„Wir haben nur rumgealbert“, murmelte Xiao Yin.
„Wir wollten niemanden verletzen“, fügte Xiao Yang mit leiser Stimme hinzu.
Lin Mu seufzte und rieb sich die Schläfen. „Ihr müsst verstehen, dass nicht jeder eure Streiche toleriert. Was wäre gewesen, wenn ich nicht rechtzeitig gekommen wäre?“
Die Zwillinge senkten den Kopf, sichtlich reumütig. „Es tut uns leid, Meister.“
„Was habt ihr gestohlen?“, fragte er als Nächstes.
Lin Mu wusste, dass die Zwillinge oft mit Little Shrubby auf Entdeckungsreise gingen und alles sammelten, was sie interessant fanden. Selbst auf den Märkten der Stadt hatten sie viele Kleinigkeiten und Gegenstände gekauft, die sie faszinierten. Lin Mu hatte ihnen mehr als genug Geld zum Ausgeben gegeben, und da Little Shrubby sie herumführte, hatten sie keine Probleme. Außerdem waren die Menschen in der Hauptstadt mehr als daran gewöhnt, dass gezähmte Tiere für ihre Herren Arbeiten verrichteten.
Es gab sogar viele Lieferdienste, die verschiedene Tiere für diese Arbeit einsetzten.
Außerhalb der Stadt war alles viel einfacher. Solange man stark genug war, konnte man sich nehmen, was man wollte.
Als Tiere mit stolzer und starker Abstammung war das für die Zwillinge etwas ganz Natürliches, und sie konnten sich dem nicht einfach widersetzen. Vor allem, weil sie noch Kinder waren.
In Menschenjahren waren sie vielleicht über vierzig Jahre alt, aber für Tiere, die so lange lebten, wie es ihrer Natur entsprach, waren sie wie fünfjährige Kinder, die einfach nur spielen wollten. Natürlich hatten sie aufgrund ihrer Unsterblichkeit die Intelligenz ausgewachsener Erwachsener, aber ihre Persönlichkeit würde sich erst mit der Zeit entwickeln.
Auch menschliche Kinder taten dasselbe: Sie nahmen Dinge einfach mit, ohne sich Gedanken darüber zu machen, dass es sich dabei um Diebstahl handelte. Oder selbst wenn es Diebstahl war, waren sie noch nicht in der Lage zu verstehen, dass das etwas Schlechtes war.
„Wir haben ein paar Blumen mitgenommen“, sagte Xiao Yin.
„Und Früchte“, fügte Xiao Yang hinzu.
Lin Mu sah die beiden an und hatte das Gefühl, dass da noch mehr war.
„Und Knochen“, gab Xiao Yin unter dem Blick ihres Meisters zu.
„Was noch?“ Lin Mu war sich sicher, dass die beiden nicht bei diesem einen Mal bleiben würden.
„Ein paar glänzende Dinge“, fügte Xiao Yang hinzu. „Das ist alles.“
„Ist das alles?“ fragte Lin Mu den Blauen Drachen.
„Ja, verehrter Vorfahr“, antwortete der Blaue Drache, während er seinen Kopf gesenkt hielt. „Sie haben ein paar Neunblättrige Cerulean-Lotusblumen, Schlammfreie Helle Fuchsnussfrüchte, Knochen von Beutetieren, die ich zuvor gefressen hatte, und einige meiner Schätze und Edelsteine mitgenommen“, erklärte er.
„Bring sie zurück“, befahl Lin Mu.
„Okay…“ Die Zwillinge hörten auf ihn und holten alles raus, was sie aus ihren Aufbewahrungswerkzeugen genommen hatten.
Der Blaue Drache schaute sich die Sachen an, die aus dem Nichts auftauchten, und war überrascht. „So habt ihr sie also alle genommen, ohne dass ich es gemerkt habe. Und ich dachte schon, ihr hättet sie verschluckt.“
Der Blaue Drache war ein Tier und benutzte keine Raum-Aufbewahrungswerkzeuge. Als Herrscher über eine Region brauchte er keine Werkzeuge von menschlichen Kultivierenden und zog es vor, seinen Reichtum auf „orthodoxere“ Weise in einer Höhle zu horten.
Das war eine Gewohnheit, die ihm in die Wiege gelegt worden war und die er nicht so einfach ablegen konnte.
Die Zwillinge hatten natürlich die riesigen Schätze gespürt, die tief im See versteckt waren, und beschlossen, sie sich zu holen. Sie kamen zufällig genau zu dem Zeitpunkt an, als der Blaue Drache auf der Jagd war, sodass niemand da war, um sie zu bewachen. Es gab auch keine Sicherheitsvorkehrungen oder Schutzmaßnahmen, außer den natürlichen, wie der Tiefe der Höhle und der Tatsache, dass normalerweise kein Tier oder Mensch es wagte, sich in das Territorium des Blauen Drachen zu wagen.
Sogar die Menschen, die in der Nähe wohnten, waren vorsichtig und benutzten die festgelegten Handelswege, um die alten Regeln nicht zu brechen. Solange sie sich daran hielten, tat der Blaue Drache ihnen nichts. Deshalb konnten die Händler mit dem Blauen Drachen handeln und Materialien bekommen, die es hauptsächlich im Wald des Blauen Drachen gab. Sie hatten freie Hand für ihre Arbeit und mussten dafür bezahlen.
Auf diese Weise hatte der Blaue Drache während seiner Zeit im Dao-Wind-Reich ein großes Vermögen angehäuft.
„Überprüfe sie“, bat Lin Mu den Blauen Drachen.
„Dein Wort ist mir genug, verehrter Vorfahr“, antwortete der Blaue Drache, ohne sie sofort an sich zu nehmen. „Wenn du möchtest, kannst du sie alle als Tribut behalten, verehrter Vorfahr.
Betrachte sie bitte als Geschenke für deine Schüler“, fügte er schnell hinzu.
Zwar würde er dadurch sicherlich einen gewissen Verlust erleiden, aber das war nichts im Vergleich zu dem Gewinn, den er durch die Gunst eines Wesens mit dem Blut der Azur-Drachen erlangte. Hätte der Blaue Drache natürlich erkannt, dass Lin Mu nur die Aura, aber nicht die tatsächliche Blutlinie besaß, hätte er wahrscheinlich sein Pech verflucht.
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Lin Mu wandte sich wieder Qu Ben zu. „Ich brauche die Geschenke nicht, du kannst sie behalten.“ Dann holte er tief Luft und fuhr fort: „Ich entschuldige mich auch in ihrem Namen. Sie sind jung und verspielt, aber sie hatten keine bösen Absichten.“
„Wie kann das sein, verehrter Vorfahr? Ich habe überreagiert!“ Qu Ben zuckte zusammen. „Du musst dich für so eine Kleinigkeit nicht bei mir entschuldigen.“
„Ich nehme jede Strafe, die du für angemessen hältst, demütig an.“ Qu Ben warf sich in die tiefste Unterwürfigkeit.
Lin Mu schüttelte den Kopf. „Es gibt keinen Grund für eine Strafe.“
Qu Bens saphirblaue Augen funkelten vor Dankbarkeit. „Danke für deine Gnade, verehrter Vorfahr.“
Als Lin Mu sah, dass der Blaue Drache in seiner eigenen Illusion gefangen war, ließ er ihn gewähren und wandte sich den Zwillingen zu.
„Gut. Lasst euch das eine Lehre sein“, sagte Lin Mu entschlossen zu den Zwillingen.
Die Spannung löste sich auf, und die einst feindselige Konfrontation verwandelte sich in einen Moment des Verständnisses.
Nachdem die Situation geklärt war, wandte sich Lin Mu endlich dem älteren Mann zu, der schweigend an der Seite gestanden hatte.
„Wer bist du?“, fragte Lin Mu, da ihm der alte Mann ebenfalls bekannt vorkam.
