Switch Mode

Kapitel 541: Begegnung mit „ihr“ (3)

Kapitel 541: Begegnung mit "ihr" (3)

Lucavions Hand bewegte sich langsam und geübt, seine Finger glitten über Aethers glänzendes schwarzes Fell. Das Pferd brummte leise, ein tiefes, zufriedenes Brummen, ihre durchdringenden blauen Augen waren halb geschlossen, als sie sich seiner Berührung entgegenlehnte.

Aeliana starrte ihn an.

Dieses Pferd – dieses wilde, stolze, ungezähmte Wesen – wand sich unter seiner Berührung wie ein liebevolles Haustier?

Und vor allem –
Lucavions Blick.

Er war nicht verspielt. Er war nicht scharf und schelmisch. Er war nicht von seiner üblichen Arroganz oder neckischen Belustigung erfüllt.

Er war … sanft.

Auf eine Weise, die sie selten sah.

Aeliana atmete leise aus.

Sie wusste, wie Pferde normalerweise behandelt wurden. Vor allem solche, die für den Krieg gezüchtet wurden.
Sie wurden zwar geschätzt, aber sie waren auch Werkzeuge. Waffen, die ihre Reiter in die Schlacht tragen sollten und eher auf Ausdauer und Gehorsam als auf Zuneigung trainiert waren.

Und doch …

Als sie die beiden so ansah …

Da war kein Befehl. Keine Gewalt. Kein Gefühl von Besitz.

Nur … eine Verbindung.

Lucavion atmete leicht aus, bevor er sich zu ihr umdrehte, ein Grinsen umspielte seine Lippen.

„Willst du aufsteigen?“
Aeliana blinzelte. „Aufsteigen?“

Lucavion tätschelte Aethers Seite und führte sie leicht. „Das ist unser Transportmittel, um nach Hause zu kommen.“

Nach Hause.

Das Wort lastete schwerer auf ihr, als sie erwartet hatte.

Richtig.

Sie war weggegangen, ohne ihren Vater zu informieren.

Für einen kurzen Moment wanderten ihre Gedanken zu ihrem Vater.

Hatte er erwartet, dass sie früher zurückkommen würde? Hatte er sich überhaupt Gedanken darüber gemacht?
… Na ja. Egal.

Sie warf Lucavion einen Blick zu.

Mit diesem absurden Mann an ihrer Seite müsste schon jemand mindestens ein Ritterkommandant sein, um Ärger zu machen.

Und – Überraschung.

Es gab nicht viele Leute, die das waren.

Das bedeutete, dass ihr nichts passieren würde.

Oder?

Aeliana atmete langsam aus und rollte mit den Schultern.
Nach Hause gehen.

Sie war sich nicht sicher, ob sie eine Standpauke oder etwas Schlimmeres erwarten würde.

Sie war gerade erst geheilt worden – eine wundersame Genesung, die ihren Vater eigentlich erleichtert, vorsichtig und besorgt um ihre Gesundheit machen sollte.

Und doch war sie gegangen.

Ohne jemandem Bescheid zu sagen. Ohne Wachen mitzunehmen. Ohne einen zweiten Gedanken.

Und wie sie ihren Vater kannte, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass er wütend sein würde.
Aber –

es war okay.

Sie hatte immerhin diesen Trumpf in der Hand, oder?

Sie war nicht mehr dieselbe wie früher.

Aeliana atmete tief aus und trat näher an Lucavion heran.

„Habe ich eine andere Wahl?“, murmelte sie.

Lucavion grinste. „Du könntest immer noch eine Kutsche nehmen.“

Aeliana lachte höhnisch. „Alleine?“
Sie sah ihn ungerührt an, denn mal ehrlich?

Eine Adlige, die um diese Uhrzeit allein eine Kutsche nimmt – durch die Straßen, bis zum Anwesen ihrer Familie?

Selbst sie wusste es besser.

Das würde gefährlich werden, und sie war nicht naiv genug, etwas anderes zu glauben.

Lucavion wusste das natürlich.
Deshalb verschwand sein Grinsen auch nicht, als er sanft sagte: „Natürlich nicht. Ich würde dich begleiten. Als dein Begleiter.“

Aeliana blinzelte.

Dann –

grinste sie.

„Wie mein kleiner Ritter in glänzender Rüstung?“, neckte sie ihn.

Lucavion atmete scharf aus und richtete sich dramatisch auf.
„Meine Dame“, sagte er, legte eine Hand auf seine Brust und neigte den Kopf leicht in gespielter Ehrerbietung.

Aeliana lachte.

Sie konnte nicht anders.

Sein Tonfall, sein Gesichtsausdruck – die Art, wie er sich voll und ganz auf diese lächerliche Darbietung einließ –

Es war so albern.

Und doch –

Sie schüttelte den Kopf, und in ihren goldenen Augen blitzte Belustigung auf.
„Aber“, fuhr sie fort und trat näher an Aether heran, wobei ihre Finger über das glatte schwarze Fell strichen, „ich werde keine Kutsche nehmen.“

Lucavion brummte und neigte den Kopf. „Oh?“

Aeliana warf ihm einen Blick zu. Weil mir meine Intuition sagt …

Sie grinste….

dass ich eine ganze Menge verpassen würde.

******

<Heute Morgen, gleich nachdem Aeliana gegangen war>

Thaddeus saß an seinem Schreibtisch und ließ seinen goldenen Blick über die endlosen Stapel von Dokumenten vor ihm gleiten.

Briefe von Adelsfamilien. Berichte seiner Gefolgsleute. Wirtschaftsberichte, die die Verluste der letzten Expedition detailliert auflisteten. Anfragen der Zentralregierung.

Die Last der Verantwortung lastete schwer auf ihm.

Er hatte heute schon zu viel Zeit verschwendet.
Zuerst mit Lucavion. Dieser verdammte leichtsinnige Junge hatte ihm Stunden seiner Zeit geraubt und ihn in ein Gespräch verwickelt, das ihm weit mehr Sorgen bereitete, als er zuvor gehabt hatte.

Dann war da noch die Suche nach Aeliana. Tage auf See, auf der Suche nach einem Zeichen seiner Tochter, auf das Schlimmste gefasst, nur um sie lebend zu finden – verändert, aber lebend.

Und jetzt?

Jetzt war es an der Zeit, sich den Folgen zu stellen.
Die Expedition war ein Desaster gewesen. Das Auftauchen des Kraken hatte nicht nur viele Opfer gefordert, sondern auch die ganze Region in politisches Chaos gestürzt. Viele Adelsfamilien hatten viel in das Unternehmen investiert und würden nun Antworten verlangen. Entschädigungen. Rechtfertigungen für ihre Verluste.

Und dann war da noch die Krone.
Clades Lysandra hatte das Herzogtum Thaddeus schon genau beobachtet und auf einen Vorwand gewartet, um seinen Einfluss zu stärken. Das Scheitern der Expedition würde den Druck nur noch erhöhen. Er konnte sich schon die Briefe aus der Hauptstadt vorstellen – oberflächlich höflich, aber voller kaum verhüllter Forderungen.

Der Herzog seufzte und rieb sich die Schläfe.

Politik.
Es war ein Spiel, das er seit Jahren spielte, ein Schlachtfeld, das genauso tückisch war wie jeder Krieg. Und doch fühlte er sich heute erschöpfter als sonst.

Ein scharfes Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.

Er blickte auf. „Herein.“

Die Tür schwang auf und gab den Blick auf eine vertraute Gestalt frei.

Hauptmann Edran Vaughn.
Sein treuer Ritter. Der Mann, der einst unzählige Expeditionen unter seinem Banner angeführt hatte. Der Mann, der Aeliana nicht hatte beschützen können – und dennoch geblieben war, um die Last dieses Versagens schweigend zu tragen.

Thaddeus musterte ihn aufmerksam.

Edran war ein Mann von unerschütterlicher Disziplin. Er kam nicht ohne Grund.

Etwas war passiert.

Thaddeus legte seine Feder beiseite. „Was gibt es?“
Edran trat vor, seine Haltung fest, seine scharfen blauen Augen ruhig.

„Mein Herr“, begann er, „es gibt etwas, das Ihr wissen müsst. Es betrifft Lady Aeliana.“

Thaddeus lehnte sich leicht zurück und hörte mit scharfem Blick zu.

Edran verschwendete keine Zeit.

„Mein Herr, heute während des Trainings erlitt Lady Aeliana einen unerwarteten Manarückstoß.“
Thaddeus‘ Finger, die leicht gegen den Holztisch getippt hatten, wurden still.

„Sie hat was?“ Seine Stimme war leise, aber man hörte eine gewisse Schärfe darin.

Edran blieb gelassen. „Es scheint, als hätte ihr Körper jahrelang Mana angesammelt, ohne dass es einen Ausweg gab. Als sie externen Manaquellen ausgesetzt war – darunter auch meiner –, löste das einen unkontrollierten Anstieg aus.“

Thaddeus atmete scharf durch die Nase aus und presste die Kiefer aufeinander.
Er wusste schon von Aelianas Talent. Seit sie sich erholt hatte, hatte er vermutet, dass in ihr mehr steckte, als man auf den ersten Blick sehen konnte.

Aber das hier –

Das änderte alles.

Es bedeutete, dass ihre Mana nie wirklich verschwunden war. Sie war in ihr geblieben, hatte geschlummert und mit der Zeit Druck aufgebaut.

Aber das kann nicht sein.

Thaddeus‘ goldene Augen verdunkelten sich.
Nein. Das konnte nicht sein.

Das war kein Fall von angesammeltem Mana aufgrund mangelnden Trainings.

Er hatte es überprüft. Immer wieder, über Jahre hinweg, hatte er es persönlich überprüft.

Aelianas Mana war nicht da gewesen.

Es war verschwunden.

Oder besser gesagt – etwas hatte es verborgen.

Aber jetzt war es nicht einfach nur zurück.

Es war überwältigend.
Er biss die Zähne zusammen, seine Gedanken rasten. So eine Reaktion hatte noch niemand gezeigt. Aelianas Mana war nicht einfach wild, weil sie nicht trainiert worden war – es war von Natur aus gewaltig. Es war die Art von roher, ungenutzter Kraft, die nur bei wahren Wunderkindern auftrat.

Aeliana war ein Genie.

Diese Erkenntnis war sowohl befriedigend als auch gefährlich.

Sein Vater – Aelianas Großvater – durfte davon nichts erfahren.
Noch nicht.

Der alte Fuchs würde sie in ein hartes, gnadenloses Training schicken, bevor sie ihre eigenen Fähigkeiten überhaupt begriffen hatte. Seine Methoden waren zwar effektiv, würden sie aber brechen, bevor sie ihre Kraft voll entfalten konnte.

Thaddeus atmete scharf aus. Er hatte keine Zeit, Aeliana selbst zu unterrichten. Nicht angesichts der Lage in der Hauptstadt, nicht angesichts des Drucks seitens der königlichen Familie, nicht angesichts all der anderen Probleme, die auf dem Herzogtum lasteten.
Aber sie brauchte Training. Jetzt.

Und es gab nur eine Person, die für diese Aufgabe geeignet war.

Seine Entscheidung fiel sofort.

Er griff nach der silbernen Glocke neben seinem Schreibtisch und läutete zweimal.

Innerhalb weniger Augenblicke öffnete sich die Tür und Lysander Whitmore, der Oberbutler des Hauses Thaddeus, trat ein.

„Ihr habt mich gerufen, mein Herr?“
Thaddeus richtete seinen scharfen Blick auf ihn. „Ruf Aeliana. Und …“

Er zögerte nur einen Moment.

„Bring Doran her.“

Lysanders Gesichtsausdruck veränderte sich kaum, aber in seinem normalerweise unbewegten Blick war ein Anflug von Überraschung zu sehen.

„Mein Herr“, sagte der Butler vorsichtig, „seid Ihr sicher? Er hat sich zurückgezogen.“
Thaddeus atmete tief aus und rieb sich die Schläfe. „Bring ihn her. Sofort.“

Lysander verbeugte sich. „Sofort, mein Herr.“

Als der Butler den Raum verließ, lehnte sich Thaddeus in seinem Stuhl zurück und trommelte mit den Fingern gegen das Holz.

Sein Vater durfte das niemals erfahren.

Nicht, bevor Aeliana stark genug war, um mit ihm fertig zu werden.

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, konnte er nur noch die Hölle ertragen. Er hatte keine Familie, auf die er sich verlassen konnte, da sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Eine Seele vom Schlachtfeld: Lucavion Thorne. Aber anscheinend war er viel mehr als nur ein einfacher Soldat, denn das Schicksal hatte noch einiges für ihn auf Lager. Eine Seele von der Erde ... Als sie verschmolzen, wurde ihm klar: Er war ein Bösewicht aus einem Kapitel, dessen einziger Zweck darin bestand, als Kulisse für die Tragödie des Protagonisten zu dienen. Aber war er wirklich nur ein Bösewicht aus einem Kapitel, oder hatte das Schicksal noch ein paar Asse im Ärmel? Verfolge die Geschichte von Lucavion Thorne, wie er den Sinn seiner Seelenwanderung findet und sein eigenes Schicksal entdeckt. ---------- Ein oder zwei Kapitel täglich. Kapitellänge 1500-2000 Wenn du möchtest, kannst du bei mir auf Discord vorbeischauen. Dort kannst du die Illustrationen sehen und mit mir chatten, wenn ich verfügbar bin. https://discord.gg/BQRMhDxZr8 ---------------------------0------------------------------ Geschäftliche E-Mail-Adresse: [email protected] Discord: _yty_ Shattered Innocence: Transmigrated Into a Novel as an Extra ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Action, Abenteuer, Drama, Fantasy, Harem, Romantik und Tragödie abdeckt. Geschrieben vom Autor Darkness_Enjoyer geschrieben. Lies "Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt" kostenlos online.

Comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Options

not work with dark mode
Reset