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Kapitel 469: Psyche

Kapitel 469: Psyche

Die Hallen des Herzogsanwesens erstreckten sich endlos vor ihr, vertraut und doch erdrückend. Ihre Schritte fühlten sich schwerer an als sonst, ihr Körper bewegte sich instinktiv, während ihr Kopf sich drehte.

Die Worte hallten noch immer in ihrem Kopf wider.

„Lady Aeliana ist zurückgekehrt … Und offenbar ist sie geheilt.“

Geheilt.
Ihre Finger krallten sich in den Stoff ihres Ärmels, ihre Fingernägel gruben sich in ihre Handfläche. Ihr Atem ging unregelmäßig, ein leichtes Zittern lief ihr über den Rücken, während sie versuchte, die Realität zu begreifen, die sich ihr bot.

Wie?

Jahrelang – jahrelang – hatten sie alles versucht. Heiler. Zauberer. Verbotene Zaubersprüche. Seltene Elixiere.
Nichts hatte funktioniert.

Und doch war Aeliana jetzt zurückgekehrt, als hätten die Götter selbst beschlossen, sich über sie lustig zu machen – unversehrt, von ihrer Krankheit nicht gezeichnet.

Das ergab keinen Sinn.

Das konnte keinen Sinn ergeben.

Madeleina atmete scharf aus, ihre Schritte stockten, als sie um eine Ecke bog. Ihr Körper war angespannt, ihr Kopf pochte vor lauter Gedanken, die sie nicht auszusprechen wagte.
Aeliana war im Strudel verschwunden.

Sie hätte sterben müssen.

Aber jetzt war sie zurückgekehrt, auf wundersame Weise geheilt, als wären die Jahre des Leidens nie geschehen. Als wären all die langen Nächte der Qual und Verzweiflung in einem Augenblick ausgelöscht worden.

Die Welt fühlte sich falsch an.

Dann – weitere Worte.

Von zwei vorbeigehenden Rittern, die leise miteinander sprachen.
„Anscheinend war es ein Abenteurer namens Luca, der sie gerettet hat …“

Madeleina stockte der Atem.

„Der Herzog hat diese Tatsache akzeptiert.“

Etwas in ihr erstarrte. Die Luft im Korridor fühlte sich plötzlich dünner an.

Ihr Blick schoss zu den Sprechern, die ihre Anwesenheit noch nicht bemerkt hatten.
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„Dieser Abenteurer … wo ist er?“, fragte einer der Ritter.
„Miss Madeleina“, zögerte der andere, „dieser Abenteurer hat ein Zimmer im Westflügel bekommen …“

Der Rest der Worte verhallte zu einem dumpfen Summen, als Madeleina spürte, wie ihr Puls schneller wurde.

Ihre Gedanken rasten und setzten das Unmögliche zusammen.

Luca.

Madeleinas Hände zitterten, aber sie wusste noch nicht, ob es vor Wut, Ungläubigkeit oder etwas noch Schlimmerem war.
„Luca.“

Ihr Atem ging schneller, die Silben seines Namens schmeckten bitter auf ihrer Zunge. Sie kannte diesen Namen. Natürlich kannte sie ihn. Sie hatte ihn damals beobachtet – beobachtet, wie er alle Erwartungen zunichte gemacht hatte, als er vor ihnen allen stand, eine Anomalie, verpackt in der Haut eines einfachen Abenteurers.
Er hatte den Durchbruch geschafft.

Sie war dabei gewesen, hatte knapp außerhalb des flackernden Fackelscheins gestanden und den Moment miterlebt, der die Regeln ihrer Welt hätte neu schreiben müssen. Und doch … war er es? Derselbe unerträglich lässige, fast schon nervige Mann?

Das ergab keinen Sinn.

Nein, das durfte keinen Sinn ergeben.
Ihr Herz pochte, als sie sich abrupt umdrehte und ohne nachzudenken schneller ging. Die Ritter hatten kaum zu Ende gesprochen, da hatte sie bereits ihre Entscheidung getroffen.

„Ich muss ihn sehen.“

Es gab keine andere Möglichkeit. Nicht, weil sie Antworten brauchte, nicht, weil die Vergangenheit wie eine tollwütige Bestie an ihr zerrte – sondern weil einige Wahrheiten konfrontiert werden mussten. Und diese hier? Diese gehörte dazu.
Der Westflügel ragte vor ihr auf, seine hohen Säle waren stiller als der Rest des Anwesens. Sie bewegte sich schnell, ihr Puls pochte regelmäßig gegen ihre Kehle.

Sie wusste bereits, dass ihr Leben vorbei war.

Die Last dieser Wahrheit lastete schwer auf ihrer Brust, aber sie erdrückte sie nicht. Sie hatte sich schon vor langer Zeit damit abgefunden, in dem Moment, als sie ihre Entscheidung getroffen hatte – in dem Moment, als sie das Herzogtum über sich selbst gestellt hatte.
Sie bereute nichts.

Sie würde es wieder tun.

Für den Herzog. Für alles, was er aufgebaut hatte.

Ihre Finger krallten sich fester in ihre Ärmel, als sie sich der Tür näherte, zu der sie geschickt worden war.

Aeliana war zurückgekehrt. Geheilt.
Madeleinas Schritte waren fest und präzise. Sie verschwendete keine Sekunde, atmete nicht einmal falsch. Sie bewegte sich wie eine Besessene, wie jemand, der seinen Weg schon lange vor seinem Körper festgelegt hatte.

Und doch brodelten ihre Gedanken unter der Oberfläche.

Sie hatte ihn schon einmal gesehen. Nicht persönlich, sondern durch das Artefakt – dasjenige, das ihr erlaubt hatte, etwas zu sehen, was unmöglich sein sollte.

Schwarze Augen.
Schwarzes Haar.

Eine Ausstrahlung, die nicht zu einem einfachen Abenteurer passen sollte.

Und jetzt stand sie vor seiner Tür.

Ihre Hand zögerte nur einen Bruchteil einer Sekunde, bevor sie klopfte. Drei scharfe Schläge gegen das Holz. Der Klang hallte durch den stillen Flur und erinnerte sie daran, dass sie wirklich hier war, an der Schwelle zu etwas, das sie noch nicht benennen konnte.

Dann – Bewegung von innen.

Die Tür quietschte, als sie aufging.

Und da stand er.

Lucavion.
Seine schwarzen Augen huschten neugierig und abschätzend über sie. Er lehnte lässig in der Tür, eine Hand auf den Türrahmen gestützt, als hätte er alle Zeit der Welt. Sein Mantel war leicht zerknittert, als wäre er gerade aus einer trägen Ruhepause erwacht, und doch – sein Blick war scharf. Viel schärfer als das träge Grinsen, das seine Lippen umspielte.
„Hmm?“

Seine Stimme war sanft, ohne Eile, mit einem Hauch von Belustigung.

Dann vertiefte sich diese Belustigung, und ein Funken Schalk blitzte in seinen Augen auf, als er den Kopf leicht neigte.

„Wer ist denn das, frage ich mich?“, sinnierte er, wobei seine Worte vor gespielter Neugier trieften. Dann, ohne eine Sekunde zu zögern, verzog er die Lippen zu einem Lächeln, das gefährlich nah an ein Grinsen heranreichte.
„Eine Dame, die an die Tür eines jungen Mannes klopft?“ Sein Tonfall war leicht, neckisch. „Wie skandalös. Bist du hier, um deinen Ruf zu ruinieren, oder vielleicht meinen?“

Seine schwarzen Augen funkelten, während er sie beobachtete und auf ihre Reaktion wartete – nein, sie genoss sie.

Madeleina holte scharf Luft und hielt ihre Miene in perfekter Gelassenheit. Sie hatte in ihrem Leben genug Adlige kennengelernt, um zu erkennen, wenn jemand mit ihr spielte.
Dieser Mann – Lucavion – tat genau das.

Dennoch ging sie nicht auf seine Provokation ein. Stattdessen neigte sie leicht den Kopf, gerade so viel, um Höflichkeit zu zeigen, ohne an Boden zu verlieren.

„Ähm … Ich bin Madeleina.“

Lucavion hob eine Augenbraue, sein Grinsen unverändert. Er sagte nichts, sondern beobachtete sie nur, als sie den Kopf wieder hob.
„Ich bin eine der obersten Dienstmädchen der Villa“, fuhr sie mit ruhiger, bedächtiger Stimme fort.

Und dann passierte es.

Ein flüchtiger Ausdruck.

So schwach, dass ein ungeübtes Auge ihn völlig übersehen hätte.

Aber Madeleina sah ihn.

Seine schwarzen Augen blitzten auf, etwas bewegte sich unter der Oberfläche. Keine Überraschung, nicht wirklich. Nein – etwas anderes. Etwas Berechnteres.
„Was war das?“

Madeleinas Finger krallten sich ganz leicht in den Stoff ihres Ärmels. Sie hatte Jahre damit verbracht, sich in den Feinheiten des Adels zurechtzufinden und gelernt, die subtilsten Signale in Körperhaltung, Atem und Schweigen zu deuten. Und das hier?

Das war nicht die Reaktion eines Mannes, der zum ersten Mal eine einfache Oberkämmerin traf.

Doch Lucavion fasste sich sofort wieder und sein Grinsen glättete sich zu einem unlesbaren Ausdruck.
„Und was führt eine der angesehenen Oberhofdamen an meine bescheidene Tür?“, fragte er mit lässiger, fast träger Stimme.

„Ich möchte mit dir sprechen“, antwortete Madeleina und hielt ihren Blick fest auf ihn gerichtet. „Unter vier Augen.“

Lucavion neigte leicht den Kopf und musterte sie, als würde er etwas Unsichtbares abwägen.

„Warum?“

Eine Pause.

Madeleina antwortete nicht sofort.
Ihr Schweigen blieb nicht unbemerkt.

Lucavions schwarze Augen verengten sich ein wenig, und der neckische Glanz in ihnen wich etwas weitaus Ernsthafterem.

Dann, nach einem Moment, atmete er leicht aus und schüttelte den Kopf, als würde er einer besonders hartnäckigen Neugier nachgeben.

„Na gut“, sagte er und trat beiseite. „Komm rein.“
Madeleina trat ein.

Der Raum war bescheiden, aber gemütlich, ein provisorisches Gästezimmer, das einem Abenteurer angemessen war, der sich irgendwie die Gastfreundschaft des Herzogs verdient hatte. Sie bemerkte die spärliche Einrichtung – nichts Überflüssiges, nichts Prunkvolles. Praktisch, aber nicht spartanisch.

In dem Moment, als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, wandte sie unauffällig ihren Blick ab und erhaschte aus den Augenwinkeln einen Blick auf Lucavion.

Irgendetwas … war anders.
Es war nur eine kleine, fast unmerkliche Veränderung, aber sie konnte es spüren. Eine Veränderung in seiner Ausstrahlung, in seiner Präsenz im Raum. Es war nichts so Offensichtliches wie Stärke – es war subtiler als das. Eine Veränderung, die sich nicht so einfach beschreiben ließ.

War er schon immer so gewesen? Oder war es nur eine Verzerrung ihrer Erinnerung, weil sie ihn bisher nur durch das Artefakt gesehen hatte?

Sie konnte es nicht mit Sicherheit sagen.
Lucavion schien sich jedenfalls völlig wohl zu fühlen. Mit müheloser Gastfreundschaft deutete er auf den Stuhl ihm gegenüber.

„Nimm Platz“, sagte er, als wären sie nichts weiter als zwei Bekannte, die Höflichkeiten austauschen.

Madeleina zögerte nur einen Augenblick, bevor sie sich auf den angebotenen Stuhl setzte. Sie war hierhergekommen, um Antworten zu bekommen, nicht um sich in bedeutungslosen Beobachtungen zu verlieren.
Sie richtete sich auf, faltete die Hände ordentlich im Schoß und begann zu sprechen.

„Ich wollte mit dir über etwas sprechen …“

„Es geht darum, wie ich Aeliana gerettet habe, nicht wahr?“

Lucavions Stimme schnitt durch die Luft, sanft und präzise.

Madeleina erstarrte, die Worte trafen sie, noch bevor sie ihren Satz beendet hatte.
Dann, als wäre das noch nicht genug, neigte er leicht den Kopf, seine schwarzen Augen funkelten vor leiser Belustigung.

„Schließlich“, sagte er nachdenklich, mit leiserer, aber nicht weniger scharfer Stimme, „bist du es doch gewesen, die sie gestoßen hat.“

——————A/N————–

Heute hat mein neues Semester angefangen, und es war ein verdammt anstrengender Tag. Ich hoffe, euch gefallen die Kapitel.

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, konnte er nur noch die Hölle ertragen. Er hatte keine Familie, auf die er sich verlassen konnte, da sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Eine Seele vom Schlachtfeld: Lucavion Thorne. Aber anscheinend war er viel mehr als nur ein einfacher Soldat, denn das Schicksal hatte noch einiges für ihn auf Lager. Eine Seele von der Erde ... Als sie verschmolzen, wurde ihm klar: Er war ein Bösewicht aus einem Kapitel, dessen einziger Zweck darin bestand, als Kulisse für die Tragödie des Protagonisten zu dienen. Aber war er wirklich nur ein Bösewicht aus einem Kapitel, oder hatte das Schicksal noch ein paar Asse im Ärmel? Verfolge die Geschichte von Lucavion Thorne, wie er den Sinn seiner Seelenwanderung findet und sein eigenes Schicksal entdeckt. ---------- Ein oder zwei Kapitel täglich. Kapitellänge 1500-2000 Wenn du möchtest, kannst du bei mir auf Discord vorbeischauen. Dort kannst du die Illustrationen sehen und mit mir chatten, wenn ich verfügbar bin. https://discord.gg/BQRMhDxZr8 ---------------------------0------------------------------ Geschäftliche E-Mail-Adresse: [email protected] Discord: _yty_ Shattered Innocence: Transmigrated Into a Novel as an Extra ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Action, Abenteuer, Drama, Fantasy, Harem, Romantik und Tragödie abdeckt. Geschrieben vom Autor Darkness_Enjoyer geschrieben. Lies "Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt" kostenlos online.

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