Lady Kangs Worte hallten in den Ohren aller Anwesenden wider, und sie konnten nicht anders, als ihr Recht zu geben.
Auch wenn es halb im Scherz gesagt war, war es doch ziemlich nah an der Wahrheit.
Lin Mu, der es hörte, musste ebenfalls darüber nachdenken.
„Ich nah am Dao der Gelehrten?“, dachte er bei sich.
Er hatte noch nie in seinem Leben daran gedacht, den Weg der Gelehrten zu beschreiten, und der einzige Grund, warum er all diese Dinge gelernt hatte, war sein angeborener Wissensdurst. Ansonsten hatte er nie danach gestrebt, diesen Weg zu gehen.
„Ich hatte nie vor, ihn zu beschreiten“, sagte Lin Mu nach einer Weile.
„Das ist wahrscheinlich der Grund, warum du ihm näher bist als wir alle“, erklärte Ziran.
„Wer sucht, findet vielleicht nicht, wer sich sehnt, bekommt vielleicht nicht, aber wer nach Exzellenz strebt, kann alles erreichen“, sagte Mönch Hushu und zitierte ein Sprichwort.
Das gab Lin Mu viel zu denken, und er beschloss, sich wieder seiner Aufgabe zu widmen.
~huu~
Er holte tief Luft, drehte sich zum Eingang um und machte einen Schritt. Die anderen folgten ihm, da sie wussten, dass es Zeit war, zu erkunden, was dieser Ort zu bieten hatte.
„Hm, dieser Ort ist innen viel größer, als er von außen aussieht“, sagte der Daoist Chu, während er sich umschaute.
Die Gruppe war durch einen kleinen Gang gegangen und hatte die Vorhalle erreicht. Diese wurde von mehreren Säulen gestützt und war perfekt quadratisch.
„Da ist auch etwas an den Wänden“, sagte Qiao De, der es im schwachen Licht entdeckte.
In der Opferhalle selbst gab es kein Licht, sodass es ohne ihre unsterblichen Sinne etwas schwierig war, etwas zu erkennen.
~SHUA~SHUA~SHUA~
Als Reaktion darauf erschuf der Daoist Chu einige Lichtquellen in Form von hell leuchtenden Talismanen. Die Talismane schwebten in der Luft und füllten den Saal in gleichen Abständen, sodass alles perfekt beleuchtet war.
So konnte die Gruppe die wahre Größe des Saals erkennen, der mindestens vierzig Meter hoch war und auch Wandmalereien an der Decke hatte!
„Das sind aber viele Wandmalereien …“, murmelte Lin Mu, während er die Wände und die Decke betrachtete.
Beide waren mit Wandmalereien bedeckt, die verschiedene Wesen wie Dämonen, Menschen und Chimären darstellten.
„Sieht aus, als wäre das die aufgezeichnete Geschichte“, sagte Lady Kang und betrachtete jede Wandmalerei sorgfältig.
„Oh, hier steht auch etwas geschrieben.“
Lin Mu bemerkte, dass am unteren Rand jedes Wandgemäldes winzige Zeichen eingraviert waren. Sie waren nicht größer als ein paar Millimeter und man brauchte die Sinne eines Unsterblichen, um sie zu lesen.
Mit bloßem Auge sah man nur ein Muster, das am unteren Rand eingraviert war, um die Wandgemälde zu ergänzen.
„Das scheint die schamanische Schrift der Dämonenstämme zu sein“, sagte Lin Mu, nachdem er sie überflogen hatte.
„Ja, das sind sie“, bestätigte Ziran. „Das sind wirklich die Aufzeichnungen der Dämonenstämme“, fügte er hinzu.
„Kannst du sie uns vorlesen?“, fragte Kronprinz Feng Shun.
„Natürlich“, sagte Ziran und begann mit dem ersten Wandgemälde links.
Das erste Wandgemälde zeigte nur Dämonen, die einen großen Berg umringten.
„Wir, der Stamm der Heiligen Tränen, leben seit Hunderttausenden von Jahren in Frieden in unserem Land. Wir haben dieses Land nach einer Million Jahren voller Opfer gefunden und sind durch ein Wunder hier gelandet. Wir begannen mit nur tausend Menschen, bevor wir unseren Stamm auf eine Million anwachsen ließen“, las Ziran.
„Also wurden sie der Stamm der Heiligen Tränen genannt … Hast du schon mal von ihnen gehört, Ziran?“, fragte Lin Mu.
„Nein … Ich hab noch nie von ihnen gehört“, schüttelte Ziran den Kopf.
„Wie sehen sie denn aus? Kommt dir das bekannt vor?“, fragte die Kronprinzessin als Nächstes.
„Sie scheinen größtenteils ein gemischter Stamm zu sein“, sagte Ziran, während er die Wandmalereien betrachtete. „Sie haben keine besonderen Merkmale, also sind sie definitiv kein reinblütiger Dämonenstamm. Sie sind eine Mischung aus mehreren Dämonenunterarten.“
Er erklärte.
„Sind solche Dämonenstämme üblich?“, fragte Qiao De.
„Wenn man die damalige Zeit bedenkt, waren sie sicherlich nicht so üblich. Damals war es für Dämonenstämme wichtig, ihre Reinheit zu bewahren, da dies mit ihren Kultivierungsmethoden zusammenhing. Die Kultivierungsmethode eines Stammes funktionierte oft nicht für einen anderen Stamm.
Daher war es ziemlich selten, dass es gemischte Dämonen gab, geschweige denn einen ganzen Stamm.“
Ziran antwortete. „Ein solcher Stamm würde nicht absichtlich gegründet werden und ist wahrscheinlich das Ergebnis von etwas anderem“, fügte er hinzu.
„Ich verstehe … Vielleicht gibt es in den restlichen Wandmalereien weitere Informationen“, schlug Lady Kang vor.
„Ja“, nickte Ziran.
„Hmm … Ist dieser Berg der Hauptort des Stammes der Heiligen Tränen?“, fragte Lin Mu.
„Das ist schwer zu sagen. Hier steht zumindest nichts davon“, antwortete Ziran. „Warum? Hast du etwas Ähnliches gesehen?“, fragte er.
„Als wir in der Raumebene ankamen, habe ich ein paar sehr große Berge gesehen. Ich frage mich, ob es einer davon sein könnte“, antwortete Lin Mu.
„Das ist möglich … Waren sie weit weg?“, fragte Ziran.
„Auf jeden Fall sehr weit von unserem Landeplatz entfernt. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, mindestens einen halben Kontinent weit weg“, antwortete Lin Mu nach kurzem Nachdenken.
„So weit?“, fragte Kronprinz Feng Shun und hob die Augenbrauen. „Das sind doch Zehntausende von Kilometern.“
„Darüber denken wir später nach, wenn wir mehr Informationen haben. Jetzt ist es wichtig, dass wir herausfinden, was hier passiert ist“, erklärte Mönch Hushu.
Kronprinz Feng Shun nickte und Ziran begann, die zweite Wandmalerei zu lesen.
Diese Wandmalerei zeigte Dämonen, aber diesmal befanden sie sich in einem Dorf. In der Ecke der Wandmalerei waren jedoch auch einige vage Gestalten zu erkennen.
„Wir haben unsere Anwesenheit bekannt gemacht und in diesem Land Fuß gefasst. Aber wir waren nicht die Einzigen, die hier waren“, las Ziran die zweite Wandmalerei.
