Der Wind heulte um sie herum, die Nacht erstreckte sich endlos vor ihnen, während Aether ungezähmt und unerbittlich vorwärts stürmte.
Lucavion wurde nicht langsamer. Er reagierte nicht.
Aber Aeliana spürte es.
Die Anspannung in seinem Körper. Die Art, wie er die Zügel etwas fester umklammerte. Die Art, wie sein Atem für einen Moment stockte, bevor er sich zwang, wieder ruhig zu atmen.
Sie grinste.
„Du hast mich gehört.“
Sie beugte sich näher zu ihm, ihre Lippen nahe seinem Ohr, ihre Stimme sanft, leise – unmissverständlich.
„Ich weiß, dass du mich gehört hast.“
Lucavion versteifte sich erneut.
Aeliana kicherte leise.
„Tu nicht so, als hättest du mich nicht gehört.“
Sie spürte, wie er schluckte, konnte förmlich sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete, während er nach einer Ausrede suchte.
Und dann –
„Aha … ahahaha …“
Lucavion lachte.
Der Mistkerl lachte, locker und unbeschwert, als hätte sie nur einen flüchtigen Witz gemacht, als wäre nichts passiert.
„Was hast du gesagt?“, fragte er mit verspielter, ärgerlicher Stimme.
Aeliana kniff die Augen zusammen.
„Oh, so willst du das also spielen?“
Sie grinste.
„Versuch nicht, vom Thema abzulenken“, murmelte sie. „Du kannst mir nicht entkommen.“
Lucavions Lachen hielt an, aber es klang gezwungen.
Sie konnte es hören.
Auch ohne sein Gesicht zu sehen, auch ohne die subtile Veränderung in seinem Atem zu hören –
sie wusste es.
Er versuchte auszuweichen.
Er versuchte, so zu tun, als hätte er nichts gehört, als hätten diese drei Worte ihn nicht so getroffen, wie sie es eindeutig getan hatten.
Aeliana kicherte leise.
„Tsk. Feigling.“
Lucavion sagte nichts.
Er lachte nicht. Er gab keine schlagfertige Antwort.
Er blieb einfach still.
Und genau daran
erkannte Aeliana, dass sie ihn in der Hand hatte.
Ihr Grinsen wurde breiter.
Sie atmete leicht ein, dann –
Mit perfekter Spottstimme vertiefte sie ihre Stimme zu etwas Sanftem, Arrogantem und furchtbar Lucavion-ähnlichem.
„Ich, Lucavion“, sagte sie gedehnt, „habe vor nichts Angst.“
Lucavion atmete scharf aus, aber er ging nicht auf die Provokation ein.
Also fuhr Aeliana fort.
„Wo ist jetzt dein Mut?“
Lucavion lachte höhnisch. „Ich habe vor nichts Angst.“
Aeliana neigte den Kopf und tat unschuldig. „Ach ja?“
Sie legte ihren Arm fester um seine Taille und drückte sich ein wenig näher an ihn.
„Warum versuchst du dann so sehr, dem Thema auszuweichen?“, fragte sie nachdenklich.
Lucavion lachte kurz und gezwungen. „Ich weiß nicht, wovon du redest.“
Aeliana hob eine Augenbraue. „Wirklich?“
Lucavion hielt seinen Blick nach vorne gerichtet. „Wirklich.“
Aeliana schnalzte mit der Zunge.
„Tsk. Dieser Mistkerl.“
Na gut.
Wenn er so tun wollte –
sie würde dafür sorgen, dass er das nicht konnte.
Sie beugte sich wieder vor, ihr Atem streifte sein Ohr.
„Wenn das so ist“, flüsterte sie mit sanfter, fester Stimme, „dann lass mich das wiederholen.“
Und dann –
Leise. Klar. Unmissverständlich.
„Ich liebe dich.“
QUIETSCH!
Aether schrie plötzlich auf, seine Hufe schlitterten über den Boden, als Lucavion hart an den Zügeln riss.
Durch die plötzliche Bewegung wurde Aeliana nach vorne geschleudert, aber sie reagierte sofort –
Sie schlang ihre Arme um ihn, drückte sich an seinen Rücken und hielt sie beide fest, während Aether langsamer wurde und schließlich zum Stehen kam.
Lucavion saß regungslos im Sattel und atmete schwer.
„Haa … haa …“
Aeliana spürte es.
Wie sein ganzer Körper unter ihren Fingerspitzen zitterte.
Sie blinzelte.
Langsam, vorsichtig hob sie den Kopf –
und grinste.
Seine Ohren –
knallrot.
Seine Wangen –
gerötet.
Lucavion – der immer Unerschütterliche, immer Gelassene, immer nervtötend Selbstbewusste –
zitterte.
Und Aeliana hatte noch nie in ihrem ganzen Leben etwas so Entzückendes gesehen.
Aeliana schlang ihre Arme fester um ihn, ihr Griff war unnachgiebig, besitzergreifend.
Sie würde ihn nicht loslassen.
Nicht jetzt. Niemals.
Denn dieser –
dieser Mann, dieser entzückende, lächerliche, absolut verwirrte Mann –
gehörte ihr.
Lucavion atmete scharf ein, sein Atem war immer noch unregelmäßig, sein Körper zitterte immer noch unter ihren Fingern. Seine übliche Gelassenheit, diese ärgerliche Geschmeidigkeit, war völlig zerbrochen, und Aeliana –
Aeliana konnte an nichts anderes denken als an diesen Mann.
Jedes winzige Detail –
Die Hitze, die von seiner Haut ausging.
Die Art, wie seine Ohren noch rot glühten.
Die Art, wie seine sonst so ruhigen Hände jetzt die Zügel ein bisschen zu fest umklammerten, als bräuchte er etwas, an dem er sich festhalten konnte.
Die Art, wie sein Atem jedes Mal zitterte, wenn sie sich auch nur ein bisschen an ihn drückte.
Sie kicherte leise und selbstgefällig und drückte ihr Kinn leicht gegen seine Schulter.
Lucavion war erledigt.
Und das Beste daran?
Sie wusste, dass er sie mochte.
Sie wusste es.
Die Art, wie er zurückgegangen war, um diese Haarnadel zu holen, die Art, wie er sich an so eine Kleinigkeit erinnerte, die sie selbst beiläufig erwähnt hatte –
Er achtete auf sie.
Lucavion, trotz all seiner Arroganz, trotz all seiner neckischen, spöttischen Bemerkungen –
Er bemerkte sie.
Er bemerkte sie immer.
Aeliana grinste, beugte sich näher zu ihm und ihre Lippen streiften sein Ohr.
„Tsch.“ Ihre Stimme war ein Flüstern, sanft und neckisch. „So süß.“
Lucavion zuckte zusammen.
Sein Atem stockte, sein Körper spannte sich wieder an.
„Aha … hahaha …“ Sein Lachen klang gezwungen. „Was … was machst du da?“
Aeliana umarmte ihn fester.
Meiner.
Sie spürte, wie er sich versteifte, sein ganzer Körper sich verkrampfte, und es war –
Es war das Schönste, was sie je erlebt hatte.
Lucavion, schwach gegenüber ihr.
Lucavion, zitternd in ihrer Umarmung.
Lucavion, der ihren Avancen völlig erlegen war.
Sie grinste.
„Oh, Lucavion …“, flüsterte sie und krallte ihre Finger in den Stoff seines Mantels. „Wo ist nur all dein Selbstvertrauen geblieben?“
Lucavion schluckte schwer.
„… Aeliana.“
Seine Stimme klang schwächer als sonst.
Und sie …
Sie fand es toll.
Lucavion war …
rot.
Er war knallrot von den Ohren bis zum Hals, seine Hände umklammerten die Zügel, als wären sie sein einziger Halt in der Realität. Sein Atem ging unregelmäßig, seine Fassung war dahin.
Und Aeliana –
Aeliana war begeistert.
Das war köstlich.
Sie neigte den Kopf leicht und beobachtete mit funkelnden goldenen Augen sein Profil – die scharfe Kinnlinie, die dunklen Augen, in denen etwas Panisches, etwas Zögerliches blitzte.
Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
„Er kommt damit wirklich nicht klar, was?“
Sie biss sich leicht auf die Unterlippe, um das Lachen zu unterdrücken, das in ihrer Kehle brodelte.
„Das ist …“
Lucavions Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, zittrig, unsicher – so anders als sonst, dass Aeliana ein Schauer der Erregung über den Rücken lief.
Sie hob den Kopf und reckte ihr Kinn mit einem langsamen Grinsen.
„Was ist das?“, fragte sie mit einem verschmitzten Unterton.
Sie rückte näher an ihn heran, ließ ihren Atem an seinem Ohr kitzeln, bevor sie –
ihr Gesicht an seiner Schulter vergrub.
„Ich liebe dich.“
Lucavion zuckte zusammen.
Wieder.
Genau wie zuvor. Genau wie jedes Mal, wenn sie diese Worte sagte.
Und Gott, sie genoss das viel zu sehr.
Sie spürte, wie er versuchte, sich zu fassen, eine Antwort zu finden, irgendwie auszuweichen –
Aber dann –
„… Ich …“
Seine Stimme klang zittrig.
Aeliana erstarrte.
Ihr Grinsen wurde ein bisschen milder.
Denn –
Sie wusste es.
Sie wusste, warum er zögerte.
Lucavion war nicht nur ein sorgloser Wanderer, ein zielloser Flirt, der sein Herz nach Lust und Laune verschenken konnte.
Dieser Mann –
Dieser lächerliche, ärgerliche, wundervolle Mann –
hatte seine eigenen Ambitionen.
Seine eigenen Ziele.
Seine eigenen Pläne.
Und es gab noch so vieles, was sie nicht über ihn wusste.
Was er wirklich wollte.
Was er vorhatte.
Welche Zukunft er sich aufbaute –
Und diese Zukunft –
Die war nicht hier.
Nicht in Stormhaven. Nicht im Herzogtum Thaddeus.
Das hatte sie von Anfang an gewusst.
Lucavion hatte eine Vereinbarung mit ihrem Vater getroffen. Er wollte die Unterstützung des Herzogtums, wollte Thaddeus‘ Rückhalt für seinen Plan, was auch immer das war. Und ihr Vater – streng, berechnend, immer wachsam – hatte zugestimmt.
Das bedeutete –
Lucavion würde nicht bleiben.
Die Akademie. Seine Ambitionen. Die Tochter seines Meisters.
All das – Dinge, von denen sie wusste, dass sie Teil seines Weges waren.
Und vielleicht –
vielleicht gehörte sie nicht zu diesem Weg.