Perspektive einer dritten Person
Aber die Kraft, die ausgereicht hätte, um die Knochen eines normalen Mannes zu brechen, brachte das Tentakel kaum zum Nachgeben.
Es schnappte mit noch größerer Geschwindigkeit zurück, drehte sich wie ein Bohrer und zielte direkt auf sein Gesicht.
Ethan konnte sehen, wie seine gezackten Zähne wie eine Schleifmaschine rotierten, als es sich auf ihn stürzte.
Er nahm all seinen Mut zusammen. Mit zitternder, blutiger Hand packte er seinen zerbrochenen Säbel und stieß ihn abrupt nach vorne, direkt in das offene Maul des Tentakels.
Er wusste, dass seine Hand dabei zerfetzt werden könnte, aber er war sich ebenso sicher, dass das Maul des Tentakels dabei zerstört werden würde.
Er war nie jemand gewesen, der einfach auf den Tod gewartet hatte.
Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen.
Virelles entsetztes Gesicht blitzte vor seinen Augen auf, als sie verzweifelt mit ihren roten Fäden um sich schlug.
Velcys kleine Gestalt kam in sein Blickfeld, als sie von oben auf ihn zusprintete.
Ethan war nur noch eine blutüberströmte Gestalt mit einem erschöpften Körper, aber einem ungebrochenen Willen.
Er stand fest mit seinem zerbrochenen Säbel, der direkt auf das sich drehende Maul des monströsen Tentakels zeigte.
Gerade als die Klinge sein groteskes Maul durchbohren wollte, umschlang eine unsichtbare Kraft plötzlich den Tentakel.
Sein Körper verdrehte sich heftig, als hätte ihn eine riesige Hand gepackt und wie einen durchnässten Lappen ausgewrungen.
Ein unmenschlicher Schrei der Qual zeriss die Luft, als der Tentakel zuckte und sich zusammenkrümmte.
Auf dem Schlachtfeld herrschte eine unheimliche Stille, während Virelle und Velcy fassungslos auf den schockierenden Anblick vor ihnen starrten.
Ihre Augen folgten dem Ursprung des Phänomens.
Der sich windende Tentakel führte zurück zu seiner Quelle. Es war der abgetrennte Kopf des Schattens, der zuvor von Ethans Säbel enthauptet worden war.
Der schattenhafte Kopf und der Tentakel verdrehten sich weiter, während sie immer stärker zusammengedrückt wurden.
Die Auswirkungen waren zu sehen, als schwarze, faulige Blutspritzer aus seinem ganzen Körper spritzten.
Was auch immer auf ihn einwirkte, es war unerbittlich.
Der Kopf der Schattenfigur zerfiel und brach zusammen, als er zu einem blutigen Nebel zerquetscht wurde, der auf die Wände des Brunnens und die zerbrochene Treppe regnete.
Ein Moment der Erkenntnis traf Virelle wie ein Hammerschlag.
Das war genau das gleiche Phänomen, das sie vor einer Woche erlebt hatte – als der Kopf des riesigen Wolfes zerfetzt und zu Nichts zermalmt worden war.
Sie seufzte erleichtert, als ein Gefühl der Vertrautheit und Sicherheit sie überkam.
„Lord Nyx … sie ist hier.“
Auch Ethan war fassungslos. Seine weit aufgerissenen Augen kämpften darum, offen zu bleiben, während er auf die Spuren der unsichtbaren Kraft starrte.
Er hatte den Dimensionsschlag seines Meisters Nyx noch nie zuvor gesehen und seine Gedanken rasten.
Ist die kleine Herzogin nach all dem Trubel endlich hier?
Das war der letzte Gedanke in seinem schwindenden Bewusstsein.
Jetzt, da der Feind besiegt war, weigerte sich sein Körper, weiterzumachen. Er spürte, wie sein Geist in die Dunkelheit sank, als ihn die Erschöpfung überwältigte.
Seine Sicht verschwamm und sein Körper schwankte, als er schließlich zusammenbrach und kopfüber in den dunklen Abgrund stürzte.
Virelle schnappte nach Luft und sprang sofort vor, um ihn zu fangen.
Aber etwas war noch schneller.
Ein scharfer Windstoß hätte Virelle fast aus dem Gleichgewicht gebracht, als eine große, imposante Gestalt vor Ethan auftauchte.
Sie war fast zwei Meter groß und genauso groß wie Ethan.
Ihre Bewegungen waren fließend wie Schatten und ihre Ausstrahlung war sowohl beeindruckend als auch elegant.
Ethans bewusstloser Körper prallte gegen sie und sein Kopf fiel auf ihre üppige Brust.
Er prallte leicht ab, bevor sein Fall plötzlich zum Stillstand kam, als sie ihn in ihren Armen auffing.
Virelle blieb abrupt stehen, die Arme noch immer in einer seltsamen Position ausgestreckt, erstarrt in dem Moment, als sie versucht hatte, Ethan zu fangen.
Aber sie war zu spät. Nyx hatte ihn bereits aufgefangen.
Die dunkle Drachenfrau hielt Ethan mühelos fest, während ihr Arm sich fest um seine Taille schlang und seinen bewusstlosen Körper daran hinderte, in den dunklen Abgrund zu rutschen.
Sein Kopf ruhte friedlich an ihrer Brust und sein Atem ging flach, aber regelmäßig.
Speichel vermischte sich mit Blutstreifen, die aus seinem Mundwinkel tropften und die glänzende schwarze Rüstung bedeckten, die Nyx‘ Körper umhüllte.
Die Atmosphäre wurde unnatürlich still und ruhig. Weder Virelle noch Velcy wagten es, ein Geräusch zu machen.
Nyx strahlte keine bedrückende Aura und keinen erdrückenden Druck aus, doch eine unausgesprochene Spannung erfüllte die Luft.
Es war, als hielten sogar die Schatten in ihrer Gegenwart den Atem an.
Virelle richtete sich langsam auf und senkte die Arme, während sie sich den Staub und die Reste getrockneter Tränen aus dem Gesicht wischte.
Äußerlich wirkte sie ruhig, ihr Atem beruhigte sich allmählich und der Adrenalinschub vom Kampf ließ nach.
Aber innerlich war ihr Herz in Aufruhr.
Die Angst, die sie noch vor wenigen Augenblicken erfasst hatte, hing wie ein gespenstisches Flüstern in ihrem Kopf.
Der Anblick von Ethan, der zusammengeschlagen und fast getötet worden war, hatte sie fast zerbrochen. Bleib über My Virtual Library Empire auf dem Laufenden
Sie sehnte sich danach, zu ihm zu eilen, sein Gesicht zu umfassen, die Wärme seines Atems auf ihrer Haut zu spüren und sich zu vergewissern, dass er wirklich noch lebte.
Aber etwas in ihr warnte sie davor.
Eine tiefe, instinktive Stimme flüsterte ihr im Hinterkopf zu, ihre Gefühle vor Nyx zu unterdrücken.
Also verdrängte sie alles – die Sehnsucht, die Angst und die Liebe, die in ihr brannten.
Stattdessen riss sie sich zusammen und nahm die Haltung einer bloßen Bekannten ein, die angemessene Besorgnis zeigte.
Doch eine Frage quälte sie und tauchte immer wieder auf wie eine hartnäckige Flutwelle.
Wo ist Meister? Sie hätte früher kommen müssen, lange vor Lord Nyx. Warum ist sie noch nicht da?
Velcy hingegen zögerte nicht.
Nach einer kurzen Pause, nachdem Nyx aufgetaucht war, setzte sie ihren Abstieg fort und ihre eiligen Schritte hallten gegen den Stein, als sie zu ihnen eilte.
Ihre großen, verängstigten Augen waren auf Ethans schlaffe Gestalt geheftet, als sie die verbleibende Distanz zwischen ihnen überbrückte.
Sie blieb vor ihnen stehen und zögerte, während ihr Blick von Ethans bewusstlosem Gesicht zu der hoch aufragenden Gestalt wanderte, die ihn festhielt.