Als Wu Long aufstand, drehte er sich mit einem Lächeln zur Ecke des Hofes, wo sich der Teich befand.
„Es ist eine schöne Nacht, Frau Liang. Aber ziemlich kühl, wenn man nicht im Pavillon steht, der über eine Temperaturregelung verfügt.“
Er lachte leise, und eine Gestalt trat hinter der Ecke hervor, mit einem selbstbewussten Lächeln auf einem schönen Gesicht und grünen Augen, die im Mondlicht vor Interesse und Belustigung funkelten.
„Wie ich dachte, kann ich mich deinen Augen nicht entziehen, Daoist Wu.“
„Haha, ich wollte dir schon längst sagen, dass du mich einfach Wu Long nennen kannst. Diese formelle Anrede passt nicht zu dir.“
„Hmm … vielleicht sollte ich dein Angebot annehmen, aber andererseits weiß ich nicht, ob dieser Name überhaupt echt ist.“
„Heh, er ist echt. Allerdings bin ich dir wohl mehr als nur diese kurze Erklärung schuldig, nachdem ich dir letztes Mal versprochen habe, dir mehr zu erzählen. Hast du Lust auf eine Tasse Tee?“
„Tee? Aber bitte nicht, mein Hübscher, ich bin keine Prinzessin oder Adlige. Ich habe nur zufällig einen guten Wein von einem gemeinsamen Freund.“
„Oh? Das Angebot nehme ich gerne an und bin dir sehr dankbar, dass du so etwas Kostbares mit mir teilst.“
Er lachte mit einem Augenzwinkern, und die Dame gesellte sich bald zu ihm in den Pavillon. Sie setzten sich nicht wie zuvor die adeligen Damen in die Mitte, sondern an das Ende des Pavillons, wo es keine Brüstung gab und man zwischen zwei Säulen hindurch offen auf den Teich blicken konnte.
Wu Long lehnte sich entspannt mit dem Rücken an die Säule, während Liang Yuhan in einer für Frauen typischen Sitzhaltung saß, die Beine leicht zur Seite gedreht, und durch den tiefen Ausschnitt ihres Cheongsam spähte.
Als sie die Weinkelche und den Porzellan-Weinkrug herausholte, ließ sie Wu Long, der ihr helfen wollte, die Siegel entfernen und den Stopfen öffnen, sodass der betörend süße Duft des Weins die Luft erfüllte. Während er die Weinkelche bereitstellte, reinigte sie ihre Rauchpfeife, bereitete eine spezielle medizinische Pille vor, die gut zum Wein passte, legte sie in die Pfeife und zündete sie an.
„Bevor wir über deine Identität sprechen, möchte ich dich etwas fragen, das ich vorhin mitbekommen habe“,
sagte sie, während sie die erste Rauchwolke ausstieß.
„Wenn ich darauf antworten darf.“
„Ich bin sicher, dass du das kannst, da es etwas ist, das dir ‚am Herzen liegt‘, wie ich gehört habe.“
„Hahaha, bitte fahr fort, Frau Liang.“
„Du hast etwas Seltsames über den Dao der doppelten Kultivierung gesagt, dass viele Praktizierende ihn mit dem Dao der fleischlichen Lust verwechseln … aber ist Lust dann nicht ein Teil davon?“
„Hmm, ich habe mich vielleicht etwas zu vage ausgedrückt.
Es steht außer Frage, dass fleischliche Lust ein Teil davon ist, da sie Teil der menschlichen Natur und somit Teil des menschlichen Dao ist, aber das Problem entsteht, wenn Menschen sie als „nur“ fleischliche Lust missverstehen.“
Wu Long berührte nachdenklich sein Kinn, da er nicht bemerkte, dass die Bedeutung seiner Worte nicht so rüberkam, wie er es beabsichtigt hatte.
„Du sagst also, dass die duale Kultivierung etwas ist, das sie umfasst, aber nicht ausschließlich darum geht?“
Eine Rauchwolke stieg in die Luft, als das Geräusch von Wein, der in Weinkelche gegossen wurde, erklang. Die kostbare Flüssigkeit hatte genug atmen können und war bereit, genossen zu werden. Liang Yuhan beobachtete, wie Wu Long den Wein einschenkte, und selbst diese einfache Geste schien in ihrer Schlichtheit tiefgründig.
„Richtig. Ich würde die Komponente der Lust niemals völlig außer Acht lassen, da es unser Instinkt ist, sie zu suchen.
Es ist nichts Vulgarisches oder Unnatürliches an unseren lustvollen Begierden, wenn sie aus dem richtigen Antrieb kommen, selbst wenn dieser richtige Antrieb die einfache Befriedigung unserer menschlichen Bedürfnisse ist.
Es ist der Maßstab der Gesellschaft, dies als etwas Schändliches zu betrachten und zu verbergen, aber das bedeutet nicht, dass es auch so ist.“
Wu Long lachte leise, während er der Schönheit den ersten Becher reichte.
„Haha, es ist ein bisschen arrogant, die ganze Gesellschaft für falsch zu halten, oder?“
„Vielleicht. Aber ich behaupte ja auch nicht, dass ich Recht habe. Es ist einfach meine Sichtweise. Außerdem hat die Art und Weise, wie die Gesellschaft fleischliche Genüsse betrachtet, durchaus ihre Vorzüge.“
Wu Long atmete den Duft des Weins ein und schloss die Augen, um ihn noch ein wenig länger zu genießen.
„Vorzüge?“
Liang Yuhan hielt inne, als sie gerade den ersten Schluck nehmen wollte, und hob eine Augenbraue.
„Hahaha, wenn es nicht als peinlich und vulgär angesehen würde, wäre es doch kein Spaß, es irgendwo zu machen, wo man erwischt werden könnte, und es wäre auch nicht so aufregend, das Risiko einzugehen, gesehen zu werden.“
Er lachte leise, während sie breit lächelte und den Kopf schüttelte.
„Hahaha, das klingt fast so, als hätte alles auch eine gute Seite.“
„Fast, gute Dinge gleichen sich aus. Und jedes Extrem, das zu weit getrieben wird, kann zu einer Katastrophe führen. Das Große Dao ist formlos, lautlos und körperlos.“
Wu Long sinnierte, während er einen Schluck Wein trank, sein Tonfall wurde leicht und frivol, während der Eindruck, den er hinterließ, stattdessen tiefer und geheimnisvoller wurde.
Die beiden saßen eine Weile schweigend da, nippten langsam an ihrem Wein und betrachteten das Wasser im Teich wie einen Spiegel, in dem sich der Himmel widerspiegelte, der in dieser Nacht außergewöhnlich klar war, während das Universum mit all seinen Sternen, seiner Dunkelheit und seinen Geheimnissen auf sie herabblickte.
„… ist das der Blick des Gottes der Freude?“
Liang Yuhan zögerte kurz, entschloss sich dann aber doch zu fragen, woraufhin Wu Long sich mit einer leicht überraschten Miene zu ihr umdrehte.
„Ich muss zugeben … Ich habe zwar gedacht, dass du deine Zweifel haben würdest, aber ich hätte nie erwartet, dass mich hier jemand unter diesem Titel kennt.“
Wu Long sprach ehrlich und gab damit indirekt zu, was Liang Yuhan den Atem stocken ließ. Ihre grünen Augen funkelten im Mondlicht und wurden groß, als sie ihn in einer entspannten Haltung sitzen sah, während der Teich den Nachthimmel widerspiegelte und seine Silhouette im Mondlicht badete und seine Präsenz plötzlich tief und bedeutungsvoll wurde.
Etwas in seinem Blick und seinem Verhalten veränderte sich unmerklich, als hätte er einen dünnen Schleier abgenommen, der ein himmlisches Wesen bedeckte, sodass sie nicht einmal an seinen Worten zweifelte.
„Ich dachte schon, du hättest eine Verbindung … aber …“
„Ah, ich verstehe. Nun, das ist nicht verwunderlich, denn sonst müsstest du raten, warum jemand wie ich hier ist, also macht es Sinn, dass du denkst, ich hätte eine Verbindung.“
Wu Long nickte der immer noch erstarrten Liang Yuhan zu, die plötzlich erkannte, dass sie vor jemandem stand, der so unergründlich war, dass sie sein Wesen nicht einmal ansatzweise begreifen konnte.
Aber dann führte dieser Gedanke sie zu den Erinnerungen an ihre Versuche, ihn zu verführen, als sie sich gerade kennengelernt hatten, und ihr Gesicht errötete, als sie ihren Blick abwandte, während ihre Pfeife langsam eine dünne Rauchwolke ausstieß, deren Existenz sie vergessen hatte.
„Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass der Ruhm, oder besser gesagt, der schlechte Ruf eines titulierten Gottes bis hierher reichen würde. Nur wenige Menschen erhalten so viel Anerkennung, und ich habe mich nie zu ihnen gezählt.“
„Nun, ich habe mich schon vor der Abschottung dieser Welt mit Informationen beschäftigt, daher weiß ich zufällig mehr als der Durchschnitt.
Doppelt Kultivierende betrachten deine Drei Wege der Lust als heilige Schrift, daher lebt dein Einfluss noch über Generationen hinweg weiter.
Außerdem lebt dein Name auch in der Angst und Furcht der Lustkultivierenden unter dem Titel „Gott des Gemetzels“ weiter.“
„Hmm, wie es sich anhört, ist diese Praxis doch nicht ausgestorben.“
„Nun, sie blüht auch nicht gerade. Sie wird an den meisten Orten gemieden und ist verboten. Heutzutage können sie nur noch im Verborgenen leben, ähnlich wie der Verdorbener Pfad.
Nur hier, in dieser Abgeschiedenheit, haben sie sich offen gezeigt und eine Sekte gegründet.“
Liang Yuhan schüttelte den Kopf und versuchte immer noch, die Enthüllung seiner Identität zu verarbeiten, indem sie sich damit beschäftigte, Informationen weiterzugeben.
„Sprich nicht so förmlich, Frau Liang. Es mag schwer sein, sich daran zu gewöhnen, aber wenn du darüber nachdenkst, hast du nie mit einer Rolle oder einer falschen Identität gesprochen, du hast immer mit mir gesprochen. Du weißt jetzt einfach, wer ich bin, aber die Person, die ich war, hat sich nicht verändert. Warum solltest du die Art und Weise ändern, wie du mit mir umgehst, wo wir uns doch schon eine Weile kennen?“
Er lachte leise, als er sah, wie sie leicht zappelte und wie unruhig ihr Blick war.
„Aber trotzdem …“
„Ich unterhalte mich lieber mit dir, außerdem kennen meine Frauen meine Identität, auch wenn nicht alle genau wissen, was das bedeutet, da sie nicht viel von der Außenwelt wissen.“
„Aber sie sind deine Frauen …“
„Das stimmt, ich lasse ihnen mehr Freiheit im Umgang mit mir als den meisten anderen Menschen, aber ich mag Formalitäten ohnehin nicht besonders.
Eigentlich finde ich es genau richtig, wenn du mich so behandelst wie dieser alte Mann meinen betrunkenen Freund.“
Wu Long lachte leise und Liang Yuhan schnappte nach Luft, als sie sich daran erinnerte, wie der alte Mann Zhao über den Weingott gesprochen hatte.
Er nahm einen weiteren Schluck Wein, genoss den Geschmack und das Aroma, während er sie mit seiner Identität allein ließ und wieder zum Teich blickte.
