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Kapitel 346: Tochter (2)

Kapitel 346: Tochter (2)

„Ich hab gehört, dass es der Tochter des Herzogs nicht gut geht.“

Das Grinsen des Barkeepers verschwand kurz, und er schaute mich schief an. „Das“, sagte er vorsichtig, „ist heikles Wissen. Ich würde mich an deiner Stelle vorsichtig ausdrücken.“
Lucavion antwortete nicht sofort. Stattdessen griff er in seinen Mantel, holte einen kleinen Beutel hervor und legte ihn demonstrativ auf den Tresen. Das leise Klirren von Münzen darin war unüberhörbar.

Der Barkeeper warf einen Blick auf den Beutel, seine Miene war unlesbar. Nach kurzem Zögern nahm er ihn und steckte ihn mit einem Nicken in seine Schürze. Er beugte sich leicht vor und senkte die Stimme.
„Na gut, wenn du bezahlst …“ Er sah sich kurz um, um sicherzugehen, dass niemand zuhörte. „Lady Aelianna, die Tochter des Herzogs, ist seit einiger Zeit krank. Gerüchten zufolge handelt es sich nicht um eine gewöhnliche Krankheit. Es ist etwas … Seltsames. Niemand kann sie heilen, nicht einmal die besten Heiler der Region.“

Lucavion hob eine Augenbraue, blieb aber entspannt, während er zuhörte.
„Manche sagen, es sei ein Fluch“, fuhr der Barkeeper fort. „Andere glauben, es sei eine uralte Krankheit – etwas, das mit den verlorenen Ruinen zu tun hat, die die Expedition des Herzogs sucht. Was auch immer es ist, es hat den Herzog so verzweifelt gemacht, dass er alles für dieses Unternehmen riskiert. Man sagt, er suche dort draußen nach etwas – einem Heilmittel, einer Reliquie, wer weiß? Etwas, das seine Tochter retten kann.“
Lucavions Blick wurde etwas weicher, seine Augen funkelten nachdenklich. „Und Lady Aelianna? Wie geht es ihr?“

Der Barkeeper schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung. Sie wird seit Monaten nicht gesehen. Manche denken, sie ist zu schwach, um ihre Gemächer zu verlassen. Andere sagen, sie ist weit weg vom Anwesen des Herzogs, versteckt, um sie zu beschützen.“
Lucavion nickte langsam und versank in Gedanken.

Der Barkeeper richtete sich auf und nahm wieder seinen üblichen lockeren Ton an. „Mehr weiß ich nicht. Alles andere kostet extra.“

Lucavion lachte leise und aß den letzten Bissen von seinem Seebarsch. „Nein, das reicht mir fürs Erste. Du warst mir eine große Hilfe.“
Der Barkeeper grinste und ging zurück, um sich um einen anderen Gast zu kümmern. Lucavion lehnte sich in seinem Stuhl zurück, seine dunklen Augen waren in Gedanken versunken, während er die Informationen zu einem Ganzen zusammenfügte.

Sein Grinsen kehrte zurück, schwach und scharf wie immer.

Na dann. Mal sehen, was der nächste Schritt bringt.

*******
Der dunkle Raum war erfüllt vom gedämpften Rauschen der Wellen, die Symphonie des Ozeans hallte durch das offene Fenster. Eine einsame Gestalt stand am Rand, ihre schlanke Silhouette in einen schweren Umhang gehüllt. Der Schleier, der ihr Gesicht bedeckte, wehte sanft im Wind, ein ätherischer Tanz, der dem Rhythmus ihrer leisen, angestrengten Atemzüge entsprach.
Die Gestalt streckte eine Hand in Richtung Horizont aus, als könne sie das ferne Meer mit ihren Fingern greifen. Ihre Brust hob und senkte sich in einem unregelmäßigen Rhythmus, jeder Atemzug zeugte von ihrem Kampf. Doch trotz der Abgeschiedenheit ihres Zimmers und der vielen Schichten, die sie bedeckten, strahlte ihre Haltung eine trotzige Würde aus – eine stille Weigerung, sich der Krankheit zu beugen, die sie fest im Griff hatte.

Ein Klopfen an der Tür zerriss die zarte Ruhe.
„Junge Dame“, rief eine Stimme leise von der anderen Seite. „Der Herzog möchte dich sehen.“

Ihre Finger zuckten am Fensterbrett und krallten sich an der Kante fest, als wollten sie sich gegen das Eindringen wehren.

„Ich habe gesagt, dass ich nicht gestört werden möchte“, antwortete sie mit kalter Stimme, die jedoch leicht zu zittern begann. Aelianas Stimme war zwar leise, aber sie klang erschöpft und von unnachgiebiger Entschlossenheit geprägt.
„Entschuldige bitte, junge Dame“, sagte die Stimme zögernd, aber bestimmt. „Der Herzog besteht darauf. Er sagt, es sei dringend.“

Sie drehte den Kopf leicht zur Seite, und ihr Schleier fing einen Streifen Mondlicht ein. Der Herzog. Ihr Vater. Der Mann, der sie sowohl als seinen Stolz als auch als seine Last betrachtete. Aeliana presste die Lippen zu einer schmalen Linie unter dem Stoff zusammen.

„Komm rein“, sagte sie schließlich mit knapper und müder Stimme.
Die Tür quietschte und der Herzog trat ein. Seine Präsenz füllte den Raum, eine hochgewachsene Gestalt in dunkler Militäruniform, verziert mit dem Wappen seines Hauses – ein Schiff auf stürmischer See. Sein scharfer, berechnender Blick wurde weicher, als er auf seine Tochter fiel. Für einen Moment schien die harte Fassade des Herzogs Thaddeus zu bröckeln.
„Aeliana“, begann er mit tiefer, aber vorsichtiger Stimme, als würde er sich auf dünnem Eis bewegen.

Die Luft im Raum wurde schwerer, das leise Rauschen der Wellen hinter dem Fenster schien zu verstummen, als Aeliana ihren Vater ihren Namen rufen hörte. Sein Tonfall war anders – nicht die befehlende Präsenz eines Herzogs, sondern etwas Weicheres, Unsichereres. Für einen Moment zögerte sie und ließ ihre Hand vom Fensterbrett gleiten.
Ihr Herz zog sich zusammen, belastet von einer Flut von Gefühlen, die sie nicht ganz entwirren konnte. Wut. Groll. Traurigkeit. Und irgendwo darunter ein ganz leises Flackern der Sehnsucht – nach Verständnis, nach Freiheit, nach etwas, das sie nicht einmal benennen konnte.

„Wie geht es dir?“, fragte der Herzog mit vorsichtiger Stimme, als würde er ein Schlachtfeld betreten, auf das er nicht ganz vorbereitet war.

Aeliana presste die Lippen unter ihrem Schleier zu einer schmalen Linie zusammen und biss die Zähne zusammen. Ihr Vater stellte diese Frage nie ohne Grund. Es war keine Sorge, sondern der Auftakt zu etwas anderem. Der Prolog zu einer weiteren Pflicht, einer weiteren Forderung, einer weiteren Erinnerung daran, dass ihr Leben nicht mehr ihr eigenes war.
„Jetzt kommt das Gespräch über die Hochzeit“, dachte sie bitter und spürte, wie sich ihre Brust weiter zusammenzog.

Es war immer dasselbe. Ihr Wert als Tochter des Herzogs war auf einen einzigen Zweck reduziert worden: Bündnisse zu sichern, die Macht ihrer Familie zu stärken. Sie war nicht mehr Aeliana, das Mädchen, das einst barfuß durch die Gärten gelaufen war. Sie war eine Schachfigur – ein zerbrechlicher Stein auf dem großen Schachbrett ihres Vaters.
„Mir geht es gut“, log sie mit fester, aber hohler Stimme.

Der Blick ihres Vaters ruhte einen Moment lang auf ihr, als versuche er, hinter den Schleier und die Worte zu blicken.

„Du klingst nicht gut“, sagte er schließlich.
Aeliana wandte den Kopf ab und schaute wieder zum offenen Fenster. Die kühle Brise streichelte ihre Wange und verschaffte ihr eine kurze Erholung von der Hitze, die immer unter ihrer Haut zu brodeln schien.

„Ich klinge nicht gut, weil es mir nicht gut geht. Aber was interessiert dich das schon, Vater? Du fragst nur, weil du etwas von mir willst. Du willst immer etwas von mir.“
Die Erinnerung an ihren sechzehnten Geburtstag flackerte unaufgefordert und grausam in ihrem Kopf auf. Das war der Tag, an dem sich alles verändert hatte – der Tag, an dem die ersten Anzeichen ihrer Krankheit zum Vorschein kamen. Zuerst hatte sie versucht, sie zu verbergen, so zu tun, als wäre alles normal. Aber bald waren die Verfärbungen, die seltsamen Flecken auf ihrer Haut, nicht mehr zu übersehen.

Es war nicht ihr Vater, der sie in diesem Zimmer eingesperrt hatte.

Es war diese Krankheit.
Die Stimme ihres Vaters durchbrach ihre Gedanken und holte sie in die Gegenwart zurück.

„Aeliana“, sagte er erneut, diesmal mit schärferem Tonfall.

Der scharfe Tonfall des Herzogs durchbrach die zerbrechliche Stille im Raum und lenkte Aelianas Aufmerksamkeit vom Horizont ab. Seine Augen, wieder kalt und berechnend, bohrten sich mit einer Intensität in sie, die sie fast spüren konnte.
„Ich habe gehört, du warst nicht bei der Besprechung mit Graf Allistor“, sagte er mit gemessener Stimme, die jedoch so schwer war, dass sich ihr Magen zusammenzog.

Aeliana versteifte sich und krallte ihre Finger in die Fensterbank. Natürlich ging es um den Grafen. Es kam immer wieder auf diese elende Vereinbarung zurück.
„Ich habe mich nicht gut gefühlt“, sagte sie knapp und starrte auf die Wellen in der Ferne. „Und ich habe keinen Sinn darin gesehen.“

Der Herzog presste die Kiefer aufeinander und seine Haltung wurde steif. „Du hast keinen Sinn darin gesehen? Aeliana, du hast dieser Verbindung bereits zugestimmt. Ist dir klar, wie viel Mühe es gekostet hat, diese Verlobung zu arrangieren? Wie prekär unsere Position war, um überhaupt darüber verhandeln zu können?“
„Ja, Vater“, dachte sie bitter. „Ich verstehe das sehr gut. Deshalb werde ich an einen Mann unter unserem Stand verkauft – einen Mann mit einem so schlechten Ruf, dass sogar die Diener über ihn tuscheln. Weil ich für niemanden, der besser ist, das Risiko wert bin.“

Laut sagte sie: „Ich habe dieser Verbindung nie zugestimmt. Das waren Sie.“
„Du wusstest, was auf dem Spiel stand“, erwiderte der Herzog scharf. „Glaubst du etwa, ich wollte das? Glaubst du, es freut mich, meine Tochter mit einem Mann von geringerer Stellung zu verheiraten? Die Gerüchte zu hören und die Blicke derer zu spüren, die glauben, das Haus Thaddeus sei so tief gesunken?“
Aeliana drehte sich endlich zu ihm um, ihr Schleier fing das Licht ein, als sie sich bewegte. „Dann verheirate mich doch gar nicht. Wenn meine Anwesenheit eine solche Last ist, lass mich in diesem Zimmer bleiben und still vor mich hin vegetieren.“
Ihre Worte hingen scharf und giftig in der Luft. Einen Moment lang sagte der Herzog nichts, sein Gesichtsausdruck war unlesbar.

„Es geht hier nicht um dich“, sagte er schließlich mit leiserer, aber nicht weniger fester Stimme. „Es geht um die Familie. Um die Sicherung der Zukunft unseres Hauses. Du bist eine Thaddeus, Aeliana. Dieser Name bedeutet etwas.“
Ein bitteres Lachen entfuhr ihr. „Was bedeutet er für mich, Vater? Dass ich eine Schachfigur bin? Ein Werkzeug, das an einen lüsternen Grafen verkauft wird, weil ich meine Pflicht nicht richtig erfüllen kann? Tu nicht so, als wäre das zu meinem Besten.“
Der Herzog kniff die Augen zusammen, und zum ersten Mal verlor seine Stimme ihre Zurückhaltung. „Genug. Glaubst du etwa, du bist die Einzige, die leidet? Glaubst du, diese Krankheit betrifft nur dich? Ich habe Jahre damit verbracht, dich zu beschützen, dich vor dem Schlimmsten zu bewahren, während du dich in diesem Zimmer verkriechst und dich weigerst, der Realität ins Auge zu sehen.“

SMASH!

Als Antwort auf diese Worte flog etwas direkt in das Gesicht des Herzogs.

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, konnte er nur noch die Hölle ertragen. Er hatte keine Familie, auf die er sich verlassen konnte, da sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Eine Seele vom Schlachtfeld: Lucavion Thorne. Aber anscheinend war er viel mehr als nur ein einfacher Soldat, denn das Schicksal hatte noch einiges für ihn auf Lager. Eine Seele von der Erde ... Als sie verschmolzen, wurde ihm klar: Er war ein Bösewicht aus einem Kapitel, dessen einziger Zweck darin bestand, als Kulisse für die Tragödie des Protagonisten zu dienen. Aber war er wirklich nur ein Bösewicht aus einem Kapitel, oder hatte das Schicksal noch ein paar Asse im Ärmel? Verfolge die Geschichte von Lucavion Thorne, wie er den Sinn seiner Seelenwanderung findet und sein eigenes Schicksal entdeckt. ---------- Ein oder zwei Kapitel täglich. Kapitellänge 1500-2000 Wenn du möchtest, kannst du bei mir auf Discord vorbeischauen. Dort kannst du die Illustrationen sehen und mit mir chatten, wenn ich verfügbar bin. https://discord.gg/BQRMhDxZr8 ---------------------------0------------------------------ Geschäftliche E-Mail-Adresse: [email protected] Discord: _yty_ Shattered Innocence: Transmigrated Into a Novel as an Extra ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Action, Abenteuer, Drama, Fantasy, Harem, Romantik und Tragödie abdeckt. Geschrieben vom Autor Darkness_Enjoyer geschrieben. Lies "Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt" kostenlos online.

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