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Kapitel 609: Kapital

Kapitel 609: Kapital

Stein wurde zu Kristall.

Aus der Ferne sah es aus wie der Rücken eines gefallenen Gottes – Türme ragten in den Himmel, manche scharf wie Klingen, andere gewunden wie alte Runenzeichen.
Was als typische Skyline aus befestigten Mauern und Wachtürmen begann, entfaltete sich bald zu etwas weitaus Seltsamerem. Glänzende Säulen aus durchscheinendem Erz ragten aus dem Boden empor, durchzogen von Adern aus blauem Manalicht, das in langsamem Rhythmus pulsierte, als hätte die Stadt selbst einen Herzschlag.

Die Straßen waren voller Leben: Von Zaubersprüchen angetriebene Karren summten über Steinstraßen, die sich nach jedem Schritt wieder neu zusammensetzten und unter dem Gewicht der Verzauberungen schwach leuchteten.
Kinder tanzten zwischen schwebenden Laternenpfählen, die mit ätherischem Feuer flackerten, und ihr Lachen vermischte sich mit dem leisen Surren der automatischen Wachen, die am Rande des Adelsviertels patrouillierten.

Und im Herzen der Stadt – weder eine Burg noch eine Kathedrale – erhob sich der Spiral Nexus.
Nicht gebaut, sondern gewachsen, ragte das Bauwerk wie ein Baum aus Glas und Silber in den Himmel. Um seinen Kern drehten sich mehrere Plattformen, die von Ley-Linien-Stabilisatoren gehalten wurden und jeweils einer anderen Ordnung vorbehalten waren – Magiern, Gelehrten, Handwerkern, der Elite. Hier beugte sich die Schwerkraft dem Willen der Erfinder, und die Regeln der Realität wurden den Ambitionen ihrer Bewohner angepasst.

Aber unter dieser schillernden Wunderwelt verbarg sich noch etwas anderes.
Zwischen alten Handelshäusern aus Stein lagen überfüllte Gassen, die vom Fortschritt noch unberührt waren. Ihre Bewohner lebten inmitten der Echos einer Zeit vor der „Revolution des Arkanums“ des Imperiums. Sie beobachteten die Fortschritte über ihnen mit Augen, die sowohl Ehrfurcht als auch Misstrauen zeigten – denn die Magie war nicht allen gleichermaßen zugute gekommen.

In diesem Moment durchdrang eine Stimme das Umgebungsrauschen der Zaubersprüche und des entfernten Gemurmels.

„Waaah … Das ist also die Hauptstadt.“
Sie war nicht laut, aber sie hallte mit einer Art Staunen wider, wie es nur ein Neuling aufbringen kann – ungefiltert und aufrichtig. Die Stimme gehörte einem jungen Mann, der in einer polierten Kutsche saß, sein Gesicht leicht gegen die Kristallscheibe gedrückt, die Augen weit aufgerissen, während er die surreale Skyline musterte.
Er blinzelte nicht, als eine Gruppe geflügelter Vertrauter über ihn hinwegflog und animierte Tintenbanner hinter sich her zog. Er zuckte auch nicht zusammen, als eine Prozession von verzauberten Statuen eine parallele Straße entlangmarschierte, jede mit dem Wappen eines Adelshauses. Wenn überhaupt, wurde seine Neugier nur noch größer.

„Ist das nicht beeindruckend?“, flüsterte er, fast zu sich selbst.
Von der anderen Seite der Kutsche antwortete sein Begleiter, ein gelassener Mann in einer schicken marineblauen Livree, auf der die schemenhafte Silhouette eines Phönix zu sehen war, der sich um einen Halbmond krümmte. „Ja, junger Herr. Das ist Arcania.“

Der junge Mann beugte sich vor und trommelte mit den Fingern gedankenverloren gegen das Glas. „Es ist … größer, als ich es mir vorgestellt habe. Und heller. Ich dachte, Städte riechen nach Asche und Stahl.“
„Manche tun das immer noch“, antwortete der Begleiter mit einem leisen Lachen. „Aber diese hier nicht. Arcania riecht anders. Sie riecht nach Ehrgeiz.“
Draußen wimmelte es auf den Straßen von Kutschen aller Formen und mit den Wappen alter Clans oder neuerer, aufstrebender Häuser. Sie bewegten sich fast perfekt synchron, geführt von Glyphen, die in den Stein unter ihnen eingraviert waren. Jedes Fahrzeug glitt ohne die geringste Erschütterung dahin, und über jeder Kutsche eines Adligen flackerte ein kleines arkanes Siegel wie eine Fahne am Himmel.
Ihr eigenes Wappen – ein Phönix mit einem spiralförmigen Halbmond auf dem Rücken – blitzte kurz auf, als es von einer ätherischen Kontrollstelle gescannt wurde. Das Licht blinkte grün, und ihr Weg öffnete sich ohne Verzögerung.

„So viele“, murmelte der Junge und blickte auf die Reihen vergoldeter Kutschen vor, hinter und neben ihnen. „Sind sie alle aus dem gleichen Grund hier?“
„Ja“, antwortete der Begleiter mit ernsterer Stimme. „Die Arcanis-Kaiserakademie. Die Aufnahmeprüfungen haben begonnen. Und dieses Jahr wird der Wettbewerb härter sein als je zuvor.“

Der junge Mann lehnte sich zurück und strich mit den Fingern über den Revers seiner Robe – ein neueres Stück, das nur eine Woche vor der Abreise in Eile geschneidert worden war. Trotz seiner ländlichen Herkunft trug er das Kleidungsstück mit stiller Stolz.
Das Abzeichen über seiner Brust glänzte genauso hell wie die draußen, obwohl der Stoff noch den Geruch einfacher Gegenden trug – offenes Gras, Brennholz und Tinte.

Er sagte lange Zeit nichts und starrte auf den fernen Spiral Nexus, dessen Schichten sich wie eine ewige Sanduhr in langsamer, berechnender Bewegung drehten.

„… Wird es mich verändern?“, fragte er schließlich, ohne den Blick abzuwenden.

Sein Begleiter hielt inne und antwortete dann: „Hier verändert dich alles, junger Herr. Die Frage ist nur, ob es dich verbiegt – oder stählt.“

Der Junge lächelte, wobei sich seine Mundwinkel leicht nach oben zogen, was ihn noch jünger wirken ließ, als er ohnehin schon war.

„Ich möchte viele Freunde finden“, sagte er schlicht, wobei die Ernsthaftigkeit in seiner Stimme in stillen Kontrast zu der sich hinter dem Fenster auftürmenden Pracht stand.
„Nicht nur aus den Adelshäusern. Ich möchte Menschen treffen, die die Welt gesehen haben – Menschen, die geblutet haben, die geträumt haben. Menschen, die zur Spirale aufblicken und mehr sehen als nur … Macht.“

Der Begleiter sagte nichts, aber sein Blick wurde weicher, seine Schultern entspannten sich zum ersten Mal, seit sie die Tore der Hauptstadt passiert hatten.
„Ich bin mit vielen Gedanken hierhergekommen“, fuhr der Junge fort und klopfte leicht gegen die Fensterscheibe, als eine weitere Kutsche vorbeirauschte – eine mit einem goldenen Wolfswappen und einem Rahmen aus verzaubertem Bronze. „Geschichten. Legenden. Magie. Vielleicht sogar ein paar kindische Träume. Aber trotzdem möchte ich sehen, wohin diese Träume führen.“

„Und sie werden irgendwohin führen“, sagte der Begleiter leise, „wenn du sie am Leben erhältst.“
Draußen begannen die Straßen zusammenzulaufen, jede Route spiralförmig nach innen zum Eingangsbereich der Akademie – einem riesigen kreisförmigen Platz, der mit manaempfindlichem Kristall gepflastert war. Die Straße schimmerte schwach unter ihrer Kutsche und leuchtete in sanften Farbverläufen, wenn andere Fahrzeuge darüber hinwegfuhren.

„Dieses Jahr fühlt sich irgendwie anders an, oder?“, fragte der Junge mit leiser Stimme, als hätte der Wind diese Worte zuerst geflüstert.
„Ja“, antwortete sein Begleiter. „Aus vielen Gründen.“

Beide schauten schweigend zu, wie eine neue Welle von Kutschen in die Stadt fuhr, deren Wappen ihnen unbekannt waren. Eine davon, schlank und dunkel, trug ein fremdes Emblem – einen kaiserlichen Falken, der eine Sonnenscheibe umklammerte. Die Flagge darüber schimmerte mit einem gewebten Zauber, dessen Text in lorianischer Schrift leuchtete.
„Das Loria-Imperium“, sagte der Junge und las die Glyphen laut vor. „Sie schicken Studenten?“

Sein Begleiter nickte langsam. „Als Geste des guten Willens. Der Krieg ist vorbei, aber Frieden muss man zeigen, nicht nur unterschreiben. Dies ist das erste Mal, dass lorianische Gesandte – und ihre Jugendlichen – den Boden von Arcanis nicht als Eindringlinge, sondern als Gäste betreten. Zumindest hofft das das Imperium.“
Der Junge lehnte sich vor und seine Augen wurden groß. „Glaubst du, wir werden zusammen Unterricht haben? Dass wir tatsächlich trainieren, gegeneinander antreten und zusammenleben werden?“

„Wenn die Akademie es erlaubt“, antwortete der Begleiter, nun etwas vorsichtiger, „dann ja. Aber guter Wille kann die Geschichte nicht auslöschen. Einige Adelshäuser erinnern sich noch gut an den Krieg. Es wird Spannungen geben.“

„Ich verstehe …“
Aber der Junge runzelte nicht die Stirn. Wenn überhaupt, schien er jetzt noch eifriger zu sein – als hätte die Möglichkeit einer Herausforderung seine Vorfreude nur noch verstärkt.

„Ich möchte auch mit ihnen reden“, sagte er. „Mit den lorianischen Schülern. Ich möchte sie verstehen. Was sie denken. Ihre Traditionen.“

„Dann werde ich einfach reden“, sagte der Junge mit einem leisen Lachen, „bis sie es tun.“
Der Begleiter lachte leise. „Du wirst entweder viele Freunde finden – oder dir eine Menge Feinde machen.“

„Ist das nicht dasselbe, nur zu unterschiedlichen Zeitpunkten?“
Doch noch während ihr Lachen verhallte, kam eine weitere Prozession von einer anderen Straße auf den Platz – weniger prunkvoll, schlichter, die Verzauberungen entlang ihres Weges summten anders. Die Kutschen waren kleiner, aus gehärteter Eiche und mit verzaubertem Stoff bespannt. Ihre Wappen stammten nicht von Adelshäusern, sondern von Städten, Handelsgilden und gelegentlich … hatten sie gar kein Wappen.

„Das sind …“, sagte der Junge mit leiser Stimme, während er sie anstarrte.

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, konnte er nur noch die Hölle ertragen. Er hatte keine Familie, auf die er sich verlassen konnte, da sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Eine Seele vom Schlachtfeld: Lucavion Thorne. Aber anscheinend war er viel mehr als nur ein einfacher Soldat, denn das Schicksal hatte noch einiges für ihn auf Lager. Eine Seele von der Erde ... Als sie verschmolzen, wurde ihm klar: Er war ein Bösewicht aus einem Kapitel, dessen einziger Zweck darin bestand, als Kulisse für die Tragödie des Protagonisten zu dienen. Aber war er wirklich nur ein Bösewicht aus einem Kapitel, oder hatte das Schicksal noch ein paar Asse im Ärmel? Verfolge die Geschichte von Lucavion Thorne, wie er den Sinn seiner Seelenwanderung findet und sein eigenes Schicksal entdeckt. ---------- Ein oder zwei Kapitel täglich. Kapitellänge 1500-2000 Wenn du möchtest, kannst du bei mir auf Discord vorbeischauen. Dort kannst du die Illustrationen sehen und mit mir chatten, wenn ich verfügbar bin. https://discord.gg/BQRMhDxZr8 ---------------------------0------------------------------ Geschäftliche E-Mail-Adresse: [email protected] Discord: _yty_ Shattered Innocence: Transmigrated Into a Novel as an Extra ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Action, Abenteuer, Drama, Fantasy, Harem, Romantik und Tragödie abdeckt. Geschrieben vom Autor Darkness_Enjoyer geschrieben. Lies "Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt" kostenlos online.

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