Plötzlich gab’s eine kleine Explosion und Lin Mus Hand wurde zurückgeschleudert.
„Das … damit hab ich nicht gerechnet …“, sagte Xukong.
Lin Mu hörte die Überraschung in der Stimme seines Meisters und wusste, dass er wahrscheinlich etwas entdeckt hatte, das über das normale Maß hinausging.
„Was ist los, Meister? Ist das nicht das Qi des Eis-Elementargeistes?“, fragte Lin Mu.
„Nein … das ist es nicht“, sagte Xukong mit leiser Stimme.
„Was ist es dann?“, fragte Lin Mu, während er auf den Kristall schaute, der zur Hälfte verschwunden war.
Das Feuerelementar-Qi in seiner Hand war ebenfalls vollständig davon aufgebraucht worden. Lin Mu konnte nicht sagen, ob dies ein positiver oder negativer Test war. Da er zu keinem eindeutigen Ergebnis kam, konnte er nur auf die Antwort seines Meisters warten.
„Dieses Qi … ist eigentlich Yin-Geist-Qi …“, erklärte Xukong.
„Hä? Yin-Geist-Qi?“, fragte Lin Mu verwirrt.
Er wusste zwar, was Yin war, aber er kannte Yin-Geist-Qi nicht. Er konnte sich auch nicht daran erinnern, dass es ein Element war.
„Was ist das, Meister?“, fragte Lin Mu.
„Alles in der Welt wurde aus der Unendlichkeit geboren, die wir Wuji nennen.
Aus Wuji entstand dann das Höchste ‚Taiji‘. Und schließlich entstand aus dem Taiji die Dualität ‚Liangyi‘. Diese Dualität ist nichts anderes als die dualen Aspekte von Yin und Yang.
Alles andere, was wir in der Welt sehen, soll aus dieser Dualität entstanden sein und kann in ihrer Form ausgedrückt werden: Wasser ist Yin, Feuer ist Yang; Härte ist Yang und Weichheit ist Yin. Ich könnte dir unzählige Beispiele nennen.
Der gewöhnliche Elementargeist Qi kann ebenfalls zwei Formen annehmen. Selbst wenn wir Wasser in erster Linie der Yin-Seite zuordnen, hat es auch Yang-Aspekte, wie zum Beispiel seine Fähigkeit, Leben zu spenden.
Das Gleiche gilt für Feuer. Auch wenn es in erster Linie Yang ist, gibt es auch Yin-Feuer, das mit dem Tod in Verbindung gebracht wird.
Aber der Yin-Geist Qi ist anders als alle anderen. Er umfasst die Essenz des Yin aller Elemente und Eigenschaften und erreicht damit die höchste Position“, erklärte Xukong ausführlich.
Die Informationen waren etwas zu viel für Lin Mu, und er musste einige Minuten darüber nachdenken, um sie zu verstehen. Aber nach einer Stunde hatte er endlich das Gefühl, etwas begriffen zu haben.
„Heißt das dann, dass im Yin-Geist-Qi alle anderen Arten von Geist-Qi, die auf die Yin-Seite fallen, zu finden sind?“, fragte Lin Mu.
„Ja, genau!“, antwortete Xukong.
Lin Mu dachte noch ein bisschen darüber nach und ihm kamen mehrere Fragen in den Sinn.
„Wenn wir dann die vier Kategorien der Elemente oder Eigenschaften vergleichen, wo fallen dann Yin und Yang hin?“, fragte Lin Mu.
„Das ist etwas schwierig zu erklären und für dich zu verstehen. Selbst große Daoisten, die sich seit Jahrtausenden kultivieren, haben es nicht vollständig verstanden.
Wenn ich es jedoch grob ausdrücken müsste, würde ich sagen, dass sowohl Yin als auch Yang zur Kategorie der abgeleiteten Elemente gehören“, antwortete Xukong.
„Ich verstehe … aber wenn man bedenkt, dass sie alle Elemente umfassen und in sich enthalten, wie stark sind sie dann? Sind sie so stark wie die drei Urelemente?“, fragte Lin Mu als Nächstes.
„Hmm … obwohl sie alle sterblichen, himmlischen und abgeleiteten Elemente enthalten, sind sie dennoch nicht mit den drei Urelemente vergleichbar. Sie können höchstens annähernd das gleiche Niveau erreichen, aber sie werden niemals gleich sein“, antwortete Xukong.
„Warum denn? Nach dem, was du gesagt hast, sind sie doch die Quelle von allem in der Welt“, fragte Lin Mu skeptisch.
„Ahaha!“ Als er das hörte, musste Xukong lachen, was Lin Mu seltsam fand.
„Habe ich etwas Falsches gefragt, Senior?“, fragte Lin Mu besorgt.
„Nein, nein … Ich habe mich nur an etwas erinnert“, sagte Xukong, während ein Hauch von Nostalgie über sein Gesicht huschte.
„Es gab einmal eine Zeit, in der ich dieselbe Frage gestellt habe“, erzählte Xukong.
„Wirklich?“, fragte Lin Mu mit großen Augen.
„Ja, das habe ich. Ich war damals noch sehr jung und auch verwirrt. Ich war dabei, meinen Platz im Universum zu finden, und wusste noch nicht viel, auch wenn ich schon ziemlich stark war. Zu dieser Zeit traf ich einen bestimmten Menschen.
Er war es, der mich anleitete und mir verschiedene Dinge beibrachte. Ich verbrachte viel Zeit mit ihm, bis sich schließlich die Umstände änderten und wir uns trennten“, erklärte Xukong.
Lin Mu hatte das Gefühl, dass diese Person, von der Xukong sprach, für ihn etwas ganz Besonderes gewesen sein musste.
„War diese Person … dein Meister, Senior?“, fragte Lin Mu.
„Mein Meister? Nein … aber vielleicht ein Lehrer. Diese Person hatte in ihrem Leben viele Schüler, aber ich gehörte nicht dazu“, antwortete Xukong.
„Ach so? Wolltest du nicht auch einer werden?“, fragte Lin Mu.
~Seufz~
„Das kannst du jetzt noch nicht verstehen. Vielleicht erzähle ich dir das mal später“, sagte Xukong mit einem komplizierten Tonfall.
Lin Mu merkte, dass er vielleicht etwas Heikles gefragt hatte, und beschloss, sich zurückzuhalten.
„Also gut … zu deiner Frage über die drei Urelemente …“, sagte Xukong und machte eine Pause.
„Es gibt viele Geschichten darüber, wie das gesamte Universum entstanden ist, und es gibt viele Versionen davon. Jede Zivilisation hat ihre eigene Version, an die sie glaubt. Aber diejenigen, die den Weg der Kultivierung beschreiten, werden beginnen, die Wahrheit zu erfahren.
Tatsächlich gibt es viele Experten, die nicht kultivieren, um ewig zu leben und unsterblich zu werden, sondern um die Geheimnisse des Universums zu erforschen und seinen Ursprung zu entdecken.
Es gibt allerdings eine gängige Version, der die meisten Experten zustimmen“, fuhr Xukong fort.
„Und wie lautet die, Senior?“, fragte Lin Mu.
Er verspürte den Drang, mehr darüber zu erfahren als je zuvor. Er wusste nicht warum, aber es war eine Berufung für ihn. Lin Mu konnte nicht einmal bewusst sagen, dass er das hatte. Es war einfach da.
Weder Xukong noch Lin Mu bemerkten, dass der Ring an Lin Mus Hand leicht schimmerte.
„Hör gut zu. Das könnte dir in Zukunft sehr helfen und dir vielleicht sogar als Leitfaden dienen“, sagte Xukong.
Lin Mu sah ihn aufmerksam an und blinzelte nicht einmal, während er darauf wartete, dass er anfing.
„Wie ich schon gesagt habe, kommt alles aus dem Taiji, das aus Yin und Yang besteht. Aber weißt du, woher Wuji kommt?“, fragte Xukong.
„Nein, das weiß ich nicht“, antwortete Lin Mu.
„Man sagt, dass, als noch nichts existierte, die Leere entstand. Diese Leere enthielt nichts und hatte keine Eigenschaften.
Dann entstand das, was wir Chaos nennen.
Aber dieses Chaos war anders. Es bewegte sich nicht und tat nichts. Es war in seiner Existenz erstarrt.
Bis schließlich … die Zeit zu fließen begann.
Das waren die drei Elemente: Raum, Zeit und Chaos. Als alle drei zusammen existierten, begann das Universum zu entstehen.
Das Chaos dehnte sich im Raum aus, da die Zeit ihm Bewegung ermöglichte. Eine unbekannte Zeitspanne verging, bis sich das Chaos schließlich so weit ausgedehnt hatte, dass es sich nicht mehr zusammenhalten konnte.
Es explodierte zu einer unendlichen Masse, die sich immer weiter ausdehnte. Das war nichts anderes als das Wuji. Und daraus entstand alles, was wir kennen.
Man könnte also sagen, dass die drei Urelemente die Quelle von Yin und Yang sind. Wenn auch nur eines davon gefehlt hätte, hätten sie nicht entstehen können. Diese drei Elemente bilden die Grundlage unseres Universums oder sogar des Kosmos selbst!“, erklärte Xukong ausführlich.
Lin Mu konnte fast die gesamte Entstehung des Universums vor seinen Augen sehen, während Xukong sprach.
Er sah die unendliche Leere, die mit Nichts gefüllt war, bevor eine „Leere“ erschien. Dann sah er eine Kugel aus Chaos entstehen. Die Zeit begann zu fließen und brachte alles in Bewegung. In diesem Moment verwandelte sich das Chaos in eine unbeständige Mischung aus allem und veränderte ständig sein Aussehen, sodass es schwer zu sagen war, welche Farbe oder Form es hatte.
Lin Mu merkte nicht einmal, dass er in Trance gefallen war. Aber Xukong bemerkte es schnell.
Er unterbrach seine Erklärung jedoch nicht und beendete sie, bevor er Lin Mu in seiner Trance weitermachen ließ.
„Dieses Kind … sein Verständnis ist manchmal geradezu monströs …“, murmelte Xukong vor sich hin.
Er beschloss einfach, Lin Mu zu beobachten und gleichzeitig den Ring zu überprüfen.
„Hmm … der Altar ist ziemlich ruhig … das bedeutet, dass diesmal nicht der Ring etwas tut. Sondern vielmehr … Lin Mu selbst …“, dachte Xukong.
So vergingen Stunden, bis ein ganzer Tag vergangen war. Aber selbst dann erwachte Lin Mu nicht aus seiner Trance. Xukong konnte auch nichts von außen wahrnehmen und beobachtete Lin Mu daher einfach weiter.
Es spielte keine Rolle, was draußen passierte, wichtiger war es, dass Lin Mu aus seiner Trance erwachte.
„Wer weiß, was er dieses Mal gewonnen hat … obwohl es vielleicht gar keine offensichtlichen Gewinne gibt“, dachte Xukong.
„Viele haben sich auf den Weg gemacht, um den Ursprung zu finden, aber keiner hat das Ziel erreicht. Selbst die alten Monster an der Spitze sind verloren und kommen nicht weiter …“
murmelte Xukong vor sich hin, während ein paar Erinnerungen vor seinen Augen vorbeizogen.
Stille senkte sich über die Schlafwelt, während die drei Pflanzen darin sanft hin und her schwankten. Der Geistapfelbaum wuchs in seinem eigenen Tempo weiter, während die Holzgeist-Tulpe Geist-Qi absorbierte und sich weiterentwickelte.
Schließlich setzte der Neuzugang, der Purpur-Sichel-Amaranth, die Umwandlung des normalen Geist-Qi in Holz-Geist-Qi fort und erhöhte dessen Konzentration in der Luft.
