Schließlich hatte er sein Ziel an diesem Ort fast erreicht. Er hatte den Samen des Grundgesetzes erfolgreich absorbiert – ein wichtiger Schritt, um seine Existenz in diesem Universum zu stärken. Nur noch ein letztes Teil fehlte.
Außerdem durfte er seine Schwester Nita nicht vergessen. Er wusste, dass sie ihn noch brauchte – nicht nur als älteren Bruder, sondern auch als jemanden, der sie führen und begleiten konnte. Und ehrlich gesagt verbrachte Lein seine Zeit lieber mit Nita als an diesem fremden Ort.
Lein schloss sein Systemfenster und richtete seinen Blick auf die Kampfarena, in der Efan kämpfte. Alles verlief nach Plan.
Efan schien sich an das Tempo eines Kampfes auf Großmeister-Niveau zu gewöhnen, was Lein zufriedenstellte. Er musste noch nicht eingreifen – noch nicht.
„Okay … während ich warte, kann ich genauso gut weiter die Essenz des Gesetzes in mich aufsaugen“, sagte er enthusiastisch. Er stand von seinem Platz auf, sein Körper war nach den schweren Gedanken wieder voller Energie.
Ruhig holte er eine in schimmerndes Licht gehüllte Schriftrolle hervor – die Sternenwandler-Schriftrolle. Ohne zu zögern öffnete Lein die Schriftrolle und bestätigte die vor ihm erscheinende Verwendungsaufforderung. Ein strahlend weißes Licht umhüllte seinen Körper und bildete einen magischen Kreis, der sich langsam von seinen Füßen bis zu seinem Kopf erhob.
Ein paar Sekunden später verschwand Leins Körper vollständig und wurde in die mit der Schriftrolle verbundene Transferdimension gezogen.
Währenddessen blieben seine Klone zurück. Sie waren immer noch damit beschäftigt, legendäre Truhen zu öffnen und nacheinander leuchtende Artefakte mit hoffnungsvollen, manchmal aber auch verzweifelten Gesichtern herauszuheben.
Die Leere des Universums
Inmitten der Leere des Weltraums trieb ein riesiges Schiff lautlos wie der Kadaver eines alten, von der Zeit vergessenen Wals. Es war hundert Meter lang, sein Metallrumpf war mit alten Symbolen verziert und ein großes Banner flatterte langsam unter künstlicher Schwerkraft.
Ein leises Summen aus dem Belüftungssystem des Schiffes hallte wider, wie das leise Atmen eines schlummernden Riesen.
An der Vorderseite des Decks standen mehrere Besatzungsmitglieder in einer Reihe und hielten energiebasierte Ferngläser in den Händen. Sie spähten in die kosmische Dunkelheit, als suchten sie nach etwas, das nicht existieren sollte.
„Wie ich mir gedacht habe … es gibt wirklich eine neue Welt in diesem Sektor“, murmelte ein Mann in einem langen schwarzen Umhang. Auf seiner Brust war das Emblem eines Totenkopfes, der aussah, als wäre er vom Zahn der Zeit zerfressen. Eines seiner Augen war mit einem dunklen Tuch bedeckt, während das andere in einem schwachen silbernen Licht glänzte.
„Gut, dass wir die Außenregion erkundet haben“, antwortete einer seiner Untergebenen – ein dunkelhäutiger Mann mit kurzen, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren.
Der Mann im schwarzen Umhang senkte sein Fernglas und warf seinem Untergebenen einen kalten Blick zu. „Bildet eine Spähtruppe. Stellt sicher, dass sich an diesem Ort kein Herrscher auf Königsebene befindet. Wir können uns keine Unachtsamkeit leisten.“
Seine Stimme war leise, aber scharf – wie eine frisch geschliffene Klinge.
Er zeigte auf einen großen Mann, der in der Nähe stand. Der Körper des Mannes war mit schwarzen Markierungen bedeckt, die wie lebende Stammestätowierungen aussahen, als wäre seine Haut selbst ein verfluchtes Relikt aus einer vergessenen Zeit.
„Canos. Du gehst voran.“
„Ja, Sir“, antwortete Canos ohne zu zögern. Er verbeugte sich leicht, stand dann auf, ging in die Mitte des Decks und rief die Namen der Spähtruppe auf. Seine Stimme war laut und fest, als könne selbst der Wind des Weltraums seine Befehle nicht übertönen.
Der Mann in der schwarzen Robe nickte langsam, sichtlich zufrieden. Doch gerade als er sich wieder umdrehte, um das blaugrüne Reich in der Ferne zu beobachten, runzelte er leicht die Stirn. Es gab Hoffnung, einen Plan – und vor allem eine Schwäche, die er ausnutzen wollte.
Ein Grinsen huschte über seine Lippen, als er das Fernglas wieder an sein Gesicht hob. Doch das Grinsen verschwand langsam.
Seine Augen weiteten sich. Der Atem stockte ihm.
„Was … ist das?“, flüsterte er. Sein Tonfall hatte sich verändert – nicht mehr Neugier, sondern Angst. Sein Herz pochte, als er Tausende winziger Lichter aus der Richtung des neu entdeckten Reiches auf ihr Schiff zusteuern sah. Ihre Formation war dicht und präzise, wie ein Schwarm Raubtiere, die sich zum Angriff bereit machten.
„Feindlicher Angriff!“, schrie der Mann, und seine Stimme hallte über das Deck. „Verteidigung aktivieren!“
Das musste niemand zweimal sagen. Seine Crew rannte auf ihre Positionen. Das Deck bebte, als die Verteidigungssysteme des Schiffes hochfuhren. Energieschilde umhüllten das Schiff in transparenten blauen Blitzen, während massive Waffen auf beiden Seiten zu leuchten begannen und sich aufluden.
In nur wenigen Sekunden verwandelte sich die einst ruhige Silhouette in eine kampfbereite Festung.
„Verdammt … seit wann wissen die davon?“, knurrte der Mann und starrte weiter auf die Lichter, die jetzt noch näher kamen.
Dreißig Sekunden vergingen. Eine angespannte Stille lag über dem Piratenschiff, die nur vom leisen Summen der Energieschilde unterbrochen wurde, das wie ein Flüstern des Todes klang. Alle Augen waren auf die Vorderseite gerichtet, wo sich der Lichtschwarm weiter näherte.
Endlich wurden ihre Umrisse klarer.
Es waren keine Lebewesen, sondern eine Flotte von Kampfsatelliten. Jeder von ihnen leuchtete mit einem stark pulsierenden Energiekern – wie künstliche Herzen, die auf Zerstörung programmiert waren. Ihre Zahl war überwältigend. Nicht Dutzende, nicht Hunderte – sondern Tausende. Sie schwebten in einer kreisförmigen Formation und bildeten eine Luftfestung, die mit bloßem Auge undurchdringlich war.
„Verdammt … Hochtechnologie?“, zischte der vermummte Mann, kniff die Augen zusammen und presste die Lippen zusammen.
Wären es nur Hunderte gewesen, hätte er ruhig bleiben können. Selbst mit fortschrittlichen Waffen hätten er und seine Crew – bewaffnet mit dunkler Magie und Piratentechnologie – sich noch wehren können. Aber gegen so viele … nicht einmal ein Wesen der ersten Königsklasse würde überleben.
Seine Brust wurde schwer.
Dann tauchte hinter der Linie der Kampfsatelliten ein einzelnes Raumschiff auf. Es war nicht so groß wie das Piratenschiff, aber sein Design war beeindruckend. Schlank, symmetrisch, mit glänzendem silberweißem Metall überzogen, als wäre es gerade aus einer galaktischen Fertigungsstraße gerollt. An seinen Seiten reihten sich massive Waffen, von denen jede einen Druck ausstrahlte, der bis in die Seele drang.
Der Mann in der Robe schluckte schwer. Sein Herz sank.
Diesmal … waren sie an eine Grenze gestoßen.
Als das Schiff näher kam, bewegten sich alle umliegenden Kampfsatelliten gleichzeitig und teilten sich wie ein Schwarm mechanischer Insekten, um einen Weg freizumachen. Im selben Moment schalteten sie in den Vollkampfmodus. Plasmaenergie pulsierte entlang ihrer Waffen, baute Hitze und Kraft auf und zielte direkt auf das Piratenschiff.
Sogar die künstliche Luft um das Deck schien dünner zu werden.
Zwei Gestalten tauchten aus dem eleganten Schiff auf. Die eine war eine junge Frau mit kurzen schwarzen Haaren, die ordentlich unter einem taktischen Helm versteckt waren. Der andere war ein älterer Mann in einer langen weißen Robe, dessen Gesicht ruhig und würdevoll war, obwohl er keine Anstalten machte, etwas zu sagen. Sein Blick war ausdruckslos, uninteressiert an Konflikten, sofern diese nicht unbedingt notwendig waren.
Aber alle Augen waren jetzt auf die Frau gerichtet.
Sie trug eine offizielle Militärrobe, die mit goldenen Emblemen und Insignien verziert war, die Autorität ausstrahlten. Als sie vortrat, schwebte ein langer Stab neben ihr. Seine Spitze war mit einem leuchtend blauen Kristall gekrönt, der als Reaktion auf ihre gebieterische Präsenz glühte.
Der Stab blieb direkt vor dem Piratenschiff stehen und schwebte ruhig, aber gefährlich.
„Ich bin Hana, Kapitänin der Skyward-Expedition, Gesandte des Göttlichen Himmelsreichs!“, rief die Frau mit scharfer Stimme, die über den öffentlichen Übertragungskanal hallte. Ihr Blick war wie ein Schwert, das direkt auf den Mann in der schwarzen Robe auf dem feindlichen Deck gerichtet war.