Es war Zeit, ihre Pläne weiterzuverfolgen, und als Erstes sollten sie die Kirche der Göttin Elanaria besuchen, aber die einwöchige Reise hatte die Gruppe total fertiggemacht, und das war nichts, was man mit einer Nacht Schlaf wieder hinbekommen konnte.
Anstatt sofort aufzubrechen, entschied Rav, dass es besser wäre, sich noch etwas auszuruhen, schließlich konnten sie nicht wissen, ob die Göttin und ihre Anhänger sie nicht angreifen würden, sobald sie Athias Auserwählte erblickten.
„Aaaa~“ Mel hielt ein Stück Samtkuchen auf einer Gabel an Ravs Mund und errötete leicht. „Komm schon, hör auf zu träumen und iss!“
Sie kicherte leise und hielt die Gabel noch einen Moment lang vor seinen Mund, bevor Rav den Mund öffnete und die süße Köstlichkeit in seinem Mund zergehen ließ. Seine Aufmerksamkeit wurde jedoch schnell zwischen Aria und Mel geteilt, als die Dunkelelfe an seiner Schulter zu ziehen begann.
„Beruhigt euch, Ladies“, sagte Mino, der sich noch näher an die Gruppe drängte und direkt aus dem Armband auf Ravs Schoß erschien.
Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und strahlte ihn fröhlich an. „Er läuft dir nicht weg, ihr seid viel zu anhänglich.
Aber als sie sahen, wie die Königin ihn von der Seite umarmte, ignorierten die Mädchen sie komplett und rückten weiter näher an ihn heran, seine Arme fest an ihre Brüste gedrückt.
„So süß“, flüsterte Liliyana bei diesem Anblick, obwohl sie Rav selbst nicht mochte.
„Ignoriert sie einfach …“, sagte Amedith, der auf der anderen Seite des Tisches saß und sich damit beschäftigte, durch die Fenster auf die überfüllten Straßen von Elaris zu schauen.
„Hmm?“ Die Feenkind starrte ihren Retter mit niedergeschlagenem Blick an und fragte sich, warum er so traurig aussah. Sie rückte näher an ihn heran, beugte sich zu seinem Gesicht und flüsterte: „Ist etwas los?“
Amedith drehte langsam sein Gesicht zu Lililyana und seine Augen weiteten sich, als er ihr Gesicht so nah sah. Ihre Nasen berührten sich und mit jedem Atemzug, den sie machte, konnte er es auf seinem Gesicht spüren, einen Hauch von Lavendel. Er wurde rot und spürte, wie sein Herz pochte. Währenddessen griff Liliyana nach Amediths seidigem Haar und strich es ihm aus dem Gesicht.
„Bist du eifersüchtig? Ist es das?“, fragte sie und fuhr mit ihrem Finger über seine Wange, während sie sich langsam zurückzog.
„Ich … ähm …“ Bevor er jedoch eine Antwort finden konnte, strahlte Lilianna ihn an und umarmte seinen Arm, genau wie die anderen Rav.
„Ich kann dich umarmen, wenn du willst, deine Haut fühlt sich so weich an!“ Liliyana suchte nach einer Ausrede, um Amediths helle Haut zu berühren, die sich weicher anfühlte als ihre eigene, und wollte ihn unbedingt ein wenig herausputzen – vielleicht, um seine zarten Gesichtszüge zu betonen, oder vielleicht auch nur, weil sie ihn mit Make-up oder einem Rüschenkleid sehen wollte.
„Wie kann ein Junge nur so süß sein?“, fragte sie sich und streichelte seinen Kopf wie eine zahme Katze. Ev Will-O, das Irrlicht, flog aus ihrem Ausschnitt, um Amedith von der anderen Seite zu verwöhnen.
„L-Lilyana, hör auf, alle gucken!“, versuchte Amedith, das Feenkind von sich zu nehmen, aber Liliyana war zu sehr damit beschäftigt, ihre Wangen aneinander zu reiben, um auch nur ein Wort von dem zu hören, was er gerade gesagt hatte.
„So weich~“ Sie schloss die Augen und fühlte sich fast so, als würde sie auf einer Wolke liegen. Aber als sie sich noch mehr fallen ließ, öffnete sich ihr Mund instinktiv und sie biss Amedith in die Wange, als wäre sie aus Zuckerwatte.
„Aua!“, schrie die ehemalige Heldin und holte den verträumten Teufel wieder in die Realität zurück.
„Was ist passiert?“, fragte Liliyana, die so abrupt aus ihrer Trance gerissen worden war, dass sie einen Moment lang nicht wusste, was los war, während alle am Tisch sich zu ihr umdrehten. Aber als sie die Bissspur an Amediths Wange bemerkte, weiteten sich ihre Augen vor Schreck. „Es tut mir leid!
Das wollte ich nicht!“
Sie hielt sich die Hand vor den Mund, während sie Amedith weiterhin ansah, und Tränen traten ihr in die Augen, bevor sie wie eine Furie schrie, während sie weinte und sich entschuldigte.
„Es tut mir leid! Es tut mir leid! Es tut mir leid …“
„Schon gut“, sagte Amedith, zog sie diesmal in seine Arme und beruhigte sie, indem er ihr zärtlich über das Haar strich. Er tat dies eine ganze Weile und drückte sie an sich, um die beruhigende Wärme zu spüren, die er gerade von ihrer Wange gefühlt hatte. „Ich bezweifle, dass du mir etwas antun kannst, und das ist nur ein Biss.“
Mit nur einem Spritzer heiliger Magie verschwand die Bissspur und die Einbuchtung heilte. Als er sie endlich losließ, atmete Amedith tief durch und spürte, wie eine seltsame Last von seinen Schultern fiel.
„Willst du einen Kaffee?“, fragte er, um das Thema zu wechseln.
Liliyana wischte sich schnell die Tränen weg und wollte antworten, wurde aber von stampfenden Schritten und dem Geräusch eines eisernen Knüppels, der über den Boden der Taverne gezogen wurde, unterbrochen. Außer ihnen war niemand in der Hauptstube, daher war es nicht schwer zu erraten, woher das Geräusch kam.
„Es kommt aus der Küche?“, murmelte Erika und drückte ihren Kopf vor Müdigkeit gegen den Tisch.
Asmodia wollte, dass sie den Kopf hob und hinschaute, aber die Priesterin war viel zu müde von der Reise, um auch nur einen Finger zu rühren. Und so war sie die Einzige, die nicht sah, wie Lana mit einem massiven Stachelknüppel in der Hand aus der Küche kam.
Die Elfe starrte Rav an, als sie zu ihrem Tisch stampfte, blieb direkt neben ihm stehen und legte den Knüppel über ihre Schulter.
„Du und ich, wir werden kämpfen!“ Die Stöhnen von Lanas Frau während der Nacht waren kein Geheimnis, daher wusste jeder auf der Party bereits, warum die Elfenfrau so wütend auf Rav war.
„Lana! Warte!“ Diane eilte ihr aus der Küche hinterher und versuchte, ihre Frau aufzuhalten, aber Lana wollte sichergehen, dass ein Mann, der mit ihrer Frau schlief, zumindest stark genug war, um sie für sich zu beanspruchen.
„Folge mir in den Hinterhof, dort gibt es einen Schlammring zum Ringen, dort werden wir kämpfen!“, forderte Lana, und obwohl Rav nicht gerade begeistert von einem Kampf am frühen Morgen war, hatte er kein Problem damit, ihr eine Tracht Prügel zu verpassen, um sie in ihre Schranken zu weisen.
„Das gibt mir Zeit, meine neue Kraft zu testen.“ Zumindest konnte er die neue Gabe von Athia ausprobieren und vielleicht einen Weg finden, sie im Kampf einzusetzen.
„Alles klar, zeig mir den Weg!“, rief er und sprang von seinem Stuhl auf.
