Zera und Ava warteten in einem anderen Zimmer.
Ava lief nervös auf und ab, während Zera ihren Tee trank.
„Du siehst gerade ziemlich ungeduldig aus.“
„Ich mache mir nur Sorgen um Eliza … Ähm, Neo.“
Zera hob die Augenbrauen, als Ava ihre Worte im letzten Moment korrigierte.
Die junge Drachenfrau sah Elizabeth als ihr Vorbild. Elizabeth war stark, unnahbar und wunderschön.
Neo passte zwar gut zu ihr, aber Ava hoffte, dass Elizabeth die unberührte Blume blieb, die sie war, und keine verliebte Frau.
„Ich glaube nicht, dass du dir um Neo Sorgen machen musst. Elizabeth wird ihn gut unterstützen“, sagte Zera.
Sie hatte Elizabeth einige „Ratschläge“ gegeben, bevor sie sie zu Neo geschickt hatte. Diese hatte sie jedoch vor Ava geheim gehalten.
Das war ihre Art, Neo und Elizabeth zu helfen, ihren Stress abzubauen.
Ein Tag verging, aber es gab kein Anzeichen dafür, dass Neo und Elizabeth ihr Zimmer verlassen würden.
Zera dachte sich nichts dabei. Sie waren beide hochrangige Erwachte. Mit ihren körperlichen Fähigkeiten war es kein Wunder, dass sie beschäftigt waren.
Ein weiterer Tag verging, dann noch einer und noch einer.
Ava verlor alle Hoffnung, nachdem sie eine Woche lang nichts von Elizabeth und Neo gehört hatte.
Als mehrere Wochen vergingen, wurde Zera ziemlich nervös.
„Ist es nicht Zeit, dass sie rauskommen? Was zum Teufel machen sie seit Wochen?“, sagte Ava genervt.
„Ja …“, murmelte Zera. „Neo muss mit dem Training für die Meisterschaft anfangen. Es bleibt nicht mehr viel Zeit dafür.“
„Stimmt! Ich geh sie suchen …“
„Nicht!“
Zera hielt sie schnell zurück.
„Dir ist doch klar, dass Neo vielleicht eine alte Drachenblutlinie hat, oder?“ fragte Zera.
„Was soll das heißen?“
Zeus, Poseidon, Nyx, Apollo. Sie alle waren Menschen und hatten menschliche Blutlinien. Ihre Blutlinien entwickelten sich später zu den heute bekannten Götterblutlinien.
Ähnlich konnten auch Drachenblutlinien von ihren Trägern weiterentwickelt und verstärkt werden.
Zera glaubte, dass Neo ein solcher Fall war und dass er eine alte Drachenblutlinie hatte.
Ihre Argumentation war einfach.
Seine Blutlinie stammte von seinen Eltern, und Hades war alt. Sehr alt. Er war eines der ältesten bekannten Wesen im Kosmos.
Wenn Hades eine Drachenblutlinie hatte, war es sehr wahrscheinlich, dass er ein Urdrache war, was Neo ebenfalls zu einem machte.
„Was weißt du über Urdrachen?“
„Es sind Wesen, die zu Beginn des Kosmos entstanden sind. Über sie ist nicht viel bekannt, da sie alle im Laufe der Zeit verschwunden sind.“
„Wie war ihre Persönlichkeit?“
„Warum stellst du solche Fragen?“, fragte Ava, antwortete aber dennoch: „Drachen sind bekannt für ihren Stolz, ihre Gier und ihre Machtlust.
Allerdings ist kein Drache, der in der heutigen Zeit geboren wurde, so.
Diese Eigenschaften hatten eigentlich die Urdrachen.
In den Büchern, die ich gelesen habe, stand, dass dies eine genetische Eigenschaft der Urdrachen war, die aufgrund der rauen Bedingungen während der Entstehung des Universums entstanden ist.
Stolz, um sicherzustellen, dass niemand auf sie herabblickte und versuchte, sie zu unterdrücken, Lüsternheit, um neue Generationen hervorzubringen und ihre Rasse vor dem Aussterben zu bewahren, und Machtgier, um stark genug zu sein, sich selbst und ihre Familien zu beschützen“, erklärte Ava.
„Genau“, nickte Zera. „Wie viele dieser Eigenschaften kannst du bei Neo erkennen?“
„Er ist stolz. Ich habe nie gesehen, dass er um Hilfe gebeten oder versucht hat, vor deinem sadistischen Training wegzulaufen. Er ist auch ziemlich machthungrig. Alles, was ihn interessiert, ist, stärker zu werden.“
„Ja, Neo ist stolz und ehrgeizig. Aber er ist nicht lüstern. Zumindest noch nicht. Bis vor ein paar Wochen war er wie ein Kind, das noch nie etwas Süßes probiert hat und deshalb auch kein Verlangen danach hat.“
„Aber das wird sich jetzt ändern. Er hat die Süße gekostet.“ Ava beendete Zeras Satz und seufzte. „Du hast recht. Ich sollte ihn nicht stören. Ich will ihn lieber nicht verärgern.“
„Was zum Teufel redet ihr da?“
Die Tür zu ihrem Zimmer öffnete sich und Neo kam rein.
„Bist du fertig?“, fragte Ava nicht gerade freundlich.
„Ich trainiere mit Elizabeth. Sie hat die gleichen Elemente wie ich, und das hilft mir sehr. Ich hänge nicht rum und vertrödle meine Zeit.“ Er schnalzte mit der Zunge.
„Du trainierst?“, fragte Ava.
„Ja, mein echter Körper trainiert mit ihr. Der vor euch ist mein Intent-Klon, den ich gerade steuere. Ich habe ihn benutzt, um die Gegend zu patrouillieren, seit wir hier angekommen sind, und heute hat er etwas entdeckt. Ich habe die Kontrolle übernommen, um euch die Entdeckung zu zeigen.“
Es war anstrengend, seine Aufmerksamkeit auf zwei Orte zu verteilen.
Aber Neo war das nach jahrelangem Training gewohnt.
„Kommt mit.“
Er winkte sie zu sich.
Die beiden folgten Neo und erreichten einen Quergang.
Neo zeigte auf die Tür.
Avas Augen weiteten sich und Zera wurde ernst. Die Tür war gestern noch nicht da gewesen.
Ava ging vor, um die Tür zu überprüfen, während Zera mit Neo hinter ihr blieb.
„Weißt du, was das ist?“, fragte Zera.
„Ich glaube, die Welt der Albträume verändert sich gerade, da Tyr langsam seinen Albtraum überwindet. Die Niederlage gegen mich muss etwas in seiner Psyche verändert haben.“
„Wie hast du die Tür gefunden?“
„Ich habe eine Präsenz gespürt. Hinter der Tür ist etwas, das meine Blutlinie ruft. So habe ich sie gefunden. Ich kann die Tür allerdings nicht öffnen.“
Die beiden schwiegen, und Ava untersuchte weiter die Tür und versuchte, sie zu öffnen.
„Wie läuft dein Training mit Elizabeth?“, fragte Zera plötzlich.
„Es läuft gut.“
„Trainierst du gerade auch?“
„Mit meinem Hauptkörper, ja.“
Zera lächelte und beugte sich zu Neo hinüber. Sie flüsterte:
„Ich habe ziemlich viele verschiedene Zaubersprüche.“
„…?“
„Mit einem davon kann ich sagen, wie oft jemand im Heu hingefallen ist.“
Neo erstarrte.
Er drehte seinen Kopf zu Zera wie eine quietschende Tür, die seit Ewigkeiten nicht mehr geölt worden war.
In diesem Moment kam Ava zu den beiden. Sie bemerkte das Lächeln auf Zeras Gesicht und Neos erstarrte Miene.
„Was ist los?“
„Ich habe Neo nur gelobt. Er trainiert seit Wochen ohne Schlaf und Essen.“
„Überrascht dich das? Er war schon immer ein harter Arbeiter.“
„Ja, er arbeitet ziemlich hart und gibt alles.“
Neo hätte fast gestöhnt.
Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er gar nicht erst versucht hätte zu lügen.
Er konnte Zeras verschmitztes Lächeln nur ignorieren und seinen Klon zur Patrouille zurückschicken, bevor Zera noch etwas sagen konnte.
„Wie lange dauert dein Training noch?“, fragte Ava, als Neo ging. „Ich wollte Elizabeth um ein paar Tipps für die Wasser-Affinity bitten.“
„… Ich denke, das wird noch eine Weile dauern.“
