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Kapitel 479: Madeleina (2)

Kapitel 479: Madeleina (2)

Madeleina hob den Kopf.

Ihre silberblauen Augen trafen den unerschütterlichen Blick von Herzog Thaddeus, fest und ohne zu zucken.

Sie senkte den Kopf nicht in Unterwerfung.

Sie wandte ihren Blick nicht schuldbewusst ab.

Denn sie war nicht schuldig.

„Warum habe ich das getan?“

Sie wiederholte seine Frage – nicht um Zeit zu gewinnen oder abzulenken, sondern weil sie es verstehen wollte.
Verstehen, was genau er fragte.

Wollte er, dass sie es direkt aussprach? Wollte er, dass sie jeden Gedanken, jede Entscheidung erklärte, als wäre er ein unwissendes Kind, das die Wahrheit vor seinen Augen nicht begreifen konnte?

Als hätte er es all die Jahre nicht selbst gespürt?

Sie schwankte nicht.

„Ja.“

Seine Stimme war kalt, zu etwas geschärft, das weit gefährlicher war als offene Wut.
„Warum hast du mich betrogen?“

Eine schwächere Frau hätte zurückgeschreckt.

Aber Madeleina?

Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper.

i

Weil sie es nicht getan hatte.

Nicht ein einziges Mal.

In all den Jahren nicht.

In nichts, was sie getan hatte.
Verrat? Das war ein Akt der Selbstsucht. Ein Akt der persönlichen Ambition, des Verrats, des Strebens nach etwas für sich selbst auf Kosten eines anderen.

Aber alles, was sie getan hatte – jede Entscheidung, jeder Schritt, jede Handlung – hatte sie für ihn getan.

Für das Herzogtum.

Für das Erbe, das er trug.

Und doch stand er hier und stellte sie in Frage.

Als hätte sie etwas Unvorstellbares getan.
Als hätte sie ihm Unrecht getan.

Sah er es wirklich nicht?

Verstand er es wirklich nicht?

Ihre Finger krallten sich leicht an ihren Seiten fest. Nicht aus Zögern. Nicht aus Angst.

Sondern aus etwas viel Tieferem.

Etwas, das an Enttäuschung grenzte.

Wie konnte er so blind sein?

Aber war das nicht schon immer so gewesen?

War er nicht schon immer blind gewesen, wenn es um sie ging?
Lady Aeliana.

Das zerbrechliche, kränkliche Mädchen, das ihn gefesselt hatte.

Das Kind, das ihn mit Trauer, mit Stillstand, mit einer so tiefen Trauer gebunden hatte, dass sie ihn fast verschlungen hätte.

Madeleina hatte es beobachtet.

Sie hatte es durchlebt.

Sie hatte gesehen, wie Aeliana dieses großartige Herzogtum in ein Grab verwandelt hatte.
Wie ihre Anwesenheit die Hallen verdunkelt hatte, wie ihre Krankheit das Leben aus der Luft gesaugt hatte, die sie atmeten.

Und der Herzog – ihr Herzog – hatte es zugelassen.

Er hatte sich von Schuldgefühlen auffressen lassen. Von Verlust. Von der Last einer Liebe, die ihn nur gelähmt hatte.

Sie hatte ihn geschwächt.

Ihn stagnieren lassen.

Aeliana hatte ihn lebendig aufgefressen.
Und sie – Madeleina – hatte getan, was nötig war.

Was niemand sonst die Kraft dazu hatte.

Was er sich geweigert hatte zu tun.

Sie hatte die Schwäche beseitigt.

Sie hatte dafür gesorgt, dass Herzog Thaddeus Vermillion – der Mann, der zu Großem bestimmt war – nicht länger von der Vergangenheit gefesselt sein würde.

Sie hatte ihn befreit.

Also, nein.

Sie hatte ihn nicht verraten.
Sie hatte ihm gedient.

Wie sie es immer getan hatte.

Wie sie es immer tun würde.

Aelianas Körper spannte sich an, ihre Fingernägel gruben sich in ihre Handflächen, ihr Atem ging scharf und unregelmäßig. Und dann –

„Ich habe dich nicht verraten? Du Schlampe! Wie kannst du es wagen, das zu sagen, nachdem du mich zu Boden gestoßen hast!“
Die Worte rissen ihr aus der Kehle, rau und giftig, brodelnd vor Wut, die viel zu lange eingesperrt gewesen war.

Die Kammer, die ohnehin schon von Spannung erfüllt war, brach unter dem Gewicht ihrer Wut zusammen.

Ihr Vater versteifte sich, nur ein wenig. Die Dienstmädchen draußen, falls sie zuhörten, würden zweifellos blass werden bei den Worten, die über ihre Lippen gekommen waren – Worte, die einer Herzogstochter nicht angemessen waren.
Aber Aeliana war das egal.

Sie kümmerte sich nicht um Würde. Um Fassung. Um die Erwartungen, die an eine Adlige gestellt wurden.

Nicht jetzt.

Nicht, wenn ausgerechnet die Frau, die versucht hatte, sie umzubringen, die Frechheit besaß, vor ihnen allen zu stehen und sich zu rechtfertigen.

Aber Madeleina …

Sie zuckte nicht mit der Wimper.

Sie blinzelte nicht einmal.
Ihr Blick blieb unerschütterlich, unbeeindruckt, als hätte Aelianas Ausbruch überhaupt nichts bedeutet.

„Ich habe weder den Herzog noch das Herzogtum verraten“, sagte Madeleina mit ruhiger, bedächtiger Stimme. „Alles, was ich getan habe, habe ich zum Wohle des Herzogtums getan.“

Es wurde ganz still im Raum.

Aeliana hielt den Atem an, ihre Finger zuckten an ihren Seiten, aber bevor sie noch einen Fluch ausstoßen konnte, bewegte sich ihr Vater.

Herzog Thaddeus kniff die Augen zusammen.

„Was meinst du damit?“

Da war es.
Dieser gemessene, beherrschte Tonfall. Diese vorsichtige Zurückhaltung. Die Art, wie er sich angesichts des Verrats, angesichts von Emotionen, die einen schwächeren Mann zerbrochen hätten, zusammenriss.

Es war genau diese Stärke, die Madeleina einst zu ihm hingezogen hatte.

Und doch –

Jetzt machte sie es wütend.

Weil er es immer noch nicht sah.

Er verstand es immer noch nicht.
Alles, was sie getan hatte. Jedes Opfer. Jeden wohlüberlegten Schritt.

Sie ballte die Hände zu Fäusten und spürte, wie ihr Puls unter ihrer Haut pochte.

Das war es.

Das war ihr Moment, um ihm die Augen zu öffnen.

Um ihm alles zu erklären.

Um endlich alles offen zu legen und ihn verstehen zu lassen, warum es notwendig gewesen war.

Ihre Lippen öffneten sich.

„Ich …“

Doch dann –

Eine andere Stimme.
Sanft. Lässig. Ärgerlich amüsiert.

„Ich habe es getan, weil Lady Aeliana einfach …“

Madeleina stockte der Atem.

Aeliana erstarrte.

Herzog Thaddeus‘ Blick huschte unlesbar hin und her.

Lucavion lehnte sich gegen den Stuhl, auf dem er gesessen hatte, die Arme vor der Brust verschränkt, seine dunklen Augen glänzten vor einer viel zu großen Gewissheit.
„… sich hergegeben, ausgenutzt oder ausgenommen – wie auch immer du es nennen willst.“

Er grinste.

„Sie hat sowohl dem Herzog als auch dem Herzogtum geschadet.“

Stille.

Dichte, erstickende Stille.

„Das wolltest du sagen, nicht wahr?“

Er ließ die Bombe platzen.

*******

Ein Theater.

Das war es.
Ein großes, tragisches Schauspiel, das sich vor meinen Augen abspielte, in dem jeder Schauspieler seine Rolle perfekt spielte.

Madeleina stand aufrecht, unerschütterlich, ihre silberblauen Augen brannten – nicht vor Schuld, nicht vor Scham, sondern vor Verlangen.

Nicht nach Erlösung.

Nicht nach Vergebung.

Sondern nach ihm.

Nach Herzog Thaddeus.
Selbst jetzt, nachdem ihr Verrat ans Licht gekommen war, nachdem Aeliana ihre Wut so laut geschrien hatte, dass es im ganzen Herrenhaus zu hören war, zeigte sie keine Reue.

Nur Überzeugung.

Nur Gewissheit.

Und Aeliana?

Ah.

Aelianas Blick richtete sich auf mich, weit aufgerissen und brennend, ihre Hände zitterten an ihren Seiten. Nicht vor Angst. Nicht vor Schwäche.
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Sondern vor Wut.

Roher, ungefilterter Hass.

Und der Herzog?

Seine goldenen Augen, scharf wie Klingen, richteten sich endlich auf mich.

„Du“, sagte er mit leiser Stimme, die vor unterdrückter Wut brodelte.

Der Blick war schwer, drückend, aber ich wich nicht zurück.
Stattdessen neigte ich leicht den Kopf, beobachtete ihn, beobachtete sie alle, völlig amüsiert von dem Chaos, das sich vor mir abspielte.

„Ich habe dich lange genug geduldet.“

Eine starke Aussage.

Eine letzte Warnung.

Ein schwächerer Mann hätte vielleicht gezögert. Hätte vielleicht unterwürfig den Kopf gesenkt. Hätte vielleicht einen Schritt zurückgetreten und das Drama ohne ein weiteres Wort weiterlaufen lassen.

Aber ich?

Ah.
Wie hätte ich jetzt aufhören können?

Ich atmete leicht aus, schüttelte den Kopf, während ich mich ein wenig weiter in den Stuhl lehnte, die Arme immer noch verschränkt, mein Grinsen wurde noch ein wenig breiter.

„Entschuldige die Unterbrechung, Eure Hoheit …“, murmelte ich mit langsamer, bedächtiger Stimme, die von Belustigung geprägt war. „Aber ich konnte mich einfach nicht zurückhalten, als ich so etwas gesehen habe.“
Ich ließ meinen Blick über die drei schweifen – Madeleina, Aeliana, den Herzog – und nahm die Emotionen wahr, die zwischen ihnen brodelten wie ein Sturm, der kurz vor dem Ausbruch stand.

„Es hat mich an etwas erinnert“, fuhr ich fort, meine Stimme klang jetzt fast nachdenklich. „An etwas aus der Vergangenheit.“

Denn das tat es tatsächlich.

Diese ganze Szene – diese bedrückende Atmosphäre, dieser unausgesprochene Krieg der Rechtfertigungen und Verrat, der Loyalität, die zu etwas Unerkennbarem verdreht worden war –
erinnerte mich an jemanden.

Jemanden, den ich zurückgelassen hatte.

Jemanden, den ich niemals vergessen könnte.

„Richtig.“

Und als dieser Gedanke in meinem Kopf Gestalt annahm, konnte ich nicht anders.

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, konnte er nur noch die Hölle ertragen. Er hatte keine Familie, auf die er sich verlassen konnte, da sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Eine Seele vom Schlachtfeld: Lucavion Thorne. Aber anscheinend war er viel mehr als nur ein einfacher Soldat, denn das Schicksal hatte noch einiges für ihn auf Lager. Eine Seele von der Erde ... Als sie verschmolzen, wurde ihm klar: Er war ein Bösewicht aus einem Kapitel, dessen einziger Zweck darin bestand, als Kulisse für die Tragödie des Protagonisten zu dienen. Aber war er wirklich nur ein Bösewicht aus einem Kapitel, oder hatte das Schicksal noch ein paar Asse im Ärmel? Verfolge die Geschichte von Lucavion Thorne, wie er den Sinn seiner Seelenwanderung findet und sein eigenes Schicksal entdeckt. ---------- Ein oder zwei Kapitel täglich. Kapitellänge 1500-2000 Wenn du möchtest, kannst du bei mir auf Discord vorbeischauen. Dort kannst du die Illustrationen sehen und mit mir chatten, wenn ich verfügbar bin. https://discord.gg/BQRMhDxZr8 ---------------------------0------------------------------ Geschäftliche E-Mail-Adresse: [email protected] Discord: _yty_ Shattered Innocence: Transmigrated Into a Novel as an Extra ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Action, Abenteuer, Drama, Fantasy, Harem, Romantik und Tragödie abdeckt. Geschrieben vom Autor Darkness_Enjoyer geschrieben. Lies "Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt" kostenlos online.

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