„Pass auf!“
Bumm!
Xin Yan warnte ihre Magd, bevor sie einen Schlag landete, der sie nach hinten fliegen ließ. Wu Ping prallte gegen eine Steinmauer und spuckte eine Menge Blut.
Ein schmerzhafter Ausdruck zeigte sich auf ihrem Gesicht, sie spürte, wie sich das Reißen von ihrem Rücken bis zur Vorderseite ihres Körpers ausbreitete. „Arghh!“
Sie zwang sich aufzustehen und sah Xin Yan mit entschlossenem und hartnäckigem Blick an.
Als Xin Yan den Ausdruck in ihren feuchten Augen sah, nickte sie zufrieden. „Der Schmerz, den du fühlst, das warme Gefühl, das ihn begleitet. Zwinge deinen Geist, nicht darauf zu achten.“
Xin Yan senkte das Holzschwert in ihrer Hand und gab ihrer Dienerin weitere Anweisungen: „Konzentriere dich stattdessen ganz darauf, mich zu treffen. Jetzt, wo du einen meiner Schläge abgefangen hast, ist es an der Zeit, dass du versuchst, mich zu treffen. Denk daran, du hast nur zehn Versuche, bevor ich wieder zuschlage.“
Wu Ping hustete und wischte sich das Blut aus den Augenwinkeln. Sie presste die Tränen aus den Augen, um wieder klar sehen zu können. „Ich verstehe, Herrin!“
Wu Ping biss die Zähne zusammen und stürmte auf Xin Yan zu, aber in Xin Yans Augen war sie sehr langsam, wie ein Kleinkind, das auf seine Mutter zuläuft.
Selbst dann verspottete Xin Yan sie nicht, denn das wäre gleichbedeutend gewesen, ihre Entschlossenheit zu verspotten.
Wusch!
Als sie vor Xin Yan ankam, streckte Wu Ping ihre Schulter aus, um Xin Yan in die Brust zu schlagen. Die blauhaarige Frau sah den Schlag kommen und wich mühelos zur Seite aus.
Wu Ping gab nicht auf, sondern griff weiter an, obwohl keiner ihrer Schläge ihr Ziel traf. Mit jedem Schlag konzentrierte sie sich weniger auf den Schmerz und mehr darauf, wo sie Xin Yan treffen konnte.
In weniger als fünf Sekunden machte Wu Ping bereits zehn Bewegungen und versuchte hastig, sich zurückzuziehen, aber Xin Yan zeigte ihr keine Gnade. Sie hob ihr schneeweißes Bein und trat ihr von der Seite in die Rippen.
Thud!
Wieder einmal fand sich Wu Ping mit stechenden Schmerzen in den Rippen auf dem Boden wieder. Sie rang nach Luft, während sie auf den Boden starrte und blutiger Speichel aus ihrem offenen Mund floss.
Ihre Hände ballten sich zu Fäusten und hinterließen Spuren auf dem Boden, als sie sich zwang, wieder aufzustehen. „NOCHMAL!“
Mit diesem plötzlichen Ausruf stürzte die Magd mit voller Geschwindigkeit auf ihre Herrin zu. Diese Aktion wiederholte sich mehr als zehn Mal. Wu Ping bekam zehn freie Schläge, woraufhin Xin Yan mit einem ihrer Schläge konterte.
Nach zehn Runden hin und her lächelte Xin Yan endlich, als sie sah, dass Wu Ping ihrem Angriff auswich, obwohl sie sich gerade erst an ihre Geschwindigkeit gewöhnt hatte.
„Lass uns für heute Schluss machen“, sagte sie und ließ Wu Pings Faust los. „Du hast das gut gemacht.“
Thud!
Wu Pings Gesicht erstrahlte in einem warmen Lächeln über das Lob ihrer Herrin, aber es hielt nicht lange an, da die Müdigkeit sie überkam, sobald der Adrenalinschub nachließ. Damit fiel die verletzte und blutige Magd mit einem dumpfen Schlag zu Boden.
Als Xin Yan das zufriedene Lächeln auf ihrem Gesicht sah, schüttelte sie den Kopf, bevor sie mit der Hand winkte und eine riesige Holzwanne aus ihrem Aufbewahrungsring herbeizauberte, die fast so groß war wie sie selbst.
Der Bottich war bereits bis zum Rand mit Wasser gefüllt. Da sie ihr Qi nicht zum Erhitzen des Wassers verwenden konnte, holte Xin Yan mehrere Feuerelement-Geiststeine aus ihrem Ring und warf sie ins Wasser.
Nachdem mehr als 30 bis 40 hochwertige Feuerelement-Geiststeine in den Bottich geworfen worden waren, begann das Wasser in kürzester Zeit zu kochen.
Xin Yan tauchte ihren Ellbogen ins Wasser und warf, als sie mit der Temperatur zufrieden war, auch einige wertvolle Kräuter in die Wanne.
„Jetzt bist du dran.“ Als das Wasser durch die Kräuter, die sie hineingeworfen hatte, seine Farbe zu verändern begann, wandte sich Xin Yan der Hauptzutat der Mixtur zu.
Sie ging hinüber, zog die bewusstlose Wu Ping vom Boden und warf sie in die Wanne.
Platsch!
Als Wu Ping in die Wanne fiel, spritzte etwas Wasser in die Umgebung, und das heiße kochende Wasser begann sofort, auf die verwundete Wu Ping einzuwirken. Ihre Haut begann sich rot zu färben, und sie riss vor stechenden Schmerzen die Augen auf.
„Aaah!“ Wu Ping wollte aus der Wanne springen, aber ihr Körper war so erschöpft, dass sie nicht mal ihre Gliedmaßen bewegen konnte. Die Schmerzen waren so unerträglich, als hätte jemand Alkohol auf eine Wunde auf ihrem Körper gegossen oder sie in Brand gesteckt.
„Herrin, es tut weh!“ Wu Ping konnte ihr Gesicht kaum über Wasser halten, während sie vor Schmerzen weinte. Sie sah Xin Yan als ihren letzten Strohhalm und flehte sie um Hilfe an: „Bitte hol mich hier raus.“
„Das sind die wertvollsten Kräuter für einen Körperkultivierenden, Wu Ping.“ Aber zu ihrer Verzweiflung ignorierte Xin Yan ihre schmerzhaften Schreie und sagte kalt: „Was du gerade durchmachst, würden manche tödlich bezahlen.
Also atme tief durch und wende die Kultivierungstechnik an, die meine Liebe dir beigebracht hat. Waren deine Worte, dass du stärker werden willst, nur leere Worte?“
Als Wu Ping ihre letzte Hoffnung auf Überleben schwinden sah, brach sie in Tränen aus, aber als sie den letzten Teil hörte, setzte ihr Herz einen Schlag aus. Sie erinnerte sich an die Hilflosigkeit, die sie empfunden hatte, bevor Xin Yan sie gerettet hatte.
Dieses Gefühl, dieser Schmerz war mit diesem kleinen Schmerz nicht zu vergleichen!
Mit einem wilden Blick in den Augen biss Wu Ping sich auf die Lippen, bis sie bluteten. Sie hielt sich mit den Händen am Rand der Badewanne fest und begann, die Technik zu rezitieren, die Noah ihr beigebracht hatte.
Je länger sie diese Worte rezitierte, desto turbulenter wurde das Wasser um sie herum. Die Kräutermischung aus dem Wasser strömte direkt auf ihren Körper zu und drang durch die Poren ihrer Haut in ihn ein.
Xin Yan lockerte die hinter ihrem Rücken geballte Faust, und das Blut daran schien zu gefrieren, bevor es in die Luft flog. „Werd erwachsen, Wu Ping, du wirst all deine Grenzen sprengen und eine berühmte Persönlichkeit werden, wenn du die Nacht des Trainings in der Badewanne überlebst.“
Xin Yan drehte sich um, setzte sich mit gekreuzten Beinen vor die Badewanne und vertiefte sich in ihr Training.
Während die beiden in ihre Kultivierung vertieft waren, hatte Shisan endlich all ihren Groll vor Noah herausgelassen. Ihre Augen waren geschwollen, ihre Wangen rot und ihre Nase ebenfalls.
Obwohl sie nicht mehr weinte, hielt sie Noahs Hemd fest umklammert, als hätte sie Angst, allein zu sein.
„Was soll ich deiner Meinung nach tun?“
Nach einer gefühlten Ewigkeit hob sie endlich den Kopf und sah Noah in die Augen. Ihre Augen waren emotionslos und leuchteten nicht, als hätte sie jeglichen Sinn in ihrem Leben verloren.
Noah zuckte nicht zusammen, als er ihren Blick sah, denn aus irgendeinem Grund erinnerte ihn ihr Blick an sich selbst in seinem früheren Leben. „Ich war auch einmal so verloren, als ich nichts mehr in meinem Leben hatte, aber dann kam ’sie‘.“
„Willst du eine Antwort?“ Nachdem er seine Worte sorgfältig gewählt hatte, antwortete Noah auf ihre Frage mit einer Gegenfrage.
Als sie diese Frage hörte, drehte Shisan verwirrt den Kopf weg, aber Noah sprach nicht weiter: „Eine Antwort von Song Liu. Einen Grund, warum sie das getan hat, was sie getan hat? Warum sie dich angegriffen hat, warum sie dich verlassen hat – nein, warum sie uns alle mit einem Gefühl des Verrats zurückgelassen hat!“
Shisans Augen zuckten bei diesen Worten, sie senkte den Kopf und ihr Körper zitterte, als sie das Wort „verraten“ hörte, aber im nächsten Moment hob sie den Kopf wieder.
Diesmal blitzten ihre Augen vor Wut und Unwillen, nicht gegenüber Noah, sondern gegenüber Song Liu, ihrer jungen Herrin: „Ich will es wissen!“
Noah nickte zufrieden und antwortete: „Dann werde stärker! Stärker als diese sogenannten Generäle des Red Dawn-Kults. Wenn wir dann diesen Kultisten gegenüberstehen, kannst du deine Antworten direkt von diesem kleinen Mädchen bekommen.“
„Ja, ich werde sie selbst fragen! Selbst wenn ich der jungen Dame ins Gesicht schlagen muss, werde ich sie dazu bringen, mir die Wahrheit zu sagen!“ Nachdem sie endlich eine Richtung für ihr Leben gefunden hatte, kehrte das Leuchten in Shisans Augen zurück.
Als sie sich beruhigt hatte, wurde Shisan bewusst, wie nah sie Noah gekommen war, und sie erstarrte erneut. Hastig zog sie ihre Hand zurück und stand panisch auf.
„Entschuldige die Unordnung, die ich verursacht habe.“ Shisan senkte den Kopf und schämte sich dafür, dass sie auf Noahs Robe geweint hatte, aber als sie genauer hinsah, stellte sie überrascht fest, dass seine Robe keine Feuchtigkeitsspuren aufwies. „Ich habe nicht einmal Qi von ihm gespürt, diese Robe muss verzaubert sein!“
„Das musst du nicht, ich bin froh, dass ich einer älteren Kollegin helfen konnte.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Titel „Älteste“ überhaupt verdiene, in ein paar Jahren werden diese Kinder mein Niveau erreichen und mich vielleicht sogar übertreffen.“ Shisan seufzte tief, als sie an das Talent aller in der Sekte dachte.
„Willst du dich jetzt entmutigen lassen?“ Noah tröstete sie nicht, sondern fragte mit einem neckischen Lächeln.
„Auf keinen Fall! Auch wenn sie in Sachen Talent Monster sind, bin ich ihnen nicht unterlegen!“ Shisan schnaubte kalt, bevor ein Lächeln auf ihrem Gesicht erschien. Sie senkte den Kopf zu Noah und sagte: „Ich bin dir sehr dankbar für deine Hilfe. Wenn du jemals meine Hilfe brauchst, sag mir einfach Bescheid, ich werde alles für dich tun.“
Als Noah den intensiven, ernsten Blick in ihren Augen sah, hielt er es nicht für nötig, ihr Angebot abzulehnen, und nahm es dankbar an.
