Seit Beginn des Kampfes hatte Lin Mu Abstand zwischen sich und die beiden gehalten.
Er wollte nicht unnötig involviert werden und hatte beschlossen, zu gehen. Zu seiner großen Überraschung war jedoch eine Barriere um den Bereich herum erschienen. Und es war nicht irgendeine Barriere, sondern eine richtige unsterbliche Barriere, für deren Entwirrung selbst Lin Mu Zeit brauchen würde.
Lin Mu hätte sie zwar mit purer Kraft zerstören können, aber er wusste, dass das keine gute Idee wäre. Schließlich würde das noch mehr Aufmerksamkeit auf ihn lenken, und das war zwischen zwei gewalttätigen Parteien nicht gerade wünschenswert.
Das einzig Gute daran war, dass die meisten Leute in der Umgebung bereits gegangen waren und nur noch wenige am Rand standen, die nicht weg konnten. Da Lin Mu wusste, dass das eine Weile dauern würde, beschloss er, abzuwarten und zuzusehen.
Er setzte die Maske auf, die er im Black Candle Pavilion gekauft hatte, und kletterte auf das Dach eines Gebäudes am Rand. Von dort aus hatte er einen guten Blick auf den Kampf und konnte bei Bedarf auch seine Position wechseln.
Das Beobachten des Kampfes brachte Lin Mu eine Menge bei.
Schließlich hatte er bisher noch nicht so viele Kämpfe zwischen Unsterblichen gesehen. Vor allem nicht zwischen starken Kämpfern, daher war es eine gute Lektion für ihn und gab ihm viel zu denken.
Aber nachdem er den Kampf zwischen Cao Tianyi und Luo Tu gesehen hatte, verstand er eines.
„Ihr Kampfstil ist einfach …“, murmelte Lin Mu vor sich hin.
Er erinnerte sich an die verschiedenen Kampfarten der Experten in der Welt von Xiaofan und an die vielfältigen Methoden und komplexen Tricks, mit denen sie sich einen Vorteil verschafften. Aber hier schien alles viel geradliniger zu sein.
Selbst wenn Cao Tianyi ebenfalls über die Unsterblichkeit der Unsichtbarkeit verfügte, waren seine Angriffe ziemlich direkt.
Zumindest glaubte Lin Mu nicht, dass er allzu viel analysieren musste, um seine Angriffe vorherzusagen.
Selbst die Verteidigungsmaßnahmen der beiden oder der Fulminating Ember Talisman, den Cao Tianyi einsetzte, schienen Lin Mu machbar.
„Warum fühlt es sich so an, als hätten sie ihre Fertigkeiten im Austausch für Macht verloren?“, fragte sich Lin Mu.
„Weil sie sie nicht brauchen“, sagte Xukong in diesem Moment.
„Sie brauchen sie nicht?“, fragte Lin Mu und hob eine Augenbraue.
„Schau sie dir an … sie haben ihr ganzes Leben lang Unsterbliche gesehen. Sie wissen, wie ihre Kraft ist, und sie wurden entsprechend erzogen. Sie haben ihren Weg gefunden und wissen, was sie tun müssen, um voranzukommen.
In der Welt der Xiaofan oder vielleicht in den meisten anderen Welten der Sterblichen gibt es so einen Weg nicht. Sie müssen kämpfen, um auch nur ein bisschen mehr Macht zu erlangen“, sagte Xukong. „Und was macht man, wenn man durch Kultivierung nicht stärker werden kann?“, fragte er.
„Man trainiert seinen Körper … verbessert seine Kampfinstinkt und erweitert vielleicht auch sein Spektrum an Fähigkeiten“, antwortete Lin Mu.
„Genau“, stimmte Xukong zu. „Aber für sie ist das nie in Frage gekommen. Sicherlich gibt es einige, die noch weiter gehen und sich noch mehr trainieren und sich nicht vollständig auf ihre Kultivierungsgrundlage verlassen, aber das ist die Minderheit“, erklärte er.
„Ich verstehe …“, murmelte Lin Mu, während sich in seinen Augen ein neues Verständnis abzeichnete.
Er konnte die Vor- und Nachteile beider Ansätze einschätzen, wusste aber auch, wie man das Beste aus beiden machen konnte.
„Und es sieht so aus, als würdest du jetzt auch einen der fleißigeren Experten zu sehen bekommen“, fügte Xukong hinzu.
„Oh?“ Lin Mu war etwas verwirrt, spürte aber bald eine neue Präsenz in der Umgebung. „Das meinst du also“, seine Aufmerksamkeit richtete sich auf den Neuankömmling.
In einiger Entfernung von Lin Mu stand ein weiteres Gebäude am Rand des Geländes.
Der Angriff von Luo Tu war kurz davor, sein Ziel zu treffen, als plötzlich ein großer Felsbrocken auftauchte.
„Genug.“ Eine neue Stimme ertönte.
Die Stimme klang schwer, als ob sie große Autorität besaß.
~BANG~
Der Felsbrocken schien sich zu bewegen, als etwas den Speer von Luo Tu stoppte.
„Was?“ Der Mann war fassungslos.
Sein Angriff wurde nicht abgewehrt oder abgelenkt, sondern einfach von einer großen Hand festgehalten.
~ZERBRECHEN~
Einen Moment später ballte sich die große Hand und die Speerspitze zerbrach.
~ZISCH~
Dadurch legte sich der Staub und man konnte nun die Szene klar erkennen.
Was sie für einen großen Felsbrocken gehalten hatten, war gar keiner. Stattdessen war es ein großer und stämmiger Mann.
Er war fast drei Meter groß und voller Muskeln. Seine Arme waren so dick wie Baumstämme und seine Handflächen konnten mehrere Schilde bedecken. Seine Beine waren so dick wie die eines Elefanten und schwer.
Sein Oberkörper glich einer Mauer und ließ vermuten, dass nichts ihn durchdringen konnte.
Am auffälligsten war jedoch der Kopf des Mannes, aus dessen Hinterkopf zwei Hörner ragten, die aussahen, als wären sie aus Stahl. Sein Gesicht war zerfurcht und von einem rauen Bart bewachsen.
Seine beiden Augen waren dunkelbraun, und in der Mitte seines Gesichts thronte eine Hakennase. Langes Haar fiel ihm über den Rücken, ohne dass es durch irgendwelche Verzierungen zusammengehalten wurde.
Er trug keine Kleidung am Oberkörper, nur eine Lederhose bedeckte seine Beine und sein Gesäß.
Zwei Metallarmschienen zierten seine Arme, auf denen das Motiv eines unbekannten Tieres zu sehen war.
All dies zusammen verlieh dem Mann eine wilde Ausstrahlung.
Lin Mu starrte den Mann an und spürte seine pure Kraft.
„Ein Körperkultivierender …“, verstand Lin Mu in diesem Moment sofort.
Er konnte es in seiner Blutlinie spüren, dass der Mann ebenfalls ein Doppelkörper- und Qi-Kultivierender war. Aber das war noch nicht alles, denn er konnte auch die Anwesenheit einer Tierblutlinie in dem Mann spüren.
Im Moment war die Aura der Blutlinie unterdrückt, sodass Lin Mu sich nur auf den schwachen Instinkt des Großen Schlummerbären verlassen konnte, um sie zu spüren. Allerdings bestätigten die Hörner auf dem Hinterkopf des Mannes dies fast schon.
Das war ganz sicher die Wirkung einer Blutlinie.
