Die Stille nach der Schlacht war schwerer als das Klirren von Stahl.
Asche schwebte wie vergessener Schnee durch die Höhle und legte sich in kleinen Haufen um zerschmetterte Schilde und zerbrochene Speere. Jeder Atemzug schmeckte nach Ruß und verbrauchter Magie. Draven atmete scharf ein, seine Lungen füllten sich mit dem beißenden Geruch, und er atmete langsam aus, als würde er sich von der Gewalt der letzten Momente lösen.
Orkleichen lagen in grotesker Stille, verbrannt und über den Boden der Kammer verstreut. Gliedmaßen ragten in seltsamen Winkeln hervor, Gesichter waren in einem Brüllen erstarrt. Ihre armseligen Nester – primitive Haufen aus Fellen und Knochen – waren nach innen zusammengebrochen: halb durch die Wucht von Draven’s letztem Schlag, halb durch die unglaubliche Kraft der Manawelle, die durch den Fels selbst gerissen war.
Er stand in der Mitte des Gemetzels, zwei Klingen summten leise an seinen Hüften. Das schwache Leuchten des Stahls verblasste, als er die eine und dann die andere Klinge in die Scheide steckte, die die Magie wie hungrige Mäuler verschluckten. Jede Klinge seufzte, als sie in die Scheide glitt, ein leises, wildes Geräusch, das von der kaum gezügelten Kraft zeugte.
Auf der anderen Seite der Kammer drang Sylara’s Stimme in Elbisch herüber, leise und abgehackt. Sie pfiff scharf, und Vyrik – eine prächtige Chimäre mit der Anmut eines Greifen und den Muskeln eines Schattenwolfs – durchbrach mit flatternden Flügeln den Nebel. Staub wirbelte um ihn herum, Staubkörnchen tanzten im flackernden Licht, und er atmete mit einem grollenden Knurren aus.
Sylara hockte sich neben ihn und streckte eine ruhige Hand aus, um die flimmernden Federn des Tieres zu beruhigen. Ihr Blick huschte über ihre anderen Chimären, die halb in dunklen Ecken versteckt waren – eine pflegte eine blutende Flanke, eine andere zitterte vor Erschöpfung. Doch alle waren am Leben, und dieser kleine Sieg breitete sich in ihrer Brust aus wie eine warme Glut.
Draven beobachtete sie nur einen Moment lang. Dann blickte er nach oben zur zerklüfteten Decke der Höhle, als würde er erwarten, die Stimme oder die Präsenz des Ersten Draven in den Schatten schweben zu sehen. Aber die mentale Verbindung, die ihn mit seinem ursprünglichen Selbst verband, war verstummt – eher gedämpft als unterbrochen, als wäre der Erste zu tief in eine ferne Krise gestürzt, um zu reagieren.
Er schloss kurz die Augen und ließ die Stille der Losgelöstheit über sich hinweggleiten. In diesem Moment fühlte er sich abwesend und doch ganz. Ihre Gedanken arbeiteten parallel: zwei Gefäße derselben Essenz, jedes fähig, unabhängig vom anderen zu handeln und zu denken. Es war eine Verbindung absoluten Vertrauens, geschmiedet im geheimnisvollen Feuer.
„Quest“, murmelte er, wobei seine Stimme bei diesem Wort wie bei einem beiläufigen Achselzucken stockte. „War klar, dass er sich wieder kopfüber hineinstürzt.“
Er brauchte keine Bestätigung durch die Verbindung. Die Abwesenheit war ein Geschenk – eine Gelegenheit, sein eigenes Urteilsvermögen an der Reaktion der Welt zu messen. Keine Panik stieg in seiner Brust auf. Nur der gleichmäßige Puls seiner Entschlossenheit.
Die Folgen breiteten sich vor ihm aus wie ein düsteres Gemälde – brutal, verkohlt, effizient. Hier gab es keine Pracht, keinen triumphierenden Schrei. Nur Ergebnisse. Nur den stillen Beweis, dass der Widerstand der Orks mit kalter Präzision beantwortet worden war.
Draven trat vor, seine Stiefel flüsterten über den glatten Stein, während er zwischen weggeworfenen Äxten und geschnitzten Knochenfetischen hindurchschlängelte, die einst Eindringlinge abwehren sollten. Jeder Schritt war vorsichtig, bedächtig, hinterließ keine Spuren außer dem sanften Flackern von Mana in seinem Gefolge.
Sylara schloss sich ihm an, ihre Stiefel klangen lauter in der Stille. Sie schüttelte eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht und deutete auf die eingestürzten Tunnel. „Dieses Nest ist älter als erwartet.“
Draven neigte den Kopf und ließ seinen Blick über die Trümmer schweifen. „Und verzaubert.“
Sie hob die Augenbrauen. „Hast du es gesehen?“
Er hielt inne und hob eine behandschuhte Hand, um sich auf die Zunge zu tippen. „Geschmeckt“, sagte er, wobei diese kurze Geste sowohl Ironie als auch technische Präzision ausdrückte. „Rückstände von Schutzzaubern. Alt, verdreht. Nicht von Orks.“
Sie musterte ihn einen Moment lang mit scharfen, forschenden Augen. „Dann von wem?“
Er antwortete nicht. Stattdessen ließ er seinen Blick eine schmale Spalte hinunterwandern, die tiefer in den Berg führte. Der Tunnelausgang gähnte wie eine Frage, dunkel und abweisend.
„Das ist nicht der Weg raus“, sagte Sylara leise, ihre Stimme klang besorgt.
Draven stieß mit seinem Stiefel gegen einen heruntergefallenen Stein, der in die Dunkelheit rollte. „Nein“, sagte er nur.
„Das ist der Weg nach vorne.“
Sie zögerte und runzelte die Stirn. „Wir haben keine Karte von diesem Bereich.“
Er warf einen Blick über seine Schulter, sein Gesichtsausdruck unlesbar. Das schwache Licht der Fackeln in der Höhle flackerte über seine scharfen Gesichtszüge und beleuchtete den entschlossenen Glanz in seinen Augen. „Brauchen wir nicht.“
Draven erklärte nicht, woher er den Weg kannte. Der Tunnel hinter der Orkhöhle gähnte vor ihnen, seine Dunkelheit wurde von flackerndem Fackelschein und herumwirbelnder Asche durchbrochen. Doch mit jedem Schritt kam ihm der Weg seltsam vertraut vor, als hätte sich eine verborgene Erinnerung unter seine Haut gebrannt und leitete seine Schritte.
Die Felswände glänzten feucht von Kondenswasser.
Jeder Tropfen hallte wie fernes Donnergrollen wider. Moos haftete in dunkelgrünen Flecken an den Steinen, jeder Strang schwer von Feuchtigkeit. Dravens Stiefel machten keinen Laut auf dem weichen Boden, aber er spürte die leichte Neigung des Weges unter seinen Sohlen, als würde der Boden selbst sich an seine Ankunft erinnern.
„Ich war noch nie hier“, sagte er mit leiser Stimme, um die zerbrechliche Stille in der Höhle nicht zu stören. „Aber meine Schritte erinnern sich.“
Sylara warf ihm einen Blick zu und wickelte den Lederriemen ihres Bogens um ihren Arm. Sie hob eine Augenbraue – ihr einziges Zeichen von Skepsis. „Das klingt überhaupt nicht verdächtig“, neckte sie ihn mit einem Lächeln, das ihre Augen nicht erreichte. Die Luft zwischen ihnen war aufgeladen, halb scherzhaft, halb von dem unausgesprochenen Verständnis gemeinsamer Geheimnisse.
Draven schenkte ihr ein kurzes, ironisches Lächeln. „Er hat sich darauf vorbereitet“, antwortete er mit ruhiger, bedächtiger Stimme. „Er hat mir genug Hinweise hinterlassen. Keine Wegbeschreibung. Nur seine Absicht.“
Sie verschränkte die Arme, wobei ihre angespannte Haltung ihre Neugier verriet. „Aber …“, begann sie und trat neben ihn, sodass der schwache Schein der Runen auf seiner Klinge ihren Schatten an die Wand warf. „Wie folgt man einer Absicht durch ein Labyrinth?“
Er antwortete nicht mit Worten. Stattdessen fuhr er mit seinen behandschuhten Fingerspitzen über die in den Tunnelrand gemeißelten Runen – Symbole, die halb vom Zahn der Zeit und halb vom tropfenden Wasser ausgelöscht waren. Die Gravuren pulsierten leicht unter seiner Berührung, als würden sie aus einem jahrhundertelangen Schlaf erweckt.
Sylara beobachtete ihn und ihr Blick wurde mit jedem Mana-Schlag unter seiner Haut weicher. Sie verstand vielleicht nicht genau, wie das funktionierte, aber sie vertraute ihm genug, um ihre Zweifel beiseite zu schieben. „Okay“, flüsterte sie. „Ich komme mit.“
Sie stiegen tiefer hinab, der Tunnel wurde enger, bis ihre Schultern die feuchten Steine zu beiden Seiten berührten. Die Luft wurde kälter, jeder Atemzug schmeckte nach Mineralien und Verfall.
Irgendwo vor ihnen klopfte ein fernes Tropfen in einem gleichmäßigen Rhythmus, wie ein Herzschlag, der sie vorwärts führte.
Draven blieb an einer Weggabelung stehen, wo ein zersplitterter Holzbalken halb im Kies vergraben lag. Er bückte sich, um ihn wegzuräumen, und legte eine Spirale aus Runen frei, die in den Boden geritzt waren – so blass, dass sie fast unsichtbar waren. Das Muster wirkte neu und uralt zugleich, wie ein Palimpsest aus Magie, der sich über Äonen hinweg übereinandergeschichtet hatte.
Sylara kniete sich neben ihn und wischte vorsichtig die Trümmer weg. „Du hast gesagt, der Premierminister war nie hier“, flüsterte sie. „Was weiß er, was du nicht weißt?“
Er drückte seine Handfläche gegen die Spirale und schloss die Augen. Die Runen leuchteten auf und reagierten auf eine Frequenz, die nur er wahrnehmen konnte. „Es geht nicht um Wissen“, sagte er leise. „Es geht um Resonanz.
Absichtliche Echos, die Orte mit Momenten verbinden. Er hat sein Echo hier zurückgelassen.“
Sie blinzelte und beugte sich vor, um die geschnitzte Spirale zu betrachten. Sie pulsierte mit silberblauem Licht, das wie wechselnde Mondstrahlen ein- und aus- und wieder einzufasste. „Das ist … beunruhigend“, gab sie zu. „Die meisten Leute besuchen Ruinen und verlieren sich darin. Du bekommst Anweisungen aus dem Jenseits.“
Draven richtete sich auf. Er steckte einen kleinen Kristall – eine alte Navigationsrune – ein, der sich an den Rändern der Spirale festgesetzt hatte. Er strich mit dem Daumen über die Oberfläche und leitete einen Bruchteil seiner Mana dorthin. Der Kristall summte gehorsam und warf einen sanften Schein an die Decke, der ein weiteres, kaum sichtbares Symbol enthüllte, das tiefer in die Dunkelheit wies.
„Keine Panik“, sagte er mit ruhiger Stimme. „Wir machen weiter.“
Sylara stand auf und rückte die provisorischen Satteltaschen ihrer Chimären zurecht. Sie warf einen Blick zurück auf die Stelle, an der die Orkleichen wie zerbrochene Marionetten verstreut lagen. Staubkörnchen schwebten über den eingestürzten Nestern und deuteten auf einen Wind hin, der diese Höhle nicht mehr heimsuchte. „Ich mag meine Karten mit klaren Ausgängen“, murmelte sie. „Nicht diese Rätsel.“
Draven nickte ihr höflich zu. „Betrachte es als eine lebendige Karte.“ Er trat vor, seine Stiefel knirschten auf dem Kies. „Bist du bereit?“
Sie holte langsam Luft und legte ihre Finger um ihren Bogen. „Geh voran.“
Sie bewegten sich wie einer, schlüpften an zerklüfteten Steinen und seichten Wasserlachen vorbei, in denen das flackernde Licht des Kristalls sich spiegelte.
Jede Wendung weckte neue Erinnerungen, ein Déjà-vu-Gefühl, das Draven einen Schauer über den Rücken jagte. Er erhaschte einen Blick auf längst verblasste Elfenfresken, die halb hinter Moos versteckt waren – zarte Linien aus Silber und Gold, die einen Wald von unvorstellbarer Größe darstellten, Wächter in wallenden Roben, die ehrfürchtig zum Himmel blickten.
Er hielt erneut inne und beugte sich vor, um mit der Hand über den am besten erhaltenen Teil zu streichen. Die Glyphen schimmerten und enthüllten einen Wald, der so weit und leuchtend war, dass er von Sternenlicht selbst gemalt sein könnte. „Vor dem Exodus“, murmelte er. „Diese Bilder … sie stammen aus der Zeit vor der Spaltung.“
Sylara hockte sich neben ihn, ihre bernsteinfarbenen Augen weit aufgerissen, während sie die Szene in sich aufnahmen. „Vor der Spaltung“, wiederholte sie. „Das hast du schon gesagt … vorhin.“ Sie tippte sich an die Stirn. „Heißt das, dass jemand hier die Geschichte bewahrt hat?“
Draven presste die Kiefer leicht aufeinander. „Oder sie begraben hat.“ Er stand auf und klopfte den Schmutz von seinem Mantel. „Wie auch immer, weiter geht’s.“
Sie gingen weiter, bis der Gang an einer senkrechten Steinwand endete. Nichts kennzeichnete diesen Ort – keine Rillen, keine Risse. Nur Stille. Sylara schnalzte mit der Zunge. „So viel zu deiner Absichtskarte.“
Draven kniete sich vor die Wand und hielt seine Hand nur einen Haarbreit davon entfernt. Er untersuchte die Beschaffenheit des Steins – feine Körner, die durch jahrhundertelanges Eindringen von Wasser verwittert waren.
Vor seinem geistigen Auge tanzte ein schwaches Muster aus Kreisen, Linien, die Punkte zu einem unmöglichen Gitter verbanden. Er ließ seine Mana unter seiner Handfläche sammeln, ein leises Summen vibrierte durch seinen Handschuh.
Sylara verschränkte die Arme und verlagerte ihr Gewicht. „Wenn du dich irrst …“
„Vertrau mir“, sagte er mit leiser, bestimmter Stimme. „Das werde ich nicht.“