Lord Cai nickte zustimmend. Er fragte sich dasselbe und konnte sich auch keinen Reim auf die Kultivierungsstufe des Diebes machen. Dass er so einfach die Formation durchbrechen und eine Wand sprengen konnte, hätte er sich nie vorstellen können.
„Was hat er denn gestohlen … oder besser gesagt, was wollte er stehlen?“, fragte Pei Lao erneut.
„Hmm, das weiß ich auch nicht so genau. Als ich ihn entdeckt habe, war er in meinem Schlafzimmer und stand ziemlich nah bei mir. Ich hab keine Ahnung, wie er trotz der Alarmformationen überhaupt reingekommen ist. Wir konnten auch nicht finden, was er stehlen wollte“, antwortete Lord Cai.
„Älterer Bruder, um diese Schutzvorrichtungen zu überwinden, braucht man spezielle spirituelle Werkzeuge“, sagte Tie Dan.
„In der Tat, und er sagt, der Dieb habe auch nichts gestohlen … vielleicht hatte er etwas anderes im Sinn“, antwortete der ältere Bruder und sah Lord Cai mit einem wissenden Blick an.
„Das habe ich auch gedacht. Aber das Seltsame ist, dass keiner meiner Diener oder Wachen getötet wurde, auch wenn sie verletzt wurden“, antwortete Lord Cai.
„Was? Selbst nachdem du ihn angegriffen hast?“, fragte Tie Dan skeptisch.
„Ja, wir haben ihn mit der Absicht angegriffen, ihn zu töten, und trotzdem hat er nicht entsprechend gehandelt“, antwortete Lord Cai.
„Das … ist ein seltsamer Dieb …“, sagte Tie Dan verwirrt.
„Nun … es gab eine Sache, die er gesagt hat, die ich damals nicht geglaubt habe“, erklärte Lord Cai.
„Und was war das?“, fragte der ältere Bruder mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Er sagte, es sei ein Fehler gewesen und wenn wir ihn gehen ließen, würde niemandem etwas passieren“, antwortete der alte Mann.
„Ein Dieb mit Moral, was?“, lachte Pei Lao.
„Nein, so ist es nicht“, sagte der ältere Bruder und schüttelte den Kopf.
„Glaubst du, es könnte einen anderen Grund geben, älterer Bruder?“, fragte Pei Lao.
„Hmm, es ist zwar etwas unwahrscheinlich, aber ich glaube, der Dieb hat sich tatsächlich geirrt. Möglicherweise war sein Ziel nicht dieses Haus, sondern etwas anderes“, antwortete der ältere Bruder.
„Wie kann ein Dieb sich irren und das falsche Haus ausrauben?“, wunderte sich Tie Dan.
„Was, wenn … er gar kein Dieb war?“, fragte diesmal Lord Cai.
„Kein Dieb? Was meinst du damit, hast du vielleicht einen Verdacht?“, fragte der ältere Bruder.
Daraufhin sah Lord Cai sich um und bemerkte, dass alle Leute aufmerksam zuhörten.
„Ältere Herren, wir sollten das lieber woanders besprechen, die Informationen sind etwas heikel“, sagte Lord Cai mit leiser Stimme.
Der ältere Bruder hob die Augenbrauen, nickte dann aber.
„In Ordnung, das geht in Ordnung“, stimmte der ältere Bruder zu.
„Wenn ihr alle einverstanden seid, würde ich euch gerne einladen, etwas Zeit in meinem Etablissement zu verbringen. Ich garantiere euch, dass ihr euch wohlfühlen werdet“, sagte Lord Cai in leicht beschwingtem Ton.
„Ach ja? Und was machst du so?“ fragte der ältere Bruder.
„Ich bin der Besitzer des Alluring Wisteria Pavilion. Ich glaube, ihr wart schon mal da…“, sagte Lord Cai fast flüsternd.
Die Schüler machten große Augen, weil sie nicht erwartet hatten, dass dieser alte Mann der Besitzer eines Vergnügungspavillons war.
~Hust~
„Ich denke, das geht in Ordnung“, sagte der ältere Bruder, während Tie Dan und Pei Lao nickten.
„Bitte komm mit mir, Älteste“, sagte Lord Cai, bevor er befahl: „Holt die Kutsche, ihr Idioten!“
***
Lin Mu saß unterdessen in seinem Zimmer. Er versuchte erneut, den Teleportationskanal zu spüren, konnte ihn aber nicht mehr fühlen.
„Scheint ziemlich weit weg zu sein“, sagte Lin Mu.
„Hmm, er sollte bald vollständig verbunden sein. Wenn du etwas tun willst, musst du schnell handeln“, meinte Xukong.
Lin Mu nickte und holte etwas Papier aus seinem Ring. Er hatte heute eine Menge Sachen gekauft, und das hier war eine davon, von der er nicht gedacht hatte, dass er sie so schnell brauchen würde. Das Papier war von ähnlicher Qualität wie das, auf dem der Schüler Quan Hong geschrieben hatte.
Lin Mu hatte den Inhalt des Briefes gelesen und konnte ihn noch auswendig. Er begann, den Inhalt des Briefes zu schreiben, wobei er einige Teile änderte. Nämlich den Teil über die Schüler und den jüngeren Ältesten Fa Shiu, die die Stadt nicht erreicht hatten.
Er änderte die Stellen, an denen stand, dass sie vermisst wurden und dass man nichts von ihnen wusste. Lin Mu musste etwas langsam schreiben, da er versuchte, die Handschrift von Quan Hong nachzuahmen.
Lin Mu selbst war nicht besonders geschickt im Schreiben, und es kam ihm etwas unangenehm vor, dies mit der Hand zu tun.
~Seufz~
„Mit meiner geistigen Kraft zu schreiben ist so viel einfacher“, murmelte Lin Mu.
Ohne es zu merken, war Lin Mus Kontrolle über seine geistige Kraft besser geworden als seine Handschrift.
„Nun, es gibt auch Geistwerkzeuge, die speziell zum Schreiben hergestellt werden“, fügte Xukong hinzu.
Lin Mu nickte und nahm sich vor, sich in Zukunft eines anzuschaffen, wenn sich die Gelegenheit ergab. Ein paar Minuten später war er mit dem Schreiben fertig und schmolz etwas Wachs in einem beheizten Becher über der Kerze. Dann goss er es über den Rand des Briefes und versiegelte ihn mit dem Siegel, das er aus Quan Hongs Zimmer gestohlen hatte.
Das Wachs kühlte ab, und gerade als er damit fertig war, spürte Lin Mu etwas.
„Es passiert!“, rief er und sprang auf.
Lin Mu tauchte auf dem Dach auf und sah sich um. Bald spürte er ein paar räumliche Schwankungen.
„Der Brief sollte bald ankommen, ich kann es spüren“, sagte Lin Mu, bevor er sprang und in die Richtung lief, aus der er es kommen spürte.
Er rannte über die Dächer, als er bald die kleinen schwarzen Punkte entdeckte, die in der Gegend auftauchten. Sie schienen zufällig angeordnet zu sein, aber Lin Mu konnte den Teleportationskanal spüren, der sie verband. Die schwarzen Punkte waren nichts anderes als die schwächeren Stellen im Kanal.
Ein paar Minuten später hatte er den perfekten Ort gefunden.
