön um“, stellte er fest.

Der Mann brummte als Antwort und seine Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln.
„Ja.“

Caius neigte den Kopf. „Warum?“

Die dunklen Augen des Mannes huschten zu ihm, und er überlegte einen Moment, bevor er antwortete.

„Jemand, den ich kenne, hat mir gesagt, ich soll ihn finden.“

Caius runzelte die Stirn. „Jemand, den du kennst? Wer?“

Der Gesichtsausdruck des Mannes veränderte sich nicht. „Warst du schon einmal außerhalb dieser Stadt?“

„Ja“, sagte Caius langsam.
„Ins Arcanis-Imperium?“

„Ja.“

Der Blick des Mannes wurde etwas schärfer. „Stormhaven?“

Caius zögerte. „… Nicht so weit.“ Er atmete durch die Nase aus. „Von hier aus sind es mindestens drei Monate zu Pferd.“

Der schwarzhaarige Mann nickte abwesend, als würde er diese Information abspeichern. Nachdenklich trommelte er mit den Fingern auf seinen Mantel.
„Stormhaven? Was hat dieser Ort mit Draven zu tun?“

Caius hatte natürlich schon davon gehört. Eine Stadt im Herzen des Reiches, weit außerhalb der Reichweite des von Söldnern beherrschten Chaos von Varenthia. Aber was hatte dieser Typ mit beiden Orten zu tun?

Der schwarzhaarige Mann winkte ab. „Wenn das so ist, dann hast du sie wahrscheinlich noch nicht getroffen.“
Caius runzelte die Stirn. „Was für eine Argumentation ist das denn?“ Nur weil er noch nie in Stormhaven gewesen war, hieß das doch nicht, dass er diese mysteriöse Frau nicht irgendwo anders getroffen hatte.

Außerdem – „sie“?

Seine Neugierde war geweckt. „Sie?“, fragte er und warf dem Mann einen Blick zu. „Es ist also eine Frau?“
Der Mann blieb nicht stehen, aber seine Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln. „Corvina“, sagte er beiläufig. „Hast du schon mal von ihr gehört?“

Caius dachte einen Moment nach und durchforstete sein Gedächtnis. „Corvina … Nein.“
Der schwarzhaarige Mann schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf. „Siehst du? Versuch nicht, dich zu schlau zu machen.“ Er warf Caius einen Seitenblick zu, sein Tonfall war leicht, aber mit einem scharfen Unterton. „Manche Leute mögen das vielleicht nicht, und du weißt nie, wann dein Kopf auf dem Boden rollen könnte.“

Caius spürte, wie sich sein Magen zusammenzog.

„Verrückter Bastard! Willst du mich etwa umbringen?!“
Instinktiv griff er nach seinem Schwert, zwang sich aber, ruhig zu bleiben.

Dieser Typ hatte Spaß daran, mit Menschen zu spielen. So viel war klar. Er sagte es, als wäre es nur ein beiläufiger Ratschlag – als würde er nicht beiläufig andeuten, dass man vorsichtig sein sollte, weil man sonst sterben könnte.

Caius atmete durch die Nase aus und schluckte den Fluch hinunter, der ihm in der Kehle steckte.

Der schwarzhaarige Mann warf Caius einen Blick zu und grinste.
„Warum bist du so blass?“, fragte er nachdenklich. „Soll ich dir einen Orangensaft holen? Ich habe gehört, das ist gut für die Haut.“

Caius‘ Mund zuckte.

„Orangensaft? Was redet dieser Typ da für einen Unsinn?“

Er biss die Zähne zusammen und widerstand dem überwältigenden Drang, diesem Mistkerl eine zu verpassen. Das würde nichts bringen, außer dass er sich selbst umbringen würde.
Bevor Caius auch nur versuchen konnte, etwas zu erwidern, brach der schwarzhaarige Mann plötzlich in Gelächter aus.

Kein Kichern. Kein amüsiertes Schnauben. Ein volltönendes Lachen.

„AHAHAHA! Mann … du bist lustig!“ Er hielt sich den Bauch und seine Stimme zitterte noch vor Vergnügen. „Habe ich dich zu sehr erschreckt?“
Caius atmete scharf durch die Nase aus und zwang sich, weiterzugehen. Ignoriere ihn. Ignoriere ihn.

Er hatte in seinem Leben schon alle möglichen Söldner, Killer und Kriminelle kennengelernt. Aber dieser Typ? Der war etwas ganz anderes.

Als die beiden ihr Ziel erreichten, hatte Caius einen Entschluss gefasst: Er würde sich nie wieder auf so etwas einlassen.
Sie blieben vor dem „Rusted Fang“ stehen, einer Bar, die in einem der weniger chaotischen Viertel von Varenthia versteckt lag. Es war nicht die größte oder lauteste Kneipe der Stadt, aber diejenigen, die sie kannten, wussten, wo sie war.

Caius stieß die Tür auf und trat ein. Der schummrige Innenraum war erfüllt vom leisen Gemurmel der Stimmen, dem Klirren von Bierkrügen und dem schwachen Geruch von gewürztem Rum und altem Holz.
Mehrere Söldner und Schmuggler saßen an der Bar, einige würfelten in einer Ecke, andere diskutierten leise über Karten und Geldbeutel. Es waren Leute, die keine Aufmerksamkeit suchten, aber einem ohne zu zögern die Kehle durchschneiden würden, wenn man ihnen einen Grund dazu gab.

Caius ging zur Theke und sah einen raubeißenden Barkeeper – ein Typ mit dichtem Bart und einer Narbe an der linken Wange.

„Ich muss Draven sprechen“, sagte Caius leise.

Der Barkeeper hob eine Augenbraue, sein Gesichtsausdruck war schwer zu deuten. „Ach ja?“
Caius nickte. „Es ist wichtig.“ Er zögerte, dann deutete er auf den schwarzhaarigen Kerl neben ihm. „Und, äh … er muss ihn auch sehen.“

Der Blick des Barkeepers huschte zu dem schwarzhaarigen Mann und verengte sich leicht.

Der Mann lächelte nur.
„Sag ihm, es ist ein freundschaftlicher Besuch“, sagte der schwarzhaarige Mann sanft. „Ich möchte nur kurz mit ihm reden.“

Der Barkeeper schnaubte und schüttelte den Kopf. „Es gibt keine freundschaftlichen Besuche, wenn es um Draven geht.“

Trotzdem schickte er sie nicht einfach weg. Stattdessen flüsterte er etwas zu einem jüngeren Mitarbeiter hinter der Bar, der schnell im Hinterzimmer verschwand.
Caius atmete tief aus und spürte, wie sich die Anspannung in seiner Brust zusammenballte.

„Jetzt geht’s los.“

In der Bar herrschte angespannte Stille.

Caius konnte es spüren – die langsame Veränderung in der Luft, das Gewicht der vielen Blicke, die auf ihnen ruhten.

Dann –

Ein Stuhl kratzte über den Boden.
Einer der Söldner im hinteren Teil, ein breitschultriger Mann mit einer gezackten Narbe auf der Stirn, beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. Sein Blick ruhte auf Caius, eine Mischung aus Ungläubigkeit und Belustigung.

„Na, na … Seit wann ist Caius so ein Feigling?“

Ein paar andere kicherten leise und spöttisch.
Caius‘ Auge zuckte. Oh, verdammt noch mal.

„Feigling?“ Er wollte lachen. Wenn einer dieser Idioten an seiner Stelle gewesen wäre, hätte er nicht einfach hier gestanden und sich tough gegeben. Nein, er hätte sich auf dem Boden gewälzt – vielleicht hätte er sogar diesem Arschloch die Stiefel geleckt –, nur um sicherzugehen, dass er nicht zu Asche wurde.
Aber anstatt darauf hinzuweisen, zwang Caius sich zu einem Grinsen und neigte den Kopf in Richtung des Söldners. „Ach ja? Warum tauschst du dann nicht mit mir?“

Der Mann grinste. „Gerne.“

Dann wanderte sein Blick zu dem schwarzhaarigen Mann.

Caius bereute sofort alles.
„Hey“, rief ein anderer Söldner und trat näher an ihren Tisch heran. Er war ein drahtiger Mann mit einem dünnen Schnurrbart und einem spöttischen Grinsen, das einen dazu brachte, ihm sofort eine zu verpassen. „Weißt du nicht, wo du hier bist?“

Der schwarzhaarige Mann blinzelte, ehrlich neugierig. „Nein. Deshalb habe ich einen Führer mitgebracht.“

Es folgte ein Moment der Stille.
Dann brach lautes Gelächter aus.

Der Mann mit dem Schnurrbart schlug sich auf die Knie und keuchte fast. „Ha! Mit einem Führer hierher gekommen!“

„Oh, der ist ja ein echter Knaller!“, fügte ein anderer grinsend hinzu.

Caius spürte, wie seine Kopfschmerzen schlimmer wurden.

„Ihr werdet alle sterben.“
Der schwarzhaarige Mann reagierte nicht auf die Spottrufe. Wenn überhaupt, sah er leicht amüsiert aus. „Nun“, sagte er nachdenklich und legte eine Hand auf den Griff seines Degen. „Scheint, als fändet ihr das alle amüsant.“

Der Söldner mit der Narbe trat vor und knackte mit den Fingerknöcheln. „Ja, ich schon.“ Sein Grinsen wurde breiter. „Du.“
Caius spannte sich an. Nein. Nein, tu das nicht, du dummer Idiot –

Der Söldner mit der Narbe holte aus.

Und das war’s.

In dem Moment, als seine Faust sich bewegte, verschwand der schwarzhaarige Mann.

In einem Moment stand er noch lässig und locker da – im nächsten war er nur noch ein verschwommener Fleck.

Eine Faust schlug ins Leere.
Ein Knacken von Stahl auf Knochen.

Der Söldner schrie auf, als sein Arm in einem unnatürlichen Winkel verdreht wurde und sein Ellbogen durch einen einzigen gezielten Schlag zertrümmert wurde.

Das Gelächter verstummte.

Der ganze Raum geriet in Bewegung.

Stühle wurden verschoben. Waffen wurden gezogen.

Der schwarzhaarige Mann richtete sich auf, seine schwarzen Augen funkelten gefährlich im flackernden Kerzenlicht.
„Ah“, seufzte er und schüttelte den Kopf. „Und ich dachte, das würde zivilisiert ablaufen.“

Er drehte sich leicht um und warf Caius einen Blick zu. „Weißt du, ich verstehe wirklich nicht, warum du so gezögert hast.“

Caius drückte sich die Nasenwurzel.

„Weil ich im Gegensatz zu dir in Ruhe leben wollte, du Verrückter.“

Jetzt war es zu spät.

In der Bar brach Chaos aus.

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, konnte er nur noch die Hölle ertragen. Er hatte keine Familie, auf die er sich verlassen konnte, da sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Eine Seele vom Schlachtfeld: Lucavion Thorne. Aber anscheinend war er viel mehr als nur ein einfacher Soldat, denn das Schicksal hatte noch einiges für ihn auf Lager. Eine Seele von der Erde ... Als sie verschmolzen, wurde ihm klar: Er war ein Bösewicht aus einem Kapitel, dessen einziger Zweck darin bestand, als Kulisse für die Tragödie des Protagonisten zu dienen. Aber war er wirklich nur ein Bösewicht aus einem Kapitel, oder hatte das Schicksal noch ein paar Asse im Ärmel? Verfolge die Geschichte von Lucavion Thorne, wie er den Sinn seiner Seelenwanderung findet und sein eigenes Schicksal entdeckt. ---------- Ein oder zwei Kapitel täglich. Kapitellänge 1500-2000 Wenn du möchtest, kannst du bei mir auf Discord vorbeischauen. Dort kannst du die Illustrationen sehen und mit mir chatten, wenn ich verfügbar bin. https://discord.gg/BQRMhDxZr8 ---------------------------0------------------------------ Geschäftliche E-Mail-Adresse: [email protected] Discord: _yty_ Shattered Innocence: Transmigrated Into a Novel as an Extra ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Action, Abenteuer, Drama, Fantasy, Harem, Romantik und Tragödie abdeckt. Geschrieben vom Autor Darkness_Enjoyer geschrieben. Lies "Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt" kostenlos online.

Comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Options

not work with dark mode
Reset