Die Vase flog mit einem scharfen Zischen durch die Luft, ihre Flugbahn war präzise und von Aelianas Wut angetrieben. Doch bevor sie auf das Gesicht des Herzogs zuschlagen konnte, zerbrach sie in der Luft und zerfiel harmlos an der schimmernden Oberfläche einer Manabarriere.
Das schwache Leuchten der Barriere blieb einen Moment lang bestehen, bevor es verblasste.
Der Herzog blieb stoisch, obwohl sein scharfer Blick mit einer Intensität auf seine Tochter gerichtet war, die Steine hätte schneiden können.
Aeliana stand zitternd da, ihre Brust hob und senkte sich schnell. Ihre Hände, die noch vor wenigen Augenblicken die Fensterbank umklammert hatten, hingen nun an ihren Seiten, die Fäuste so fest geballt, dass ihre Knöchel weiß wurden.
„Du wagst es …“, begann der Herzog mit leiser, gefährlicher Stimme.
„Ich wage es!“, schrie sie und unterbrach ihn mit einem rauen, kehligen Schrei. „Ich wage es, weil du mir nichts anderes übrig gelassen hast! Nichts außer diesem Käfig und deinen verdammten Erwartungen!“
Ihre Stimme brach, als sie einen weiteren Gegenstand warf – diesmal eine Porzellanschale. Auch diese zersprang an der Manabarriere. Das Geräusch der Scherben, die über den Boden verstreut wurden, hallte in der erstickenden Stille des Raumes wider.
„Ich bin nicht deine Schachfigur! Ich bin kein Werkzeug! Hörst du mich?“ Ihre Stimme war schrill und stand kurz vor der Hysterie. „Du redest von Pflicht, davon, mich zu beschützen, aber alles, was du getan hast, ist, mich einzusperren! Du hast mich zu diesem elenden Ding gemacht, das du als Schatten meiner selbst herumparadieren lässt!“
Die Hände des Herzogs ballten sich zu Fäusten, sein Kiefer presste sich zusammen. „Aeliana, genug.“
„Genug?“, spuckte sie, ihr Schleier zitterte vor Wut. „Genug? Wie kannst du es wagen, mir zu sagen, wann genug ist! Du hast mir nie zugehört! Du hast dich nie darum gekümmert, was ich wollte! Es ging immer nur um die Familie, um Thaddeus, um alle außer mir!“
Ihre Hände griffen nach einem anderen Gegenstand – diesmal nach einem silbernen Kerzenhalter. Sie schleuderte ihn mit aller Kraft, angetrieben von jahrelang aufgestauter Wut und Verbitterung. Er zerbrach in dem Moment, als er auf die Manabarriere traf, und verstreute Fragmente wie Schnee im ganzen Raum.
Ihr Atem ging stoßweise, ihre Stimme brach, als sie fortfuhr. „Ich hasse dich! Ich hasse diese Krankheit! Ich hasse alles, was du aus mir gemacht hast! Weißt du überhaupt, wie das ist, Vater? In den Spiegel zu schauen und das zu verachten, was man sieht? Zu wissen, dass man nur noch wichtig ist, weil man etwas für andere tun kann?“
Die Stimme des Herzogs war eiskalt, als er endlich sprach und ihre Wortflut unterbrach. „Glaubst du, ich weiß nicht, was Leiden ist, Aeliana? Glaubst du, du bist die Einzige, die etwas verloren hat? Ich habe mehr geopfert, als du dir jemals vorstellen kannst, um dieses Haus zu erhalten – um dich zu beschützen!“
„In Sicherheit?“, zischte sie mit leiser, giftiger Stimme. „Das nennst du Sicherheit? Diesen Käfig? Dieses langsame, qualvolle Verrotten? Lieber würde ich sterben, als so zu leben – versteckt, vergessen, nur ans Licht gezerrt, wenn du etwas von mir brauchst!“
Der Herzog trat näher, seine imposante Gestalt warf einen Schatten auf ihre zitternde Gestalt. „Glaubst du etwa, ich wollte das für dich?
Glaubst du, das ist es, was ich mir für meine Tochter erträumt habe? Du hast keine Ahnung, was ich alles getan habe, welche Deals ich eingegangen bin, um dich am Leben zu halten!“
Seine Stimme donnerte, erfüllte den Raum und brachte sie für einen Moment zum Schweigen. Aber das Feuer in Aelianas Augen erlosch nicht. Wenn überhaupt, brannte es noch heller, angefacht von jahrelanger Wut und Verzweiflung.
„Dann lass mich leben!“, schrie sie mit brüchiger Stimme. „Lass mich meine eigenen Entscheidungen treffen, auch wenn sie mich umbringen! Lieber sterbe ich auf meine Weise, als so zu leben – wie ein Geist, wie eine Gefangene in meinem eigenen Zuhause!“
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Es herrschte angespannte Stille im Raum, nur das Geräusch ihres schweren Atmens vermischte sich mit dem entfernten Rauschen der Wellen. Der Boden war übersät mit Porzellan- und Silberscherben, ein physischer Ausdruck des Chaos, das zwischen ihnen ausgebrochen war.
Der Blick des Herzogs wurde etwas weicher. Trotz seiner Wut sah er die Risse unter Aelianas Trotz – die Zerbrechlichkeit ihrer Stimme, das Zittern ihrer Hände.
Sie brach zusammen, und er hatte keine Ahnung, wie er sie wieder zusammenfügen sollte.
Sein Gesicht, sein strenges Gesicht, das im ganzen Reich für seine unerbittliche Kälte bekannt war, begann sich zu verändern. Zum ersten Mal seit Jahren zeigte es Risse – nicht vor Wut oder Autorität, sondern vor einer Flut von Emotionen, die er nicht länger unterdrücken konnte. Sein stählerner Blick schwankte, und sein Kiefer presste sich zusammen, als er seine Tochter ansah.
Aeliana, die vor Wut zitterte und deren Stimme noch im Raum hallte, bemerkte den Sturm, der sich hinter seinen Augen zusammenbraute, nicht.
Die Falten in seinem Gesicht vertieften sich, und sein Gesichtsausdruck veränderte sich – zuerst zu Frustration, dann zu Trauer und schließlich zu einem unbeschreiblichen Schmerz, der seine Gesichtszüge verzerrte. Er ballte die Fäuste an seinen Seiten, und die Anstrengung, sich zu beherrschen, war an seinen zitternden Schultern zu sehen.
„Glaubst du, das ist so einfach?“
Der Gedanke kam ungewollt, scharf und bitter. Seine Augen, die normalerweise hart wie Stein waren, wurden für einen flüchtigen Moment weich, als er ihre zerbrechliche Gestalt musterte. Der Schleier, die zitternden Hände, das heftige Atmen – jedes Detail prägte sich in sein Gedächtnis ein und erinnerte ihn grausam daran, wie tief sie gefallen waren.
„Denkst du etwa, ich hätte es nicht versucht? Dass ich nicht die ganze Welt für dich auf den Kopf gestellt habe? Um eine Heilung, ein Heilmittel, ein Wunder zu finden?“
Er schaute auf die Porzellan- und Silberscherben, die über den Boden verstreut waren und deren scharfe Kanten das Mondlicht reflektierten. Die zerbrochenen Überreste spiegelten das Chaos in ihm wider. Er hatte Kriege geführt, Rebellionen niedergeschlagen und mit den wildesten Adligen verhandelt, doch nichts – absolut nichts – hatte ihn auf die Hilflosigkeit vorbereitet, seine Tochter leiden zu sehen.
Sein Blick wanderte zurück zu ihr, die nun an der Fensterbank zusammengesunken war und trotz der Tränen, die sie zu verbergen versuchte, immer noch Trotz in den Augen hatte.
„Vom Westen bis zum verfluchten Süden habe ich jeden Winkel dieses verdammten Reiches durchkämmt. Ich habe mit denen verhandelt, denen ich geschworen hatte, nie wieder gegenüberzutreten. Ich habe gebettelt, gedroht und mehr geopfert, als du dir jemals vorstellen kannst.“
Er dachte an das Heilige Königreich, an die scheinheiligen Priester, die Gebete sprachen und vage Versprechungen machten, die zu nichts führten. Die Alchemisten aus dem Norden, die für ihre Elixiere bekannt waren, hatten ihn im Stich gelassen. Sogar die königliche Familie – seine Feinde – hatten seine verzweifelten Bitten angehört und ihm Zugang zu ihren Gelehrten und Heilern gewährt. Jedes Mal hatte man ihm Hoffnung gemacht, nur um sie ihm dann wieder zu nehmen.
„Glaubst du etwa, ich wollte das? Dich einsperren? Zusehen, wie dasselbe Schicksal, das deine Mutter ereilt hat, dich langsam, Tag für Tag, einholt?“
Seine Kehle schnürte sich zusammen, als Erinnerungen an seine Frau hochkamen – ihr Lachen, ihre Stärke und schließlich ihre Zerbrechlichkeit in ihren letzten Tagen. Er hatte mit angesehen, wie sie dahinschwand, wie ihre lebhafte Präsenz zu einem geisterhaften Echo schwand, und jetzt ging Aeliana denselben Weg.
„Ist das einfach, Aeliana? Gegen einen Fluch zu kämpfen, den niemand benennen kann, den niemand heilen kann? Zu wissen, dass jeder Schritt, den ich mache, in eine weitere Sackgasse führt?“
Sein Gesicht versuchte wieder hart zu werden, ein Reflex, den er in Jahren der Herrschaft mit Autorität und Distanz perfektioniert hatte. Doch selbst als er sich zwang, sich hinter diese vertraute Maske der Kontrolle zurückzuziehen, brachen seine Gefühle hervor, roh und ungeschützt. Das Zittern seiner geballten Fäuste verriet ihn, ebenso wie das Flackern der Sehnsucht in seinen Augen – die Sehnsucht, nach seiner Tochter zu greifen, sie zu halten, ihr Leiden irgendwie zu lindern.
Aber er rührte sich nicht.
Etwas in ihm hielt ihn zurück, eine dunkle Stimme, die ihm Wahrheiten zuflüsterte, die er nicht wahrhaben wollte. Ein Teufel in seinem Herzen, verschlungen und heimtückisch, verstärkte seinen Griff.
„Habe ich nicht schon genug getan?“
Der Gedanke kam ungebeten, bitter und scharf. Es waren nicht nur die Jahre der Anstrengung, die endlose Suche nach einem Heilmittel, die schlaflosen Nächte, in denen er verhandelt und gebettelt hatte – es war die Last von all dem, das ständige Scheitern. Der unerbittliche Vormarsch dieser Krankheit, dieses Fluchs, hatte ihn bis ins Mark zermürbt. Jede Sackgasse, jede falsche Hoffnung, jede Träne, die Aeliana vergossen hatte, hatte tiefere Furchen in seine Seele gegraben.
Und unter dem Schmerz, unter der Trauer, war Ressentiment.
„Sie versucht es nicht einmal“, zischte der Gedanke, grausam und beißend. Sein Kiefer presste sich noch fester zusammen, als sein Blick auf ihre zitternde Gestalt fiel, die wie eine verwelkte Blume gegen die Fensterbank gesunken war. „Sie hat aufgegeben. Sie hat sich in diese Grube der Verzweiflung gestürzt und erwartet, dass ich sie herausziehe.“
Er hasste sich dafür, dass er so dachte, aber der Groll war da und nagte an ihm wie eine Wunde, die nicht heilen wollte.
„Glaubst du etwa, du bist die Einzige, die leidet, Aeliana?“, wollte er schreien. „Glaubst du, ich genieße es, zuzusehen, wie du dahinsiechst, wie das Licht in deinen Augen jeden Tag ein bisschen mehr erlischt? Glaubst du, ich spüre nicht die Last jedes einzelnen Versagens, jedes Augenblicks, in dem ich dich nicht retten konnte?“
Und doch, trotz all ihrer Schmerzen, konnte er ihre Handlungen – ihre Trotzigkeit, ihre Wutanfälle, ihre Weigerung zu kämpfen – nur als Launen eines Kindes sehen.
„Du schließt dich ein, wirfst mit Vasen und Kerzenständern wie ein verwöhntes Kind, während ich da draußen meine Seele zerreiße, um ein Heilmittel zu finden. Glaubst du, das ist leicht für mich? Glaubst du, ich wollte das?“
Die Erinnerungen an seine Frau kamen unaufgefordert und grausam zurück. Ihr Lachen, einst so lebhaft, war jetzt nur noch ein gespenstisches Echo in seinem Kopf. Die Kraft in ihrer Stimme, die Art, wie sie bis zum Schluss gekämpft hatte. Selbst als ihr Körper sie im Stich ließ, hatte sie dem mit Würde und Anmut begegnet. Sie hatte ihn nie ihre Schwäche sehen lassen, nie zugelassen, dass ihr Leiden ihn belastete.
Und jetzt, als er Aeliana ansah, musste er unwillkürlich einen Vergleich anstellen.
„Deine Mutter hat nie aufgegeben. Sie hat nie aufgehört zu kämpfen.“