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Kapitel 607: Familie

Kapitel 607: Familie

Die großen Eisentore des Thorne-Anwesens ragten in der nebligen Abendluft empor, und ihre komplizierten Muster aus gewundenen Schlangen und Dornen warfen lange, verdrehte Schatten unter den Laternen, die den Eingang flankierten. Die Kutsche rumpelte auf dem gepflasterten Hof zum Stehen, und in dem Moment, als die Tür aufging, stieg das Mädchen aus, ihre Bewegungen waren vor Frustration steif.
Ihr schwarzes Haar, das normalerweise makellos war, war von der langen Reise leicht zerzaust, aber sie achtete nicht auf ihr Aussehen. Die Last des Versagens lastete schwer auf ihren Schultern, eine unerträgliche Bürde, die immer schwerer wurde, je näher sie die Steinstufen zum Eingang hinaufstieg.

Ihr Vater wartete bereits.
Die großen Türen öffneten sich, bevor sie sie erreichen konnte, und da stand er in der schwach beleuchteten Halle. Die flackernden Kronleuchter warfen harte Schatten auf seine scharfen, imposanten Gesichtszüge. Seine kalten, stahlgrauen Augen fixierten sie und durchbohrten sie wie eine gnadenlose Klinge.

Aber sein Blick blieb nicht auf ihrem Gesicht haften. Er fiel auf ihre Hände.

Sie waren leer.

Die Stille zwischen ihnen verdichtete sich wie ein langsam aufziehender Sturm.
„Du bist zurück“, sagte er schließlich mit gefährlich leiser, gemessener Stimme. „Aber ohne seinen Kopf.“

Sie presste die Kiefer aufeinander, ihre Finger zuigten an ihren Seiten. „Ich …“

„Genug“, unterbrach er sie und trat einen Schritt vor. Seine schweren Stiefel hallten auf dem Marmorboden wider, der Klang war so unheilvoll wie Donner. Sein Gesichtsausdruck blieb unlesbar, aber die Enttäuschung, die von ihm ausging, war erdrückend.
„Du warst fast ein Jahr lang weg“, fuhr er fort, seine Stimme kalt und schroff. „Du bist jeder Spur von ihm gefolgt, jedem Flüstern seines Namens, und doch – nichts. Keine Leiche, kein Tropfen Blut. Nicht einmal die zerfetzten Überreste seines verdammten Umhangs.“

Das Mädchen schluckte die scharfe Erwiderung hinunter, die ihr über die Lippen zu kommen drohte. Ihr Versagen brannte bereits tief in ihr, doch es aus seinem Mund zu hören, machte es unerträglich.
„Er war mir immer einen Schritt voraus“, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen, ihre Stimme voller unterdrückter Wut. „Wo immer ich hinging, war er schon weg. Ob es einen Tag, eine Stunde oder nur wenige Augenblicke waren – er war immer weg, bevor ich ihn erreichen konnte!“

Sie ballte die Fäuste und grub ihre Fingernägel in ihre Handflächen, während sie gegen die brodelnde Wut ankämpfte, die in ihr tobte.
Der Gesichtsausdruck ihres Vaters verhärtete sich noch mehr. „Ausreden“, sagte er nur, und das Wort traf sie wie ein Messerstich.

Sie hob abrupt den Kopf, ihre Augen blitzten vor kaum unterdrückter Wut. „Ich habe ihn gnadenlos gejagt!“, schnappte sie. „Ich habe ihn durch das Turnier von Andelheim verfolgt, über die Straßen nach Westen, in die Ruinen von Verekhold, sogar über die nördliche Grenze.
Ich bin seiner Spur gefolgt, seinen angeblichen Siegen, den Spuren seiner Existenz, aber jedes Mal – jedes Mal! – ist er einfach verschwunden!“ ((N1))

Ihr Atem ging jetzt unregelmäßig, sie verlor die Kontrolle.

„Er hat keine Leichen hinterlassen, nur Gerüchte“, fuhr sie fort, ihre Stimme leiser, aber nicht weniger giftig. „Keine echten Verbündeten, nur die Geister derer, die einst an seiner Seite gekämpft hatten. Seine Existenz ist wie die Jagd nach Rauch.“
Es folgte eine lange Pause. Das Feuer im Saal knisterte und füllte die Stille zwischen ihnen.

Dann atmete ihr Vater langsam aus, seine Enttäuschung verwandelte sich in etwas Schwereres, etwas, das von unterdrückter Wut durchdrungen war.

„Ein Mann, der wie ein Hund hingerichtet werden sollte“, sagte er kalt, „bewegt sich jetzt wie ein Phantom außerhalb unserer Reichweite. Das willst du mir sagen?“
Sie sagte nichts, ihr Schweigen war Antwort genug.

Seine Lippen verzogen sich leicht, kaum wahrnehmbar, aber seine Verachtung war deutlich zu spüren.

„Du hast versagt“, stellte er nüchtern fest.

Die Worte trafen sie härter als jeder Schlag.

Ihre Schultern spannten sich an, ihr Atem stockte für den Bruchteil einer Sekunde, aber das reichte aus.

Er sah es.

Und er wandte sich ab.
„Die Familie Thorne duldet kein Versagen“, sagte er, als er an ihr vorbeiging, und die Endgültigkeit in seiner Stimme war so scharf wie ein Schwert, das Fleisch durchschneidet. „Ich habe dir diese Aufgabe gegeben, weil ich dich für fähig hielt. Weil ich darauf vertraut habe, dass du nicht mit leeren Händen zurückkehren würdest.“

Er blieb am Fuß der großen Treppe stehen, ihr immer noch den Rücken zugewandt.

„Und doch stehst du hier vor mir und hast nichts.“
Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, ihre Fingernägel gruben sich so fest in ihre Haut, dass sie fast blutete.

Das Mädchen stand regungslos da, ihr Atem ging unregelmäßig, während die Worte ihres Vaters sich wie Eis in ihren Knochen festsetzten. Du hast versagt. Das hatte sie schon lange vor ihrer Rückkehr gewusst, mit jedem Schritt, den sie auf das Anwesen gemacht hatte, aber es laut zu hören, traf sie dennoch wie ein Messerstich zwischen die Rippen.
Sie presste die Kiefer aufeinander und schluckte die Demütigung hinunter, die sie zu ersticken drohte.

Und doch, trotz ihres Versagens, nagte etwas an ihr – eine Frage ohne Antwort, ein Rätsel ohne Lösung.

Wie?

Wie konnte er – Lucavion, die Schande der Familie Thorne – so stark werden?

Ihre Finger zuckten an ihren Seiten, ihre Fingernägel gruben sich immer noch in ihre Handflächen, Frustration pulsierte durch ihren Körper.
„Das ergibt keinen Sinn“, murmelte sie mehr zu sich selbst als zu ihrem Vater. Ihre Stimme war leise, aber scharf und trug die Last ihrer Wut und Verwirrung. „Sein Name hat sich zu schnell und zu weit verbreitet. Schwertdämon – dieser Titel sollte ihm nicht gehören.“

Ihr Vater drehte den Kopf leicht zur Seite und warf ihr einen stahlgrauen Blick zu, blieb aber still.
„Ich habe den größten Teil dieses Jahres damit verbracht, seinem Schatten hinterherzujagen“, fuhr sie fort, die Worte bitter auf der Zunge. „Und jetzt ist es wegen seines Namens noch schwieriger, ihn aufzuspüren. In jeder Stadt, jedem Dorf, auf jedem gottverlassenen Schlachtfeld, an dem ich war, gab es Dutzende, die behaupteten, er zu sein. Eine Welle von Betrügern, die alle darauf aus waren, seine Maske zu tragen.“
Ihre Stimme wurde düster und voller Hass. „Sie sterben genauso leicht wie der Abschaum, der sie sind.“

Das einzige Problem war, dass keiner von ihnen er war.

Die Wahrheit legte sich wie ein Bleigewicht auf ihren Magen. Wo auch immer sie hinging, Lucavion war bereits weg. Er war ihr immer einen Schritt voraus, gerade außer Reichweite, ein Phantom, das nur in Flüstern und verblassenden Fußspuren existierte.
Ihr Vater atmete langsam und tief aus, seine Schultern zuckten leicht, bevor er sich zu den großen Fenstern der Halle des Anwesens umdrehte.

Das schwache Licht der Laternen flackerte auf dem Glas und warf Schatten auf sein strenges Gesicht. Seine Finger zuckten an seiner Seite, krümmten sich leicht und entspannten sich dann wieder.

„Zuerst ist er erwacht“, murmelte er, als würde er mit niemandem Bestimmten sprechen. „Dann ist er desertiert.“
Ein bitterer Spott verließ seine Lippen. „Und jetzt ist er irgendwie ein Mann geworden, dessen Name im Reich Gewicht hat.“

Sein Blick verdunkelte sich, als er aus dem Fenster schaute, über den nebelverhangenen Innenhof hinweg, zu den unsichtbaren Ländern, die sich bis zum Horizont erstreckten.

„Das ergibt überhaupt keinen Sinn“, gab er schließlich zu.
Das Mädchen bewegte sich leicht und warf einen scharfen Blick auf sein Profil. Ihr Vater war kein Mann, der leicht verwirrt war. Und doch standen sie beide hier und konnten nicht begreifen, wie Lucavion aus der Schande zu etwas aufgestiegen war, das sich ihrer Kontrolle entzog.

Das machte sie wütend.
Ihr Vater seufzte langsam und bedächtig, während seine Finger gegen den Fensterrahmen drückten. „Und während wir Zeit damit verschwenden, zu verstehen, wie das passieren konnte, wird die Position der Familie Thorne immer schwächer.“

Die Faust des Mädchens ballte sich. Sie wusste das nur zu gut.
Das Herzogtum Valoria hatte bereits ein Auge auf sie geworfen, und sein Einfluss wurde immer stärker, wie eine sich langsam zuziehende Schlinge. Die Familie Thorne hatte schon immer Feinde gehabt, aber Lucavions Desertion hatte ihren politischen Rivalen einen Grund gegeben, mit neuer Kraft gegen sie vorzugehen.

Und jetzt – jetzt wagten einige sogar, die Familie Thorne zu beschuldigen, ihm bei seiner Flucht geholfen zu haben.

Allein dieser Gedanke ließ eine neue Welle der Wut durch ihre Adern strömen.
„Ihm geholfen?“, spuckte sie mit verächtlicher Stimme. „Diesem Abschaum geholfen?“

Ihr Vater schwieg und starrte weiterhin in die Ferne, in die Dunkelheit hinter dem Fenster.

„Die Anschuldigungen werden immer lauter“, gab er nach einer langen Pause zu. „Diejenigen, die schon immer auf eine Gelegenheit gewartet haben, uns zu Fall zu bringen, werden immer dreister. Diesmal haben sie etwas, woran sie sich festbeißen können.“
Ihr Atem war ruhig, aber innerlich kochte sie.

Lucavion.

Selbst jetzt, selbst in seiner Abwesenheit, war er ihnen weiterhin ein Dorn im Auge – eine Beleidigung für ihren Namen, ein Schatten, den sie nicht abschütteln konnten.

„Seufz …“

Ihr Vater atmete endlich aus, erschöpft. Aber er drehte sich nicht zu ihr um.

Er wusste, dass sie alles getan hatte, was sie konnte.
Er wusste, dass es selbst mit ihrem Können und ihrer unermüdlichen Verfolgung fast unmöglich war, einen Geist in einem so riesigen Reich wie diesem aufzuspüren.

Und doch –

„Das ist inakzeptabel“, murmelte er mit leiser, abgehackter Stimme. „Dass ausgerechnet wir keine Kontrolle über unser eigenes Blut haben.“

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, konnte er nur noch die Hölle ertragen. Er hatte keine Familie, auf die er sich verlassen konnte, da sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Eine Seele vom Schlachtfeld: Lucavion Thorne. Aber anscheinend war er viel mehr als nur ein einfacher Soldat, denn das Schicksal hatte noch einiges für ihn auf Lager. Eine Seele von der Erde ... Als sie verschmolzen, wurde ihm klar: Er war ein Bösewicht aus einem Kapitel, dessen einziger Zweck darin bestand, als Kulisse für die Tragödie des Protagonisten zu dienen. Aber war er wirklich nur ein Bösewicht aus einem Kapitel, oder hatte das Schicksal noch ein paar Asse im Ärmel? Verfolge die Geschichte von Lucavion Thorne, wie er den Sinn seiner Seelenwanderung findet und sein eigenes Schicksal entdeckt. ---------- Ein oder zwei Kapitel täglich. Kapitellänge 1500-2000 Wenn du möchtest, kannst du bei mir auf Discord vorbeischauen. Dort kannst du die Illustrationen sehen und mit mir chatten, wenn ich verfügbar bin. https://discord.gg/BQRMhDxZr8 ---------------------------0------------------------------ Geschäftliche E-Mail-Adresse: [email protected] Discord: _yty_ Shattered Innocence: Transmigrated Into a Novel as an Extra ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Action, Abenteuer, Drama, Fantasy, Harem, Romantik und Tragödie abdeckt. Geschrieben vom Autor Darkness_Enjoyer geschrieben. Lies "Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt" kostenlos online.

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