„Schau dir das an“, flüsterte er mit Augen, die wie die eines stolzen Vaters bei einer Schulaufführung leuchteten. „Sie brechen sogar mit Schwung aus der Formation aus.“
Rodion schaute ebenfalls hin und kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Die zerbrochene Optik funkelte noch gelegentlich, aber sein Blick war unverkennbar berechnend, als würde er ihre Effizienz für zukünftige Simulationen bewerten.
Mikhailis pfiff leise, sodass eine lose Haarsträhne flatterte. „Sie sind … geborene Ingenieure.“ Er sagte es mit einer Mischung aus Staunen und aufkeimendem, leicht furchtsamem Respekt.
Ein besonders pummeliger Arbeiter – seine Hülle war rund wie ein polierter Flussstein – wankte vorwärts und hielt etwas Hauchdünnes zwischen seinen Vorderbeinen.
Auf den ersten Blick sah es aus wie Morgennebel im Mondlicht, aber als der Arbeiter es neigte, fingen die Fäden das Licht der Laternen ein und brachen sich in einem Kometenschweif aus zartem Rosa und Silber. Ein einzelner Faden, nicht länger als Mikhailis‘ Handbreite, doch kostbarer als jeder Edelstein: spektrale Seide, ein hauchdünner Kanal für Daten und Mana gleichermaßen.
Mikhailis‘ Augen weiteten sich, seine Pupillen vergrößerten sich, als hätte sich die Welt auf diesen Faden verkleinert. Sie spinnen Datenfasern? Hier? Unter der Erde? Seine Gedanken schweiften zu den Ingenieurssälen der Serewyn-Akademie, wo kunsthandwerklich begabte Menschen in Roben Jahrzehnte damit verbrachten, uralte kosmische Netze zu entwirren, nur um einen Meter eines ähnlichen Fadens zu gewinnen. Er schluckte schwer. „Rodion, verstehst du, was das bedeutet?“
Rodion schwieg, aber eine leichte Neigung seines Helms verriet seine Zustimmung – eine fast menschliche Geste der gemeinsamen Begeisterung.
Mikhailis beugte sich vor, die Hände schwebend, aber ohne die Faser zu berühren, so wie man sich einem neugeborenen Phönix nähert. Der Arbeiter hielt ihm die Faser wie ein zeremonielles Schwert entgegen. Licht tanzte in Wellen darüber, und er sah Formen – Hex-Codes, Gitterdiagramme –, die in das Material eingebettet waren.
Es war nicht nur ein Leiter, es speicherte Anweisungen, Erinnerungen, vielleicht sogar Emotionen in Mikrorunen, die für menschliche Augen zu klein waren.
Er nahm es vorsichtig in die Hand, der Faden war kälter als Stahl, aber leichter als ein Atemzug. Wenn eine Ameise das in wenigen Minuten spinnen kann, dachte er, verschwinden industrielle Engpässe. Ganze Bibliotheken könnten zu einer taschengroßen Spule geflochten werden. Der Gedanke begeisterte und erschreckte ihn gleichermaßen.
„Weißt du, wie selten diese Materialien sind, Rodion?“, sagte er mit ehrfürchtiger Stimme. „Mana-reaktive Legierungen, Quanten-Kupferfäden … Spektralfasern wie diese sollten nur aus jahrzehntealten Ley-Linien gewonnen werden können!“ Seine Worte hallten unter der gewölbten Steindecke wider. Draußen würden Königreiche Kriege um ein Zehntel dieser Spule führen.
Er legte den Faden neben ein zerbrochenes Neurorelais – dünne Bänder aus halbflüssigem Kristall, die sich wie die Blütenblätter einer Stahl-Lotusblume um Rodions Kern wanden. Ein einzelnes Band flackerte matt orange und signalisierte einen verminderten Durchsatz.
Mikhailis atmete langsam und kontrolliert aus und wickelte dann die spektrale Faser spiralförmig darum. Jede Schleife verschmolz nahtlos, Pigment sickerte nach innen, bis der tote Abschnitt mit einem satten indigoblauen Strom wieder aufleuchtete. Rodions gesamter Oberkörper summte als Antwort, ein tiefer, resonanter Akkord, der in Mikhailis‘ Fingerspitzen kribbelte.
„Wenn sie das selbst drehen können …“ Er hielt inne, um eine Verankerungsrune zu löten, wobei er eine Nadel benutzte, die so fein war, dass sie vor den Schwingungen seines Herzschlags zitterte. „… könnten wir Nanotechnologie bauen – nein, wir bauen Nanotechnologie.“ Die Wahrheit schmeckte metallisch, gemischt mit Angst und Stolz.
Er beendete das Umwickeln des Nervenrelais und fügte einen letzten silbernen Verschluss hinzu, der mit einem Klicken zuschnappte wie ein Schloss, das eine Schatzkiste versiegelt.
Winzige Mana-Flecken schwebten aus dem Verschluss und lösten sich in der Luft auf, wobei sie einen schwachen Duft von Regen auf heißem Stein hinterließen.
Die Kristalle im Labor leuchteten in sympathischer Resonanz auf, und Schatten tanzten an den gewölbten Wänden. Werkzeuge glänzten, Glasdestillierkolben fingen das Licht ein und streuten Lichtpunkte über Rodions Rüstung, die ihn in Sternbilder tauchten.
Mikhailis richtete sich auf und rieb sich einen Krampf aus dem Nacken. Sein Blick schweifte über den Arbeitsplatz: Berge von zusammenhängendem Sand, der darauf wartete, zu Linsen verschmolzen zu werden, Rollen aus roher Eisenrebenwurzel, Gläser mit Basilisken-Galle zum Ätzen. Überall tanzten Arbeiterteams wie Handwerker in einer lebenden Fabrik – ohne Anweisungen, ohne Pläne, nur mit ihrem Instinkt und ihrem kollektiven Gedächtnis.
Er schüttelte langsam den Kopf. „In einer Welt, die Dampfkolben immer noch für Spitzentechnologie hält“, flüsterte er, „sitzen wir auf den Knochen von Göttern.“
Rodions Stimme durchbrach die Stille, leiser als sonst, jede Silbe schwer wie die Unterschrift unter einem Vertrag. „Vorteil: überwältigend. Empfehlung: Fähigkeiten verbergen.“
Diese Aussage ließ alle Wärme aus der Luft entweichen. Für einen Herzschlag hielten sogar die Arbeiter inne, ihre Fühler zitterten, als würden sie die Schwere spüren. Das Licht der Laternen schien zu flackern, oder vielleicht war es nur die Kälte, die sich in Mikhailis‘ Brust ausbreitete.
Er legte den Lötkolben beiseite und streckte seine steifen Finger. „Du hast recht“, murmelte er mit unkonzentriertem Blick, während er an den geheimnisvollen Schmiedehämmern vorbei in imaginäre ferne Höfe blickte. Königliche Banner, gierige Kaufleute, Inquisitoren auf der Suche nach Ketzerei – Geister der Möglichkeiten, die er bisher in Schach gehalten hatte. „Wenn sich das herumspricht, wird jeder Thron Attentäter oder Gesandte schicken – und ich bin mir nicht sicher, was schlimmer ist.“
Er wischte sich den Ruß vom Saum seiner Robe und richtete sich mit neuer Entschlossenheit auf. „Versteck es“, entschied er mit leiser, fester Stimme. „Versteck Geheimnisse unter sinnlosen Ritualen, bezeichne Durchbrüche als Unfälle. Wir füttern die Welt mit kleinen Löffeln, damit sie sich nicht verschluckt.“
Rodions Blick wurde etwas weicher – von kaltem Saphir zu einem mit Morgendämmerung gesprenkelten Himmel –, als würde er die Vorsicht gutheißen.
Mikhailis drehte sich um und begegnete diesem Blick. „Es beginnt mit der Brustplatte“, sagte er, wobei ein halbherziges Lächeln zurückkehrte, das jedoch gedämpft war. „Niemand außerhalb dieses Raumes muss wissen, warum deine Resonanz jetzt wie ein glücklicher Wyvern schnurrt.“
Er hob seine Werkzeuge erneut, aber seine Bewegungen waren langsamer, nachdenklich. Schritt für Schritt, ermahnte er sich. Für jedes Wunder, das er zum Leben erweckte, musste eine doppelt so hohe Mauer der Geheimhaltung errichtet werden.
Die Arbeiter nahmen ihren Tanz wieder auf, diesmal leiser, als würden sie ein kürzlich abgegebenes Geheimnis respektieren.
Ihre Schatten flackerten über die mit jahrhundertealten Runen verzierten Wände, und in diesem flackernden Licht sah Mikhailis die Zukunft: keine glänzenden Zitadellen oder Armeen aus Chrom, sondern sorgfältige Fäden des Fortschritts, die in den Teppich einer unfertigen Welt eingewoben waren.
Rodion saß schweigend da, sein Oberkörper glänzte von reparierten Filigranarbeiten, die Nähte seines Umhangs waren mit Blattsilber neu genäht. Wenn Statuen nachdenklich aussehen könnten, dann tat er es.
Irgendwo tief in dem labyrinthartigen Nest sang die Königin eine tiefe, dröhnende Note, die durch Wurzeln und Steine gleichermaßen hallte – ein Wiegenlied einer Raubtierin für ihre fernen Kinder. Die Arbeiterameisen antworteten mit gedämpften Klickgeräuschen, deren Harmonie durch die Pheromonkorridore hallte. Das Labor fühlte sich an wie die Herzkammer eines riesigen Wesens, das von einer noch ungeborenen Zukunft träumte.
Mikhailis durchbrach die Stille mit einem ironischen Schnaufen und schüttelte die Anspannung von den Schultern. „Genug der Philosophie“, sagte er und zwang sich zu einem fröhlichen Tonfall. „Wir müssen noch deine Gestenerkennung neu kalibrieren – die Hälfte deiner Armmakros wurde falsch registriert, als dieser Meta-Echo deine Schulter eingedrückt hat.“
Er griff nach einem Kalibrierungsgerät in Form einer Jade-Lotusblüte, hielt aber inne. Sein Blick wanderte zu der spektralen Spule, die noch halb voll war und wie Morgentau glänzte. Er steckte sie in eine mit Runen verzierte Schatulle und schloss den Verschluss mit einem entschlossenen Klicken.
„Ein Wunder nach dem anderen“, wiederholte er leise, mehr zu sich selbst als zu Rodion.
Dann machte er sich an die nächste Reparatur, wobei das schwache Lächeln der Entschlossenheit nie ganz von seinen Lippen verschwand, denn er war sich wie nie zuvor bewusst, wie dünn der Grat zwischen Erlösung und Katastrophe war und wie leicht er mit nichts weiter als der Seide einer bescheidenen Chimärenameise zerreißen konnte.
„Du beschützt sie zuerst“, wiederholte er mit fester, aber leiser Stimme, als wären die Worte selbst zerbrechliches Glas. „Elowen. Cerys. Lira. Serelith. Vyrelda. Estella. Rhea.“
Bei jedem Namen, den er aussprach, blitzte hinter seinen Augenlidern ein Bild auf – Elowens ruhiges Lächeln, verborgen unter der Last einer zu schweren Krone;
Cerys, die allein auf dem Übungsplatz stand und deren rote Haare im Wind wie eine Kriegsfahne flatterten; Liras eleganter Knicks, mit dem sie jede neckische Bemerkung quittierte; Sereliths verschmitztes Grinsen, das immer nur einen Herzschlag davon entfernt schien, bösartig zu werden; die junge Vyrelda, die ihr Schwert umklammerte, das doppelt so groß war wie sie selbst; Estella, die mit derselben ruhigen Hand Buchhaltungsunterlagen und Schwarzmarktgerüchte unter einen Hut brachte; Rhea, die ihre beste Freundin und ihre Handelsdame mit Entschlossenheit und Humor beschützte.
Wenn ich auch nur eine von ihnen verliere, dachte er, ist alles umsonst.
Mikhailis beugte sich vor und legte seine Handfläche auf die reparierte Brustplatte. Das Metall strahlte noch Restwärme ab, aber darunter spürte er ein Summen – gleichmäßig, beruhigend, wie ein fernes Trommeln. „Beschütze sie“, flüsterte er, „koste es, was es wolle.“
Rodions Antwort kam sofort, die Resonanz vibrierte durch Mikhailis‘ Fingerspitzen.
<Primäre Direktive festgelegt. Prioritätenhierarchie angepasst: Bezeichnet anerkannte Personen über allen zukünftigen Parametern.>
Die prägnante Formulierung wirkte seltsam beruhigend. Mikhailis gestattete sich ein langes, bittersüßes Lächeln – eines, das sich nach oben zog, aber seine Augen zusammenkniff. Er wird sie wirklich beschützen. Selbst vor meinen eigenen Fehlern.
Rodions Optik surrte, der Fokus verengte sich, während sich hinter den glasigen Linsen neue Entscheidungsbäume neu ordneten.
<Absichten erkannt: Monopolisierung der technologischen Entwicklung. Prognostiziertes Ergebnis: militärische Überlegenheit, regionale Abschreckung, potenzielle globale Stabilisierung.>