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Kapitel 583: Wer bist du? (2)

Kapitel 583: Wer bist du? (2)

Lucavions Atem beruhigte sich. Seine Hände, die noch vor kurzem von den Nachwirkungen der Vision des Artefakts gezittert hatten, waren jetzt ruhig. Entschlossen.

Hier hast du dich also versteckt.

Das Bild der Festung brannte sich in sein Gedächtnis ein. Ein Ort, den selbst Draven nicht entdeckt hatte. Das Artefakt hatte mehr getan, als nur den Ort zu enthüllen – es hatte ihn, wenn auch nur für einen kurzen Moment, mit seiner Beute verbunden.
Lucavion hatte es gespürt.

Für einen kurzen Moment hatte er eine schwache Präsenz wahrgenommen – eine Verbindung zwischen ihm und Aldric Veltorin.

Mehr brauchte er nicht.

Jetzt war er hier.
Die Straßen der Stadt verschwammen unter seinen Füßen, während er sich bewegte, und das Echo der Vergangenheit drückte gegen seine Rippen und trieb ihn voran. Sein Körper war angespannt wie eine gespannte Saite, wie eine Klinge, die seit Jahren darauf gewartet hatte, gezogen zu werden.

Er hatte auf diesen Moment gewartet.

Auf diese Chance.

Um den Geist der Vergangenheit zu vernichten.
Der Wind heulte, als er von Dach zu Dach sprang, seine Schritte schwerelos und lautlos. Die Straßen von Varenthia breiteten sich unter ihm aus, ein Gewirr aus Gassen und schmalen Straßen. Aber er hatte nur ein Ziel vor Augen.

Aldric war auf der Flucht.

Lucavion konnte ihn jetzt sehen, wie er mit müheloser Geschwindigkeit durch das Netz der Konflikte schlüpfte.
Der Krieg hatte begonnen, aber Aldric verteidigte sich nicht. Er versteckte sich nicht in der Festung, die selbst Draven nicht aufspüren konnte.

Nein –

er jagte.

Und das war in Ordnung.

Denn Lucavion tat es auch.

Er atmete aus und spürte, wie die Vorfreude unter seiner Haut brodelte. Die Jagd war vorbei.

Und die Tötung stand kurz bevor.

*****

KLIRR!
In dem Moment, als ihre Waffen aufeinanderprallten, wusste Lucavion, dass Aldric ihn bereits gespürt hatte.

Aber das war ihm egal.

Es war ihm egal, dass der Mann geschickt war. Es war ihm egal, dass er älter, schneller und stärker war.

Es war ihm egal, dass dies dasselbe Monster war, das ihn einst blutend im Dreck liegen gelassen hatte, unfähig, sich zu wehren.

Denn diesmal war er hier, zu seinen eigenen Bedingungen.
Aldric wich zurück, sein Gesichtsausdruck unlesbar. Sein Griff um den Speer blieb fest und kontrolliert, aber jetzt war da noch etwas anderes in seiner Haltung –

Interesse.

Lucavion holte kaum Luft, bevor er erneut zustieß, sein Estoc zerschnitt die Nachtluft mit erschreckender Präzision. Schnell. Präzise. Unerbittlich.
Aldric blockte – knapp. Funken sprühten zwischen ihnen, das Klirren von Stahl durchdrang das ferne Chaos der Stadt.

Lucavion sah die leichte Veränderung in Aldrics Gesichtsausdruck, das Aufblitzen von Neugier in seinen blutroten Augen.

Er erkennt mich nicht.

Lucavion umklammerte den Griff seines Estocs fester.
Aldrics Augen huschten hin und her – abschätzend, berechnend – aber ohne ihn zu erkennen.

Er erinnerte sich nicht.

Lucavion spürte, wie etwas in ihm zerbrach.

Er erinnert sich nicht?

Der Bastard, der ihm eine Narbe ins Gesicht geritzt hatte. Der Mann, der seine zweite Familie abgeschlachtet hatte – die einzigen, die ihm geholfen hatten, als er nichts hatte.

Und er erinnerte sich nicht einmal daran?
Lucavions Atem ging langsam und tief. Kontrolliert – aber nur knapp.

Aldric stand ruhig da und beobachtete ihn mit seinen blutroten Augen, ruhig und neugierig.

Als wäre Lucavion nur ein weiterer namenloser Gegner.

Als wäre ihre gemeinsame Vergangenheit bedeutungslos.

Als wären diese Leben – die er gestohlen hatte, die er ausgelöscht hatte – nichts wert.

Lucavions Blut kochte.
Seine Finger zuckten. Seine Muskeln spannten sich an, jeder Nerv in seinem Körper schrie nach Befreiung.

Töte ihn.

Der Befehl in seinem Kopf war sofort da, ungefiltert. Ein roher Instinkt, ein Feuer, das alles verschlang.

Seine Sicht verschwamm an den Rändern.

Ich war derjenige, der zurückgelassen wurde.

Ich war derjenige, der sie begraben hat.

Ich war derjenige, der vorwärts kriechen musste, um sich wieder zusammenzuflicken.
Und du –

„Du erinnerst dich nicht?“

Lucavions Stimme schnitt durch die Luft, leise und scharf.

Aldric blinzelte. Etwas flackerte in seinem Blick – milde Neugier, wie bei einem Mann, der ein Puzzle studiert, dessen Teile nicht ganz zusammenpassen.

Lucavion atmete aus.

Und dann –

Seine Blutgier stieg in ihm auf.
Wie bei einem Dammbruch wurde die Luft um ihn herum schwer und stickig.

Aldrics Gesichtsausdruck veränderte sich endlich.

Sein Griff um seinen Speer wurde ein wenig fester.

Lucavion bemerkte es kaum.

Er war bereits in Bewegung.

– SWOOSH!

Sein Estoc schlug mit erschreckender Geschwindigkeit zu, ein verschwommener Stahlblitz, der auf Aldrics Kehle zielte. Der Angriff war nicht präzise. Nicht sauber.
Es war pure Tötungsabsicht.

Aldric blockte den Schlag ab.

– KLIRR!

Die Wucht von Aldrics Speer sandte einen erschütternden Schlag durch Lucavions Arm. Die Klinge des Estocs zitterte unter dem Druck, Stahl auf Stahl, während die rohe Kraft hinter Aldrics Schlag ihn zurückzwang. Der Wind heulte zwischen ihnen, und Lucavion hatte kaum Zeit zu reagieren, bevor –
– WHOOSH!

Aldric drehte seinen Speer und nutzte die Kraft ihrer ineinander verkeilten Waffen, um seinen Körper zu drehen. Die Luft um ihn herum verzerrte sich, als er nach vorne stürmte. Lucavions Instinkte schlugen ein – er duckte sich, die Speerspitze zischte an seinem Ohr vorbei und schnitt durch die leere Luft, wo noch einen Herzschlag zuvor seine Kehle gewesen war.

Schnell. Zu schnell.
Aldric machte nicht halt. Seine Beinarbeit war makellos, seine Bewegungen flüssig. In dem Moment, als Lucavion auswich, schlug der Speer wie eine Viper nach unten und zielte auf seine ungeschützten Rippen. Er konnte den Schlag gerade noch abwehren, aber der Aufprall erschütterte seine Knochen und zwang ihn erneut zurück.

– THUD!
Sein Rücken schlug gegen das steinerne Geländer des Daches. Die Affinität zum Wind war in jedem Schlag, jeder Bewegung deutlich zu spüren – Aldric war nicht nur stark. Er war schwerelos, schnell, unantastbar. Sein Speer schlug erneut zu, und Lucavion musste zur Seite rollen, als er spürte, wie die Wucht des Angriffs den Stein hinter ihm spaltete.

„Tch.“

„Du …“

Lucavions Stimme war angespannt, scharf wie die Klinge in seiner Hand. Aber Aldric – dieser Mistkerl –

Er lächelte.

Nein –

Er lachte.

„Diese Augen …“
Aldrics blutroter Blick fixierte Lucavion mit unheimlicher Stille. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich zum ersten Mal seit Beginn des Kampfes – nicht vor Anspannung, nicht vor Berechnung –

sondern vor Erkenntnis.

Lucavions Atem stockte.

Die Narbe in seinem Gesicht. Seine schwarzen, leeren Augen.

Es dämmerte ihm.

Aldric atmete langsam aus, seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Ein Atemzug – dann
„Ahahahahahaha!“

Das Geräusch durchschnitten die Nachtluft wie ein Messer.

Lucavions Griff um seinen Degen festigte sich, als Aldric den Kopf in den Nacken legte und sein Lachen durch die leeren Straßen von Varenthia hallte.

Ein echtes Lachen. Tief, voll.

Als wäre das amüsant.

Als wäre das lustig.
Als wäre es nicht der wichtigste Moment in Lucavions Leben –

Als wäre es nicht der Höhepunkt jahrelanger Qualen, jahrelangen Kampfes, jahrelangen Trainings, bis sein Körper zusammenbrach, nur um diese Chance zu bekommen.

Aldrics Lachen verstummte, sein Grinsen wurde breiter, als er endlich zu Lucavion zurückblickte. Seine Augen leuchteten mit etwas Unlesbarem – Aufregung? Belustigung?

Spott.
„Wer hätte das gedacht?“

Lucavions Blut kochte. Seine Muskeln spannten sich an, so stark, dass er das Gefühl hatte, er würde jeden Moment zerreißen.

Aldric machte einen Schritt nach vorne, seinen Speer locker in der Hand. Sein Grinsen verschwand nicht, seine Stimme triefte vor Belustigung.

„Du bist der Junge vom Schlachtfeld.“
Aldrics Stimme klang fast schon amüsiert, sein Grinsen wurde breiter, als er Lucavion wie eine längst verlorene Kuriosität musterte.

Lucavion rührte sich nicht.

Er blinzelte nicht.

Er atmete nicht.

Die Worte kratzten an seinem Verstand wie eine rostige Klinge.

Dieser Junge.

Dieser Junge.

Als wäre er nichts gewesen.
Als wären diejenigen, die gestorben waren – Garret, Mateo, Felix, Elias, Clara – nichts gewesen.

Als hätte Aldric einfach über ihre Leichen getreten und sie vergessen.

Aldric atmete durch die Nase aus und verschob seinen Speer in seiner Hand. „Ha. Ich fühle mich fast schlecht, dass ich mich nicht daran erinnere.“ Seine blutroten Augen glänzten, scharf und mit etwas Bösem.
Aldric lachte leise und tief, als würde er den Moment genießen. Seine blutroten Augen funkelten mit etwas Dunklem – vielleicht Befriedigung. Oder vielleicht nur grausamer Belustigung.

Dann öffnete er die Lippen und die Worte, die sich vor all den Jahren in Lucavions Gedächtnis eingebrannt hatten, kamen heraus.

„Der Junge mit dem vernarbten Auge.“

Lucavions Atem stockte.
Aldric neigte leicht den Kopf, als würde er nachdenken, dann fuhr er fort.

„Wie heißt du?“

Lucavion umklammerte seinen Degen fester. Sein Blick war kalt. Schweigend.

Aber Aldric brauchte keine Antwort.

Denn er wusste es bereits.

„Lucavion.“

Ein langsames Grinsen.

„Ich erinnere mich an deinen Namen.“
Lucavions Magen verkrampfte sich. Eine Hitzewelle kroch unter seiner Haut und brannte wie ein Lauffeuer durch seine Adern.

An diesem Tag auf dem Schlachtfeld hatte Aldric seinen Namen gewusst. Er hatte ihm in die Augen gesehen.

Und doch hatte es bis jetzt keine Rolle gespielt.

„Du bist wirklich stärker geworden.“

Lucavion sagte nichts.

Aldrics Grinsen wurde breiter.
„Bist du hier, um Rache zu nehmen?“

Die Frage hing schwer in der Luft zwischen ihnen.

Lucavion atmete langsam und bedächtig aus, seine Finger umklammerten seine Waffe ein wenig fester.

Aldric lachte leise.

„Wenn ja, dann komm.“ Seine Augen leuchteten, Vorfreude schwang in seiner Stimme mit. „Es ist schon eine Weile her, seit mein Blut so gekocht hat.“

Dann –

Er hob seine rechte Hand.
Seine Finger streiften das pechschwarze Armband, das sein Handgelenk umschloss.

Und im nächsten Moment –

brach die Dunkelheit herein.

Die Rüstung verschlang ihn.

Schwarze Platten, nahtlos und sich bewegend, hüllten seinen Körper augenblicklich ein. Die Luft um ihn herum verdichtete sich, das bloße Gewicht seiner Präsenz war erdrückend.

Lucavions Herzschlag blieb ruhig.
Keine Unsicherheit. Keine Angst.

Der Anblick von Aldric, der dort stand, gekleidet in mitternachtsblauem Stahl, seine blutroten Augen unter dem Helm leuchtend –

erschütterte ihn nicht.

Es bestätigte nur, was er bereits wusste.

Dieses Mal –

war er nicht der Junge, der verloren hatte.

Dieses Mal –

würde er Aldric Veltorin töten.

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, konnte er nur noch die Hölle ertragen. Er hatte keine Familie, auf die er sich verlassen konnte, da sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Eine Seele vom Schlachtfeld: Lucavion Thorne. Aber anscheinend war er viel mehr als nur ein einfacher Soldat, denn das Schicksal hatte noch einiges für ihn auf Lager. Eine Seele von der Erde ... Als sie verschmolzen, wurde ihm klar: Er war ein Bösewicht aus einem Kapitel, dessen einziger Zweck darin bestand, als Kulisse für die Tragödie des Protagonisten zu dienen. Aber war er wirklich nur ein Bösewicht aus einem Kapitel, oder hatte das Schicksal noch ein paar Asse im Ärmel? Verfolge die Geschichte von Lucavion Thorne, wie er den Sinn seiner Seelenwanderung findet und sein eigenes Schicksal entdeckt. ---------- Ein oder zwei Kapitel täglich. Kapitellänge 1500-2000 Wenn du möchtest, kannst du bei mir auf Discord vorbeischauen. Dort kannst du die Illustrationen sehen und mit mir chatten, wenn ich verfügbar bin. https://discord.gg/BQRMhDxZr8 ---------------------------0------------------------------ Geschäftliche E-Mail-Adresse: [email protected] Discord: _yty_ Shattered Innocence: Transmigrated Into a Novel as an Extra ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Action, Abenteuer, Drama, Fantasy, Harem, Romantik und Tragödie abdeckt. Geschrieben vom Autor Darkness_Enjoyer geschrieben. Lies "Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt" kostenlos online.

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