Während seines ganzen Lebens auf der Erde hatte Yun Lintian nie etwas über seine Mutter gehört. Sein Vater hatte sie nie erwähnt. Immer wenn Yun Lintian danach fragte, wich sein Vater aus und sagte: „Eines Tages wirst du es verstehen.“
„Haha! Du bist bestimmt neugierig, wer deine Mutter ist. Leider kann ich es dir nicht sagen, weil sie es nicht will.
Ich kann dir nur sagen, dass sie eine Kultivierende ist, eine sehr mächtige“, hallte Yun Wuhans Stimme wider.
Yun Lintian war enttäuscht, obwohl er das schon erwartet hatte.
Der alte Mann und Li Zong schienen hingegen nicht sonderlich überrascht zu sein. Ihre Nachforschungen hatten keine Informationen über Yun Litians Mutter ergeben. Die Enthüllung über eine Kultivierende erklärte das Rätsel perfekt.
„Aber du musst nicht traurig sein. Da du zur Erde zurückgekehrt bist, muss sie deine Anwesenheit inzwischen bemerkt haben. Es hängt alles davon ab, wann sie vor dir erscheinen will“, hallte Yun Wuhans Stimme weiter. „Was mich betrifft, so bin ich wirklich tot. Du brauchst nicht nach mir zu suchen.“
Eine Welle der Traurigkeit überkam Yun Lintian. Er wollte es nicht glauben, aber Yun Wuhan hätte ihn nicht angelogen. Vielleicht war er wirklich tot.
Linlin spürte seine Stimmung und schmiegte ihren flauschigen Kopf an seine Wange, um ihn still zu trösten.
„Mir geht es gut“, sagte Yun Lintian sanft und tätschelte Linlins Kopf.
„Mein Sohn, dies wird meine letzte Nachricht sein“, sagte Yun Wuhan mit zärtlicher Stimme, die in krassem Gegensatz zu seinem vorherigen Tonfall stand. „Die Zukunft ist ungewiss, aber gib niemals auf. Vertraue dir selbst. Du bist mein Sohn. Du bist zweifellos der Stärkste im Urchaos.“
„Egal, wo du auch hingehst, denk daran, dass ich immer an deiner Seite sein werde … Und vergiss nicht, mehr Kinder und Frauen zu haben! Hahaha!“
Yun Wuhans Stimme verklang allmählich. Yun Lintian schloss die Augen und atmete tief durch, um sich zu sammeln. Es war das erste und vielleicht letzte Mal, dass er die besorgten Worte seines Vaters hören würde.
Einen Moment später öffnete er die Augen und löste mit einer Handbewegung den Raumriss auf.
Er wandte sich an den alten Mann und Li Zong und sagte: „Ich nehme diesen Raumstein mit. Keine Sorge, ich lasse einen anderen hier. Ich rate jedoch davon ab, vorerst die Raumgesetz-Technologie weiterzuentwickeln. Das könnte katastrophale Folgen haben.“
„Verstanden. Ich werde ihn sicher aufbewahren“, antwortete der alte Mann.
„Ich hab von dem Problem mit der grünen Energie gehört. Ich kümmere mich darum“, erklärte Yun Lintian und hob die Hand.
Eine Ansammlung von göttlichen Steinen bester Qualität materialisierte sich in der Luft, begleitet von einem glänzenden Stück goldenem Metall. Yun Lintian kanalisierte seine göttliche Energie und verschmolz die göttlichen Steine und das Metall zu einer goldenen, metallischen Kugel, die eine sanfte Energie ausstrahlte.
„Ersetzt euren Kernreaktor durch das hier. Es kann zehntausend Jahre lang Strom erzeugen und ist absolut sicher. Ich habe auch eine Beschränkung eingebaut, damit es nicht als Waffe verwendet werden kann“, erklärte Yun Lintian und reichte die Kugel dem alten Mann.
Der alte Mann nahm die metallische Kugel mit zitternder Hand entgegen. Er konnte die Energie darin spüren. Damit konnte das Land vollständig auf saubere Energie umsteigen und fossile Brennstoffe abschaffen.
„Wenn möglich“, fuhr Yun Lintian fort, „bitte gib der Entwicklung der Bergregionen Vorrang. Versorge alle so schnell wie möglich mit Strom und Kommunikation. Den anderen Ländern kannst du später helfen.“
„Das ist mein Plan“, bestätigte der alte Mann entschlossen.
„Wenn du Geld brauchst, frag einfach Wei Jianhong. Er ist ein guter Mann“, bot Yun Lintian mit einem Lächeln an.
Der alte Mann und Li Zong lachten leise. Wei Jianhong? Ein guter Mann?
„Also dann, ich werde mich jetzt verabschieden“, sagte Yun Lintian und machte sich bereit zu gehen. „Wenn du mal die Chance hast, schau doch mal am Regenberg vorbei. Ich habe ihn in das Waisenhaus Cloudhaven verwandelt. Übrigens könnte ich etwas Hilfe bei der Identifizierung der Kinder gebrauchen.“
„Das werden wir“, antwortete der alte Mann. Angesichts der fantastischen Ereignisse des Tages war er nicht überrascht, dass Yun Lintian den Regenberg über Nacht in ein Waisenhaus verwandelt hatte.
Yun Lintian wandte sich an Li Zong. „Großvater Li, denk daran, Schwester Ye von der Polizeistation abzuholen. Cai Yaoyao ist keine Bedrohung mehr; sie arbeitet derzeit im Waisenhaus.“
„Sie wurde bereits freigelassen“, bestätigte Li Zong mit einem Lächeln.
„Ich werde einen Monat hier bleiben. Wenn etwas passiert, wende dich an Onkel Wu im Waisenhaus“, sagte Yun Lintian, bevor er mit allen anderen verschwand.
Der alte Mann schaute ernst auf die goldene Metallkugel in seiner Hand. Das war nicht nur ein Wendepunkt für ihr Land, sondern für die ganze Welt.
***
„Danke, Officer Qin“, sagte Ye Ling zu Qin Qi, als sie aus dem Auto stieg.
„Entschuldige die Unannehmlichkeiten, Frau Ye“, entschuldigte sich Qin Qi.
„Keine Sorge, ich verstehe das. In dieser Situation hätte mich jeder verdächtig gefunden“, versicherte Ye Ling ihr.
„Vielen Dank für Ihr Verständnis“, antwortete Qin Qi. „General Li wird eine Gruppe von Wachen für Sie organisieren. Sie werden sich bald bei Ihnen melden.“
„Verstanden“, bestätigte Ye Ling.
Qin Qi nickte zum Abschied und fuhr davon.
Ye Ling sah dem Auto nach, dann machte sie sich bereit, ins Krankenhaus zu gehen. Plötzlich fiel ihr eine bekannte Gestalt auf – Cai Yaoyao.
Ye Lings Gesichtsausdruck veränderte sich leicht, aber sie rannte nicht weg. Wenn Cai Yaoyao ihr etwas antun wollte, würde sie ihr nicht entkommen können.
Cai Yaoyao kam auf sie zu, ihr Gesicht war von Schuldgefühlen gezeichnet. „Schwester Ye, es tut mir so leid. Du kannst mich verraten, wenn du willst.“
Ye Ling war von Cai Yaoyaos Annäherung wie gelähmt.
„Warum bist du …?“, begann Ye Ling verwirrt.
„Ich bin keine Agentin der Höllenkirche mehr, alles dank Yun Lintian“, erklärte Cai Yaoyao geheimnisvoll.
„Lintian?“, fragte Ye Ling mit erhobener Stimme. „Er lebt? Wo ist er?“
Cai Yaoyao lächelte neckisch. „Ich dachte, du interessierst dich nicht für ihn. Und jetzt sieh dich an.“
Ye Ling wurde rot. „Erzähl mir einfach alles“, sagte sie schnell.
Cai Yaoyao zögerte, dann nahm sie an, dass Yun Lintian nichts dagegen haben würde, und erzählte ihr alles, was sie über ihn wusste.
Am Ende der Geschichte pochte Ye Lings Kopf. Die ganze Geschichte klang verrückt.
„Wenn du mir nicht glaubst“, sagte Cai Yaoyao, „kannst du mir zum Regenberg folgen und ihn selbst fragen.“
„Regenberg?“, wiederholte Ye Ling verwirrt.
„Er hat ihn in ein Waisenhaus verwandelt“, erklärte Cai Yaoyao.
Ye Ling öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber wieder.
„Sehen ist Glauben, und es ist nicht weit“, drängte Cai Yaoyao.
Die Neugierde überwog schließlich ihre Skepsis. „Okay, lass uns gehen“, gab Ye Ling nach.
Die beiden riefen ein Taxi und machten sich auf den Weg zum Regenberg …
