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Kapitel 830: Der spirituelle See

Kapitel 830: Der spirituelle See

Atticus folgte dem Ältesten dicht auf den Fersen, während sie sich auf den Weg zum Spirituellen See machten.

Während des gesamten Weges schwirrten ihm verschiedene Gedanken durch den Kopf. Er erinnerte sich an die Schlussfolgerungen, die er am Vortag gezogen hatte, und an den besorgten Blick, den Celestial ihm zugeworfen hatte. Die Familie Starhaven und der gesamte Sektor 8 kamen ihm vor wie eine tickende Zeitbombe.

Anders als erwartet führte der Älteste Atticus hinter den Tempel.
Als sie hinten ankamen, gingen sie durch einen Gang, der in die Tiefe führte.

Der Gang war schmal und von verdrehten Ästen gesäumt, die wie knorrige Finger aussahen, die sich in jede Ecke schlängelten.

Schließlich erreichten sie einen Ort, an dem kein Licht eindrang, aber Atticus konnte trotzdem alles klar sehen. Das lag nicht an seiner scharfen Sehkraft, sondern an dem schwachen violetten Schein, der von den verdrehten Ästen ausging.
Die Luft roch feucht, aber das beschäftigte Atticus nicht. Sein Blick war auf den Ältesten gerichtet, der ihn führte.

Der Älteste ging langsam, sein Rücken war gekrümmt und seine Hände hinter dem Rücken verschränkt, doch er bewegte sich in einem Tempo, das Atticus überraschte.

Es war kein Tempo, mit dem Atticus nicht mithalten konnte; er war nur erstaunt, dass der Älteste sich so schnell bewegen konnte, obwohl er so gebrechlich wirkte.
„Sein Körper sieht gebrechlich aus, aber seine Haut ist makellos und er scheint voller Energie zu sein“, dachte Atticus.

Diese Beobachtung hatte er schon vor langer Zeit gemacht: Die Starhaven schienen eine andere Spezies von Menschen zu sein, fast eine höhere Spezies, besonders was ihre Gesundheit und ihr Aussehen anging.
Atticus hatte keinen Zweifel daran, dass dieser Älteste alt war, wahrscheinlich genauso alt wie der Meister des Feuersanktuariums, den er in der Vergangenheit getroffen hatte, Dekai. Allerdings gab es einen deutlichen Unterschied zwischen den beiden. Dekai schien am Rande des Todes zu stehen und sich kaum noch am Leben zu halten, während dieser Älteste voller Vitalität zu sein schien.

„Ich bin mir fast sicher, dass dieser Älteste die vereinten Kräfte, die Dekai getötet haben, überleben würde“, dachte Atticus.
„Ist das eine Eigenschaft des Starhaven-Blutes oder ist es ihre spirituelle Energie?“

Er hatte bereits festgestellt, dass die Starhaven unglaublich schön waren, aber das ging über das bloße Aussehen hinaus. Nachdem er sein Geist-Element erweckt hatte, hatte Atticus eine deutliche Veränderung seiner Werte bemerkt, insbesondere seiner Vitalität. Sie war über alle seine Erwartungen hinaus in die Höhe geschossen.

Mana hatte seinen Körper nach jedem Rangaufstieg immer gestärkt, aber spirituelle Energie schien eine ähnliche Wirkung zu haben.
„Wenn die Starhaven sowohl Mana als auch spirituelle Energie besitzen, muss ihre Vitalität unglaublich hoch sein“, dachte er. „Es muss einen Weg geben, diese beiden Energien zu synchronisieren.“

Spirituelle Energie war etwas anderes als Mana. Ihre Quelle lag in einem Brunnen in seinem Kopf, während Mana aus seinem Kern stammte. Derzeit kam der größte Teil seiner Kraft aus dem Mana, das durch seinen Körper floss.
Atticus konnte zwar eine schwache spirituelle Energie in sich spüren, aber im Vergleich zu dem Mana und der spirituellen Energie in seinem Brunnen war sie vernachlässigbar.

„Etwas hindert die spirituelle Energie daran, ungehindert durch meinen Körper zu fließen. Könnte es das Mana sein?“

Ein Gedanke erfüllte ihn mit Aufregung.

„Wenn ich beide Energien synchronisieren kann, sollte ich ein völlig neues Kraftniveau erreichen können.“
Sein Herz begann zu rasen. Obwohl ihm niemand davon erzählt hatte, wusste er intuitiv, dass seine Vermutung richtig war.

Während seine Aufregung wuchs, wurden die verdrehten Äste, die den Weg säumten, immer dichter. Sie verflochten sich über ihnen immer enger und bildeten ein fast undurchdringliches Dach.

Atticus bemerkte, dass die Luft dünner wurde und das Licht der leuchtenden Äste heller wurde.
„Wir sind schon eine ganze Weile am Abstieg. Wie tief ist dieser See eigentlich?“, fragte er sich.

Während er nachdachte, wich der schmale Pfad plötzlich etwas Seltsamem. Dicke, leuchtende Wurzeln sprossen aus dem Boden und breiteten sich wie Adern in alle Richtungen aus. Sie strahlten ein ätherisches Leuchten aus und tauchten die Umgebung in gespenstische Violetttöne.

Atticus blieb stehen. „Was ist das für ein Ort?“
Seit Beginn der Reise war er in höchster Alarmbereitschaft. Die Familie Starhaven war eine tickende Zeitbombe, und er musste jederzeit bereit sein, zu handeln.

Diese Reise könnte die perfekte Gelegenheit für einen Hinterhalt sein. Er bezweifelte zwar, dass Celestial so etwas genehmigen würde, aber er glaubte, dass jeder seine eigenen Gedanken und Motive hatte.

Niall und Dario waren zurückgeblieben, da Außenstehende normalerweise keinen Zutritt zu diesem heiligen Ort hatten.
Sie hatten beschlossen, am Eingang des Tempels zu bleiben.

Der Älteste lächelte leicht über Atticus‘ Frage, und in seinen Augen blitzte Stolz auf.

„Du hast noch nichts gesehen.“

Bevor Atticus begreifen konnte, was das bedeutete, öffnete sich der Weg plötzlich zu einem weiteren Raum. Seine Augen weiteten sich, als er sah, wie die Wurzeln zu einem riesigen Netz zusammenliefen, sich spiralförmig nach unten wand und in einer tiefen Schlucht verschwanden.
Der Älteste trat auf eine der dicksten Wurzeln und bewegte sich, als hätte er das schon seit Generationen gemacht.

Atticus folgte ihm und trat ebenfalls auf die Wurzel. Es war wie eine stabile, schmale Brücke, die tiefer in den Abgrund führte.

Als sie weitergingen und schließlich das Ende erreichten, fiel Atticus‘ Blick auf eine unterirdische Welt, die atemberaubend schön war.

„Wow“, dachte er und war für einen Moment sprachlos.

Die Höhle war endlos und in ein sanftes violettes Licht getaucht. Unzählige durchsichtige Wesen schwebten leise durch die Luft und leuchteten schwach.

„Geister“, schlussfolgerte Atticus, als er sie beobachtete, wie sie mühelos zwischen den riesigen Wurzeln und durch die Höhle schwebten, als wären sie Teil der Luft selbst.
Die unterirdische Welt war vollkommen still und friedlich. Atticus bemerkte zahlreiche Bewohner von Starhaven, die durch den Raum streiften. Es gab keine modernen Gebäude; stattdessen lebten die Menschen in Häusern, die direkt in die kolossalen Wurzeln gehauen waren.

Die Menschen von Starhaven trugen keine moderne Kleidung, sondern Gewänder, die aus den Zweigen und Blättern des ewigen Blätterdachs gefertigt waren.

Der Älteste bemerkte Atticus‘ überraschten Gesichtsausdruck und lächelte, bevor er eine Erklärung gab.
„Dieser Ort liegt direkt unter dem Ewigen Blätterdach und ist die Heimat unzähliger ungebundener Geister. Die Menschen, die du hier siehst, sind Mitglieder der Starhaven-Blutlinie, die keine Verbindung zu einem Geist aufbauen konnten. Sie haben sich entschieden, auf materielle Besitztümer zu verzichten und stattdessen mit den Geistern zusammenzuleben, in der Hoffnung, ihre Verbindung zu vertiefen und schließlich eine Bindung aufzubauen.“

Atticus runzelte die Stirn. „Ich dachte, alle mit Starhaven-Blut könnten sich mit Geistern verbinden. Was hindert sie daran?“
Der Älteste schüttelte den Kopf. „Das Blut der Starhaven-Blutlinie garantiert keine Verbindung zu einem Geist. Der Verbindungsprozess liegt ganz bei den Geistern, und sie sind bei der Wahl ihres Lebenspartners sehr wählerisch.“

„Ich verstehe“, dachte Atticus. Das ergab Sinn. Da die Geister eine höhere Rasse waren, war es verständlich, dass sie Partner mit einem Potenzial suchten, das ihrer Macht entsprach.
Die Reise ging weiter, und die Wurzel, auf der sie gingen, erstreckte sich hoch über die unterirdische Welt. Selbst in ihrem Tempo waren sie schon über 20 Minuten unterwegs.

„Dieser Baum ist riesig“, stellte Atticus fest.

Trotz der zurückgelegten Strecke befanden sie sich immer noch unter dem Ewigen Blätterdach. Die schiere Größe war atemberaubend.
Atticus bemerkte, dass der Wurzelpfad allmählich abfiel und zu einem schimmernden Licht in der Ferne führte.

„Die spirituelle Energie nimmt zu“, dachte er und spürte, wie sie mit jedem Schritt stärker wurde.

Als sie weiter hinabstiegen, kam die Quelle der Energie in Sicht.

Die dicke Wurzel, auf der sie gelaufen waren, teilte sich in unzählige kleinere Ranken, die ein komplexes Muster über und unter einem kleinen, leuchtenden See bildeten.
Über dem See tropfte leuchtend violette Flüssigkeit aus spiritueller Energie von den Wurzeln. Darunter umgaben weitere Wurzeln den See wie ein Netz und pulsierten schwach, als würden sie Kraft aus seiner Tiefe schöpfen.

Es war ein friedlicher Anblick.

„Wir sind da. Willkommen am spirituellen See“, sagte der Älteste mit einem stolzen Lächeln. Trotz seines Alters waren seine Zähne so weiß wie die eines Neugeborenen.
Atticus trat näher an den See heran und spähte in seine Tiefe.

„Er ist riesig“, dachte er.

Die spirituelle Energie, die vom See ausging, war dicht und überwältigend.

„Was jetzt? Soll ich einfach reinspringen?“, fragte er sich und dachte kurz an Seraphina, die eigentlich seine Lehrerin sein sollte. Seit ihrem Gespräch war sie auf mysteriöse Weise verschwunden und hatte ihn allein gelassen, um sich selbst zurechtzufinden.
Unsicher wandte sich Atticus an den Ältesten, der ihn mit hochgezogener Augenbraue beobachtete.

„Ich nehme an, man hat dir seinen Zweck noch nicht erklärt?“, fragte der Älteste.

Atticus schüttelte den Kopf.

Der Älteste nickte, als hätte er das erwartet.

„Der spirituelle See ist, wie du wahrscheinlich schon vermutet hast, konzentrierte spirituelle Energie, die so dicht ist, dass sie eine flüssige Form angenommen hat“, begann der Älteste.
„Du hast es vielleicht schon gespürt: Die spirituelle Energie kollidiert mit dem Mana in dir und weigert sich, frei zu fließen. Das liegt daran, dass dein Körper Zeit braucht, um sich anzupassen, damit sich die spirituelle Energie und das Mana ohne Konflikte vermischen können.“

Atticus nickte. Er hatte sich über dieses Problem Gedanken gemacht und überlegt, wie er es lösen könnte, aber es schien, als biete der See die Lösung.

„Der See wird diesen Prozess erzwingen“, fuhr der Älteste fort und trat näher an den Rand des Wassers.
„Wenn du eintauchst, wird die spirituelle Energie deinen Körper überfluten und ihn völlig überwältigen. Das wird dein Mana zwingen, sich anzupassen, sich zu vermischen und schließlich mit der spirituellen Energie zu synchronisieren. Der Prozess ist weder einfach noch angenehm, und du wirst erhebliche Schmerzen erleben. Aber er ist notwendig.“

„Also muss ich mich einfach darin ertränken?“, fragte Atticus unverblümt.
Der Älteste hob eine Augenbraue angesichts seiner Unerschrockenheit. Er hatte gerade die immensen Schmerzen beschrieben, doch Atticus zuckte nicht einmal mit der Wimper.

Der Älteste nickte langsam.

Ohne ein weiteres Wort zu warten, drehte sich Atticus um und sprang in den See. Sein Herz pochte, als er in die Tiefe tauchte und den Ältesten mit einem fassungslosen Ausdruck zurückließ, der auf den See starrte.

Atticus‘ Odyssee: Wiedergeboren auf einem Spielplatz

Atticus‘ Odyssee: Wiedergeboren auf einem Spielplatz

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Atticus' Leben ist an einem einzigen Tag kaputt gegangen – seine Freundin hat ihn verraten und dann hat ihn ein mysteriöser Typ erschossen. Aber statt in der einsamen Dunkelheit aufzuwachen, ist er in einer anderen Welt wieder aufgetaucht, als Erbe einer der mächtigsten Familien der Menschen – in einer Welt, die vom Krieg zerstört ist und kurz vor der Niederlage gegen eine brutale Alienrasse steht. Angetrieben von intensiver Wut und Rachegelüsten wird Atticus vor nichts zurückschrecken, um stärker zu werden, seinen Mörder zu finden und in einer vom Krieg zerrütteten Welt ums Überleben zu kämpfen. Discord: https://discord.gg/t7z25ZzKX3 "Atticus' Odyssey: Reincarnated Into A Playground" ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Fantasy, Romantik, Reinkarnation, Action und Abenteuer. Geschrieben vom Autor RealmWeaver. Lies den Roman "Atticus's Odyssey: Reincarnated Into A Playground" kostenlos online.

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