Nachdem sie monatelang weg war, kam Moxy endlich zurück, um zu bleiben. Choux und ihr Drache waren auch mitgekommen, aber sie hielten sich im verlassenen Garten auf und hatten das Hauptgebäude noch nicht betreten. Moxy hingegen, die mit schlechten Nachrichten angekommen war, suchte in der ganzen Villa nach jemandem, den sie finden konnte.
Das Erdgeschoss war verlassen, und eine dicke Staubschicht bedeckte die Fliesen. Die Treppen waren nicht anders, und dasselbe galt für die übrigen Stockwerke. Niemand war da, nicht einmal die Bediensteten, und das nicht, weil das Anwesen verlassen war, sondern aus ganz anderen Gründen, die die Fuchsfrau nicht kannte.
Als sie schließlich niemanden mehr in dem Haus finden konnte, ging Moxy in den Hinterhof, wo das Grab ihres Vaters lag. Sie pflückte ein paar Wildblumen aus dem hohen Gras und kniete sich neben das Grab. Lange betete sie, dass seine Seele im Himmel in guten Händen sein möge.
„Wo sind alle?“ Aber als sie mit dem Beten fertig war, kam ihr wieder die Frage in den Sinn. Und als würde jemand ihre Gebete erhören, hörte sie in der Ferne, wie die Haustür geöffnet wurde. Sie lauschte aufmerksam, während sie noch auf den Knien saß, und konnte eine leise Männerstimme und das verspielte Kreischen von Daema, dem Drachen, hören. „Ist das der Butler?“
So leise seine Stimme auch war, Moxys gespitzte Ohren konnten leicht erkennen, wem sie gehörte. Schnell stand sie auf und machte sich auf den Weg zurück in den Garten. Als sie dort ankam, war sie ziemlich überrascht, wie groß der Waschbärenjunge geworden war. Er war doppelt so groß wie zuvor und sah tatsächlich wie ein Halbwesen mit einem menschenähnlichen und sogar recht charmanten Gesicht aus.
Neben ihm stand seine Freundin Blossom, während er mit dem Polarfuchs redete, aber angesichts ihres gewölbten Bauches nahm Moxy an, dass ihre Beziehung seit ihrem letzten Treffen einen großen Sprung gemacht hatte.
„Sie ist schwanger? Oh meine Güte, wie die Zeit vergeht …“ Sie schaute an sich hinunter und wollte es nicht wahrhaben, aber auch ihr Körper war reifer geworden – vor allem, was ihre Kurven und Rundungen anging. „Ich sollte vielleicht eine Diät machen.“
Mit einem Seufzer schüttelte sie den Kopf und näherte sich langsam dem Waschbärenjungen. Als er sie bemerkte, lächelte Tan ihr zu und verbeugte sich leicht.
Blossom wollte es ihm nachmachen, aber Moxy hielt sie mit ausgestreckter Hand davon ab – vor allem, weil sie ziemlich sichtbar schwanger war.
„Was für ein Zufall, dass ich dich treffe, gerade als ich unterwegs bin, um diesen Ort wieder zu eröffnen …“ Tan hob den Kopf, legte die Hände auf den Rücken und stand höflich aufrecht da.
„Wiedereröffnen? Was soll das heißen?“, fragte Moxy etwas verwirrt von seinen Worten.
„Der Held und seine Gruppe kehren offenbar endlich zurück.“ Bevor Tan jedoch antworten konnte, meldete sich Choux zu Wort, der bereits vom Waschbärenjungen alles erfahren hatte. „Die Dienstmädchen und anderen Bediensteten waren in Lululalia geblieben, aber jetzt kommen sie zurück.“
Tan zuckte lächelnd mit den Schultern, seufzte und sah Moxy wieder an. Seine Hände auf den Hüften spiegelten wider, wie er sich fühlte, nachdem ihm seine Aufgabe weggenommen worden war. Und doch fügte er mit einem leichten Lachen noch etwas zur Erklärung hinzu.
„Es war eine Art Urlaub – die Stadt in der Bergbucht ist so majestätisch, dass alle wirklich spüren konnten, was echte Erholung bedeutet.“ Tan lehnte sich leicht zu seiner jetzigen Frau hinüber, verschränkte seine Hände mit ihren, und sie schmiegte sich ebenfalls an ihn. „Aber alle Urlaube haben ein Ende, nicht wahr? Herzogin Amelia und Ophelia sollten in ein oder zwei Tagen mit unserem Herrn und seinen Begleitern hier sein.“
Während er Moxy seine freie Hand entgegenstreckte, musste der Fuchs unwillkürlich lächeln und beschloss, sie um einen Gefallen zu bitten.
„Könntest du vielleicht hierbleiben und uns beim Aufräumen helfen? Selbst wenn die Dienstmädchen und die anderen Bediensteten zurückkommen, wird zumindest die Küche sicher ein Chaos sein und wir können jede Hilfe gebrauchen, die wir kriegen können.“
„Hmm, na ja …“ Moxy überlegte kurz, zuckte dann mit den Schultern und nahm Tans Hand. „Mein Gepäck steht vor der Haustür, ich kann ja nicht zurück ins Gasthaus. Da kann ich doch genauso gut helfen, oder? Ahaha~“
Obwohl er froh war, dass sie ihm helfen würde, runzelte Tan leicht die Stirn. Moxys Aussage verwirrte ihn, und allein sein verwirrter Gesichtsausdruck machte der Fuchsfrau klar, dass es ein Missverständnis zwischen ihnen gab.
„Keine Sorge, ich habe das Boartooth Inn nicht verkauft. Das wäre eine dumme Entscheidung nach dem jüngsten Touristenansturm.“
Moxy zog ihre Hand zurück, verschränkte sie vor ihrer Brust und warf einen Blick auf Choux und ihren Drachen. „Ganz zu schweigen davon, dass ich zwei weitere Münder zu stopfen habe, von denen einer größer ist als der andere.“
„GAUHH!“, kreischte der Drache verärgert, fast so, als hätte ihn Moxys Bemerkung beleidigt.
„Ach, halt die Klappe, du verschlingst Fleisch wie ein Seemann billiges Bier“, gab Moxy zurück, und diesmal runzelte der Drache nur die Stirn und versteckte sich hinter seiner Besitzerin.
„Aber trotzdem“, unterbrach Tan den Streit und lenkte die Aufmerksamkeit aller wieder auf sich. „Wenn ihr hier seid, wer passt dann auf die Herberge auf?“
„Aelin – Darius‘ Verlobte.“ Moxy sah Tan und Blossom an und fragte sich, warum Darius seine Verlobte noch nicht geheiratet hatte. „Ich habe sie zusammen mit ein paar Sukkubussen ausgebildet, die vor etwa sechs Monaten von der sogenannten Herrin hierher gebracht wurden. Die sind ganz schön anstrengend, aber seit der König einen Deal mit der Herrin gemacht hat, machen sie nur noch das, was sie sollen, und nicht mehr.“
Moxy schüttelte den Kopf, schob das Thema beiseite und beschloss, das zu fragen, was sie schon die ganze Zeit interessierte.
„Aber genug von mir, wo sind Raven und die anderen? Ich habe sie seit Monaten nicht einmal in Athenia gesehen …“
„Oh, das weißt du nicht?“ Mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen ließ Tan seine Frau los und starrte Moxy völlig fassungslos an. Mit sichtbarer Verwirrung runzelte die Fuchsfrau die Stirn, starrte ihn aber weiterhin an, ohne zu fragen, was los war. Zum Glück dauerte es nicht lange, bis Tan die Katze aus dem Sack ließ. „Der Held und seine Gefährten befinden sich im Krieg gegen einen Dämonengeneral.“
„WAS?!“ Moxy war noch schockierter als Tan zuvor und konnte nicht glauben, was sie gerade gehört hatte. Aber die Realität kümmerte sich nicht um ihre Meinung oder ihre Sorgen; weit weg, hinter der namenlosen Stadt, wurde ein Krieg gegen die Mächte des Bösen geführt.
