Kapitel 709: Der Gastwirt kommt runter

Lex brauchte nur ein paar Sekunden, um sich zu teleportieren, Rick seine Befehle zu geben und dann auf das Dach zu teleportieren. Aber was er sah, war nicht die friedliche und lebhafte Stadt Babylon, die gerade mitten in einer Hochzeitsfeier war. Zum Glück war es auch kein Gemetzel.
Die Stadt und eigentlich die ganze Welt schienen viel von ihrer Substanz verloren zu haben. Alles war zu einer Fata Morgana geworden, oder zu einer Projektion, durch die man laufen konnte. Das Einzige, was noch Substanz hatte, waren die Taverne und eine Reihe von Wesen, die in einen heftigen Kampf verwickelt waren.

Ein Dutzend Kraven hatten sich draußen versammelt und befanden sich alle im Reich der Unsterblichen. Ihre gemeinsamen Angriffe hatten die Formationen um die Taverne komplett zerstört.
Lex hatte keine Ahnung, wie die Taverne selbst den Angriff überstanden hatte, obwohl sogar die Formationen versagt hatten, und konnte sich das nur damit erklären, dass das gesamte Holz der Taverne zu Dribble-Eichenholz aufgewertet worden war.

Es war jedoch ungewiss, wie lange dieses Holz dem Ansturm standhalten würde, wenn so viele Unsterbliche weiter angriffen. Aber wie es der Zufall so wollte, hatten sich in diesem scheinbar unscheinbaren Gebäude die stärksten Wesen des Reiches versammelt, alle bis auf einen!
Bevor die Kraven ihren dritten Angriff starten konnten, isolierten die beiden Gottheiten sie mit ihren göttlichen Kräften vom Rest des Reiches, damit ihr Kampf nicht alle Zivilisten in der Nähe tötete. Die anderen hielten sich nicht zurück und griffen mit voller Wucht an.
Sabr war besonders tödlich, da seine Angriffe jeglicher Vernunft entbehrten und seine Wut und Frustration über die jüngsten Enthüllungen seinen Verstand vernebeln ließen. Jetzt, wo er ein völlig akzeptables und vernünftiges Ventil gefunden hatte, warum sollte er sich zurückhalten?
Man muss dazu sagen, dass es in Babylon mehr als nur ein paar Unsterbliche gab, sodass ein Dutzend Kraven eigentlich nicht so einfach hätten eindringen können. Aber selbst unter den Kraven waren diese wenigen alles andere als gewöhnlich. Außerdem hatten sie sich schon im Voraus vorbereitet. Alle Unsterblichen, die sich gerade nicht in der Taverne befanden, waren im Moment stark geschwächt.
Die Kraven hatten ein ganz spezielles Gift in der Luft verteilt, das nur auf Unsterbliche wirkte. Zufälligerweise reinigte und filterte Dribble-Eichenholz die Luft, sodass niemand in der Taverne davon betroffen war.

Als Lex auf dem Dach ankam, hatten sich alle Kämpfer verteilt und es schien, als würde ihre Wildheit keine Grenzen kennen.
Das Niveau dieses Kampfes lag weit über Lex‘ Fähigkeiten, und wenn er in Babylon gewesen wäre, hätte ihn jeder einzelne der Angriffe schwer verletzt, wenn nicht sogar getötet!

Auch wenn man Lex nicht vorwerfen konnte, dass er sich einem Dutzend Unsterblicher schutzlos ausgeliefert hatte, konnte er dennoch Wut und Frustration nicht unterdrücken. Da er sich bewusst war, dass solche Gefühle ihm nicht weiterhelfen würden, beobachtete Lex gleichzeitig die Kraven.
Diese kleine Gruppe hatte etwas Ungewöhnliches an sich, aber er kannte die Kraven nicht gut genug, um herauszufinden, was es war. Das Einzige, was ihm auffiel, war, dass der Anführer der Gruppe ein sehr kleiner Kraven war, der Lex kaum bis zur Brust reichte. Doch seine Kleinwüchsigkeit hinderte den Kraven nicht daran, stark zu sein, denn er strahlte die wildeste Aura der Gruppe aus. Er war eindeutig der Anführer.
Doch während die anderen kämpften, stand der Anführer unbeeindruckt da und blickte zu den beiden Gottheiten. Lex ballte die Faust, als er den Kraven ansah, der ihn aus irgendeinem Grund an seine Begegnung mit Belmont erinnerte. Auch er hatte ihn gekränkt, wenn auch bei weitem nicht so sehr. Selbst damals hatte Lex nicht viel tun können, außer ihm ein paar Streiche zu spielen.
Ja, theoretisch könnte Lex eine Anordnung nutzen, die die Stärke eines Unsterblichen erreichen könnte.

Tatsächlich hatte er sogar den Entwurf für eine solche Anordnung, eine der letzten Lektionen in dem Buch, das in dem Ring versteckt war, aus dem er Anordnungen studiert hatte. Doch selbst mit all seiner derzeitigen Kraft war es ihm nie gelungen, sie zu vollenden.
Was würde er dafür geben, wieder ein Buttermesser mit maximaler Stärke zu haben, aber da das Messer nur in der Taverne benutzt werden kann, wäre es in seiner aktuellen Situation nutzlos.

Kraven und die Vögel starrten sich weiterhin an, und Lex vermutete, dass sie sich mit ihren Gedanken unterhielten.
„Es ist geschafft“, sagte Rick schwach, als er das Dach betrat. Er sah blass aus und war außer Atem, aber seine Schwäche hatte ihn nicht davon abgehalten, so schnell wie möglich zu handeln.

Lex, dessen ursprünglicher Körper noch in der Taverne war, scannte diese und überprüfte schnell alle seine Mitarbeiter.
Es war nicht so, dass er seine Gäste, die in der Taverne verletzt worden waren, ignorieren konnte, aber er hatte nur eine begrenzte Anzahl von Schlüsseln für die Taverne, da er nicht mit einer solchen Katastrophe gerechnet hatte.

Alle befanden sich im Aufwachraum und wurden versorgt. Aber das allein garantierte noch nicht, dass sie überleben würden. Selbst das Aushalten der Aura eines Unsterblichen konnte den Geist eines Sterblichen schädigen, wie alle bei Lex vermutet hatten, als er zum ersten Mal im Kristallreich angekommen war.
Plötzlich blieb er stehen und spürte, wie sein Herz sank. Während ihr Überleben noch ungewiss war, gab es zumindest eine Sache, die bestätigt werden konnte. Betty, die Frau von Big Ben, die ein Kind erwartete, hatte eine Fehlgeburt erlitten!

Eine bedrohliche Wolke begann den Himmel über dem Gasthaus zu bedecken. Alle, die mit der Geschichte des Gasthauses vertraut waren, fragten sich, wer diesmal den Gastwirt verärgert hatte. Vielleicht würde es bald etwas Interessantes zu tratschen geben.

Aber nein, der Feind des Gastwirts war diesmal nicht in der Taverne, und Lex hatte fast keine Möglichkeit, ihm was anzutun. Fast.

Er setzte „Gezielter Scan“ auf den einsamen Kraven an, nur um zu sehen, ob er irgendwas über ihn herausfinden konnte.

Name: Belail Sacrin

Alter: 17

Geschlecht: Männlich

Kultivierungsdetails: ???

Spezies: Kraven
Bemerkungen: Spezielles Material am Ziel entdeckt. Erlangt es, um eine besondere Quest auszulösen!

„Rick, benutze die Karte, die ich dir vorhin gegeben habe“, sagte Lex mit tiefer Stimme, die vor unterdrückten Emotionen bebte.

Ohne Fragen zu stellen, griff Rick in seine Tasche und holte eine unscheinbare Visitenkarte heraus. Doch als er begann, seine spirituelle Energie in die Karte zu leiten, änderte sich die Lage schlagartig.
Die Gottheiten, die mit den Kraven verhandelten, spürten dieselbe Aura, die sie in der Einladung gesehen hatten, die Lex ihnen gezeigt hatte, und drehten sich plötzlich um. Auf dem Dach standen zwei Gestalten, Lex und Rick. Doch einen Moment später gesellte sich eine weitere Projektion zu ihnen.

Die einzigartige, isolierte Welt, die sie um das Schlachtfeld herum geschaffen hatten, bebte für einen Moment, als ein viel mächtigeres Wesen darin erschien. Es war natürlich der Gastwirt.
Wie schon zuvor, als Luthor und die anderen in den Krieg gezogen waren, hatte Lex Rick eine der Visitenkarten des Gastwirts gegeben, als dieser loszog, um die Einladungen zu überbringen, für den Fall, dass er in Schwierigkeiten geraten sollte. Damals hatte er sie nicht gebraucht, aber jetzt kam sie ihm gelegen.

Obwohl Lex wusste, dass er keine wirkliche Macht hatte, weder als Gastwirt noch als dessen Projektion, hielt das System sein Versprechen, eine mächtige Fassade aufrechtzuerhalten.
Die Aura, die die Projektion ausstrahlte, war so real, dass sie sogar das Kristallreich zu beeinflussen begann.

Für ein Reich, das nicht einmal einen Himmelsunsterblichen ernähren konnte, waren der Gastwirt und seine verbündeten Kräfte zu viel. Die Wolken am Himmel begannen zu zittern, als würden sie kochen, und eine rote Färbung überzog den Himmel bis weit über den Horizont hinaus.
In diesem Moment unterdrückten alle Monster im Kristallreich ihren rasenden Hunger und versteckten sich. In diesem Moment zog sogar der prächtigste Sol- oder Frio-Vogel seine Federn ein und tauchte in ein Loch, um sich zu verstecken. In diesem Moment kam die Versammlung im Kristallreich zum Stillstand, als ihre Schutzformationen Warnungen vor einer drohenden Gefahr aussandten.
In diesem einen Moment, als die Inkarnation des Gastwirts in das Kristallreich hinabstieg, schien alles Leben zu erzittern.

Belail, der Kraven, der so selbstbewusst vor den beiden göttlichen Vögeln stand, blickte auf und sah nicht einen Menschen, sondern eine Vision seines eigenen Todes.

*****
Im Ursprungsreich stand ein Bravenharbinger in seinem Arbeitszimmer und polierte sorgfältig seine Waffe. Bravenharbinger waren eine Rasse von großen, zentaurähnlichen Wesen mit sechs statt vier Beinen, vier statt zwei Armen und sechs Augen. Die Männchen waren oft 3,6 Meter groß, während die Weibchen etwa 2,4 Meter groß waren. Sie hatten raue graue Haut und meist langes schwarzes Haar.
Wie die meisten seiner Art liebte auch dieser Nahkämpfe, und seine Waffe war ein doppelschneidiges Schwert, das heißt, die Klinge ragte auf beiden Seiten des Griffs hervor. Die Klinge war 20 cm breit und 1,5 Meter lang. In der polierten Klinge spiegelte sich das lächelnde Gesicht seines Besitzers. Doch plötzlich verwandelte sich das Lächeln in einen Ausdruck des Schocks.