Lin Mu streckte seine Sinne aus, um die Häuser der Dorfbewohner zu checken. Die meisten schliefen schon, aber ein paar waren noch wach und erledigten irgendwelche Sachen.
Insgesamt konnte Lin Mu nichts Ungewöhnliches entdecken, es war ein ganz normales Dorf. Er schaute sich im Dorf um und stieß auf die Anschlagtafel, die in der Mitte des Dorfes stand.
Dort wurden Mitteilungen, Verordnungen und ähnliche Informationen ausgehängt. Die meisten Dorfbewohner hatten zumindest lesen gelernt, sodass es für sie kein Problem war, die Mitteilungen zu lesen.
Hier sah Lin Mu etwas, das seine Vermutung bestätigte.
„Sie suchen also immer noch nach mir …“, murmelte Lin Mu vor sich hin.
An der Anschlagtafel war ein altes, verblasstes Plakat zu sehen. Darauf war ein Porträt von Lin Mu zu sehen, und darunter stand sein Name.
Auf dem Plakat stand: „Lin Mu, tot oder lebendig gesucht. Wer Informationen über seinen Aufenthaltsort hat, wird reich belohnt.
– Auf Befehl Seiner Majestät, König Shuang“
Auf dem Plakat stand auch das Datum, an dem es herausgegeben worden war, und das war etwa eine Woche nach dem Tag, an dem er mit Gu Yao gekämpft hatte. Aber das sagte ihm immer noch nicht, wie lange es genau her war. Aber dem Zustand des Plakats nach zu urteilen, schätzte er, dass es leicht mehr als zwei Jahre sein mussten.
„Das Plakat ist da, aber wir wissen nicht, ob sie aktiv nach dir suchen. Wenn du nicht zufällig jemanden triffst, der dich schon mal gesehen hat, werden sie dich wohl kaum erkennen. Schau dir das Bild an, das bist nicht mehr du“, meinte Xukong.
„Hmm … du hast recht, Senior. Ich werde bis morgen warten, bevor ich mit den Dorfbewohnern rede. Nachts so aufzutauchen, würde verdächtig wirken“, sagte Lin Mu.
„Das ist eine kluge Entscheidung“, stimmte Xukong zu.
Lin Mu nickte und ging zurück zu dem kleinen Shrubby. Das Tier lag an der Seite eines großen Baumes und kultivierte sich. Lin Mu konnte die schwachen Wellen von Geist-Qi spüren, die von seinem Körper ausgingen, und wusste, dass das Tier immer stärker wurde.
Der kleine Shrubby wachte auf und sah Lin Mu näher kommen.
„Sollen wir essen?“, fragte er.
„Ja, aber lass uns noch ein Stück weiter gehen“, antwortete Lin Mu.
Die Nacht verging und der Morgen brach an. Lin Mu konnte sogar in der Ferne einen Hahn krähen hören.
Er überlegte, welche Rolle er den Dorfbewohnern am besten vorspielen sollte. Zuerst dachte er an einen Kultivierenden, entschied sich dann aber für einen einfachen Bürger. Er wusste, dass das Aussehen von Kultivierenden registriert würde und er wahrscheinlich untersucht würde, selbst wenn er nicht verdächtig war.
Also zog Lin Mu ein schlichtes Gewand an und steckte sein Kurzschwert in den Ring. Stattdessen zog er einen Stab heraus. Es war nur ein gewöhnlicher Bambusstab, der nichts Besonderes an sich hatte, aber gut zu seiner Geschichte als Reisender passte.
Dann holte er ein großes Tuch hervor und stopfte einige zufällige Dinge hinein, um den Eindruck zu erwecken, er sei ein gewöhnlicher Reisender, der sich auf einer Reise befand.
~huu~
„Das sollte reichen …“, murmelte Lin Mu vor sich hin, bevor er sich auf den Weg ins Dorf machte.
Diesmal musste er zu Fuß gehen, um keinen Verdacht zu erregen, und brauchte fünf Minuten, um dorthin zu gelangen. Er sah einige Bauern auf den Feldern arbeiten und einige Wachen, die entlang der Wege patrouillierten.
Die Bauern entdeckten ihn schnell und sprachen ihn an.
„Wer ist das?“, fragte einer von ihnen.
„Sieht aus wie ein Reisender, ich habe ihn noch nie in unserem Dorf gesehen“, antwortete ein anderer.
Die Wachen hatten die kleine Aufregung inzwischen mitbekommen und gingen auf Lin Mu zu.
„Wer bist du?“, fragten die Wachen, ohne besonders feindselig zu wirken.
„Hallo, ich bin Little Ma“, antwortete Lin Mu und erfand einen beliebigen Namen.
„Was machst du hier?“, fragte der Wachmann weiter.
„Ach, ich suche nur einen Job in der Stadt und bin auf dem Weg dorthin.
Ich bin schon ein paar Stunden unterwegs und wollte mich ausruhen und etwas essen.“ Lin Mu antwortete mit einem freundlichen Lächeln.
Der Wachmann war kein Kultivierender und befand sich erst auf der fünften Stufe des Körperhärtungsreichs. Lin Mu musste ihn nicht einmal aktiv wahrnehmen, um das zu erkennen, aber er breitete dennoch seine geistige Wahrnehmung aus und beobachtete die Menschen hier, um zu sehen, ob jemand seine Stärke verbarg.
Er tat dies nur aus Vorsicht, hätte aber nicht erwartet, dass einer der Bauern hier die achte Stufe der Körperkultivierung erreicht hatte. Lin Mu warf einen beiläufigen Blick auf den alten Mann, der um die sechzig zu sein schien. Er sah kräftig und gesund aus, und sogar seine Muskeln waren unter seiner an vielen Stellen geflickten Kleidung schwach zu erkennen.
„Verstehe. Wenn du was zu essen suchst, gibt’s hier gleich ein kleines Restaurant. Aber wenn du in die Stadt willst, wie bist du denn hierher gekommen?“, fragte der Wachmann.
„Was meinst du damit?“, fragte Lin Mu etwas verwirrt.
„Du bist doch von der südlichen Route gekommen, oder?“, sagte der Wachmann und sah den Weg, den Lin Mu genommen hatte.
„Am Anfang der südlichen Route hat die Armee eine Straßensperre errichtet. Wie bist du da durchgekommen?“, fragte der Wachmann.
Jetzt war Lin Mu überrascht, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass so etwas passiert war.
„Was fragst du Old Bu überhaupt, es gibt doch noch den kleinen Pfad durch den Wald. Der Cousin von Second Nie ist letzte Woche über diesen Weg gekommen, hast du das vergessen?“, sagte ein Bauer, der neben ihm arbeitete.
Lin Mu atmete heimlich erleichtert auf und dankte den Dorfbewohnern in Gedanken für ihre Unkompliziertheit.
„Ja, ja! Ich bin von diesem Weg gekommen“, antwortete Lin Mu.
„Na gut“, sagte der Wachmann und ließ Lin Mu passieren.
„Wenn du ins Restaurant gehst, probier unbedingt die Buchweizennudeln, die sind die besten“, empfahl der Bauer.
Lin Mu nickte und ging weiter.
