Als Tanya am Morgen wieder ganz fit war, erinnerte sie sich daran, dass sie mit Raven im Arm aufgewacht war, aber jetzt lag sie allein in ihrem Haus auf einem kalten Bett und fühlte sich total verloren. Ihr Kopf war leer, irgendwas fehlte, und sie wusste genau, was es war – aber als sie ihre Pantoffeln anzog und aus dem Bett stieg, dachte sie nicht an ihren verlorenen Mann oder ihr Kind, sondern an das Frühstück.
Ihr Magen knurrte und sie war mehr als nur ein bisschen hungrig. Nachdem sie einen ganzen Tag lang nichts gegessen hatte, war ihr Körper geschwächt und sie spürte es an ihren trägen Bewegungen. Sie stolperte durch den Flur in Richtung Esszimmer und stützte sich auf den Tisch, der inzwischen von Blut und Glasscherben gereinigt worden war, die ihr Ex-Mann zerbrochen hatte.
Einen Moment lang hatte sie Mühe, sich aufrecht zu halten, aber dann holte sie tief Luft, rappelte sich auf und begann mit den Vorbereitungen für eine reichhaltige Mahlzeit. Zum Glück lagen Eier, gekneteter Teig und ein Korb mit Obst bereits auf der Arbeitsplatte – fast so, als hätte jemand damit gerechnet, dass sie gleich nach dem Aufwachen mit dem Frühstück anfangen würde.
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„Irgendetwas stimmt hier nicht …“ Obwohl Tanya verwirrt war, was vor sich ging, setzte sie ihre Vorbereitungen fort. Zuerst schaltete sie einen Runenofen ein und stellte eine Bronzepfanne darauf. Nachdem sie etwas Butter hineingesprüht hatte, schlug sie die Eier auf, wandte ihren Blick zum Teig und griff nach dem Zucker auf der Arbeitsplatte, um harte Donuts zu backen.
Es war nicht ihr übliches Essen, aber sie hatte keine Lust, sich groß die Mühe zu machen, was Besseres zu kochen. Während sie auf einen grünen Apfel biss, drehte sie die Eier auf dem Herd und stellte einen Topf mit Wasser daneben. Als das Wasser kochte, gab sie den Zucker dazu und verrührte alles zu einer Paste, die sie später in den Teig kneten würde.
„Fleisch, das fehlt noch …“ Als ihr endlich einfiel, was ihr noch fehlte, überlegte sie, ob sie zum Metzger gehen und ein frisch geschlachtetes Stück Rindfleisch holen oder sich mit dem wenigen Essen begnügen sollte, das sie hatte.
Ihr Dilemma hielt jedoch nicht lange an. Die ganze Heldengruppe kam mit fröhlichem Geplapper ins Haus und war für einen Morgen ziemlich gut gelaunt. In ihren Händen trugen sie morgendliche Leckereien, die sie bei den Einheimischen gekauft hatten, sowie Kräutersäfte mit Früchten. Als Tanya ihre Stimmen hörte, drehte sie sich mit einem Anflug von Verwirrung in den Augenbrauen um.
„Wer ist das?“, fragte sie sich einen Moment lang, aber als die Gruppe in ihr Esszimmer kam, erkannte sie die vertrauten Stimmen wieder. „Oh Mann~“
Mit einem Seufzer ließ sie die Schultern sinken, erleichtert, dass es nicht irgendwelche lauten Einbrecher oder ihr perverser Neffe waren, der sie viel zu oft besuchte.
„Ich habe nicht genug Platz für euch alle, wisst ihr?“
Sie kicherte leise, hob den Blick und erwiderte ihr Lächeln – nach vielen Tagen fühlte sich die ganze Gruppe wieder wie eine große Familie.
Selbst Tanya war davon nicht ausgenommen, vor allem nachdem sie Maine ermahnen musste, keine angebissenen Äpfel liegen zu lassen, da diese die anderen leicht vergiften könnten. Sie schlug Mino die Hand von den anderen Leckereien und hielt ihm warnend den Finger entgegen.
„Wir essen gleich zusammen, warte!“ Sie musterte die Cowgirl von oben bis unten und wollte kurz an Minos leicht hervorstehendem Bauch ziehen, hielt sich aber zurück und machte sich wieder an die Arbeit.
Amelia und Ophelia beschlossen, dem Menschenmädchen zu helfen und Tanya zur Hand zu gehen – obwohl die beiden keine Ahnung hatten, wie man auch nur die einfachsten Mahlzeiten zubereitet. Während sie Donuts in Öl verbrannten, schoben Raven und die anderen den Esstisch zur Seite.
Sie schoben ihn in eine Ecke und legten ein paar Handtücher und Kleidungsstücke auf den Boden, damit sie sich alle zusammen hinsetzen und das Essen genießen konnten.
„Das fühlt sich gut an, zumindest nach dem, was ich letzte Nacht erleben musste …“, dachte Raven und erinnerte sich an den Ork-Ficker und die schrecklichen Taten ihres Mannes. Aber er schüttelte diese Gedanken schnell ab und konzentrierte sich auf den Moment, ebenso wie die anderen.
Auch wenn es kein Einzelgespräch war, tat es seinem Herzen gut, Zeit mit seiner Gruppe und den Mädchen zu verbringen und einfach etwas Alltägliches wie frühstücken zu tun. Das letzte Mal, als er sich daran erinnern konnte, auf dem Boden zu sitzen und etwas zu essen, das kein Monsterfleisch aus dem Wald war, lebte er noch mit Mel und Aria im Waisenhaus.
Erika wurde in die Schlafsäle der Priesterinnen gebracht, und Amedith wurde von einer alleinstehenden Frau adoptiert, die keine Ahnung hatte, wie man ein Kind großzieht.
„Rose hat wohl trotzdem ihr Bestes gegeben, oder?“ Als Raven Amedith beobachtete, wie er mit allen plauderte und lächelte, musste er unwillkürlich selbst lächeln. „Ich schätze, wir müssen nicht mehr in den Irrgarten gehen, um Stress abzubauen, wenn das gemeinsame Frühstück weiterhin so beruhigend wirkt.“
„Okayyyy~ Hier sind die Sweatshirts, jetzt könnt ihr den Honigschinken und alles andere auspacken, was ihr mitgebracht habt, ahaha!“ Endlich brachte Tanya die Teller mit Donuts, Eiern und den in Gläser eingeschenkten Säften, stellte sie auf den Boden und setzte sich ebenfalls auf den Boden.
Amelia und Ophelia folgten schnell ihrem Beispiel, sie saßen sowieso lieber auf dem Boden, sodass es ihnen nichts ausmachte, sich auf den gefliesten Boden zu setzen.
Als alle Platz genommen hatten, holte Aria den Honigschinken hervor und begann, für alle eine Scheibe abzuschneiden – aber sie behielt das knochige Ende mit dem Griff und die fleischigeren Teile für sich.
„Hey, du!“ Mino wollte ihr das aber nicht einfach so überlassen, schließlich hatte sie jede Menge Vorzüge an ihrem Körper zu pflegen!
Die beiden rangen eine Weile miteinander, aber schließlich wurden sie von Raven mit einem Schlag auf den Kopf zurück auf ihre Plätze gedrängt, und der Fleischgriff ging stattdessen an Maine. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht kaute sie genüsslich auf ihrem Essen herum und warf den beiden, die das beste Stück abgeben mussten, weiterhin böse Blicke zu.
Aber ihr Geärgern dauerte nur ein paar Sekunden, da weder der Barbar noch die Cowgirl die Geduld hatten, sich das einfach so gefallen zu lassen. Sie stürzten sich auf Maine, drückten sie zu Boden und während einer ihr in den Schwanz biss – natürlich das Mädchen mit den Hörnern –, versetzte ihr der andere eine Reihe von Backpfeifen.
„MOMMMMAA!!“, schrie Maine, die für einen Moment vergessen hatte, dass ihre Mutter längst weg war und sie sich inmitten ihrer neuen Familie befand.
Zu verwirrt von der ganzen Tortur, sahen Raven und der Rest der Gruppe einfach nur zu, wie sich der Konflikt mit herzhaftem Gelächter entfaltete. Als es jedoch schließlich Zeit war, dem Ganzen ein Ende zu bereiten, musste Raven versprechen, ihnen allen ein ganzes Stück Honigschinken zu kaufen.
„Das ist so süß!“ Während das Trio sich stritt, genoss die aggressivste von allen, Arche, die Königin der Arachnen, die erste richtige Süßigkeit ihres Lebens. Ihre Augen flackerten von der Zuckerüberdosis, aber der Energieschub, der durch ihren Körper strömte, ließ sogar ein Monster wie sie wie einen Engel strahlen. Sie sah Tanya mit ihren vielen Augen direkt an, packte sie am Arm und zog sie näher zu sich heran.
„Ohhhh, ich muss diese Hände schmecken, die das gemacht haben – EKKK!“
Aber genau wie die anderen Rowdys bekam sie einen Schlag auf den Kopf von Raven.
„Ich habe das Gefühl, ich vergesse etwas, aber …“ Tanya sah sich die lächelnden Gesichter an, spürte, wie sich ein Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete, und in diesem Moment der Absurdität ließ sie ihre Vergangenheit hinter sich und entschied sich für eine etwas chaotische neue Familie.
