2725 Eine versteckte Höhle
„Mal sehen …“, murmelte Lin Mu, bevor er sich an den Großältesten wandte. „Ich hab gesehen, dass der Hohe Älteste Yannan ziemlich aufbrausend ist. War er schon immer so?“
„Ja, aber nachdem er aus dem Wettstreit um die Position des Patriarchen ausgeschieden ist, ist es noch schlimmer geworden“, antwortete der Großälteste.
„Und da hat er seine Kultivierungstechnik entdeckt?“, vermutete Lin Mu.
„Ja!“ Der Großälteste begriff plötzlich, worauf Lin Mu hinauswollte.
„Und wie lange ist das her?“, fragte Lin Mu als Nächstes.
„Das ist schon lange her … etwa viertausend Jahre, schätze ich“, schätzte der Großälteste.
GASP!
Die Menschen um sie herum waren schockiert.
„Wie hat er so lange überlebt?“, fragte Daoist Chu unwillkürlich.
„Die Kunst der wogenden Pestilenz hat ihm wahrscheinlich geholfen. Sie hat die Energie kontrolliert und verhindert, dass sie ihn zu sehr korrumpiert hat“, vermutete Lin Mu. „In Kombination mit seinem ohnehin schon schlechten Temperament ist das wahrscheinlich die ganze Zeit unbemerkt geblieben“, fügte er hinzu.
„Wie gehen wir jetzt weiter vor?“, fragte Daoist Chu als Nächstes.
„Logischerweise sollten wir den Kern des Arrays untersuchen, aber der ist mit dem Zusammenbruch der Insel verschwunden.“
„Stimmt.“ Lin Mu runzelte die Stirn.
Seine eigenen Handlungen hatten ihre Hoffnungen auf weitere Hinweise zunichte gemacht.
„Gibt es noch etwas, was wir tun oder uns ansehen können?“, fragte Mönch Hushu.
Lin Mu versank in tiefes Nachdenken, bevor ihm plötzlich etwas einfiel.
„Doch, gibt es!“ Seine Augen leuchteten auf.
Nicht nur der Hohe Älteste Yannan hatte eine einzigartige Technik entdeckt – auch der Älteste Nui!
„Der Älteste Nui?“ Der Großälteste hob eine Augenbraue. „Er ist auch unter den Trümmern der Insel begraben.“
„Dort brauchen wir nicht zu suchen.“ Lin Mu zog einen Jadestreifen hervor und hielt ihn hoch. „Hier ist ein Hinweis.“ Er reichte ihn dem Großältesten.
„Hier?“ Der alte Mann nahm den Jadestreifen und überflog ihn. Bald darauf veränderte sich sein Gesichtsausdruck vor Überraschung.
„Eine geheime Höhle? Es gab so etwas die ganze Zeit in unserer Sekte?“
„Ich wäre nicht überrascht, wenn es mehr als eine gäbe“, antwortete Lin Mu. „Ich bin mir sicher, dass der Hohe Älteste Yannan seine Technik innerhalb der Sekte gefunden hat, nicht außerhalb.“
„Kein Wunder, dass er ihre Herkunft geheim gehalten hat“, erkannte der Erste Älteste.
„Wie finden wir diese Höhle?“, fragte Daoist Chu.
„Großältester, du musst doch wissen, wo kürzlich Reparaturen und Wartungsarbeiten an den Arrays der Sekte durchgeführt wurden, oder?“, fragte Lin Mu. „Das sollte uns helfen, den Bereich einzugrenzen, den Ältester Nui besucht hat.“
„Ja!“ Der Großälteste nickte und holte einen weiteren Jadestreifen hervor. „Wir führen Aufzeichnungen über alle Wartungsarbeiten an den Anordnungen sowie über die Ältesten, die dafür zuständig sind.“
Er durchsuchte schnell die Einträge.
„Hier ist es! Im nordwestlichen Teil der Sekte, hinter den Kräuterfarmen“, verriet er.
„Lasst uns dorthin gehen“, sagte Lin Mu und folgte dem Großältesten.
Bald erreichten sie den Ort – eine wunderschöne Kräuterfarm.
Die Farm war auf zwei Seiten von kleinen Bergen umgeben und an der dritten und vierten Seite von verschiedenen Gebäuden, darunter Kräutertrockenschuppen und andere Einrichtungen.
„Die Schüler hier haben einige Undichtigkeiten in der Qi-Sammelanlage gemeldet, die die Farm umgibt“, erklärte der Großälteste. „Ältester Nui wurde geschickt, um das Problem zu beheben.“
„Lasst uns mit der Suche beginnen“, wies Lin Mu an und breitete seinen unsterblichen Sinn über das gesamte Gebiet aus.
Die anderen taten es ihm gleich und begannen, die Farm zu durchsuchen.
Nach einigen Minuten versammelten sie sich wieder.
„Nichts“, stellte Lin Mu fest.
„Hmm … Der Älteste hat die Höhle mit seiner eigenen Barriere versteckt, oder?“, überlegte Daoist Chu. „Vielleicht kann ich sie aufspüren.“
„Mach schon, Daoist Chu“, drängte Lin Mu.
„Okay.“ Daoist Chu holte einen Kompass raus und schaltete ihn ein.
PING!
Die Nadel zuckte, bevor sie sich schnell zu drehen begann.
Eine Minute später blieb sie stehen und zeigte auf einen der Berge.
„Es ist außerhalb der Kräuterfarmen, hm …“, sagte Lin Mu, kniff die Augen zusammen und folgte Daoist Chu.
Die Kompassnadel richtete sich aus und führte sie hinter den Berg.
„Es sollte irgendwo hier sein …“, murmelte Daoist Chu, während er die Anzeigen studierte.
Sie erreichten einen unscheinbaren Hang.
„Ich übernehme hier“, erklärte Lin Mu und weitete seine unsterbliche Wahrnehmung aus.
Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er die versteckte Barriere ausfindig gemacht hatte.
„Da ist sie!“
Lin Mu näherte sich einem nahe gelegenen Baum und schlug mit der Faust dagegen.
BOOM!
Der Baum zersplitterte und gab den Blick auf ein schwaches Leuchten darunter frei.
SHUA! SHUA! SHUA!
Runen flackerten in der Luft auf, bevor sie zu schwanken begannen.
CRACK!
„Hinter einer illusorischen Anordnung versteckt … Clever“, bemerkte Daoist Chu.
SHATTER!
Lin Mu versetzte der Barriere einen letzten Schlag und zerstörte sie vollständig – und enthüllte, was dahinter lag.
„Das war die ganze Zeit hier?“, fragte der Großälteste verblüfft.
Vor ihnen stand der Eingang zu einer drei Meter hohen Höhle.
„Wie konnte das niemand finden?“, wunderte sich der Erste Älteste. „Es sind immer Schüler in der Nähe, und täglich patrouillieren Wachen in diesem Bereich.“
„Wahrscheinlich hat eine weitere Illusionsbarriere sie verdeckt, bevor Ältester Nui sie entdeckt und aufgelöst hat“, vermutete Daoist Chu. „Er hat wahrscheinlich an ihrer Stelle eine eigene Barriere errichtet.“
„Lasst uns hineingehen. Seid vorsichtig – es könnte Fallen geben“, warnte Lin Mu.
Die Gruppe nickte und folgte ihm vorsichtig.
Die Höhle war tief und sie konnten ihr Ende nicht sehen.
Ihre unsterblichen Sinne waren nutzlos, da der Gang durch eine Qi-unterdrückende Barriere geschützt war.
Sie mussten sich auf ihre Fähigkeiten zur Licht erzeugung verlassen, als sie sich tiefer vorwagten.
Dann, als sie das Ende der Höhle erreichten –
„Himmel! Was ist das?“, keuchte der Großälteste.
Sie waren in eine blutverschmierte Halle gelangt.
Das Alter des Blutes war unbekannt, aber seinem dunklen, getrockneten Aussehen nach war es schon lange dort.
Trotz seines Alters hing der Geruch von Blut noch immer in der Luft und erinnerte auf grausame Weise daran, was an diesem verlassenen Ort geschehen war.
Aber das war noch nicht alles.
Im hinteren Teil der Halle ragte eine bedrohliche Statue über ihnen auf, deren Präsenz eine unheimliche Aura ausstrahlte.
Es handelte sich um eine humanoide Kreatur mit acht Armen und vier Köpfen. Jeder Kopf gehörte zu einer anderen Art von Dämon und aus den Händen hingen mehrere Ketten. Zu ihren Füßen waren mehrere Schädel aufgestapelt, als wären sie Opfergaben. Alle schienen menschliche Schädel zu sein, und davor lag ein Altar.
