Aeliana hatte daran geglaubt.
Zum ersten Mal seit Jahren hatte sie es gewagt, daran zu denken – vielleicht.
Vielleicht konnte sie leben. Vielleicht konnte sie geheilt werden. Vielleicht war die Zukunft etwas, das sie erreichen konnte, etwas mehr, als im Schatten ihrer eigenen Schwäche zu verharren und auf das Unvermeidliche zu warten.
Sie hatte begonnen, an Menschen zu glauben.
Sie hatte begonnen, an ihn zu glauben.
Aber das hier …
Das hier war falsch.
Der Schmerz war unnatürlich, abnormal, weit jenseits der Krankheit, die sie so lange geplagt hatte.
Eine neue Welle der Qual durchfuhr sie und raubte ihr den Atem. Sie brach völlig zusammen und ihr Körper zuckte heftig. Der kalte Stein der Höhle biss sich in ihre Wange, ihre Finger krallten sich in den harten Boden.
Und dann – das Blut.
Dick und dunkel sprudelte es aus ihrer Kehle und ergoss sich in unregelmäßigen, würgenden Hustenstößen über ihre Lippen. Es war nicht rot – es war etwas anderes, etwas Tieferes, etwas Unheimliches. Ihre Adern brannten, verdrehten sich unter ihrer Haut und schwärzten sich, als würde etwas in ihr sie von innen vergiften.
„Was … passiert mit mir?“
Ihre Hände zitterten, als sie versuchte, sich zu bewegen, zu atmen, aber ihr Körper gehorchte ihr nicht. Die Luft fühlte sich schwer an, drückte auf ihre Brust und erstickte sie.
Und dann sah sie es.
Eine Präsenz.
Es war nicht hier, nicht in der Höhle, nicht in dieser Welt, aber sie spürte es. Es beobachtete sie. Es wartete.
Der Raum hinter ihren Augenlidern war nicht mehr nur Dunkelheit – es war etwas anderes.
Etwas Gewaltiges.
Etwas, das nach ihr griff.
Ihr Verstand zerbrach unter der Last, gefangen zwischen der Realität und etwas Tieferem, etwas Unbegreiflichem. Die Höhle verschwand, ihre Gedanken versanken in dieser unsichtbaren Kraft, die sie in eine Welt zog, die sie nicht verstand.
„Dieser Schmerz … er ist nicht nur in meinem Körper – er ist in meiner Seele.“
Sie schnappte nach Luft, ihre Lippen zitterten, als sie sich zwang, ihn anzusehen.
Luca.
Er stand da.
Er beobachtete sie.
Er bewegte sich nicht.
Er sagte nichts.
Seine dunklen Augen – so undurchschaubar, so distanziert – reflektierten das schwache Feuerlicht, sein Gesichtsausdruck war unheimlich ausdruckslos.
Aelianas Brust zog sich zusammen, eine neue Emotion durchzuckte ihren Schmerz.
Verrat.
Ihre Finger krallten sich schwach in den Boden, eine stille Bitte, ein verzweifelter Versuch zu verstehen. Sie versuchte zu sprechen, aber ihre Stimme kam nur als heiseres Flüstern heraus, das in ihrem unregelmäßigen Keuchen unterging.
„… Luca …“
Nichts.
Er kniete sich nicht neben sie. Er streckte nicht die Hand nach ihr aus. Er reagierte nicht einmal.
Er sah nur zu.
Ihre Sicht verschwamm, Wut kochte unter ihrer Haut und vermischte sich mit dem Schmerz.
„Lucavion … was hast du getan?“
Sie presste die Worte hervor, ihr Atem zitterte.
„Hör auf.“
Er hörte nicht auf.
Ihr ganzer Körper zuckte, ihre Sicht zerbrach in Splitter, ihr eigener Herzschlag hämmerte in ihrem Schädel. Sie schrie.
Sie flehte ihn an.
Aber dennoch –
Luca sah nur zu.
Aelianas Körper wand sich und krümmte sich gegen den kalten, unnachgiebigen Stein. Die Qual war unerträglich, zerriss sie wie ein unerbittlicher Sturm, aber es war nicht nur der Schmerz selbst – es war er.
Sein Schweigen.
Seine Regungslosigkeit.
Seine völlige Weigerung, sich zu bewegen.
Ihr Atem stockte heftig, jeder keuchende Atemzug fühlte sich an, als würden Messer durch ihre Lungen kratzen.
Sie zwang ihre Augen auf, konnte durch den Schleier kaum etwas erkennen, und starrte ihn an.
Luca.
Er stand da.
Und sah zu.
Ohne einen Finger zu rühren.
Ihre Gedanken waren durcheinander. Hunderte von Gedanken prallten aufeinander, zusammenhanglos und verzweifelt, keiner davon ergab einen Sinn.
„Warum?“
„Bitte hasse mich nicht dafür …“
Das hatte er gesagt. Kurz bevor es losging.
Also wusste er es.
Ihre Finger krallten sich in den Boden, ihre Fingernägel kratzten sinnlos gegen den Fels, während ihr Körper unkontrolliert zuckte.
„Hat er mir was angetan?“
Der Gedanke ließ eine neue Welle der Kälte durch sie hindurchfahren, scharf und bitter. Aber warum? Warum sollte er? Was hätte er davon?
Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, versuchten, einen Sinn in dem Sinnlosen zu finden, versuchten, einen Grund für sein Schweigen zu finden, aber nichts passte zusammen.
Und weil sie es nicht verstehen konnte – weil sie nicht begreifen konnte, warum – wurde der Schmerz noch schlimmer.
Denn seine Gründe nicht zu verstehen, tat mehr weh als die Qualen, die sie zerreißen wollten.
Ein raues, verzweifeltes Geräusch entrang sich ihrer Kehle – halb ein Schluchzen, halb ein Schrei.
Sie biss die Zähne zusammen, jeder Muskel ihres Körpers spannte sich an, während sie darum kämpfte, sich zusammenzureißen, durchzuhalten.
Und dann presste sie die Worte heraus, heiser und gebrochen.
„Warum?“
Luca reagierte nicht.
Sie schnappte nach Luft, und die Anstrengung ließ ihre Glieder erneut heftig zittern.
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„Warum hilfst du mir nicht?“
Ihre Sicht verschwamm noch mehr, die Welt kippte und entglitt ihr. Der Schmerz war jetzt überwältigend, durchflutete jeden Teil ihres Körpers und brannte sich in ihre Seele.
Und sie wusste es.
Sie konnte es fühlen.
Sie verlor das Bewusstsein.
Die Ränder ihrer Wahrnehmung zerbröckelten, Dunkelheit sickerte wie Tinte durch zerrissenes Pergament.
Der Schmerz war einfach zu stark.
Einfach zu stark.
Und sie konnte es nicht ertragen.
Der Schmerz war unerträglich. Er grub sich in ihre Knochen, brannte durch ihre Adern und umschlang ihre Brust wie grausame, unnachgiebige Ketten. Es war nicht nur ihr Körper, der zerbrach – es war etwas Tieferes, etwas, das sie nicht erreichen konnte, etwas, das nicht berührt werden durfte.
Und während all das geschah, stand Luca einfach nur da.
„Musstest du wirklich so grausam sein?“
Der Gedanke hallte durch den Sturm der Qual und schnitt tiefer als der Schmerz selbst.
Noch vor wenigen Tagen hatte sie geglaubt.
Zum ersten Mal seit Jahren hatte sie sich Hoffnung gemacht.
Sie hatte sich getraut, zu vertrauen.
Sie hatte ihn angesehen, seinen rücksichtslosen Worten gelauscht, war dem Weg gefolgt, den er durch dieses verlassene Land gebahnt hatte, und sie hatte gedacht – vielleicht.
Vielleicht könnte sie überleben. Vielleicht könnte sie sich ändern. Vielleicht könnte sie mehr sein als nur ein Mädchen, das auf den Tod wartete.
Und jetzt – jetzt war er es, der ihr alles nahm.
Ihre Finger krallten sich schwach in den kalten Boden, ihre Fingernägel kratzten über den Stein, als ein weiterer heftiger Schauer ihren Körper durchfuhr. Ihr Atem kam in unregelmäßigen Stößen, ihre Brust hob und senkte sich in ungleichmäßigen, qualvollen Zuckungen.
„Ich sollte loslassen.“
Der Gedanke drängte sich ihr auf, flüsterte, drängte.
Es wäre einfacher.
Es würde weniger wehtun.
Wenn sie einfach aufhörte zu kämpfen – wenn sie sich einfach der Dunkelheit hingab – dann würde der Schmerz nachlassen.
Ihr Körper war zu schwach, um das auszuhalten. Das hatte sie immer gewusst.
„Warum also …“
Warum versuchte sie es immer noch?
Warum klammerte sie sich immer noch an die zerfasernden Ränder ihres Bewusstseins und kämpfte darum, sich festzuhalten?
Ein erstickter Schluchzer entriss sich ihrer Kehle, ihre Lippen zitterten, als sie nach Luft rang, die sich weigerte, ihre Lungen zu füllen. Ihre Sicht verschwamm und flackerte zwischen den zerklüfteten Höhlenwänden und etwas weit dahinter – einem riesigen, unvorstellbaren Raum, der nach ihr griff und sie tiefer hineinrief.
Es wäre so einfach.
Sie musste nur loslassen.
Es sich nehmen lassen.
Es beenden.
Und doch –
Aeliana biss die Zähne zusammen, ihr ganzer Körper zitterte, als sie die Augen aufriss. Durch den Schleier, durch das erdrückende Gewicht ihres versagenden Körpers fand sie ihn wieder.
Luca.
Er beobachtete sie immer noch.
Bewegungslos.
Still.
Ihre Fingernägel gruben sich in ihre Handfläche, ein schwacher, kraftloser Akt der Auflehnung. Ihre Brust hob und senkte sich, als sie nach Worten rang, aber alles, was herauskam, war ein gebrochenes Flüstern.
„… Warum …?“
Warum hatte er sie glauben lassen?