Der Krieg in Varenthia hatte angefangen.
Die Stadt war im Chaos versunken. Die Straßen, die früher voller geflüsterter Geschäfte und leiser Gespräche waren, hallten jetzt vom Klirren von Stahl, den Schreien der Sterbenden und dem Knistern des Feuers, das sich in den Lagerhäusern und Verstecken der Black Veil ausbreitete.
Draven bewegte sich wie ein Kriegsgespenst über das Schlachtfeld. Seine Klinge blitzte, seine Bewegungen waren präzise und kalkuliert – keine Kraft wurde verschwendet. Zustoßen. Töten. Weiterziehen.
Vyrell kämpfte mit Präzision, jede Bewegung war wohlüberlegt, seine Klinge war eine Verlängerung seines Geistes. Er hatte keine Vorliebe für unnötige Gewalt, aber seine Schläge waren chirurgisch präzise und durchschnitten den Feind mit erschreckender Effizienz.
Soren hingegen war die Zerstörung in Person. Eine Kriegsbestie in Menschengestalt. Jeder Schwung seines Kriegshammers schleuderte Körper durch die Luft, zerschmetterte Knochen und verwandelte das Schlachtfeld in einen Schlachthof. Wo Vyrell ein Skalpell war, war Soren eine Lawine.
Und gemeinsam rissen sie die Überreste der Streitkräfte des Schwarzen Schleiers auseinander.
Draven hatte das erwartet. Einen vernichtenden, entscheidenden Angriff, um ihre Kontrolle zu brechen. Was er nicht erwartet hatte,
war die Verstärkung, die als Nächstes eintraf.
Aus den Gassen, von den Dächern, aus den zerstörten Gebäuden, in denen bereits heftig gekämpft worden war, tauchten drei Gestalten auf.
Das waren keine gewöhnlichen Kämpfer.
Draven erkannte Stärke, wenn er sie sah. Und diese drei? Sie waren nicht nur stark. Sie waren ausgebildet.
Er umklammerte sein Schwert fester, als er sie zum ersten Mal richtig sah.
Der eine war ein großer, breitschultriger Mann mit einer großen Axt auf dem Rücken, dessen purpurrote Rüstung von tiefen Narben gezeichnet war – Zeugnisse unzähliger Schlachten. Seine Augen waren ruhig, aber von Erfahrung geprägt.
Der zweite war schlank, in dunkle Kleidung gehüllt, an seinen Hüften blitzten zwei Dolche.
Er stand tief in der Hocke, wie ein Raubtier, das auf den richtigen Moment wartet. Seine silbernen Augen blitzten amüsiert, als wäre dieser ganze Krieg nichts weiter als ein Spiel.
Der dritte war der gefährlichste.
Er hielt lässig einen Speer in der Hand, sein Griff war locker. Sein dunkles Haar war nach hinten gebunden, sein Gesichtsausdruck unlesbar, aber Draven wusste sofort: Das war kein gewöhnlicher Krieger.
Die Luft um ihn herum fühlte sich schwerer an. Nicht wegen Manadruck. Nicht wegen einer Aura.
Sondern wegen etwas anderem. Etwas Altem.
Dravens Instinkte schrien ihn an.
„Scheiße“, murmelte er leise. „Wer zum Teufel sind diese Bastarde?“
Soren knackte mit dem Nacken und grinste breit. „Endlich. Es wurde schon langweilig.“
Vyrell hingegen kniff die Augen zusammen. Sein Griff um sein Schwert veränderte sich leicht – eine kleine, fast unmerkliche Veränderung. Aber Draven bemerkte es.
Er war vorsichtig.
Das bedeutete, dass diese Männer gefährlich waren.
Der mit dem Speer trat vor, sein Blick wanderte mit distanziertem Interesse über das Schlachtfeld, bevor er auf Draven fiel.
„Du musst der Anführer sein“, sagte er nachdenklich, seine Stimme klang leicht, fast wie in einem Gespräch.
Draven grinste scharf. „Das hat aber lange gedauert. Ich dachte schon, dein Boss würde einfach aufgeben und uns die Stadt überlassen.“
Der Mann neigte leicht den Kopf. „Aldric rührt sich noch nicht.“
Draven hatte das erwartet. Aldric war schlau. Er würde abwarten. Beobachten. Einschätzen.
Aber diese drei – das waren nicht nur Leutnants.
Die Luft war angespannt, auf dem Schlachtfeld herrschte eine unheimliche Stille, als die drei unbekannten Krieger Draven, Vyrell und Soren gegenüberstanden. Es gab kein Zögern – keine theatralischen Vorbereitungen, keine unnötigen Worte.
Sie waren nicht hier, um einzuschüchtern.
Sie waren hier, um zu töten.
Soren atmete scharf aus und umklammerte den Griff seines Kriegshammers fester. „Tch.
Endlich mal eine anständige Beute.“
Vyrell hingegen schwieg und fixierte den Mann mit dem Speer mit scharfem Blick. Er passte seinen Griff um sein Schwert subtil an – keine unnötigen Bewegungen, nur Vorbereitung.
Draven grinste weiterhin, aber sein Körper hatte bereits eine defensive Haltung eingenommen. Sein Instinkt schrie ihn an – diese drei waren nicht nur stark, sie waren auch gut aufeinander abgestimmt. Es gab keine leichtsinnige Prahlerei, kein überflüssiges Selbstvertrauen.
Sie waren Killer.
Und dann –
bewegten sie sich.
Der breitschultrige Axtkämpfer stürmte als Erster vor, seine blutrote Rüstung reflektierte die flackernden Flammen um sie herum. Er war nicht schnell, aber das musste er auch nicht sein. Jeder seiner Schritte trug das Gewicht purer, überwältigender Kraft. Er schwang seine Großaxt in einem horizontalen Bogen, die Luft um ihn herum heulte vor der schieren Wucht des Schlags.
Soren brüllte zurück und begegnete roher Gewalt mit roher Gewalt. Sein Kriegshammer prallte gegen die Axt und sandte eine ohrenbetäubende Schockwelle durch die Straße. Der Boden unter ihnen barst auf, Kopfsteinpflaster zerbrach unter dem heftigen Aufprall.
Soren grinste. „Nicht schlecht.“
Aber der Axtkämpfer reagierte nicht – kein Ausdruck in seinem Gesicht, kein Anzeichen von Belustigung.
Nur kalte, effiziente Gewalt. Er drängte vorwärts, seine Kraft drückte gegen Sorens Haltung und zwang den größeren Mann um Zentimeter zurück.
Vyrell hatte kaum Zeit auszuweichen, als der mit einem Dolch bewaffnete Attentäter verschwand. Eine verschwommene Bewegung, schneller als es ein normaler Kämpfer hätte sein können. Er tauchte wieder an Vyrells Flanke auf, ein Dolch zischte mit tödlicher Präzision durch die Luft.
Vyrell drehte sich in letzter Sekunde weg, sein Schwert fing den Angriff gerade noch ab, Stahl kratzte gegen Stahl. Die Wucht des Schlags schoss wie ein Schlag durch seinen Arm.
Schnell. Zu schnell.
Die silbernen Augen des Attentäters funkelten. „Du reagierst gut“, murmelte er. „Mal sehen, wie lange das hält.“
Vyrell antwortete nicht. Das musste er nicht.
Stahl klirrte, Klingen blitzten im Schein des Feuers, als die beiden in einen tödlichen Tanz aus Geschwindigkeit und Präzision eintraten.
Draven hatte jedoch keine Zeit, ihnen zuzusehen –
denn der Mann mit dem Speer war bereits über ihn hergefallen.
Draven schaffte es gerade noch, zur Seite zu springen, als der Speer an seinem Gesicht vorbeizischte und die Luft vor lauter Geschwindigkeit heulte.
Zu schnell.
Draven konterte sofort und schlug auf die ungeschützte Seite des Speerträgers ein. Aber der Mann bewegte sich mit unnatürlicher Leichtigkeit, wich gerade so weit aus, dass er dem Schlag ausweichen konnte, und positionierte seinen Speer bereits für einen weiteren Angriff.
Draven atmete scharf aus. Das war nicht gut.
Sie waren alle 5-Sterne-Erwachte. Aber der Unterschied zwischen ihnen war deutlich.
Dies war kein Kampf der rohen Kraft. Es war ein Kampf der Fähigkeiten, der Erfahrung, der Tötungsabsicht.
Und diese drei? Sie lagen nicht zurück.
Soren biss die Zähne zusammen, während er gegen die schiere Kraft des Axtkämpfers ankämpfte, wobei sein Kriegshammer den unerbittlichen Schlägen kaum standhalten konnte.
Vyrell passte bereits seine Bewegungen an und seine Schwertkunst an die unmögliche Geschwindigkeit des Assassinen an.
Aber selbst dann konnte er nur mithalten – gewinnen konnte er nicht.
Draven schnalzte mit der Zunge und wich einem weiteren Speerstich aus, der ihm fast die Kehle durchbohrt hätte. Er hatte schon gegen Hunderte von Kriegern gekämpft.
Draven grinste, Blut rann ihm aus einer schmalen Schnittwunde am Arm, die nur knapp den Muskel verfehlt hatte. Er veränderte seine Haltung und umklammerte sein Schwert fester, während der Speerkämpfer ihn umkreiste, sein Gesichtsausdruck ruhig und unlesbar.
„Ihr Bastarde vom Imperium“, stieß Draven hervor, seine Stimme scharf und amüsiert. „Glaubt ihr, die Straßen sind ein Spielplatz?“
Der Speerkämpfer reagierte nicht sofort, sondern beobachtete ihn nur. Kalt und berechnend. So wie ein ausgebildeter Soldat ein Schlachtfeld einschätzen würde.
Draven hasste diesen Blick.
Denn er bedeutete, dass diese Bastarde sich immer noch für besser hielten.
Besser als ihn. Besser als Soren. Besser als Vyrell.
Draven schnalzte mit der Zunge und rollte mit den Schultern. „Ich habe meinen Zug schon gemacht“, murmelte er leise. Sein Grinsen wurde breiter, als er einem weiteren blitzschnellen Speerstich auswich. „Und ich werde mich nicht zurückfallen lassen.“
Er hatte sein Vertrauen in diesen verrückten Kerl gesetzt.
Und ob gut oder schlecht, Draven war nicht der Typ, der sich von ein paar edlen Killern überholen ließ.
Der Speerkämpfer stürmte erneut vor, und diesmal wich Draven nicht einfach aus.
Er ging auf ihn zu.
Seine Klinge prallte gegen den Speerschaft und zwang seinen Gegner, zu reagieren, anstatt den Kampf zu bestimmen. Draven drehte seinen Körper und verlagerte sein Gewicht auf eine Weise, die mitten in der Bewegung eigentlich unmöglich sein sollte, und schlug nach oben –
Der Speerträger schaffte es gerade noch, seine Waffe abzuwehren, und auf seinem ruhigen Gesicht huschte etwas vorbei, das fast wie Überraschung aussah.
„Nicht schlecht“, murmelte Draven mit einem scharfen Grinsen, während er noch mehr Druck machte. „Aber du bist nicht der Einzige, der kämpfen kann.“
An seiner Seite brüllte Soren, stemmte sich mit den Füßen in den Boden und schlug mit roher, monströser Kraft mit seinem Kriegshammer nach vorne. Der Axtkämpfer bereitete sich vor und blockte mit dem Schaft seiner Waffe –
aber diesmal hatte Soren sich angepasst.
Anstatt nach vorne zu stoßen, nutzte er den Schwung, um den Axtkämpfer aus dem Gleichgewicht zu bringen. Es war nur eine kleine Bewegung, aber sie verschaffte Soren gerade genug Platz, um zurückzuziehen und einen brutalen Gegenschlag gegen die Rippen seines Gegners zu führen.
Auch Vyrell hatte aufgehört, sich nur zu verteidigen. Seine Bewegungen waren immer noch kontrolliert und präzise, aber jetzt testete er seinen Gegner, um Schwächen zu finden.
Der Attentäter stürzte sich mit blitzenden Dolchen auf ihn, aber Vyrell parierte den Schlag mit einer plötzlichen, unerwarteten Rückhandbewegung und lenkte ihn gerade so weit ab, dass sich eine Lücke öffnete –
Seine Klinge schlug zu –
Ein dünner Schnitt öffnete sich an der Seite des Attentäters. Nicht tief. Nicht tödlich. Aber dennoch eine Wunde.
Der silberäugige Attentäter atmete scharf aus, sein Grinsen zuckte. „Tch.“
Draven lachte leise, als er einem weiteren Schlag des Speerträgers auswich und seine eigene Klinge gefährlich nahe an der Kehle seines Gegners vorbeizuckte.
Sie waren nicht am Gewinnen.
Noch nicht.
Aber jetzt?
Jetzt waren sie auch nicht am Verlieren.