Die Straße war lang und staubig und zog sich unter den Rädern der Karawane dahin, während diese langsam über den ausgetretenen Weg rollte.
Die Karawane war nicht besonders groß und bestand aus mehreren Holzkarren, die von müden Pferden gezogen wurden. Jeder Karren war mit Jutesäcken und Kisten beladen, die mit landwirtschaftlichen Gütern wie Getreide, getrockneten Früchten und verschiedenen Feldfrüchten gefüllt waren.
Die Waren selbst waren nichts Besonderes, aber angesichts der Knappheit in der Region waren sie jetzt wertvoll. Rackenshore und die umliegenden Dörfer wurden seit Wochen von Banditen überfallen, was es für Händler schwierig machte, Waren sicher zu transportieren.
An der Spitze der Karawane saß ein junger Händler, der die Zügel seines Pferdes fest umklammerte. Sein Name war Edrick.
Er war neu im Geschäft, kaum ein Jahr in diesem Metier, aber er spürte bereits die erdrückende Last der gnadenlosen Anforderungen des Marktes. Sein Gesicht war angespannt, eine Mischung aus Sorge und Entschlossenheit stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Diese Karawane, diese Ladung Waren, war sein letzter Versuch – ein verzweifelter Versuch, sein Geschäft vor dem Ruin zu retten.
Edrick schaute nervös über seine Schulter und beobachtete die Wagen hinter ihm mit wachsender Angst. Die Waren waren billig in einer Stadt gekauft worden, die keine andere Wahl hatte, als sie zu einem niedrigen Preis zu verkaufen, da ihre Kassen durch Banditenüberfälle und den anhaltenden Konflikt in der Region leer waren. Der Plan hatte zunächst perfekt erschienen – die Waren für einen Spottpreis erwerben, zurücktransportieren und mit einem ordentlichen Gewinn an Bedürftige verkaufen.
Doch jetzt, während er durch die karge Landschaft ritt, lastete die Realität der Situation schwer auf ihm. Nach dem Kauf der Waren hatte er kaum noch Geld übrig, was bedeutete, dass er überall sparen musste – auch bei der Anmietung von Schutz. Er hatte gerade genug Geld für ein paar Wachen zusammenkratzen können, und selbst die waren nicht gerade die erfahrensten.
Die Gruppe ritt neben den Wagen her und hielt nervös Ausschau nach irgendwas Verdächtigem. Sie waren sich der Gefahren auf diesen Straßen bewusst. In den letzten Wochen hatten Banditen überhandgenommen, und die Wege zwischen den Städten waren gefährlich geworden. Jedes Rascheln im Laub, jedes entfernte Geräusch ließ sie nervös werden.
Edrick biss sich auf die Lippe, während ihm Gedanken durch den Kopf schossen, was alles schiefgehen könnte. Wenn die Karawane überfallen würde, wären seine Waren verloren. Schlimmer noch, wenn er sie nicht liefern könnte, würde sein Geschäft komplett zusammenbrechen. Alles, wofür er gearbeitet hatte, wäre dahin.
„Ich darf nicht versagen“, murmelte er leise vor sich hin, um sich selbst zu beruhigen. „Ich muss das schaffen. Ich muss.“
Die Straße schlängelte sich durch einen dichten Wald, und Edrick wurde nervös, als sie sich näherten. Der Wald war bekannt als idealer Ort für Überfälle, wo Banditen sich verstecken und ohne Vorwarnung zuschlagen konnten. Er warf einen Blick auf den Anführer der Wachen, einen mürrischen Mann namens Garvin, der seinen Blick erwiderte und streng nickte. Beide wussten, dass dies der gefährlichste Teil der Reise war.
Als die Karawane in den schattigen Weg zwischen den Bäumen einbog, stieg die Spannung. Edrick konnte sein Herz in seinen Ohren pochen hören und beobachtete aufmerksam den Waldrand, die Hand immer in der Nähe des kleinen Dolches an seiner Hüfte. Er betete, dass sie unbeschadet durchkommen würden, aber tief in seinem Inneren wusste er, dass dieses Risiko ihn alles kosten könnte.
Der Wind raschelte in den Ästen, und für einen Moment war alles still. Zu still.
Die Stille vor dem Sturm.
Gerade als die Karawane tiefer in den Wald vordrang, wurde die beunruhigende Stille durch ein schrilles Pfeifen aus den Baumwipfeln unterbrochen. Im Nu bewegten sich Schatten zwischen den Blättern, und bevor Edrick begreifen konnte, was vor sich ging, strömten Banditen von beiden Seiten des Weges hervor, ihre Waffen glänzten im fleckigen Sonnenlicht.
Sie bewegten sich schnell und mit geübter Präzision und umzingelten die Karawane in einem tödlichen Halbkreis.
„Banditen!“, schrie einer der Wachen und zog sein Schwert, während die anderen sich kampfbereit machten. Edricks Herz raste, Panik schnürte ihm die Kehle zusammen. Genau das hatte er befürchtet.
Garvin, der Anführer der Wachen, knurrte und hob seine Waffe. „Bleib zurück, Edrick. Wir kümmern uns darum!“
Für einen kurzen Moment keimte Hoffnung in Edrick auf, als die Wachen auf die heranstürmenden Banditen losgingen. Stahl traf auf Stahl, und der Wald wurde von den chaotischen Geräuschen des Kampfes erfüllt. Aber irgendetwas daran fühlte sich … seltsam an.
Dann passierte es.
Anstatt den nächsten Banditen niederzustrecken, senkte Garvin mit einem kalten Grinsen sein Schwert. Die anderen Wachen taten es ihm gleich und traten zurück, während die Banditen Edrick umzingelten.
Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube.
Sie kämpften nicht. Sie waren Teil des Angriffs.
„Hast du wirklich geglaubt, wir würden unser Leben für das Kleingeld riskieren, das du uns angeboten hast?“, spottete Garvin mit verächtlicher Stimme. „Du bist dümmer, als ich dachte, Edrick. Niemand nimmt einen Selbstmordauftrag wie diesen an, ohne ein besseres Angebot zu haben.“
Die anderen Wachen lachten, ihre Augen funkelten spöttisch, als sie jede Loyalität fallen ließen. Einer von ihnen, ein drahtiger Mann mit einer Narbe auf der Wange, schlenderte lässig zu einem der Karren hinüber und trat einen Sack Getreide um, als wäre er wertlos.
Edrick wurde der Mund trocken. „Ihr … ihr wart die ganze Zeit auf ihrer Seite?“, stammelte er, während ihm die ganze Tragweite des Verrats bewusst wurde.
Garvin lachte düster, wischte sich die Klinge seines Schwertes an seinem Ärmel ab und sah auf den verängstigten Kaufmann herab. „Natürlich waren wir das. Du hast es uns leicht gemacht. Verzweifelt, unerfahren und zu begierig, zu glauben, dass du eine Chance hättest.“
Einer der Banditen, ein riesiger Kerl mit wildem Bart, trat grinsend vor. „Danke, dass du die ganze Arbeit für uns erledigt hast, Mister Edrick.“
Edrick wurden die Knie weich, als ihn die Angst überkam.
Alles, wofür er gearbeitet hatte – all das Risiko, all die Planung – zerfloss vor seinen Augen. Er versuchte, irgendeine Antwort zu finden, aber seine Stimme versagte, die Ungeheuerlichkeit der Situation lähmte ihn.
„Schau nicht so traurig“, spottete Garvin und trat näher. „Du bist nicht der erste Händler, den wir ausgenommen haben, und du wirst auch nicht der letzte sein. Du warst nur leichter zu haben als die meisten anderen.“
Die Banditen umzingelten die Karawane, lachten und verspotteten sie, während sie begannen, die Waren zu plündern und Kisten und Säcke auf ihre eigenen Karren zu werfen. Edrick konnte nur hilflos zusehen, wie sein letztes Glücksspiel vor seinen Augen zerfiel und die Realität seines zum Scheitern verurteilten Vorhabens nur allzu deutlich wurde.
Zumindest sollte es so kommen.
Gerade als die Banditen anfingen, die Waren zu plündern, und ihr Gelächter und ihre Spottrufe die Luft erfüllten, wehte ein plötzlicher Windstoß durch die Bäume. Zuerst war er kaum zu spüren, doch dann verhallte ein leises Geräusch von Schritten – zu leise, zu bedächtig. Garvin hielt mitten im Lachen inne, seine Sinne waren alarmiert, als ob etwas nicht stimmte. Er drehte seinen Kopf gerade noch rechtzeitig zur Baumgrenze, um eine schemenhafte Gestalt auf die Lichtung treten zu sehen.
Der junge Mann mit der Narbe über dem rechten Auge.
Bevor irgendjemand reagieren konnte, bewegte er sich mit einer Geschwindigkeit, die jeder Logik widersprach. In einer fließenden Bewegung blitzte sein Schwert auf, fing für einen kurzen Moment das Sonnenlicht ein, bevor es herabfiel.
SCHNITT!
Der Körper des ersten Banditen wurde sauber in zwei Hälften geteilt, sein Ausdruck erstarrte vor Schock, als sein Oberkörper von den Beinen glitt. Blut spritzte über den Boden, während der junge Mann wie ein Gespenst durch die Lichtung huschte und mit seinem langen, dünnen Degen die restlichen Banditen mit chirurgischer Präzision niedermähte.
Zisch!
Der Kopf eines weiteren Banditen rollte zu Boden, gefolgt vom widerlichen Geräusch zerbrechender Körper. Das Chaos dauerte nur wenige Sekunden – ein Atemzug, und es war vorbei. Wo zuvor eine johlende Bande von Banditen gestanden hatte, lagen nun nur noch ein paar zuckende Leichen, deren Blut sich auf der unbefestigten Straße sammelte.
Der junge Mann stand inmitten des Gemetzels, sein Gesichtsausdruck ruhig, als hätte ihn das Ganze keine Mühe gekostet. Sein Blick wanderte kalt und berechnend über die Lichtung, bevor er auf den einen Banditen fiel, den er absichtlich am Leben gelassen hatte. Es war Garvin, der vor lauter Angst zurückgewichen war und mit blassen Gesicht und großen, zitternden Augen zu dem jungen Mann hinaufstarrte.
Der junge Mann trat einen Schritt näher, seine Klinge tropfte noch immer von Blut, und neigte den Kopf ganz leicht. „Wo ist Loren?“ Seine Stimme war leise und kalt, jedes Wort voller gefährlicher Absicht.
Garvins Lippen zitterten, aber trotz der Angst, die ihn durchfuhr, schwieg er. Seine Loyalität, so fehl am Platz sie auch sein mochte, hielt ihn davon ab, seinen Anführer zu verraten.
Er sah aus wie ein in die Enge getriebenes Tier, zu verängstigt, um sich zu bewegen, aber zu stur, um zu antworten.
Der junge Mann seufzte leise und schüttelte leicht frustriert den Kopf. „Warum seid ihr alle so loyal gegenüber jemandem wie ihm?“, murmelte er fast zu sich selbst. „Das ist eine Schande.“
Er hob seinen Degen, bereit, Garvin zu erledigen, die Klinge glänzte tödlich präzise.
Doch gerade als er zuschlagen wollte, sauste eine Axt durch die Luft. Sie flog mit unglaublicher Geschwindigkeit und schnitt durch den Raum, in dem sich noch einen Moment zuvor sein Kopf befunden hatte. Der junge Mann neigte den Kopf leicht zur Seite und wich der Klinge knapp aus, die an ihm vorbeizischte und sich in einem Baum hinter ihm bohrte.
Der junge Mann kniff die Augen leicht zusammen und drehte sich in die Richtung, aus der die Axt geworfen worden war. Seine ruhige Haltung blieb unverändert, aber in seinem Blick lag ein Hauch von Neugier.
„Nun“, murmelte er, „es scheint, als müsste ich nicht allzu lange warten.“