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Kapitel 339: Nimm es (2)

Kapitel 339: Nimm es (2)

Die Straßen waren jetzt ruhiger, die fernen Laternen der Ritter von Thornridge schwankten wie verirrte Glühwürmchen in der Dunkelheit. Lucavion schenkte ihnen keine Beachtung. Selbst als eine Gruppe Ritter um eine entfernte Ecke bog und ihre Blicke kurz auf ihn fiel, wagte keiner, ihn aufzuhalten.

Als er sich jedoch den Stadttoren näherte, wurde ihre Präsenz immer stärker. Die gedämpften Stimmen der Ritter hallten in der kalten Luft wider, ihre Rüstungen glänzten im fahlen Mondlicht.
„Wer … wer ist das?“, murmelte einer mit einer Spur von Unruhe in der Stimme, als Lucavion und Aether die Außenmauern passierten.

Ein anderer Ritter rief, seine Stimme hallte klar in der Stille wider. „Du da! Halt!“

Lucavion blieb nicht stehen. Er schaute nicht einmal zurück. Aether beschleunigte ihre Schritte zu einem gemessenen Galopp und ihre Gestalt schnitt durch die Schatten wie eine Verlängerung der Nacht selbst.
Weitere Rufe folgten, verwirrt und wütend, hallten von den Steinmauern wider. „Haltet ihn auf!“

„Wer war das?“

„Lasst ihn nicht …!“

Aber Lucavion war schon verschwunden.
Der Wind zerrte an seinem Umhang, als Aethers Hufe sie durch die Tore hinaus in die wilde, offene Nacht trugen. Die Rufe verstummten hinter ihm, verschluckt von der endlosen Dunkelheit. Thornridge schrumpfte in der Ferne zusammen, seine Lichter flackerten wie sterbende Glut am Horizont.

Lucavions dunkle Augen blieben nach vorne gerichtet, das schwache Leuchten von Aethers Augen warf Lichtstreifen auf den mondbeschienenen Boden.
Das Verlassen ist einfach, wenn man bereits ein Geist ist.

Er ließ die Stille um sich herum wirken, ein leichtes Grinsen umspielte seine Lippen, während der Wind an ihm vorbeizog. Das Blut auf seinem Mantel würde bald verschwinden, aber die Erinnerung an diese Nacht – das Gemetzel, die Stille, die Gier in Zirkels Augen – würde wie die letzten Glutreste eines erlöschenden Feuers nachwirken.
Er fuhr mit seiner behandschuhten Hand durch Aethers Mähne, deren gleichmäßiger Rhythmus sich beruhigte, während sie in der Nacht verschwanden.

„Weiter“, murmelte er leise, seine Stimme ging im Wind unter.

Die Welt erstreckte sich vor ihm, weit und wartend. Und für den Moment war das genug.

*******

FOOSH! FOOSH!
In einem Wald floss der Fluss in gemächlichem Rhythmus, seine Oberfläche nur von Wellen gekräuselt, wo Lucavions blasse Haut das Wasser berührte. Mondlicht fiel in silbernen Bändern herab und tauchte seinen hellen Körper in ein warmes Licht, die Narben auf seiner Haut zeugten von vergangenen Schlachten. Die Spuren zogen sich über seine Arme, seine Schultern, seine Brust – jede einzelne verbarg eine Geschichte, unsichtbar, aber niemals vergessen.
Trotz ihrer Stille haben Flüsse die Fähigkeit, Dinge wegzuspülen – Blut, Schmutz, Erinnerungen, die zu scharf an der Seele kratzen.
Lucavion hielt seine Hände unter den fließenden Strom und sah zu, wie die purpurroten Streifen verschwanden, während das Wasser sie ins Unbekannte trug. Die Stille um ihn herum war riesig und alles umfassend, nur unterbrochen vom gelegentlichen Murmeln des Flusses oder dem leisen Rascheln der Äste über ihm. Seine Kleidung – sorgfältig gewaschen und ausgewrungen – hing schlaff an den niedrigen Ästen der Bäume in der Nähe, ihr dunkler Stoff flatterte leicht im Wind.
„Endlich ist das Blut weg …“, murmelte er mit einer Stimme, die so leise war, dass sie kaum zu hören war. Sein Tonfall war abwesend, aber er hatte etwas Distanziertes – weniger wegen des Blutes selbst als wegen dessen, was es symbolisierte. Es hinterlässt immer tiefere Spuren als nur auf der Haut.

Lucavion sank tiefer ins Wasser und ließ sich bis zu den Schlüsselbeinen davon umschließen.
Er schloss die Augen und spürte, wie das Gewicht des Flusses wie ein stiller Anker auf ihm lastete, als würde die Welt versuchen – wenn auch nur für einen Moment –, ihn stillzuhalten.

Interessant, dachte er plötzlich und streckte seine Arme unter der Oberfläche aus. Unter seiner Haut summte ein leises Brummen, eine Kraft, die zuvor nicht da gewesen war. Stärke strömte durch seine Adern, scharf und stark, fast greifbar.
„Hmm …“, sagte er, legte den Kopf in den Nacken und ließ das Mondlicht über sein Gesicht streifen, während ein langsames Grinsen um seine Lippen spielte. „Die Ernte ist in der Tat reichhaltig.“

Er krümmte locker die Finger und spürte das Kribbeln der Energie, die dort zurückblieb – ein Puls, schwach, aber stetig, wie eine Glut, die unter Asche schlummert. Die Todesmana, die er bei dem kleinen Spektakel heute Nacht absorbiert hatte … Sie war stark. Viel stärker, als sie sein sollte.

Das Gemetzel, das er hinterlassen hatte – die Ältesten der Crimson Serpent Sect, der Sektenführer Vaelric – war kein Spaß gewesen. Jeder einzelne ihrer Tode war ihm wichtig gewesen. Mit jedem Schlag, mit jedem letzten Atemzug, den sie ausstießen, strömte die Todesenergie in ihn hinein, so natürlich wie Wasser in ein Gefäß.

„Jetzt“, dachte er bei sich, „steht es kurz vor dem Durchbruch.“
Die [Flamme der Tagundnachtgleiche] – sein zweiter Kern, ein Feuer, das aus Gegensätzen geboren war – flackerte am Rande ihrer Entwicklung. Der Durchbruch in die 4-Sterne-Klasse war keine Kleinigkeit, doch das vertraute Summen des Fortschritts erinnerte ihn an das, was zuvor gewesen war.
„Genau wie beim [Sternenfresser]“. Dieser Kern, sein erster, hatte auf ähnliche Weise seine Grenzen gesprengt und war nach einer Jagd, die dieser nicht unähnlich war, auf den 4-Sterne-Status angeschwollen. Seine Gedanken schweiften zurück zu der Kraft, die ihn damals durchströmt hatte, zu der Begeisterung, Grenzen zu durchbrechen, an die sich andere nicht herangetraut hatten.
Lucavion tauchte für einen kurzen Moment ganz unter und ließ sich vom eisigen Wasser umhüllen. In der Dunkelheit flüsterten seine Gedanken wie leise Echos und kehrten zu den Gesichtern zurück – verzerrt, verzweifelt, wütend – derjenigen, die er heute Nacht getötet hatte. Sie alle waren so leicht zu besiegen gewesen. Die Starken existieren, um auf die Probe gestellt zu werden, und wenn sie versagen … Nun, dann sind sie nicht mehr stark.
Lucavion tauchte mit einem tiefen Atemzug wieder auf, strich sich das nasse Haar zurück und ließ die Tropfen langsam über sein Gesicht und seinen Hals laufen. Er atmete aus und ließ die Kälte in sich eindringen, während er seinen scharfen Blick zum Mond hob.

„Feinde auf dem Höhepunkt ihrer 4-Sterne-Stärke zu töten … nein, sogar diejenigen, die fast am Ende waren …“ Er verstummte, seine Stimme war leise, aber von Befriedigung geprägt.
„Sie hatten keine Ahnung, was sie mir damit gaben.“

Lucavions Blick blieb auf dem Mond haften, dessen blasses Leuchten seine Gedanken widerspiegelte – kalt, unerschütterlich, aber nicht ganz ohne Licht. Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und wischte das Wasser weg, das hartnäckig an seiner Haut klebte, während die Last der Nacht leicht auf seinen Schultern lastete.
Nur um der Macht willen töten … das war nie meine Art.

Nein, das Gemetzel dieser Nacht war nicht wahllos gewesen. Die Ältesten der Crimson Serpent Sect, ihr sogenannter Anführer Vaelric – jeder Tod war abgewogen, abgemessen und als unvermeidlich erachtet worden. Eine einfache Wahrheit, aber dennoch die Wahrheit.
„Sie haben ihr Schicksal verdient“, murmelte Lucavion mit leiser Stimme, als würde er ein Geheimnis mit dem Fluss selbst teilen.

Die Jünger waren jedoch nicht alle seinem Schwert zum Opfer gefallen. Viele waren zurückgeblieben, zitterten in den Schatten oder flohen in die Nacht. Er hatte ihnen das Leben gelassen, denn ihr Leben war ihm weder seine Zeit noch sein Schwert wert. Ihre Hände waren zwar befleckt, aber nicht genug. Noch nicht.
„Karma“, dachte er und grinste leicht, als er sich an das leise Summen von Vitaliara erinnerte, das in seinem Kopf nachhallte. Ihre Präsenz war wieder so lebendig wie eine Flamme, die nach zu langer Zeit in der Dunkelheit wieder entfacht worden war.

Vor nicht allzu langer Zeit war sie noch so schattenhaft gewesen wie die Geister, die ihn verfolgten – schwach, verblassend, ihre Kraft reichte kaum aus, um sich aufrechtzuerhalten.
Aber mit ihrer Genesung kehrten auch ihre Kräfte zurück, Fähigkeiten, die für sie so selbstverständlich waren wie das Atmen. Eine davon, auf die Lucavion jetzt vertraute, war die Fähigkeit zu urteilen.

„Karma“, flüsterte er diesmal laut und genoss das Gewicht des Wortes auf seiner Zunge. Das Konzept war viel subtiler als die rohe Gewalt der Gerechtigkeit, nuancierter als die wankelmütige Waage der Moral.
Für die meisten waren Leben und Tod binär – schwarz und weiß, gut und böse. Aber Vitaliaras Blick durchdrang den Nebel moralischer Zweideutigkeit. Sie konnte sehen, wie sehr sich ein Mensch mit der Tinte des Todes befleckt hatte, wie fest er an dem Blut hing, das er vergossen hatte.

Ihre Worte von früher am Abend kamen ihm wieder in den Sinn, ein leises Echo in den Tiefen seines Geistes:
„Lucavion. Ihr Karma ist schwer.“

Die Ältesten, ihr Anführer Vaelric – sie waren keine kleinlichen Tyrannen oder einfachen Geizhälse gewesen. Sie waren Wesen, die vom Tod durchdrungen waren, deren Seelen an die Leben gefesselt waren, die sie mit Füßen getreten hatten. Für Vitaliara, die Wächterin des Lebens, erschienen solche Männer wie verdrehte Massen aus Verwesung, deren Aura von dem Lebensblut durchtränkt war, das sie geraubt hatten.
„Diejenigen, die tief vom Tod trinken, ertrinken schließlich darin“, hatte sie ihm einmal gesagt, ihre sanfte Stimme trug das Gewicht von Jahrhunderten.

Lucavion hatte ihr Urteil für bare Münze genommen: unbestreitbar. Er vertraute ihrem Instinkt ebenso wie seiner Klinge, und so verkündete er, als die Zeit gekommen war, ohne zu zögern das Urteil, das sie ihm offenbart hatte.
„Diese Jünger“, murmelte er und kniff leicht die Augen zusammen. „Ihre Hände sind schmutzig, aber nicht blutverschmiert. Sie haben noch Zeit, sich vom Abgrund zurückzuziehen und einen anderen Weg einzuschlagen.“

Das war der Unterschied – die Wahl. Lucavion wusste besser als jeder andere, dass der Weg zur Erlösung, wenn man es so nennen wollte, ein schmaler Grat war.
Ein einziger Fehltritt, eine Entscheidung zu viel, und man konnte unwiederbringlich verloren sein. Das hatten die Ältesten getan. Das hatte Vaelric getan.

„Sie hatten ihre Chance“, sagte er leise und strich mit den Fingern über die Wasseroberfläche. Die Wellen verzerrten das Spiegelbild des Mondes und zerbrachen sein blasses Leuchten in etwas fast Unerkennbares. „Und sie haben sie vertan.“
Die Todesmana rauschte durch seinen Körper – wild, brodelnd, lebendig. Sie umhüllte sein vorrückendes Zentrum, trieb es voran und nährte seine Flammen, bis das Gleichgewicht zwischen Leben und Tod heller denn je brannte.

„Es ist jetzt nah“, sinnierte er und konzentrierte sich nach innen, während ein schwacher Schimmer in seinen dunklen Augen aufblitzte. Die letzte Fessel ist dünn – nur noch ein kleines Stück.

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt

Score 10
Author: Artist: Released: 2024 Native Language: German
Auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, konnte er nur noch die Hölle ertragen. Er hatte keine Familie, auf die er sich verlassen konnte, da sie ihm den Rücken zugekehrt hatten. Eine Seele vom Schlachtfeld: Lucavion Thorne. Aber anscheinend war er viel mehr als nur ein einfacher Soldat, denn das Schicksal hatte noch einiges für ihn auf Lager. Eine Seele von der Erde ... Als sie verschmolzen, wurde ihm klar: Er war ein Bösewicht aus einem Kapitel, dessen einziger Zweck darin bestand, als Kulisse für die Tragödie des Protagonisten zu dienen. Aber war er wirklich nur ein Bösewicht aus einem Kapitel, oder hatte das Schicksal noch ein paar Asse im Ärmel? Verfolge die Geschichte von Lucavion Thorne, wie er den Sinn seiner Seelenwanderung findet und sein eigenes Schicksal entdeckt. ---------- Ein oder zwei Kapitel täglich. Kapitellänge 1500-2000 Wenn du möchtest, kannst du bei mir auf Discord vorbeischauen. Dort kannst du die Illustrationen sehen und mit mir chatten, wenn ich verfügbar bin. https://discord.gg/BQRMhDxZr8 ---------------------------0------------------------------ Geschäftliche E-Mail-Adresse: [email protected] Discord: _yty_ Shattered Innocence: Transmigrated Into a Novel as an Extra ist ein beliebter Light Novel, der die Genres Action, Abenteuer, Drama, Fantasy, Harem, Romantik und Tragödie abdeckt. Geschrieben vom Autor Darkness_Enjoyer geschrieben. Lies "Zerstörte Unschuld: Als Statist in einen Roman versetzt" kostenlos online.

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