Enel winkte mit der Hand, seine Finger leuchteten schwach, während sich um ihn herum Erd-Runen formten. Die Runen stiegen spiralförmig nach oben und verbanden sich zu einer Formation, die das gefangene Monster vom Boden auf einen provisorischen Altar hob. Die Tentakel der Kreatur zuckten hilflos, festgehalten von leuchtenden heiligen Runen, die in ihre groteske Gestalt eingraviert waren.
Enel wandte sich an die versammelten Dorfbewohner und erhob seine Stimme mit spöttischem Unterton. „Ist das der Gott, den ihr so sehr fürchtet? Diese erbärmliche Kreatur, die in den Schatten kriecht und sich in euren Häusern versteckt?“ Seine Worte hallten durch die stille Menge, jedes einzelne schärfer als das vorherige. „Ihr betet DAS an? Ihr opfert euer Leben, eure Kinder, eure Seelen für ein Monster, das sich nicht einmal gegen Fremde verteidigen kann?“
Er trat näher an das gefesselte Monster heran und tippte ihm auf den Kopf, während es sich schwach windete. Er beobachtete es mit zusammengekniffenen Augen. Das war nicht das Kernbewusstsein, so viel wusste er. Aber er ließ sich nichts anmerken. Stattdessen breitete sich sein spöttisches Lächeln aus.
Enel wusste, dass Angst Respekt einflößte. Die Dorfbewohner verehrten diesen Gott aus Angst. Aber wenn Angst die Kette war, dann war Hoffnung das Schwert, das sie durchtrennen konnte. Und wenn Hoffnung entstehen sollte, brauchte sie einen Funken. Schließlich brauchte er ihren Hass, um Punkte im System zu sammeln.
Enel wandte sich wieder der Menge zu, senkte die Stimme und sprach mit gefährlicher Schärfe. „Heute“, verkündete er, „wird einer von euch einen Gott töten.“
Ein kollektiver Aufschrei ging durch die Dorfbewohner. Einige von ihnen scharrten nervös mit den Füßen und starrten Enel mit großen Augen an. Die Angst klebte an ihnen wie ein erstickender Nebel, aber in ihrer Angst sah Enel eine Chance.
Mit einer dramatischen Handbewegung zog er einen Dolch hervor, dessen Klinge mit komplizierten heiligen Runen verziert war. Die Symbole pulsierten schwach, jedes einzelne mit Entschlossenheit und Kraft in die Klinge gemeißelt. Die Waffe war kein gewöhnliches Schwert; sie strahlte Licht aus, als wäre sie von einer Gottheit selbst geschmiedet worden.
Enel ging mit bedächtigen, schweren Schritten auf Talkling zu. Er beugte sich zu ihm hinunter und flüsterte mit tiefer, befehlender Stimme: „Wenn du willst, dass ich dir helfe, wenn du die Erlösung für dein Volk willst, dann musst du das tun.“ Er drückte den Dolch in Talklings zitternde Hände und stieß ihn vorwärts.
Die Menge murmelte besorgt. Alle Augen richteten sich auf Talkling, ihre Blicke waren eine Mischung aus Angst, Hoffnung und Unglauben. Talklings Finger zitterten heftig um den Griff des Dolches. Sein Atem ging stoßweise, sein Körper war angespannt, als würde er unter dem Gewicht der Waffe zusammenbrechen.
„Ich – ich kann nicht“, stammelte er, seine Stimme war kaum zu hören.
Enel trat näher, seine Stimme war jetzt nur noch ein Flüstern, erfüllt von einer leisen, unwiderstehlichen Kraft. „Du kannst es“, sagte er, seine Worte erfüllt von der Autorität, die er dem Morgenstern geraubt hatte. Es waren nicht nur Worte – es war Wille, der sich um Talklings Geist legte und ihn sanft beugte.
Bevor Talkling es bemerkte, bewegte sich seine zitternde Hand. Mit einem plötzlichen Stoß versank die Klinge in der Brust des Monsters.
Die Kreatur zuckte heftig, ihre Tentakel schlugen wild um sich, bevor sie leblos zu Boden fielen. Das Leuchten der heiligen Runen auf ihrem Körper flackerte und erlosch, als Stille über den Altar fiel.
Talkling taumelte zurück und starrte auf seine Hände, als gehörten sie nicht mehr zu ihm. Sein Gesicht war eine Maske aus Ungläubigkeit und Verwirrung, sein Atem stockte, während er versuchte zu begreifen, was er gerade getan hatte.
Enel verschwendete keine Zeit. Er trat vor, breitete die Arme aus und wandte sich erneut an die Dorfbewohner. „Seht euren Gott“, spottete er mit verächtlicher Stimme. „Seht, wie leicht er fällt. Ist das das Wesen, vor dem ihr euch verbeugt? Ist das das Wesen, dem ihr eure Söhne und Töchter opfert? Das ist kein Gott. Das ist Abschaum.
Und ihr“, er zeigte mit einem anklagenden Finger auf die Menge, „ihr seid Idioten, weil ihr jemals etwas anderes geglaubt habt!“
Seine Worte trafen hart. Wut brodelte in den Dorfbewohnern, kochte knapp unter der Oberfläche. Enel beugte sich vor und schürte das Feuer. „Wie erbärmlich müsst ihr sein, zu glauben, dass die Erlösung darin besteht, diesem Abscheulichkeit zu dienen. Aber jetzt – jetzt habt ihr die Wahl. Steht auf. Holt euch zurück, was euch gehört. Zeigt dieser Kreatur, dass ihr nicht ihre Sklaven seid. Zeigt ihr, dass ihr stärker seid!“
Die Menge brüllte, ihre Angst verschmolz mit ihrer Wut. Sie stürmte vorwärts, ihre Augen glühten vor Zorn und Entschlossenheit. Niemand wusste, dass seine Worte seine Macht waren, und deshalb ließen sie sich so leicht von ihren Emotionen mitreißen.
Enel griff nach dem Dolch auf dem Altar und reichte ihn einer Frau in der Nähe. Ihre Hände zitterten, als sie ihn entgegennahm, und ihre Lippen formten Worte in ihrer Muttersprache.
„Was sagt sie?“, fragte Enel Talkling.
„Sie sagt …“, Talkling hielt inne, seine Stimme zitterte, „sie sagt, das ist dafür, dass du ihre Tochter getötet hast.“
Die Frau näherte sich der Leiche des Monsters, ihre Schritte langsam, aber entschlossen. Ihr Gesicht war vor Trauer verzerrt, Tränen liefen ihr über die Wangen, aber ihr Schluchzen verwandelte sich in ein kehliges Knurren, als sie die Klinge hochhob und sie in das Fleisch der Kreatur stieß.
Sie lachte bitter durch ihre Tränen, und der Klang hallte in der fassungslosen Stille wider.
Ein weiterer Dorfbewohner trat vor, dann noch einer, jeder nahm das Messer und stach auf den leblosen Körper ein. Ihre Bewegungen wurden sicherer, ihre Schreie lauter, bis die Luft von Triumphrufen und Katharsis erfüllt war.
Enel sah von der Seite zu, sein Grinsen unerschütterlich. Die Menschen hatten ihren Funken gefunden, und nun brannte das Feuer der Rebellion lichterloh.
Lana konnte in diesem Moment nicht anders, als ihm ins Ohr zu flüstern: „Woher wusstest du, dass sie ihre Angehörigen dafür geopfert haben?“
Enel grinste: „Alle Religionen sind so. Man muss seine Liebe durch Opfergaben zeigen. Und dieser Gott ist definitiv nicht an Geld interessiert.“
Dann trat aus der Menge der Dorfbewohner derjenige hervor, der Enel verraten und das Monster herbeigeführt hatte, und wollte ebenfalls nach dem Messer greifen. Aber Enel schnappte es sich … „Tsk, tsk, tsk … Nicht du. Du hast es hierhergebracht, du hast das Privileg, damit zu gehen.“ Er nahm den Dolch und rammte ihn dem stämmigen Mann in den Kopf …