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Kapitel 435: Wenn du in den Abgrund starrst…

Kapitel 435: Wenn du in den Abgrund starrst...

Kain trieb im Nichts. Eine schwerelose, formlose Leere drückte von allen Seiten auf ihn ein, ein bedrückender, lichtloser Raum, der sich unendlich in alle Richtungen erstreckte. Unter ihm gab es keinen Boden, über ihm keinen Himmel, nur eine riesige, alles verschlingende Dunkelheit. Es war, als hätte die Welt ihn vergessen und ihn in einem Reich ohne Geräusche, ohne Licht, ohne Zeit zurückgelassen.

Er wusste nicht, wie lange er schon dort war – Sekunden? Stunden?
Jahre? Seine Gedanken fühlten sich träge an, gedämpft von der alles verschlingenden Dunkelheit. Doch dann spürte er endlich wieder festen Boden unter sich. Nie zuvor hatte er gewusst, wie beruhigend es war, festen Boden unter den Füßen zu haben.

Kain machte einen vorsichtigen Schritt nach vorne. Zumindest glaubte er das. Er konnte nichts sehen. Er konnte nicht fühlen, wo er hintrat. Nur das beunruhigende Gefühl von Druck unter seinen Füßen deutete darauf hin, dass er sich überhaupt bewegt hatte.
Der Boden war … seltsam. Er war weder fest noch flüssig, noch irgendetwas, das er benennen konnte. Er gab unter seinen Füßen mit einem widerlichen Geräusch nach und pulsierte und wogte, als würde sich etwas unter der Oberfläche bei jedem seiner Schritte bewegen.

Wenn er es mit etwas vergleichen müsste, wäre es, als würde man versuchen, auf einem sich ständig bewegenden Wasserbett zu laufen.
Ein tiefes Unbehagen breitete sich in seinem Magen aus, als er vorwärtsging, während sich der Boden unter ihm subtil wand und sich gegen sein Gewicht drückte.

Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er blind nach etwas – irgendetwas – griff, um sich zu orientieren. Seine Finger streiften eine Oberfläche, und sofort breitete sich ein nasses, kriechendes Gefühl in seiner Hand aus. Es war weder Stein noch Holz oder Metall. Es fühlte sich lebendig an.
Schleimige, sich windende Körper wanden sich um seine Finger, bewegten sich unter seiner Berührung und klammerten sich wie lebender Schmutz an seine Haut. Ein widerlicher Schmatz erfüllte die Stille, als seine Hand leicht in die Masse einsank. Die Dinge unter seinen Fingern verdrehten sich und pulsierten, einige winzig und glitschig, andere dicker, ihre Bewegungen langsam und bedächtig, drückten sich gegen ihn, als würden sie auf seine Anwesenheit reagieren.
Aber nach einem kurzen Moment des Kontakts versuchte keines davon, ihn erneut zu berühren oder weiter zu verfolgen – seine Anwesenheit war bereits vergessen.

Ein entsetzlicher Schauer durchlief ihn, und er riss seine Hand mit einem scharfen Atemzug zurück und schüttelte sie heftig. Das Gefühl blieb bestehen, Phantomwürmer krochen über seine Haut.

Kain war wahrscheinlich noch nie in seinem Leben so entsetzt über seine Blindheit gewesen. Er musste sehen.
Kain sammelte seine letzten Kräfte und griff nach den Resten seiner schwindenden spirituellen Energie. Er aktivierte eine einfache spirituelle Fähigkeit, um seine Sehkraft in der Dunkelheit zu verbessern. Die Dunkelheit war jedoch so dicht, dass selbst diese Fähigkeit sie kaum durchdringen konnte.

Dennoch reichte es aus.
Seine schwach leuchtenden Augen nahmen seine Umgebung wahr – oder besser gesagt, das, was sich darin befand. Und Kain wünschte sich fast, er wäre blind geblieben.

Sie waren überall.

Eine sich windende, wogende, unvorstellbar dichte Masse aus abgrundtiefen Würmern erstreckte sich bis über den Horizont. Ihre glitschigen, segmentierten Körper drehten und schlängelten sich in einem unaufhörlichen, widerlichen Rhythmus.
Es gab kein Ende. Kein Platz zwischen ihnen. Keine Flucht vor ihnen. Sie pulsierten wie ein einziges Lebewesen, ein ekelhafter „Ozean“ aus Würmern, der so riesig war, dass Kain nicht begreifen konnte, wie viele es waren.

Eine Kälte, die viel tiefer ging als Angst, nagelte Kain an den Boden. Sein Atem kam in unregelmäßigen, keuchenden Stößen. Das schiere Ausmaß dessen, was er sah, drohte ihn zu zerreißen, das wenige, was von seiner Vernunft noch übrig war, zu verschlingen.
Dann spürte er es.

Einen Sog. Subtil. Schwach. Aber es fühlte sich bemerkenswert ähnlich an wie der Sog seiner Affinität, nur etwas anders, dumpfer.

Irgendwo jenseits der sich windenden Masse zog ihn etwas in eine bestimmte Richtung.

Kain bewegte sich, bevor er es sich anders überlegen konnte. Die Würmer reagierten nicht auf ihn, ihre Wellenbewegungen wurden von seiner Anwesenheit nicht beeinflusst. Er schwebte an ihnen vorbei, fast schwerelos.
Selbst die Würmer, auf die er direkt trat, hielten nur kurz inne, wurden nicht zerquetscht und blieben am Leben, bevor sie ihr unbedeutendes Leben fortsetzten.

Als er sich weiter aus dem Tunnel herausbewegte (oder hinein – das war schwer zu sagen), veränderte sich die Szenerie. Er verließ den mit Würmern gefüllten Teil des dunklen Tunnels und gelangte in einen etwas breiteren Abschnitt, der sich in mehrere schmalere Tunnelöffnungen verzweigte, die wer weiß wohin führten.

Als er weiterging, sah er mehr.

Die Schrecken dieses Ortes beschränkten sich nicht nur auf die zappelnden Würmer. In den Schatten, knapp außerhalb seines Blickfeldes, lauerten Monstrositäten – Wesen, die jegliche Ästhetik verzerrten. Riesige Bestien aus massiven schwarzen Muskeln oder Chitin, langgestreckte Gestalten mit zu vielen Gliedmaßen, zu vielen Mündern oder zu vielen Augen, die in der Dunkelheit wie rote Glut leuchteten.
Schließlich sah Kain in der Ferne eine Lichtquelle – einen Ausgang? – und statt schneller zu gehen, wurde er vorsichtshalber langsamer. Er hatte immer noch keine Ahnung, wo er war. Entdecke mehr Inhalte in My Virtual Library Empire

Allmählich näherte er sich der Öffnung, die wie der Eingang zu dem Tunnel aussah, in dem er angekommen war.
Sie führte nach „draußen“. Aber Kain war sich nicht ganz sicher, ob er das wirklich als draußen bezeichnen konnte. Zumindest ähnelte es keiner Außenwelt, die er jemals gesehen hatte.

Der „Himmel“ war pechschwarz, ohne eine einzige Konstellation oder einen Himmelskörper.
Der Boden war völlig vegetationslos und bestand nur aus festem schwarzem Stein. Auf diesem schwarzen Stein war etwas gebaut, das wie eine „Stadt“ aussah, deren Bewohner offenbar Kreaturen aus der Unterwelt und die Verdorbenen waren.

Dann sah Kain die anderen.

Es waren keine Kreaturen aus der Unterwelt und auch keine Verdorbenen.

Es waren Menschen – Lebewesen –, die gefangen gehalten, benutzt und misshandelt wurden.
Kain wurde übel, als er sie sah. Menschen, aber keine aus dem Imperium. Ihre Kleidung und ihre Gesichtszüge wirkten fremd.

Und da waren noch andere. Eine geschmeidige Gestalt mit langen, spitzen Ohren und hellsilbernem Haar. Ein stämmiges Wesen, dessen Gliedmaßen mit schweren Ketten gefesselt waren und dessen Gesicht hohl und ausgezehrt war. Die längst verschollenen Elfen und Zwerge. Sogar Kreaturen, die Kain nicht benennen konnte.
Sie wurden nicht einfach getötet. Sie wurden gequält.

Einige hingen in sich windenden durchsichtigen Kokons, ihre Körper von zappelnden Ranken durchbohrt, die etwas aus ihnen saugten, das Kain nicht erkennen konnte.
Andere wurden zu Foltervorführungen gezwungen, um die hochrangigen Kreaturen aus der Unterwelt zu unterhalten. Ihre Gliedmaßen wurden umgeformt, Körperteile gestohlen, ihre Seelen zerbrochen. Einige klammerten sich noch an ihr Leben, die Augen weit aufgerissen, ihre Seelen intakt, aber kaum noch am Leben. Andere waren zu seelenlosen Hüllen geworden – geistig tot aufgrund der Schrecken, die sie erlitten hatten.

Ein Konvoi durchquerte die Stadt, Kreaturen aus der Unterwelt schleppten Gefangene aus dieser kleinen Stadt zu einem unbekannten Ziel.
Kain hatte gerade noch genug Verstand, sich zu verstecken, und drückte sich in den Schatten eines großen Felsbrockens, während sie vorbeizogen. Sein Atem stockte, als er zusah, sein Herz hämmerte. Zum Glück schien keiner von ihnen seine Anwesenheit zu bemerken.

Dann kam es.

Eine Kreatur inmitten des Konvois, die anders war als die anderen. Ihre Gestalt war nicht monströs, nicht wie die der anderen Kreaturen aus der Tiefe.
Sie war groß, unheimlich elegant und in schwarze Seide gehüllt, die sich bei jeder Bewegung zusammenzog und wieder entfaltete. Aber ihre Augen –

goldene und violette Flecken, eine seltene Quelle der Schönheit inmitten dieser abscheulichen Umgebung – ein Halbgott der Unterwelt.

Kain brauchte keine Bestätigung, er wusste instinktiv, dass es das war.

Und es schaute direkt in seine Richtung.

Dieser Bestienbändiger ist ein bisschen komisch.

Dieser Bestienbändiger ist ein bisschen komisch.

Score 10
Status: Ongoing Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Nachdem er als Student gestorben ist, wacht Kain in einer magischen Welt auf, in der Leute sich mit spirituellen Wesen verbünden, um mit ihnen zu kämpfen. Er will unbedingt ganz nach oben kommen und verlässt sich dabei auf ein System und treue Freunde. Alles scheint seinen Ambitionen zu entsprechen – außer dass die spirituellen Wesen, die er anheuern kann, irgendwie ... seltsam sind. "Dieser Beast-Tamer ist ein bisschen seltsam" ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Action, Abenteuer und Fantasy. Geschrieben vom Autor KeepingSilent. Lies den Roman "This Beast-Tamer is a Little Strange" kostenlos online.

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