„Du bist eine ziemlich verwöhnte junge Dame, weißt du das?“
Lucavions Stimme war sanft und neckisch, seine Lippen verzogen sich zu einem ärgerlich amüsierten Lächeln.
Und dann –
„Hehehehe …“
Aeliana spürte ihn.
Seinen Körper – fest, kräftig und doch seltsam kalt unter ihrer Berührung.
Aber –
ihr war nicht kalt.
Selbst mit seiner unnatürlichen Kälte, selbst mit der fast unheimlichen Kälte seiner Haut – sie fühlte sich warm an.
Und das –
Das war seltsam.
Ihre Finger krallten sich leicht in seinen Mantel, ihr Körper drückte sich ein wenig näher an ihn – um ihn zu testen, um ihn zu spüren.
Aber trotzdem fühlte sie sich nicht kalt an.
Es war, als würde etwas sie umhüllen und sie trotz des Kontrasts zwischen ihnen warm halten.
Sie runzelte leicht die Stirn, aber bevor sie darüber nachdenken konnte –
RUMMEL!
Ein lautes, unüberhörbares Geräusch hallte durch die Höhle.
Aeliana erstarrte.
Instinktiv zog sie die Arme enger um sich und für einen Moment dachte sie, sie wäre es gewesen.
Aber –
Nein.
Das war nicht ihr Magen.
Das Geräusch war zu tief, zu laut gewesen –
Und dann –
„Ahaha …“
Es folgte eine Stimme.
Lucavions Stimme.
Leise, ein wenig unbeholfen – etwas zu lässig.
Aelianas Blick schoss zu ihm.
Lucavions schwarze Augen funkelten, sein Grinsen verschwand fast, und dann –
„Ich glaube, ich habe doch ein bisschen Hunger.“
Aeliana blinzelte.
Dann blinzelte sie noch einmal.
Und dann –
starrte sie ihn an.
Denn –
Denn war er tatsächlich verlegen?
Lucavion – dieser arrogante, unerträgliche, unglaublich gelassene Mann, der vor ihr stand –
sah ein wenig verlegen aus.
Aeliana spürte, wie etwas in ihrer Brust aufstieg.
Etwas Seltsames. Etwas Unbekanntes.
Und dann –
Zufriedenheit.
Ein langsames, amüsiertes Lächeln huschte über ihre Lippen.
„Genau. Dieser Mistkerl ist doch nicht unantastbar.“
Das würde sie genießen.
Langsam, zögernd zog sie sich zurück.
Ihre Arme lockerten sich, ihre Finger lösten sich von seinem Mantel, und Zentimeter für Zentimeter entfernte sie sich von ihm.
Das Fehlen seiner Berührung hinterließ ein seltsames Gefühl in ihrer Brust – etwas Leichtes, etwas Nachhallendes.
Aber sie ignorierte es.
Stattdessen hob sie den Blick, ihre bernsteinfarbenen Augen musterten sein Gesicht und nahmen jedes Detail in sich auf.
Lucavion stand da, sein übliches Grinsen immer noch im Gesicht – aber irgendetwas stimmte nicht.
Seine Haut.
Sie war blasser als zuvor.
Nicht todesblass, nicht krank, aber – schwächer.
Ausgelaugter.
Etwas in ihrer Brust zog sich zusammen.
Sie war als Adlige aufgewachsen. Bevor sie krank geworden war, hatte man ihr alles beigebracht, was es über den Körper, über Medizin und über das Überleben zu wissen gab.
Und sie erinnerte sich daran.
Auch wenn die Erwachten stärker waren als normale Menschen, waren sie dennoch an die Regeln der Welt gebunden.
Sie konnten länger ohne Nahrung, Wasser und Schlaf auskommen, aber sie waren nicht immun gegen die Strapazen, die Kämpfe ihrem Körper zufügten.
Besonders wenn sie verletzt waren.
Besonders, wenn sie ihren Körper über seine Grenzen hinaus belasteten.
Aelianas Finger zuckten leicht.
„Das stimmt …“
Auch wenn Tränke Wunden heilen, schaffen sie die Heilung nicht aus dem Nichts.
Das macht der Körper.
Regeneration braucht Energie. Sie wird aus den inneren Reserven gezogen und verbraucht Kraft, Nährstoffe und Ressourcen aus dem Körperinneren.
Wenn ein Körper zu erschöpft ist, spielt es keine Rolle, wie viele Tränke man ihm verabreicht –
er wird nicht richtig heilen.
Lucavion hatte gegen den Kraken gekämpft.
Lucavion hatte sich über seine Grenzen hinausgetrieben.
Lucavion hatte geblutet. Hatte durchgehalten. Hatte überlebt.
Und jetzt –
Jetzt zahlte er den Preis dafür. Entdecke Geschichten in My Virtual Library Empire
Aeliana atmete langsam aus.
Lucavions Grinsen zuckte leicht, als er ihren Blick bemerkte. „Was? Habe ich etwas im Gesicht?“
Ihre Augen verengten sich.
„Idiot.“
Natürlich würde er so tun, als wäre nichts gewesen.
Aber Aeliana wusste es besser.
Sie fühlte sich stark.
Sie fühlte sich stärker als je zuvor in ihrem ganzen Leben.
Ihr Körper – einst zerbrechlich, schwach und immer kurz vor dem Zusammenbruch – war jetzt leicht, stabil und kraftvoll.
Etwas floss durch ihre Adern, etwas Neues, etwas, das unbestreitbar da war.
Ob es eine Nachwirkung ihrer Krankheit, ihrer Abstammung oder etwas ganz anderes war – sie wusste es nicht.
Aber das war egal.
Denn eines war sicher:
Der Spieß hatte sich umgedreht.
Lucavion hatte sich die ganze Zeit um sie gekümmert.
Er hatte auf sie aufgepasst. Er hatte sie getragen, wenn sie sich nicht bewegen konnte. Er hatte ihr Temperament, ihre Wut und ihr Leiden ertragen.
Und jetzt –
Jetzt war er es, der sich erholen musste.
Er brach noch nicht zusammen, aber Aeliana kannte die Anzeichen der Erschöpfung.
Und jetzt war sie an der Reihe.
An der Reihe, etwas zu tun.
An der Reihe, ihm wenigstens ein bisschen von dem zurückzugeben, was er für sie getan hatte.
Aeliana atmete tief aus und straffte die Schultern.
Dann –
„Luca.“
Lucavion blinzelte. Seine schwarzen Augen funkelten amüsiert.
„Du nennst mich jetzt bei meinem Namen? Wie mutig.“
Aeliana ignorierte seinen üblichen Unsinn und hob ihr Kinn. „Hol die Utensilien und Zutaten aus deinem Vorratsschrank.“
Lucavion hob eine Augenbraue.
„…Warum?“
Aeliana runzelte die Stirn. „Was meinst du mit warum?“
Lucavion neigte den Kopf und genoss sichtlich ihre Verärgerung. „Normalerweise nennen Leute einen Grund, wenn sie um etwas bitten.“
Aeliana verschränkte die Arme und starrte ihn an. „Ich werde kochen.“
Lucavion starrte sie an.
Dann –
ein langsames Grinsen huschte über sein Gesicht.
„Du? Kochen?“
„Ja.“
„Du musst nichts tun“, erklärte er bestimmt.
Lucavion lehnte sich gegen die Höhlenwand und grinste noch breiter. „Du hast doch schon bekommen, was du wolltest, oder?“
Aeliana kniff die Augen zusammen.
„Du bist geheilt. Du bist jetzt in Sicherheit. Du brauchst doch nicht …“
„Nimm sie einfach raus, du Mistkerl.“
Lucavion hielt inne.
Sein Mund zuckte, als würde er ein Lachen unterdrücken.
„Aeliana …“
„Wer hat dir erlaubt, abzulehnen?“
Lucavion öffnete erneut den Mund –
„Bu …“
„Halt die Klappe.“
Lucavion blinzelte.
Dann …
lachte er.
Ein leises, amüsiertes Kichern, während er den Kopf schüttelte und in seinen Raumbehälter griff.
„Bossy“, murmelte er. „Ich mochte dich lieber, als du dich nicht bewegen konntest.“
Aeliana starrte ihn an.
„Nimm sie einfach raus, bevor ich dir die Nase breche.“
Lucavion lachte.
Nicht sein übliches selbstgefälliges, arrogantes Kichern – nein, dieses Mal war es leicht, aufrichtig amüsiert.
Er hielt ihren Blick fest, seine schwarzen Augen funkelten, während er beobachtete, wie Aeliana ihn anstarrte und ihre Verärgerung mit jeder Sekunde zunahm.
Er konnte es sehen.
Sie war wütend.
Mehr als nur hilfsbereit, mehr als nur der Versuch, nicht hilflos zu wirken –
sie wollte das tun.
Und das –
das war neu.
Lucavion seufzte dramatisch und hob die Hände in einer Geste der Kapitulation.
„Okay, okay. Was immer du willst.“
Aeliana kniff die Augen zusammen. „Verdammt richtig.“
Lucavion stieß erneut amüsiert die Luft aus, bevor er in seinen Raumtaschen griff.
Mit einer schnellen Bewegung seiner Finger erschienen verschiedene Utensilien und frische Zutaten, die ordentlich vor ihr angeordnet waren – eine Mischung aus getrocknetem Fleisch, Gemüse, Mehl, Gewürzen und sogar einem kleinen Topf.
Aeliana musterte alles mit verschränkten Armen.
Zufrieden nickte sie einmal.
Lucavion, der sie immer noch beobachtete, grinste. „Was, keine Beschwerden? Du bist mit meiner Auswahl einverstanden?“
Aeliana warf ihm einen Blick zu.
„Mach nichts. Ruh dich einfach aus.“
Lucavion hob eine Augenbraue. „Ausruhen?“
„Ja.“
„Du? Du gibst mir Befehle?“
Aeliana griff nach dem nächsten Holzlöffel und hielt ihn ihm direkt vor das Gesicht.
„Setz dich. Hin.“
Lucavion starrte auf den Löffel.
Dann wieder sie an.
Dann wieder den Löffel.
Und dann grinste er.
„Beängstigend“, murmelte er, setzte sich aber trotzdem hin.
Aeliana schnaubte. „Gut. Jetzt bleib sitzen, oder ich werfe dir das an den Kopf.“
Lucavion lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
„Verstanden, kleine Glut. Verstanden.“