Lenny war ein mächtiger Dämon und die Teufelin war noch mächtiger.
Das bedeutete, dass ihr Kampf in den Laken echt lange dauern würde. Lenny versuchte aber, sich nicht zu sehr mitreißen zu lassen, schließlich hatte er nur wenig Zeit.
Eigentlich hätten sie mit ihrer unglaublichen Ausdauer tagelang weitermachen können. Schließlich waren sie in ihrem Stadium fast schon gottgleich.
Trotzdem gab es viel zu tun. Und Lenny war keiner, der sich lange dem Vergnügen hingab. Er wollte nur seine geistige Erschöpfung lindern. Und tatsächlich funktionierte das gut für ihn.
Danach unterhielt er sich noch ein wenig mit der Teufelin. Zu Lennys Überraschung war sie dem Teufelskönig nicht treu ergeben.
Tatsächlich konnte Lenny sehen, dass sie ihn nicht einmal ein bisschen mochte.
Das hieß aber auch nicht, dass sie Lenny mochte. Ihre Funken und ihr Streit waren keine Liebe, sondern nur Zufriedenheit aufgrund der Umstände. Aber da sie ihn gerade in sich hatte, war er in ihren Augen besser als der Teufelskönig.
Laut ihr hatte er die Angewohnheit, alles zu essen, auch die anderen Teufelsbosse, und deshalb hatte sie schon mehrmals ein Körperteil an seinen Appetit verloren.
Das machte die anderen natürlich sehr misstrauisch und einmal verbündeten sie sich gegen ihn. Aber leider konnten sie ihn nicht töten.
Lenny hörte ihr so gut er konnte zu und notierte sich wichtige Punkte über den Kampf, den der Teufelskönig mit den anderen Bossen geführt hatte.
Lenny war von Natur aus kein erfahrener Krieger. Er war ein Attentäter. Seine Stärke lag darin, einen Feind zu bekämpfen, der in seinem Kopf bereits tot war.
So hatte er alle anderen besiegt, und so würde er auch gegen diesen Gegner vorgehen.
Danach bedankte sich Lenny höflich bei ihr und versprach ihr, dass sie vielleicht sogar das Fleisch des Teufelskönigs probieren dürfe. Das begeisterte sie natürlich.
Allerdings konnte er an ihrem Blick erkennen, dass sie immer noch darüber nachdachte, ihn laufen zu lassen oder ihn festzuhalten und zu verspeisen.
Andererseits war ihr Eifer, zu sehen, ob Lenny eine so unmögliche Aufgabe tatsächlich bewältigen konnte, größer.
Im Grunde genommen wollte sie den Kampf beobachten.
Lenny begann sofort mit seinen Plänen für den Teufelskönig. Angesichts dessen, was er gerade über den Teufelskönig gehört hatte, war er sehr skeptisch, ob seine Tricks bei einer solchen Gestalt funktionieren würden.
Schließlich waren Tricks angesichts absoluter Macht nichts weiter als die amüsanten Eindrücke eines Clowns.
Trotzdem durfte nur ein Clown sich über den König lustig machen und damit davonkommen.
Nur musste er dabei etwas präziser sein.
Obwohl er nicht viel Zeit hatte, nahm sich Lenny noch ein paar Minuten, um sein Inventar nach etwas zu durchsuchen, das ihm im bevorstehenden Kampf einen Vorteil verschaffen könnte.
Natürlich fand er etwas von unglaublicher Bedeutung. Hoffentlich würde es funktionieren.
Die Zeit war gekommen.
Lenny betrat die letzte Etage des Teufelsverlieses. Im Gegensatz zu den anderen Ebenen gab es hier keine Teufelsdiener. Laut der Teufelin, der er begegnet war, hatten die Diener Angst vor dem Teufelskönig, der sie sogar aß.
Angesichts der Gerüchte und Geschichten, die Lenny über diesen Teufelskönig gehört hatte, war er nicht überrascht. Was ihn wirklich überraschte, war das Aussehen dieses Ortes.
Es sah aus wie die Außenwelt. Der ganze Raum war hell, obwohl es keine sichtbare Lichtquelle gab. Bäume mit verlockenden Früchten standen überall, ihre Äste waren voll mit leuchtenden, glänzenden Früchten, die nach Süße und Nahrung versprachen. Die Luft war erfüllt vom leisen Rascheln der Blätter und dem entfernten Zwitschern der Vögel, was den Eindruck einer friedlichen, ruhigen Umgebung vermittelte.
Doch in dem Moment, als Lenny eintrat, überkam ihn ein tiefes Gefühl der Unruhe. Seine Nase, geschärft durch unzählige Kämpfe und Begegnungen mit Gefahren, nahm einen seltsamen Geruch wahr. Hinter der Fassade der Schönheit der Natur verbarg sich eine stechende Unterströmung, ein Geruch, der von Verfall und Böswilligkeit zeugte.
Lenny sprach plötzlich, seine Stimme durchbrach die unheimliche Stille. „Keine Sorge, du brauchst all diese Dinge nicht, um mich zu locken. Ich bin aus eigenem Antrieb hierhergekommen.“
Als seine Worte durch den Raum hallten, ertönte von der anderen Seite ein tiefes, markerschütterndes Lachen. Es war ein Geräusch, das ihn bis in die Knochen zu erschüttern schien, kalt und spöttisch.
Sofort begannen die Bäume und Tiere, die friedlich und harmonisch zu grasen schienen, zu schmelzen, ihre Formen lösten sich auf wie Lava, die einen Hügel hinunterfließt. Das leuchtende Grün und die verlockenden Früchte verwandelten sich in eine zähflüssige, schimmernde Masse, die sich zu einer grotesken Formation zusammenballte.
Die geschmolzenen Teile bewegten sich wie von selbst, schlitterten und flossen zusammen zu einem riesigen, dreihundert Meter breiten Teich. Die Flüssigkeit war zwar hell und golden wie Honig, strahlte aber eine unheimliche Aura aus. Sie brodelte und wirbelte und verströmte einen übelriechenden Geruch, der Lenny den Magen umdrehte. Das war keine gewöhnliche Substanz, sondern Gift, rein und tödlich.
Die idyllische Landschaft zeigte ihr wahres Gesicht – eine trügerische Falle. Die Bäume, die mit ihren saftigen Früchten so einladend gewirkt hatten, waren nur Illusionen, die eine tödliche Gefahr verbargen. Die Luft, die zuvor von Naturgeräuschen erfüllt war, summte nun mit einem bedrohlichen Unterton, der an die Gefahr erinnerte, die unter der Oberfläche lauerte.
Lenny runzelte die Stirn und kniff die Augen zusammen, als er den Anblick vor sich in sich aufnahm. Die goldene Flüssigkeit schimmerte mit einer trügerischen Schönheit, ihre Oberfläche reflektierte das Umgebungslicht auf eine Weise, die fast hypnotisch wirkte. Aber er wusste es besser. Dies war kein gewöhnliches Gift, sondern eine konzentrierte Essenz aus Bosheit, Jin-Essenz und Chaosmagie, die dazu bestimmt war, zu verführen und zu zerstören.
Lenny seufzte leise und sprach dann mit fester, unerschütterlicher Stimme: „Zeig dich, Teufelskönig. Ich bin wegen dir hier, nicht wegen deiner … Illusionen.“
Das Lachen hallte erneut wider, diesmal lauter, als würden die Wände ihn verspotten.
Der Boden unter seinen Füßen bebte leicht, und am anderen Ende der Kammer tauchte eine Gestalt aus dem Teich auf. Der Teufelskönig, hoch und imposant, trat vor, seine Augen leuchteten unnatürlich.
„Du bist also gekommen“, sagte der Teufelskönig mit tiefer Stimme, die die Luft zu erschüttern schien. „Willkommen … Abendessen. Mal sehen, ob du würdig bist, meine Speisekarte mit deinem Geschmack zu bereichern.“