Als die anderen Götter sich zerstreuten und Kent von einer mächtigen Aura der Göttlichkeit umgeben zurückließen, breitete sich eine seltsame Stille aus. Der Himmel, obwohl von den anderen göttlichen Wesenheiten befreit, blieb von einem unheilvollen grünen Schimmer erfüllt.
Kent, der immer noch versuchte, die Fülle der Schätze und Kräfte zu begreifen, die ihm zuteil geworden waren, spürte plötzlich eine subtile Veränderung in der Luft. Ein dichter, bunter Dunst begann sich um ihn herum zu bilden und wirbelte langsam auf, bis er ihn in einen Schleier aus giftigen Dämpfen hüllte.
Der Geruch von Bitterkeit und Verwesung stieg ihm in die Nase, und er ballte instinktiv die Fäuste, um sich auf das vorzubereiten, was als Nächstes kommen könnte.
Aus dem Dunst tauchte eine Gestalt auf, die sich mit bedächtiger Anmut bewegte. Ein freches Lächeln spielte um die Lippen des Neuankömmlings, dessen Augen vor einer beunruhigenden Mischung aus Belustigung glänzten.
In Roben gehüllt, die aus Schatten und Rauch gewebt schienen, strahlte er eine überirdische Präsenz aus, die Kent einen Schauer über den Rücken jagte.
„Na, na, na“, sagte die Gestalt mit einer Stimme, die von düsterem Humor triefte. „Wenn das nicht der neue Liebling des Himmels ist. Das war ja eine ganz schöne Show, die du da hingelegt hast.“
Kent kniff die Augen zusammen und musterte den Mann vor sich. „Wer bist du?“, fragte er in vorsichtigem, aber bestimmtem Ton.
Der Mann lachte leise und tief. „Du kannst mich den Giftgott nennen“, antwortete er und verbeugte sich übertrieben theatralisch. „Und ich muss sagen, dein Einsatz von Gift vorhin … meisterhaft. Wie ein erfahrener Krieger, der sein Handwerk versteht.“
Kents Miene verhärtete sich, aber in seinem Blick lag ein Hauch von Neugier. „Was willst du, ehrwürdiger Ältester?“
„Was ich will? Ach, nicht viel.“ Der Giftgott winkte ab. „Ich wollte dir nur gratulieren und dir vielleicht … ein kleines Geschenk machen.“
Mit einer schnellen Bewegung seines Handgelenks zauberte der Giftgott ein Buch aus dem wirbelnden Dunst. Es war uralt, in dunkles Leder gebunden, das schwach in einem unheimlichen grünen Licht pulsierte.
„Dies ist das vollständige Buch der Gifte“, sagte der Giftgott und senkte seine Stimme fast zu einem Flüstern, als er Kent das dicke Buch reichte. „Es enthält das Wissen über jedes Gift, jede Toxin und jede Methode, um mit Gift zu verderben und zu kontrollieren.“
Kent nahm das Buch entgegen und spürte das Gewicht seiner dunklen Macht in seinen Händen. Sein Blick traf den des Giftgottes, und er versuchte, das wahre Motiv hinter diesem Geschenk zu erkennen.
Das Lächeln des Giftgottes verschwand, sein Gesichtsausdruck wurde ernst. „Ich habe dieses Buch bereits zweiunddreißig Personen vor dir gegeben“, sagte er mit ernster Stimme. „Alle haben seinen Inhalt gemeistert, aber keiner von ihnen hat überlebt. Ihr Untergang? Gier. Die Gier nach Macht.
Sie glaubten, mit Gift herrschen zu können, aber sie vergaßen eine entscheidende Wahrheit: Das Gift beherrschte sie.“ Der Giftgott sprach mit geheimnisvoller und sarkastischer Stimme.
Kent umklammerte das Buch fester und ließ den Giftgott nicht aus den Augen. „Und du warnst mich davor, denselben Fehler zu begehen. Ist es das, Ältester?“
„Genau.“ Der Giftgott nickte. „Siehst du, Gift ist ein zweischneidiges Schwert. Es kann schützen, aber auch seinen Besitzer zerstören. Bleib darüber, setz es mit Bedacht ein, und vielleicht schaffst du, was andere nicht geschafft haben.“
Eine angespannte Stille legte sich zwischen sie, während Kent über die Worte des Giftgottes nachdachte. Er spürte die Last der Herausforderung, die vor ihm lag, die Prüfung seines Willens und seiner Entschlossenheit.
„Und wenn ich Erfolg habe?“, fragte Kent mit fester Stimme.
Ein verschmitztes Lächeln kehrte auf die Lippen des Giftgottes zurück. „Wenn du Erfolg hast, habe ich eine Aufgabe für uns beide. Eine Aufgabe, von der wir beide profitieren, sozusagen. Aber zuerst musst du dich als würdig erweisen, indem du das Buch beherrschst, ohne dem verführerischen Ruf des Giftes zu erliegen.“
Der Giftgott bohrte seinen Blick in Kents Augen, auf der Suche nach Anzeichen von Schwäche. Aber Kent erwiderte seinen Blick mit unerschütterlicher Entschlossenheit. Nach einem Moment nickte der Giftgott, als wäre er zufrieden.
„Ich werde dich beobachten“, sagte er mit leiser Stimme, während er wieder in den Dunst verschwand. „Enttäusche mich nicht.“
Als der Giftgott verschwand, löste sich der Dunst auf und Kent stand wieder allein da. Das Gewicht des Giftbuchs in seinen Händen wurde nun durch das Gewicht der Erwartungen ergänzt.
Um ihn herum beobachteten die Zuschauer neugierig und besorgt und flüsterten untereinander über das geheime Treffen, das sich im Dunst abgespielt hatte.
Doch bevor Kent zu lange über die Worte des Giftgottes nachdenken konnte, machte sich eine neue Präsenz bemerkbar. Der Himmel, der noch immer in einem seltsamen grünen Licht erstrahlte, verwandelte sich plötzlich in einen leuchtenden Smaragdton.
Aus dem Himmel stieg eine kleine, stämmige Gestalt in goldener Rüstung herab. Sein langer, wallender Bart schimmerte golden, und sein fröhlicher Gesichtsausdruck stand in starkem Kontrast zu der Intensität seines Auftretens.
Als die Gestalt näher kam, erkannte Kent ihn sofort – es war der Glücksgott.
Aber der Glücksgott war nicht wegen Kent hier.
Die kleine, goldgerüstete Gottheit schwebte anmutig auf die Thronstufen zu, wo Fatty Ben bewusstlos lag und sich noch von dem heftigen Kampf erholte.
Der Glücksgott schwebte über ihm und sah den bewusstlosen Kerl mit sanftem Blick an. Mit einer Handbewegung hob er Fatty Ben in die Luft und brachte ihn auf Augenhöhe.
Fatty Ben regte sich, öffnete die Augenlider und kam wieder zu sich. Verwirrt blinzelte er und sah mit großen, erschrockenen Augen in die Augen des Glücksgottes.
„Wer – wer bist du?“, stammelte Fatty Ben mit zitternder Stimme voller Ehrfurcht.
Der Glücksgott lachte herzlich und klopfte Fatty Ben auf den Rücken. „Ich bin der Glücksgott“, verkündete er mit freundlicher Stimme. „Und du, mein lieber Junge, bist mir aufgefallen.“
Fatty Ben war noch verwirrter, aber er musste über das freundliche Auftreten des Glücksgottes lächeln. „Warum ich?“
Der Glücksgott grinste und seine Augen funkelten verschmitzt. „Das Glück findet immer diejenigen, die es am wenigsten erwarten“, sagte er und legte einen Finger auf Fatty Bens Stirn.
Ein dünner goldener Lichtstreifen erschien und bildete ein Zeichen, das sanft leuchtete.
Die Umstehenden hielten den Atem an und flüsterten immer lauter, während sie versuchten zu begreifen, was sie da sahen. Auch Kent beobachtete das Geschehen mit großem Interesse und fragte sich, was der Glücksgott für seinen Begleiter vorgesehen hatte.
Als sich das Zeichen auf Fatty Bens Haut festsetzte, spürte Fatty, dass sich etwas an ihm verändert hatte.
„Keine Sorge, ich habe nur etwas an deinem Schicksal geändert“, sagte der Glücksgott, während er seine Hände in die Seitentaschen unter seiner Rüstung steckte.
Der Glücksgott holte drei Gegenstände hervor. Einen kleinen, aufwendig geschnitzten Schlüssel, einen großen goldenen Schlüssel und einen winzigen Glücks-Tempel aus seiner goldenen Robe. Sie schimmerten in einem überirdischen Licht und waren eindeutig göttliche Artefakte von unschätzbarem Wert.
„Dieser kleine Schlüssel ist der Schlüssel zum Wohlstand. Bewahre ihn gut auf, und er wird dir Türen zu unermesslichem Reichtum und Erfolg öffnen. Aber denk daran, wahres Glück liegt nicht im Reichtum, sondern in den Entscheidungen, die du triffst“, sagte der Glücksgott und reichte Fatty Ben den Schlüssel.
Fatty Ben nahm den Schlüssel mit zitternden Händen entgegen, seine Augen weiteten sich vor Unglauben. Er blickte zu dem Glücksgott auf, überwältigt von diesem unerwarteten Segen.
„Danke“, flüsterte Fatty Ben mit vor Emotionen belegter Stimme.
Der Glücksgott lächelte sanft, klopfte Fatty Ben beruhigend auf die Schulter und wandte sich dann Kent zu. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke, und das Lächeln des Glücksgottes wurde breiter.
„Pass gut auf ihn auf. Er hat Glück, aber selbst die Glücklichsten brauchen gute Freunde“, sagte der Glücksgott zu Kent mit leiser Stimme, die jedoch eine tiefere Bedeutung hatte.
Damit nickte der Glücksgott Fatty noch einmal zu und verschwand langsam in dem smaragdgrünen Licht, das ihn umgab.
Er warf einen kurzen Blick auf Fatty Ben, der immer noch voller Ehrfurcht auf den goldenen Schlüssel in seiner Hand starrte, und Kent gestattete sich ein kurzes Lächeln.
In dem Moment, als der Glücksgott verschwand, normalisierte sich die Atmosphäre im Kriegstempel wieder.
Fatty Ben stand wie erstarrt da, den großen schlüsselartigen Gegenstand in seiner Hand umklammert, seine großen Augen voller Ehrfurcht und Verwirrung. Er blinzelte und versuchte, das Ausmaß des Geschehens zu begreifen.
Erfahrungsberichte im Imperium
Kent beobachtete den fassungslosen Gesichtsausdruck seines Freundes und brach schließlich das Schweigen. „Fatty, was ist das?“
Fatty Ben drehte den Gegenstand in seiner Hand hin und her und runzelte nachdenklich die Stirn. „Ich … ich bin mir nicht sicher“, murmelte er noch immer benommen.
In diesem Moment hallte eine volle, warme Stimme in seinem Kopf wider. Die Präsenz des Glücksgottes kehrte kurz zurück, als hätte er einen Nachhall seines Lachens hinterlassen. „Dieser große Schlüssel, mein lieber Junge, ist ein Dimensionsschlüssel“, erklärte der Glücksgott mit fröhlicher Stimme. „Mit ihm kannst du für eine begrenzte Zeit zwischen den Welten und der Geisterwelt reisen. Ein wirklich seltenes Geschenk – nutze es weise.“
Fattys Augen weiteten sich, und sein Geist schwirrte vor lauter Möglichkeiten. „Reisen … zwischen den Welten?“, wiederholte er mit kaum hörbarer Stimme. Er blickte nach oben, als würde er erwarten, dass der Glücksgott wieder auftauchte, aber der Himmel hatte wieder seine normale Farbe angenommen, und die göttliche Präsenz war endlich verschwunden.
Doch der Glücksgott hatte noch mehr zu sagen. Seine Stimme erklang erneut, diesmal hallte sie in Fattys Seele wider. „Dies ist ein Tempel des Glücks. Er kann unendlich viel Raum beherbergen und ist teilweise mit Schätzen, Manasteinen und unermesslichem Reichtum gefüllt. Ein Zeichen meiner Gunst.“
Fattys Hände zitterten, als er auf den fingergroßen Miniaturtempel starrte, sein Herz pochte vor Dankbarkeit und Ungläubigkeit.
Er fiel auf die Knie, verneigte sich tief vor dem Glücksgott und sagte mit vor Emotionen erstickter Stimme: „Danke, mein Herr! Danke! Ich werde diese Geschenke in Ehren halten und sie weise einsetzen!“
Das Lachen des Glücksgottes hallte erneut wider, voller Wärme und Zuneigung. „Steh auf, junger Krieger. Ich habe dein Schicksal geändert und dich nicht nur zu einem Mann des Glücks, sondern auch zu einem großen Krieger gemacht. Nutze dein Glück, um zu beschützen, zu wachsen und deinem Meister zur Seite zu stehen, demjenigen, der dazu bestimmt ist, das Erbe des Kriegsgottes weiterzuführen.“