Als er in der Ferne auftauchte, rasten Blackgates Gedanken und verarbeiteten jede Sekunde mit übermenschlicher Geschwindigkeit.
„Ich brauche Zeit. Nur einen Moment …“
Aber die gab es nicht.
BOOM!
Atticus erschien vor ihm in einem violetten Lichtstrahl und schlug mit seinem Katana mit erschreckender Geschwindigkeit zu.
Blackgate riss vor Schreck die Augen auf und schaffte es gerade noch, ein weiteres Tor zu öffnen, um zu entkommen. Die Leere verschluckte ihn erneut und er tauchte weiter entfernt wieder auf.
Aber Atticus war unerbittlich.
Bevor Blackgate zu Atem kommen konnte, war Atticus schon wieder da und schwang sein Schwert auf ihn zu.
„Verdammt!“, knurrte Blackgate und zwang ein weiteres Tor auf, um zu fliehen.
Was dann folgte, war fast schon komisch.
Eine Verfolgungsjagd brach am Himmel über Sektor 8 aus.
Blackgate verschwand und tauchte wieder auf, in einem verzweifelten Versuch zu entkommen. Tore öffneten und schlossen sich in rascher Folge und verschluckten ihn, bevor Atticus ihm den Todesstoß versetzen konnte.
Aber Atticus gab nicht nach.
Jedes Mal, wenn Blackgate wieder auftauchte, war Atticus da, ein violetter Lichtblitz, ein tödlicher Schatten, dessen Katana mit unfehlbarer Präzision zuschlug.
Blackgates Herz pochte. Er, ein über hundert Jahre alter Vorzeigekämpfer, rannte. Er rannte vor einem siebzehnjährigen Jungen davon.
Schweiß bedeckte seinen Körper, sein Atem ging stoßweise.
Jeder Schwung von Atticus‘ Katana kam näher. Jedes Tor öffnete sich später. Blackgate spürte, wie er die Kontrolle verlor, wie sich die Kluft zwischen Leben und Tod mit jeder Sekunde verringerte.
Und Atticus‘ Blick schwankte nicht.
Kalt. Unversöhnlich. Unerbittlich.
Es war der Blick von jemandem, der nicht aufgeben würde, bis sein Gegner tot war.
„Verdammt! Verdammt!“
Blackgates Verstand schrie diese Worte in einer endlosen Schleife, während er auftauchte und wieder verschwand und Atticus‘ unerbittlicher Verfolgung nur knapp entkommen konnte.
Er biss die Zähne zusammen, Wut durchströmte ihn. Die Demütigung war unerträglich. Ein Vorbild, ein Wesen, das durch Jahrhunderte voller Blut, Schweiß und Opfer aufgestiegen war, wurde wie Beute gejagt.
Von einem Siebzehnjährigen.
Ein weiterer violetter Lichtblitz. Ein weiterer tödlicher Bewegungsstreifen.
Atticus tauchte vor ihm auf, sein Katana schlitzte in einem bösartigen Bogen durch die Luft.
Blackgate drehte sich verzweifelt zur Seite, die Klinge streifte seine Schulter. Blut spritzte in die Luft. Er verschwand wieder und tauchte wenige Meter entfernt wieder auf, keuchend.
Aber Atticus war schon da. Sein Katana senkte sich erneut und schlug auf Blackgates Brust ein.
Blackgate beschwor mitten in der Bewegung ein Tor, um den Schlag abzuwehren, doch die schwarze Leere hielt den Hieb nur knapp zurück. Der Aufprall sandte Schockwellen aus, die sich nach außen ausbreiteten und Risse an den Rändern des Tores bildeten, bevor es vollständig zerbrach.
BOOM!
Blackgates Körper zuckte, als er knapp wegflackerte und diesmal weiter entfernt wieder auftauchte. Sein schweißgebadeter Körper zitterte, als er sich an seine verwundete Seite klammerte und seine Gedanken rasten.
Er hatte alle Tricks angewendet, um nicht zu sterben, aber er hatte sein linkes Auge verloren und war schwer verletzt. Selbst als Vorbild war er an seine Grenzen gestoßen.
„Ich muss fliehen“, dachte er bitter.
Wut durchströmte ihn und verbrannte seinen Stolz. Er hasste den Gedanken, vor einem Siebzehnjährigen davonzulaufen, aber er wusste, dass er keine Wahl hatte.
Als er einem weiteren Angriff auswich, konzentrierte sich Blackgate plötzlich und versuchte, ein Tor zu öffnen, das ihn weit wegbringen würde.
Doch im nächsten Moment weiteten sich seine Augen.
„Es bildet sich nicht …?“
Nichts.
Sein verbliebenes Auge weitete sich ungläubig, als Atticus‘ Katana erneut auf ihn zuschnellte und ihn zur Seite zwang. Die Klinge verfehlte seinen Oberkörper nur knapp und hinterließ eine Spur der Zerstörung in der Luft.
BOOM!
Energie brach aus dem Schlag hervor, spaltete die Wolken über ihnen und sandte Schockwellen durch den Himmel.
Blackgate stolperte, sein verbliebenes Auge huschte panisch hin und her. Er versuchte erneut, ein Tor zu öffnen, um zu entkommen, aber nichts passierte.
„Scheiße!“
Ein weiterer violetter Blitz.
Atticus tauchte wieder auf, das Katana erhoben, seine Augen glühten kalt und konzentriert. Blackgate drehte sich gerade noch rechtzeitig, um nicht geköpft zu werden, doch die Klinge schnitt tief in seine bereits verletzte Schulter.
Blut spritzte, als seine Bewegungen langsamer wurden und seine Gedanken rasten.
Er hatte versucht, ein Tor zu bilden, um zu entkommen, aber es funktionierte nicht. Er konnte nicht verstehen, warum. Er war am Ende seiner Kräfte, aber er hatte doch sicher noch genug Kraft, um ein Tor zu erschaffen!
Sein Blick huschte zu den Paragons, die ihn beobachteten, und plötzlich blieb er an Oberon hängen. Das goldene Leuchten in Oberons Augen stach wie ein Leuchtfeuer hervor.
„Eine Rune“, erkannte Blackgate und biss die Zähne zusammen. „Sie haben mich hier gefangen.“
Die Rune hatte den gesamten Bereich in ein Gefängnis verwandelt. Innerhalb dieser Grenzen konnte er seine Kräfte noch einsetzen, aber eine Flucht war unmöglich. In seinem geschwächten Zustand hatte er keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren.
„Sie wollen mich töten“, dachte Blackgate bitter.
Als Atticus erneut vor ihm erschien und mit vernichtender Kraft mit seinem Katana zuschlug, suchte Blackgate verzweifelt nach einer Lösung. Er versuchte, ein Tor zu bilden, um dem Schlag auszuweichen, aber als nichts passierte, weiteten sich seine Augen.
„Ich kann nicht?“
Die Erkenntnis traf Blackgate wie ein Hammerschlag, als Atticus‘ Aura erneut anschwoll. Der Dimensari konnte seinen Kräften zwar nicht direkt entgegenwirken, aber sie waren dennoch ein Aspekt des Raums.
Seit seinem Kampf mit Carius hatte Atticus etwas Entscheidendes gelernt: Er konnte jeden einzelnen Molekül in einem bestimmten Bereich für kurze Zeit komplett kontrollieren.
Blackgate konnte kein Portal bilden. Nicht hier. Nicht jetzt.
Und Atticus zögerte nicht.
Sein Katana kam wie ein Meteor herunter und schlug diagonal auf Blackgates Hals ein.
Die ganze Welt schien still zu stehen.
Die Vorbilder der Menschheit hielten den Atem an und starrten gebannt auf die sich entfaltende Szene.
Doch gerade als Atticus‘ Klinge ihr Ziel erreichen wollte, huschte sein Blick zur Seite.
In Blackgates Hand erschien ein kugelförmiges Artefakt, das in einem blendenden Lichtblitz aufleuchtete, genau wie das, das er zuvor bei Veylor gesehen hatte.
Bevor Atticus reagieren konnte, dehnte sich die Kugel aus und verschlang Blackgate in einem Augenblick.
WUSCH!
Blackgate war verschwunden.
Atticus‘ Katana folgte mit unerbittlicher Kraft.
BOOM!
Der verfehlte Schlag hinterließ einen tiefen, strahlend violetten Schnitt quer über das Schlachtfeld, dessen Energie alles in ihrem Weg zerfetzte.
Der Schnitt hörte nicht auf.
Er schoss unaufhaltsam vorwärts und durchschlug den Ewigen Baum.
Ein scharfer, ohrenbetäubender Knall hallte wider, als der Stamm des Baumes auseinanderbrach.
Für einen Moment erstarrte alles.
Dann begann er zu fallen.
Der riesige Baum, der hoch über der Welt ragte, neigte sich zunächst langsam, sein immenses Gewicht zog ihn nach unten. Der Boden bebte, als die Wurzeln aus der Erde gerissen wurden und Erde und Trümmer in gewaltigen Wellen explodierten.
Die Blicke der Vorbilder richteten sich auf die Szene, ihre Mienen verdüsterten sich.
„Er fällt …“, murmelte Seraphina mit ungläubiger Stimme.
Als der Ewige Baum der Himmelsgewölbe zu Boden krachte, verdunkelte seine immense Größe das Schlachtfeld. Über allem schwebte Atticus.
Sein Körper strahlte eine violette Aura aus, seine spirituelle Energie wirbelte wie ein Sturm um ihn herum. Das Licht seines Katana spiegelte sich in seinen kalten, unnachgiebigen Augen.
Er blickte wie eine Gottheit auf die Verwüstung herab, unantastbar und absolut.
Sein Blick blieb auf die Stelle gerichtet, an der Blackgate verschwunden war.
Er bewegte sich nicht.
Er zuckte nicht.
Stattdessen grollte der Himmel, als würde selbst die Natur seine Wut spüren.