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Kapitel 599: Der Hauptcharakter

Kapitel 599: Der Hauptcharakter

Die Luft summte vor Energie und war voll von roher Magie. Im schwachen Schein einer einzigen schwebenden Lichtkugel saß Elara mit gekreuzten Beinen in der Mitte ihres Zimmers, die Hände leicht auf den Knien, die Handflächen nach oben gewandt, während Mana sich in langsamen, bedächtigen Wellen um sie herum kräuselte. Der Frost, der sich von ihren Fingerspitzen ausbreitete, knisterte leise, als die Temperatur im Raum sank.
Die Zone der Kälte schwankte.

Und dann – brach sie auf.

Ein dünner, haarfeiner Riss spaltete die gefrorene Luft um sie herum, eine gezackte Linie der Störung in einer Barriere aus Mana, die eigentlich nahtlos sein sollte.

Elara atmete scharf ein und runzelte die Stirn. Schon wieder?
Sie hatte stundenlang daran gearbeitet, ihre Manakontrolle zu verfeinern und sich noch tiefer in die Kultivierung zu versenken. Aber egal, wie sehr sie sich konzentrierte, egal, wie präzise sie ihre Kraft einsetzte, irgendetwas fühlte sich immer … seltsam an.

Ihre Finger krümmten sich leicht und ballten sich zu Fäusten, bevor sie ausatmete und die Augen öffnete.

Ihr Zimmer war das gleiche chaotische Durcheinander wie immer.
Die riesige Bibliothek mit Büchern, die die Regale füllten – einige ordentlich gestapelt, andere in wackeligen Stapeln umgestürzt – lag auf dem Boden verstreut, die Seiten markiert und mit Eselsohren versehen von ihrer unermüdlichen Recherche.

Der Schreibtisch, bedeckt mit verstreuten Notizen und halb geschriebenen Theorien, trug die Spuren unzähliger langer Nächte, in denen sie sich über Zaubersprüche gebeugt hatte, um ihre Techniken zu verfeinern.
In der Ecke lagen alte Manakristalle, die nun ihrer Energie beraubt waren und nach fehlgeschlagenen Experimenten weggeworfen worden waren, auf einem Haufen.

Und doch, trotz all der Unordnung, war dieser Ort ihr Zuhause.

Elara atmete langsam aus und ließ ihren Blick zum Fenster schweifen. Draußen, hinter den kalten Steinmauern des Turms, erstreckte sich die Nacht endlos, und die Sterne funkelten am Himmel wie gefrorene Lichtscherben.

Ihr Herz zog sich zusammen.
Sechs Monate waren vergangen, seit sie Stormhaven verlassen hatte.

Seit sie gezwungen worden war, zu gehen.

Sie presste die Lippen aufeinander und zwang sich, den Gedanken zu verdrängen. Konzentrier dich. Sie konnte sich keine Ablenkung leisten, nicht jetzt. Sie hatte Arbeit zu erledigen. Sie musste stärker werden.
Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes und hob eine Hand. Die kalte Luft um sie herum bewegte sich erneut, als sie die Mana nach innen leitete, sie komprimierte und verfeinerte. Die Zone der Kälte bildete sich erneut um sie herum, diesmal dichter und schärfer, kälter als zuvor.

Knack.

Elara stockte der Atem, als sich eine weitere Bruchstelle im Manafeld bildete – diesmal größer.
Ihre Verärgerung flammte auf. Warum? Warum konnte sie es nicht stabilisieren? Sie hatte das doch schon gemeistert, warum brach es jetzt, nach all dem, wieder auseinander?

Ihr Herz pochte, als sie die Zähne zusammenbiss und das Mana zurück an seinen Platz drückte.

Aber es war zwecklos.

Das Eis barst erneut.

Es war nicht ihre Technik, die instabil war.

Es war sie.
Ihr Innerstes war aus dem Gleichgewicht geraten – ihre Mana reagierte auf etwas unter der Oberfläche, etwas, das sie noch nicht benennen konnte.

Und sie wusste genau, wann es angefangen hatte.

Ihre Konzentration.

Ihre Entschlossenheit.

Ihre Zielstrebigkeit.

Es sollte alles genauso sein wie zuvor.

Und doch, je mehr sie sich bemühte, desto stärker spürte sie es.

Die Leere.
Sie runzelte die Stirn, schloss die Augen fest und ließ das Mana auf einmal los. Der Raum taute leicht auf, aber die Kälte blieb. Ihre Schultern sackten herab, Frustration stieg in ihr auf.

Sie wusste, was dieses Gefühl war.

Ein Flackern des Raumes verdrehte sich neben ihr, und noch bevor sich das Mana gelegt hatte, stand eine Gestalt an ihrer Stelle – mühelos, still, als hätte sich das Universum selbst neu angeordnet, um ihre Ankunft zu ermöglichen.

„…“

Elara zuckte kaum zusammen. Mittlerweile hatte sie sich daran gewöhnt. Ihre Meisterin war noch nie für konventionelle Auftritte bekannt gewesen. Wenn überhaupt, war Elara überrascht, dass sie nicht auf theatralischere Weise erschienen war – vielleicht von der Decke herabgestiegen oder aus ihrem eigenen Spiegelbild im Fenster getreten.

„Meisterin“, grüßte Elara, ohne sich aus ihrer sitzenden Position zu erheben.
Ihre Stimme klang ruhig und gelassen, obwohl die leichte Frustration von vorhin noch immer in ihrem Ton mitschwang.

Eveline Draycott, die Erzmagierin des Azurblauen Turms, stand mit unerschütterlicher Belustigung da, ihre tief indigoblauen Roben flatterten leicht, obwohl es windstill war. Die Krempe ihres spitzen Hutes war gerade so weit geneigt, dass er einen Teil ihres Gesichts beschattete, aber ihre scharfen, wissenden Augen blitzten darunter hervor.
„Ah, meine kleine Lehrling“, sinnierte Eveline und tippte sich an das Kinn, während sie die gefrorene Luft betrachtete, die noch von Elaras fehlgeschlagenem Versuch, die Magie zu kultivieren, knisterte. „Du hast wieder etwas kaputt gemacht, wie ich sehe.“

Elaras Auge zuckte. „Es ist nicht kaputt“, murmelte sie und richtete sich auf. „Es ist … instabil.“
Eveline kicherte und trat unbekümmert näher, während die Frostreste sich unter ihren Füßen auflösten. „Instabil, hm? So nennen wir das jetzt?“

Elara atmete durch die Nase aus und entschied sich, darauf nicht zu antworten. Stattdessen deutete sie vage auf ihre verstreuten Notizen, die sie im Laufe ihrer Recherchen zusammengetragen hatte. „Ich habe versucht, meinen Manafluss zu verfeinern, aber …“
„Aber du scheiterst.“ Eveline beendete den Satz für sie und ihre Lippen verzogen sich zu einem kleinen, wissenden Grinsen.

Elara runzelte die Stirn. „Das habe ich nicht gesagt.“

„Das musst du nicht.“ Die ältere Magierin bewegte träge ihr Handgelenk, woraufhin sich das im Raum verbleibende Mana verschob. Ein sanftes Leuchten pulsierte durch den Raum, als würde es auf ihre Anwesenheit reagieren, als würde ihr bloßer Wille es beherrschen.
Elara biss sich auf die Innenseite ihrer Wange. Das war der Unterschied zwischen ihnen. Egal, wie viel sie trainierte, egal, wie viele Zaubersprüche sie verfeinerte, neben Eveline zu stehen war wie neben einer unerschütterlichen Naturgewalt zu stehen.

Die Erzmagierin richtete ihren durchdringenden Blick auf sie, und zum ersten Mal verschwand ihre Belustigung und wurde durch etwas Leiseres ersetzt. Etwas Wissenderes.

„Du bist abgelenkt“, sagte sie schlicht.
Elara erstarrte. „Ich …“

„Keine Ausreden“, unterbrach Eveline sie und wedelte mit einem Finger. „Keine cleveren Gegenargumente. Keine unangebrachte Trotzreaktion.“ Sie neigte den Kopf. „Du weißt, dass ich Recht habe.“

Ein kalter Klumpen bildete sich in Elaras Kehle, und sie wandte den Blick ab.
Es herrschte lange Stille zwischen ihnen. Eveline drängte sie nicht. Das tat sie nie – nicht auf diese Weise. Sie wartete einfach, geduldig wie immer.

Elara ballte die Fäuste und atmete dann aus. „… Ich dachte, ich hätte es unter Kontrolle.“

Evelines Blick wurde weicher – nur ein wenig. „Das hattest du auch“, sagte sie. „Aber du hast etwas in dieser Stadt zurückgelassen.“
Elara stockte der Atem, und ihre Gedanken wanderten unwillkürlich zu ihm – zu diesem Schlachtfeld, zu der Art, wie der Wirbel ihn verschluckt hatte. Zu der Stille, die darauf folgte.

„Du verlierst dich in Fragen, nicht wahr?“, flüsterte Eveline mit leiserer Stimme. „Du fragst dich, ob du etwas anders hättest machen können. Du fragst dich, ob es deine Schuld war.“
Elara sagte nichts, aber das musste sie auch nicht.

Evelines Blick schwankte nicht, ihre durchdringenden Augen fixierten Elara mit einer Intensität, die weit über bloße Beobachtung hinausging. Es war, als würde sie durch sie hindurchsehen, jeden Gedanken, jedes Zögern, das unter der Oberfläche verborgen war, analysieren.
„Es gibt Dinge auf dieser Welt, die du nicht kontrollieren kannst, Elara“, sagte Eveline schließlich, und ihre Stimme klang ungewöhnlich sanft, trotz ihrer üblichen Schärfe. „Manchmal, egal wie viel Mühe du dir gibst, wie viel Kraft du aufbringst, wie gut du dich vorbereitest – manchmal nimmt das Schicksal einfach seinen Lauf.“

Elara stockte der Atem, aber sie antwortete nicht. Es gab nichts zu sagen. Das wusste sie. Das hatte sie erlebt.
Die Worte ihrer Meisterin waren nichts weiter als eine Bestätigung dessen, was sie sich bereits selbst eingeredet hatte. Dass man manchmal trotz allem verliert. Dass man immer noch machtlos ist.

Immer noch schwach.

Elara ballte die Fäuste an ihren Seiten und grub die Fingernägel in ihre Handflächen.

„Aber“, fuhr Eveline fort und trat näher, „das ist im Moment nicht dein Problem.“
Elara hob den Blick und runzelte die Stirn.

„Du stehst kurz davor, den Durchbruch zur Fünf-Sterne-Klasse zu schaffen“, erklärte Eveline mit leiser, entschlossener Stimme. „Aber du hältst dich selbst zurück.“

Elara erstarrte.
Das wusste sie. Sie hatte es gespürt. Die Art, wie ihre Magie unregelmäßig schwankte, wie ihre Manakontrolle leicht aus dem Gleichgewicht geraten war. Die Art, wie ihr Instinkt ihr sagte, dass sie kurz davor stand – so kurz davor –, etwas Größeres zu erreichen, aber etwas in ihr weigerte sich, diesen Schritt zu tun.

Es war nicht nur eine mentale Blockade.

Es war Zweifel.

Verbleibende Emotionen, die sie noch nicht losgelassen hatte.

Eveline musterte sie aufmerksam, bevor sie leicht genervt durch die Nase ausatmete. „Na ja“, sagte sie, „darum kümmern wir uns später.“

Elara neigte leicht den Kopf, weil sie merkte, dass sich das Thema änderte. „Was meinst du damit?“

„Mach dich bereit“, sagte Eveline knapp.

Elara runzelte die Stirn. „Bereit wofür?“
Evelines Grinsen kehrte zurück, aber dahinter lag etwas Schärferes, etwas Entschlossenes und Unbeugbares.

„Die Akademie beginnt gleich“, sagte sie. „Und du wirst dich einschreiben.“

Stille.

Elara blinzelte einmal. Dann zweimal.

„Was?“, sagte sie mit flacher Stimme, als hätte sie sich verhört.
Evelines Grinsen wurde ein bisschen breiter, ihre scharfen Augen funkelten wissend – etwas, das Elaras Ärger noch verstärkte, bevor sie überhaupt etwas gesagt hatte.

„Hast du die Zeit vergessen?“, fragte Eveline mit einem Anflug von Belustigung in der Stimme. „Ich erinnere mich, dass du dich sehr auf die Akademie gefreut hast. Sag mir nicht …“ Sie neigte den Kopf und tippte mit einem Finger an ihr Kinn. „Ein einziger Mann hat deine Sicht auf das Leben verändert?“
Elara sah sie scharf an, presste die Kiefer aufeinander, als etwas Heißes und Instinktives in ihrer Brust aufflammte. „Das ist …“ Sie unterbrach sich, zwang sich, tief auszuatmen, und presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen.

Nein. Sie würde sich nicht provozieren lassen.

Aber – hatte sie wirklich die Zeit vergessen?
Ihre Gedanken kreisten, als ihr die Erkenntnis wie ein Eimer kaltes Wasser über den Kopf schoss. Es waren Monate vergangen. Sie hatte sich so sehr in das Training gestürzt, ihre Magie bis an die Grenzen getrieben, dass die Tage verschwammen. Sie hatte mit vier Sternen angefangen, und jetzt – jetzt stand sie kurz davor, den Durchbruch zu fünf Sternen zu schaffen.

Es war schnell gegangen. Schneller, als die meisten Magier es sich jemals erträumen konnten. Und doch … war sie ins Stocken geraten.
Ihr Körper war bereit. Ihre Mana strömte durch sie hindurch und schrie danach, sich weiterzuentwickeln.

Aber sie konnte keinen Schritt vorwärts machen.

Noch nicht.

Ihre Zweifel – ihre Emotionen – hielten sie fest an ihrem Platz.

Das wusste sie. Sie hasste es.
Elara atmete tief ein und fand ihre Fassung wieder. Ihre Lippen verzogen sich zu etwas, das wie ein Lächeln aussah – aber es war kalt, distanziert, ihre Augen waren dunkel und unlesbar. „Natürlich nicht, Meister“, sagte sie sanft. „Ich habe nicht vergessen, warum ich hier bin.“

Die Große Akademie.

Das Zentrum der Exzellenz.

Der Ort, an dem sich der Adel und die begabtesten Magier versammelten. Der Ort, an dem ihre Ziele lebten.
Adrian.

Isolde.

Die Menschen, die sie verstoßen hatten, die ihr Leben ruiniert hatten, die ihr alles genommen hatten.

Das war der Grund, warum sie trainiert hatte. Der Grund, warum sie sich gezwungen hatte, stärker zu werden, aufzusteigen, zu überleben.

Nichts – nicht einmal ein einzelner Mann – würde das ändern.
Eveline beobachtete sie einen langen Moment, ihr Grinsen verwandelte sich in etwas Milderes. „Gut“, sagte sie einfach und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Denn ich erwarte Ergebnisse, Elara. Wenn du auf die Akademie gehst, dann wirst du die Stärkste in deiner Klasse sein. Ich habe kein Interesse daran, meiner Schülerin dabei zuzusehen, wie sie ihre Zeit verschwendet.“

Elaras Griff um ihre Gefühle verstärkte sich. Ihre Zeit verschwenden?
Nein.

Sie würde keine Sekunde verschwenden.

Sie würde alles zurücknehmen.

Und wenn ihre Zweifel noch immer an ihr klebten?

Sie würde sie in Eis begraben.

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, konnte er nur noch die Hölle ertragen. Er hatte keine Familie, auf die er sich verlassen konnte, da sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Eine Seele vom Schlachtfeld: Lucavion Thorne. Aber anscheinend war er viel mehr als nur ein einfacher Soldat, denn das Schicksal hatte noch einiges für ihn auf Lager. Eine Seele von der Erde ... Als sie verschmolzen, wurde ihm klar: Er war ein Bösewicht aus einem Kapitel, dessen einziger Zweck darin bestand, als Kulisse für die Tragödie des Protagonisten zu dienen. Aber war er wirklich nur ein Bösewicht aus einem Kapitel, oder hatte das Schicksal noch ein paar Asse im Ärmel? Verfolge die Geschichte von Lucavion Thorne, wie er den Sinn seiner Seelenwanderung findet und sein eigenes Schicksal entdeckt. ---------- Ein oder zwei Kapitel täglich. Kapitellänge 1500-2000 Wenn du möchtest, kannst du bei mir auf Discord vorbeischauen. Dort kannst du die Illustrationen sehen und mit mir chatten, wenn ich verfügbar bin. https://discord.gg/BQRMhDxZr8 ---------------------------0------------------------------ Geschäftliche E-Mail-Adresse: [email protected] Discord: _yty_ Shattered Innocence: Transmigrated Into a Novel as an Extra ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Action, Abenteuer, Drama, Fantasy, Harem, Romantik und Tragödie abdeckt. Geschrieben vom Autor Darkness_Enjoyer geschrieben. Lies "Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt" kostenlos online.

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