„Weißt du, ich hasse Typen wie dich wirklich. Die, die denken, sie können auf Menschen herumtrampeln, nur weil sie am Boden liegen.“
„Bleib zurück!“
Aelianas Blick verschwamm, der Schmerz in ihrem Körper ließ nach und wurde zu einem dumpfen Pochen, während sie langsam das Bewusstsein verlor. Die Stimmen um sie herum – das scharfe Knurren des drahtigen Mannes, der kalte, schneidende Tonfall von Luca – verschwammen zu einem dumpfen Summen.
Ihre Brust hob sich, als sie nach Luft rang, aber selbst das fühlte sich zu schwer an, zu weit weg. Ihr Körper weigerte sich zu reagieren, die Last ihrer Krankheit und Erschöpfung zog sie weiter in die Dunkelheit.
„Warum ist er hier?“, dachte sie schwach, während die Frage in ihrem schwindenden Bewusstsein auftauchte und wieder verschwand.
Aber ein anderer Gedanke flüsterte an ihrer Stelle, kalt und resigniert.
„Es spielt keine Rolle.“
Ihre Augen flatterten zu, ihr zitternder Körper wurde still, während ihr Geist in eine Welt entschwand, die weit entfernt von der bedrückenden Realität der Höhle war.
******
Die Dunkelheit war jetzt warm, nicht erstickend, sondern beruhigend, als würde sie von einer tröstenden Umarmung umhüllt. Langsam drang ein schwaches Licht durch die Leere und enthüllte eine längst vergessene Erinnerung.
Aeliana blinzelte, und die Szene entfaltete sich um sie herum wie ein Gemälde, das zum Leben erwacht. Sie stand in einem sonnigen Garten, voller Farben und belebt vom leisen Summen der Bienen. Der Duft blühender Blumen erfüllte die Luft und vermischte sich mit dem sanften Rascheln der Blätter im Wind.
Ihr Körper fühlte sich anders an – stark, ungebrochen. Sie hatte keine Schmerzen in der Brust, kein brennendes Unwohlsein, das an ihr zerrte. Sie stand aufrecht, ihre Haltung war selbstbewusst, ihre Glieder fest.
„Meine Liebe, komm.“
Die Stimme war sanft, melodiös und schmerzlich vertraut. Aeliana drehte sich um, und ihr Herz zog sich zusammen, als sie die Quelle erkannte.
Ihre Mutter.
Gekleidet in fließende Seidengewänder, die das Sonnenlicht einfingen, stand sie unter einem blühenden Baum und breitete einladend die Arme aus. Ihr Lächeln war warm, ihr Blick strahlte vor Liebe – ein Gesicht, das Aeliana fast vergessen hatte.
„Mutter …“, Aelianas Stimme zitterte, als das Wort über ihre Lippen kam.
„Komm her, mein kleiner Stern“, sagte ihre Mutter mit verspielter, aber zärtlicher Stimme. „Ich brauche heute meine stärkste Ritterin, um mich zu beschützen.“
Aeliana zögerte, ihr Herz schwoll vor einer Mischung aus Freude und Schmerz an. Dieser Moment – er war nicht real. Das konnte er nicht sein. Ihre Mutter war tot, verloren durch Zeit und Krankheit.
Und doch bewegten sich ihre Beine von selbst und trugen sie zu der Frau, die einst ihre größte Stütze gewesen war.
Als Aeliana ihre Mutter erreichte, hockte sich die ältere Frau hin und zog sie in eine warme Umarmung. Die Berührung war sanft, beruhigend, und Aelianas Brust zog sich zusammen, als Tränen in ihren Augen aufstiegen. Finde dein nächstes Abenteuer in My Virtual Library Empire
„Du bist so stark, meine Liebe“, flüsterte ihre Mutter und streichelte ihr Haar. „So mutig. Lass dir das niemals von jemandem nehmen.“
Die Worte trafen Aeliana tief im Inneren und bildeten einen Riss in der Rüstung aus Bitterkeit und Verzweiflung, die ihr Herz so lange umgeben hatte.
„Mutter“, murmelte sie mit brüchiger Stimme. „Ich … ich fühle mich nicht stark. Ich fühle mich nicht mutig.“
Ihre Mutter zog sich leicht zurück und umfasste Aelianas Gesicht mit ihren Händen. Ihre Berührung war sanft, aber ihr Blick war fest und voller stiller Intensität.
„Das bist du“, sagte sie fest und lächelte unerschütterlich. „Selbst wenn die Welt dunkel erscheint, selbst wenn du das Gefühl hast, alles verloren zu haben – du bist immer noch meine stärkste Ritterin. Vergiss das niemals.“
Die Szene begann sich zu verändern, das Licht wurde schwächer und Risse bildeten sich in der idyllischen Erinnerung. Der Garten verschwamm, die Farben verblassten und gingen in Dunkelheit über. Das Lächeln ihrer Mutter verschwand, ihre Gestalt löste sich wie Nebel auf.
„Warte …“, rief Aeliana mit panischer Stimme und streckte die Hand aus. „Mutter, geh nicht!“
Aber die Wärme war verschwunden und wurde durch die kalte Leere der Realität ersetzt. Ihre Brust brannte erneut, und die Last ihrer Krankheit lastete wie ein Leichentuch auf ihr.
Als sie wieder zu sich kam, blieb ein einziger Gedanke in den Tiefen ihres Herzens zurück:
„Bitte geh nicht.“
Aber …
Es war ein bisschen zu spät.
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Wärme streichelte Aelianas Wange, sanft und beruhigend, und holte sie zurück aus den Tiefen der Bewusstlosigkeit. Ihre Augenlider flatterten, schwer vor Erschöpfung, und ein schwaches, flackerndes Licht drang in ihre Welt.
Als sie die Augen öffnete, war alles orangefarben, und das leise Knistern des Feuers drang an ihre Ohren. Eine kleine Flamme tanzte vor ihr und warf Schatten an die rauen Steinwände der Höhle. Die Wärme, die sie ausstrahlte, stand in krassem Gegensatz zu der Kälte, die sie zuvor gefühlt hatte.
Ihr Körper schmerzte, aber sie lebte.
„Hm? Oh, bist du aufgewacht?“
Die Stimme war ruhig und sanft, mit einem verspielten Unterton. Aelianas Blick wanderte zu der Stimme.
Er saß neben dem Feuer, lässig gegen einen Felsen gelehnt, ein Bein ausgestreckt, das andere angewinkelt. Sein schwarzes Haar umrahmte ein Gesicht, das gleichermaßen Belustigung und Gefahr ausdrückte. Ein leichtes Grinsen umspielte seine Lippen, während seine schwarzen Augen sie scharf und wissend musterten.
Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag und ihr stockte der Atem.
„Du …“, flüsterte sie mit heiserer Stimme, sodass das Wort kaum zu hören war.
„Ich“, bestätigte er, sein Grinsen wurde etwas breiter, als er den Kopf zu ihr neigte. „Du hast ein echtes Talent dafür, Ärger zu finden, oder?“
Aeliana stützte sich mit zitternden Armen ab, ihre Muskeln protestierten bei jeder Bewegung. „Warum bist du hier?“, fragte sie mit schärferer Stimme, in der Verwirrung und Misstrauen mitschwangen.
Sein Blick huschte zum Feuer, dann wieder zu ihr. „Ich habe eine Gelegenheit gesehen“, sagte er einfach, in einem beiläufigen Tonfall, als wäre diese Erklärung ausreichend. „Ich dachte, ich nutze sie.“
„Gelegenheit?“, wiederholte sie und spürte, wie sich ihr Magen bei dem Gedanken daran zusammenzog.
„Etwas zu verändern“, sagte er und beugte sich leicht vor. Der spielerische Tonfall war verschwunden und durch etwas Leiseres, Schwereres ersetzt worden. „Du sahst nicht gerade so aus, als hättest du dich dort hinten amüsiert.“
Die Erinnerung an das höhnische Grinsen des drahtigen Mannes und das spöttische Lachen des größeren Mannes überschwemmte ihren Geist, und Aeliana ballte die Hände zu Fäusten. „Ich habe dich nicht um Hilfe gebeten.“
„Nein“, stimmte er zu, lehnte sich wieder zurück und grinste erneut. „Aber du hast sie gebraucht.“
Die Worte trafen sie, ihre Wahrheit war unbestreitbar, und Aeliana grub ihre Fingernägel in ihre Handflächen. Sie hasste es – hasste es, wie recht er hatte, wie schwach sie gewesen war.
„Ich hätte das schon geschafft“, murmelte sie mehr zu sich selbst als zu ihm.
„Wirklich?“
„Wirklich?“ Lucas Stimme war leise, fast ein Flüstern, aber sie hatte einen Unterton, der Aelianas Brust zusammenziehen ließ.
Er stand auf, ohne sich zu beeilen, und kam auf sie zu. Das Feuerlicht flackerte auf seiner Silhouette und warf lange Schatten, die über die zerklüfteten Wände tanzten. Mit jedem Schritt wurde er größer, und als er schließlich vor ihr stehen blieb, musste Aeliana den Kopf zurücklegen, um ihm in die Augen zu sehen.
„Hättest du das wirklich geschafft?“, fragte er mit leiser Stimme, die jedoch von diesem ärgerlichen, wissenden Unterton geprägt war.
Das Gewicht seines Körpers, der über ihr stand, ließ ihren Puls schneller schlagen. Angst schlich sich in ihre Gedanken, aber sie unterdrückte sie mit einem trotzigen Blick, ihr Stolz weigerte sich, nachzugeben.
Ihre Stimme klang rau, obwohl sie leicht zitterte. „Ich hätte das geschafft, du Mistkerl. Ich brauchte deine Hilfe nicht.“
Ein Fluch entfuhr ihr, scharf und ungewollt, aber sie bereute es nicht. Die Worte fühlten sich wie eine Barriere an, etwas, das sie vor der Hilflosigkeit schützte, die immer noch an ihr zerrte.
„Hm?“ Lucas Augenbrauen hoben sich leicht, seine Lippen zuckten zu einem Lächeln – nicht spöttisch, sondern verspielt, als würde ihn ihre Trotzhaltung mehr amüsieren als alles andere.
Und dann, ohne Vorwarnung, beugte er sich leicht vor und griff nach ihrer Hand. Seine warmen, schwieligen Finger schlossen sich um ihre, bevor sie sie zurückziehen konnte.
„Mit diesen zarten Händen?“, fragte er leise und hielt ihre Hand zwischen uns. Die Kraft in seinem Griff war unbestreitbar, aber er war nicht hart. Sein Daumen streifte ihre Fingerknöchel und ließ einen Schauer der Empörung durch sie hindurchfahren.
„Dieser Typ … Wie kann er es wagen!“
In ihrem Kopf tobte eine Mischung aus Wut, Scham und etwas anderem, das sie nicht benennen wollte. Sie biss die Zähne zusammen und spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht schoss, als sie versuchte, ihre Hand aus seinem Griff zu befreien.
„Grrr …!“ Ein wildes Knurren entfuhr ihr, und sie stürzte sich nach vorne und schnappte nach ihm wie ein in die Enge getriebenes Tier.
Aber er war schneller. Luca lehnte sich zurück, seine schwarzen Augen funkelten zwischen Belustigung und Vorsicht, als ihre Zähne ins Leere schnappten.
„Du bist aber temperamentvoll“, sagte er mit einem humorvollen Unterton. Er ließ ihre Hand jedoch nicht los und verstärkte seinen Griff gerade so weit, dass sie sich nicht befreien konnte.
Aelianas Brust hob sich vor lauter Emotionen, ihr Atem ging stoßweise. Sie starrte ihn an, ihre bernsteinfarbenen Augen blitzten.
„Ich hasse das.“
Ihre Gedanken wirbelten in einem Sturm aus Wut und Schmerz, ihre Fingernägel gruben sich in ihre freie Handfläche.
„Lass mich los“, fauchte sie, ihre Stimme zitterte, obwohl sie versuchte, befehlend zu klingen.
Lucas Lächeln wurde sanfter, und für einen Moment blitzte in seinem Blick etwas auf, das sie nicht ganz deuten konnte – ein Verständnis, das ihr zu nah, zu persönlich war.
Er ließ ihre Hand langsam los, seine Bewegungen waren bedächtig. „Wie du willst“, sagte er und trat einen Schritt zurück. Sein Grinsen kehrte zurück, wenn auch etwas gedämpfter. „Aber beiß mich das nächste Mal nicht. Das ist nicht sehr damenhaft.“
Dann wandte er sich wieder dem Feuer zu.
„An mir ist nichts mehr damenhaft.“
Ein leises Murmeln entrang sich ihren Lippen …