In der unendlichen Weite der Leere wurde eine seltene Versammlung einberufen, wie es sie seit dem Fall des Morgensterns nicht mehr gegeben hatte.
Die Leere selbst war ein dunkles, stilles Reich, unberührt von Zeit, Raum oder physikalischen Gesetzen. Sie erstreckte sich endlos, ein Ort, der jenseits der bekannten Ebenen der Existenz existierte.
Hier, inmitten dieser ätherischen Leere, hatten sich die Mächte versammelt. Es waren keine gewöhnlichen Dämonen – jeder von ihnen war das Oberhaupt einer der königlichen Dämonenfamilien, die dem Aufstieg in den Rang eines Abendsterns am nächsten waren, Wesen, deren Macht so groß war, dass sie ganze Welten mit einem einzigen Gedanken auslöschen konnten.
Sie herrschten nach ihren jeweiligen Urdämonen und waren Oberhäupter der Fürstentümer unter ihnen. Als solche waren sie als Mächte bekannt.
Sie wurden sowohl gefürchtet als auch verehrt, selbst in den höchsten Kreisen der Unterwelt. Und nun waren sie aus einem gemeinsamen Grund zusammengekommen, obwohl in der Luft noch immer starkes Misstrauen lag.
Als Erster erschien Grammelion, die Macht der Gier und stellvertretender Anführer der Mammon-Familie. Seine Ankunft wurde von einem widerlichen Klang klirrender Münzen und dem Rascheln von Reichtümern begleitet.
Seine Gestalt war verzerrt, aber prächtig – seine Haut glänzte wie geschmolzenes Gold und seine Augen leuchteten in dem grünen Farbton ewiger Habgier.
Jeder Zentimeter seines Körpers war mit Edelmetallen und Edelsteinen verziert, seine Roben waren aus reinstem Platin gewebt, doch er strahlte eine Leere aus, eine Leere, wo sein Herz hätte sein sollen. Er schwebte leicht über dem Boden, umgeben von gespenstischen Ketten aus Reichtum und materiellem Besitz, deren Gewicht ihn nie belastete, sondern immer hinter ihm her schleifte. Seine langen, knorrigen Finger krümmten sich unruhig und griffen immer nach mehr.
Der Glanz in seinen Augen verriet Misstrauen, sein Blick huschte von Schatten zu Schatten, als würde er berechnen, was er seinen Mitmächtigen wegnehmen könnte.
Kurz darauf erschien Lustrinia, die Macht des Blutes und der Lust aus der Familie Asmodeus. Ihr Auftritt war wie ein leises Seufzen, eine verführerische Brise, die durch die Leere strich. Sie war eine Vision von Schönheit – so perfekt, dass es wehtat, sie zu lange anzusehen.
Ihre Gestalt veränderte sich ständig, ihre Haut schimmerte in Purpur- und Violetttönen, ihre Augen waren ein verführerischer, hypnotischer Wirbel aus Farben. Ihre dunklen, glatten Flügel breiteten sich hinter ihr aus, jede Feder mit scharfem, silbernem Licht an der Spitze.
Ein schwacher Duft von Jasmin und verbotenen Freuden hing in der Luft um sie herum, berauschend, und zog alle, die sich ihr näherten, in ihren Bann. Doch ihr Lächeln hatte keine Wärme – nur einen kalten, berechnenden Hunger, der denen, die es wagten, ihr zu vertrauen, den Untergang versprach. Ihre Finger zeichneten unsichtbare Muster in die Luft, während sie ihren Platz einnahm, ihre Augen voller kaum verhüllter Verachtung für die anderen.
Ein heftiges Beben erschütterte die Leere, und Malachor, Macht des Zorns und Anführer der Satan-Familie, erschien in einem Feuersturm der Wut. Sein Körper war riesig, von geschwärzten Muskeln überzogen, Adern wie Lavaströme flossen durch seine dunkle Haut.
Seine Augen brannten wie zwei Sonnen, und sein Haar war eine Krone aus Feuer, die endlos loderte. Jeder seiner Schritte zerbrach das Gewebe der Leere unter ihm und sandte Wellen gewaltsamer Energie aus.
Seine Hände waren riesig, jede einzelne groß genug, um einen Planeten zu zermalmen, und seine Zähne waren scharf und in einem permanenten Knurren entblößt.
Trotz seiner monströsen Gestalt trug er sich mit einer brutalen Würde, auch wenn sein Blick mit klarer Verachtung über die anderen huschte. Er hatte keine Ahnung von Feinheiten, keine Geduld für Diplomatie – er war aus einem einzigen Grund hier: um ihren gemeinsamen Feind zu vernichten. Doch selbst er konnte sich der Frage nicht entziehen, ob ein Verrat aus den eigenen Reihen kommen würde.
Als Nächstes kam Baaldrith, die Macht der Völlerei aus der Familie Beelzebub, eine gruselige Gestalt, die wie eine dunkle, schleimige Masse in die Leere schlitterte. Sein Körper war aufgebläht, bis zur Unkenntlichkeit geschwollen, sein Fleisch wogte bei jeder Bewegung. Sein Mund war ein klaffendes Maul, das ständig die Leere um ihn herum verschlang, schwarze Tentakel des Hungers streckten sich aus seinem Körper, um alles zu verschlingen, was sie finden konnten.
Seine Augen waren eingefallen, doch sie glänzten vor unstillbarem Hunger, einer bodenlosen Grube, die niemals gefüllt werden konnte. Seine Anwesenheit war bedrückend, erstickend, als würde die Luft selbst von seiner Existenz verschluckt.
Baaldriths Gier nach Macht war genauso groß wie Grammelions Gier nach Reichtum, und sein Blick fiel mit gieriger Ambition auf die anderen. Er war hier, um sich die Kriegsbeute zu holen, obwohl er jede Macht mit dem Gedanken beäugte, sie zu verschlingen, wenn sich die Gelegenheit bot.
Als letzter, aber nicht als Letzter, traf Zolgorith ein, die Macht der Trägheit und Anführer der Belphegor-Familie.
Sein Eintreten wurde kaum bemerkt, da er wie eine Rauchwolke in die Leere schwebte, seine Gestalt träge und geisterhaft. Sein Körper schien zu verschwinden und wieder aufzutauchen, als ob die Anstrengung, seine physische Form aufrechtzuerhalten, zu groß für ihn war.
Er lehnte sich in der Luft zurück, als würde er auf einem unsichtbaren Sofa liegen, die Augen halb geschlossen, sein Gesichtsausdruck von ewiger Langeweile geprägt.
Seine Gliedmaßen waren lang und dünn und in fließende schwarze Roben gehüllt, die scheinbar nichts wogen. Obwohl sein Aussehen Trägheit suggerierte, lag in seinem Blick eine verborgene Gerissenheit, eine lethargische Intelligenz, die jede Bewegung berechnete. Zolgorith hatte kein Interesse an dem Konflikt selbst – nur daran, seinen eigenen Komfort zu bewahren. Doch selbst er konnte die Gefahr, die vom Aufstieg der Leviathan-Familie ausging, nicht ignorieren.
Die Mächte der Dämonenfamilien standen in der Leere, jede in ihrem eigenen Raum, ihre Gestalten flackerten vor einer Kraft, die ganze Welten zerstören konnte. Obwohl sie sich zu einem gemeinsamen Zweck versammelt hatten – um den Sturz der Leviathan-Königsfamilie der Neid zu planen, die gerade aus ihrem Gefängnis entkommen war –, gab es kein Vertrauen zwischen ihnen. Ihre Blicke wanderten von einem zum anderen, jeder verdächtigte den anderen, seinen Untergang zu planen, und wartete auf den Moment, in dem der Verrat zuschlagen würde.
„Wir sind hier, um die Leviathan zu stürzen“, sagte Grammelion mit einer Stimme, die wie flüssiges Gold klang, kalt und metallisch. „Aber ich frage mich … wer von uns wird der Nächste sein?“
Malachor knurrte leise, und das Geräusch hallte wie fernes Donnergrollen. „Sprich für dich selbst, du Elender. Ich werde Leviathans Kopf auf einem Spieß sehen, aber wenn einer von euch es wagt, sich mir in den Weg zu stellen, wird er sein Schicksal teilen.“
Lustrinias Lachen war leise und sinnlich, aber es hatte einen tödlichen Unterton. „Bitte, Schatz. Tu nicht so, als wären wir aus Loyalität hier. Wir wollen alle etwas. Lasst uns einfach sicherstellen, dass wir es bekommen, bevor wir uns gegenseitig zerfleischen.“
Baaldrith leckte sich seine grotesken Lippen, seine Gier war offensichtlich. „Ich will die Kriegsbeute. Alles andere ist nur … Dessert.“
Zolgorith sagte nichts, nickte nur langsam und träge. Seine halb geschlossenen Augen nahmen die anderen kaum wahr, doch hinter ihnen arbeitete sein Verstand und schmiedete Pläne für sein eigenes stilles Überleben.
Als die Mächte der Dämonenfamilien in der Leere standen und ihre Auren vor roher, ursprünglicher Energie flackerten, sorgte eine letzte Ankunft für zusätzliche Spannung in der ohnehin schon angespannten Atmosphäre.
Mit Verspätung betrat Astraelia, die Macht der Zerstörung aus der Familie Abaddon, den Versammlungsort. Die Struktur der Leere schien zu beben, als sie eintraf, und die dunkle Weite barst und zerbrach in ihrem Gefolge. Ihre Anwesenheit war eine Kraft, die das Chaos selbst verkörperte – wo immer sie hinkam, konnte die Leere sich kaum zusammenhalten.
Astraelia war anders als die anderen. Sie verkörperte nicht wie die anderen ein einzelnes Laster wie Gier, Lust oder Zorn. Sie war pure, ungezügelte Zerstörung – eine lebende Kraft der Vernichtung. Ihre Gestalt war sowohl furchterregend als auch majestätisch, eine hoch aufragende Gestalt, umhüllt von schwarzen und violetten Flammen, die alles verschlangen, was sie berührten. Ihre Haut schimmerte wie geschmolzener Obsidian, durchzogen von leuchtenden, tiefroten Adern, als ob sie das Herz eines sterbenden Sterns in sich trug.
Ihre Augen waren Abgründe der Dunkelheit, endlos und kalt, erfüllt von dem Versprechen der Vergessenheit. Um sie herum schwebten Scherben zerbrochener Realitäten, Teile von Welten, die sie in der Vergangenheit auseinandergerissen hatte und die nun wie gespenstische Erinnerungen an ihre Macht schwebten. Ihr langes, wallendes Haar glich der Leere selbst, Schattensträhnen, die das Licht zu verschlingen schienen.
Als Astraelia vorwärts trat, hallten ihre Schritte wie der Zusammenbruch von Welten wider – jeder Schritt hallte durch die Leere wie der Todesstoß einer ganzen Zivilisation. Sie trug keine Waffe, denn sie brauchte keine. Ihre bloße Existenz war eine Waffe. Wo sie vorbeiging, barst die Leere auf, und für einen Moment schien es, als könne selbst dieses zeitlose, raumlose Reich durch ihre Anwesenheit zerstört werden.
Die anderen Mächte richteten ihre Aufmerksamkeit auf sie, jeder spürte die Bedeutung ihrer verspäteten Ankunft. Misstrauen und Unbehagen breiteten sich unter ihnen aus, denn Astraelias Ankunft konnte nur eines bedeuten: Es stand nun die totale Zerstörung bevor. Sie war nicht für ihre Subtilität bekannt, sondern für ihre Entschlossenheit. Wenn sie involviert war, blieb nichts übrig.
Als Astraelia sprach, klang ihre Stimme wie zerbrechendes Glas, leise, aber mit einer Spur von Gewalt. „Entschuldigt die Verspätung, aber ich hoffe, die Diskussion ist ohne mich nicht zu weit fortgeschritten.“
Grammelion, dessen Augen sich vor kaum verhüllter Gier verengten, ergriff als Erster das Wort. „Ah, Astraelia von Abaddon.
Wir hatten schon angefangen, uns zu fragen, ob du uns überhaupt mit deiner Anwesenheit beehrst. Allerdings muss ich sagen, dass die Leere durch deine Ankunft fast auseinandergebrochen ist. Was für eine Zerstörung. Immer so begierig, Dinge zu zerstören.“
Lustrinia grinste und ihre Lippen verzogen sich verführerisch, während sie Astraelia mit großem Interesse beobachtete. „Zerstörung, in der Tat, aber hoffentlich Zerstörung mit einem Zweck. Sicherlich bist du nicht nur mit dem Gedanken an Zerstörung hierhergekommen?“
Malachors Lippen verzogen sich zu einem Knurren, sein feuriges Haar leuchtete heller, als er sie ansah. „Zerstörung dient der Wut gut genug. Wir könnten einen Hammer gebrauchen, um die Leviathan-Familie zu vernichten.“
Astraelias Blick wanderte kalt und berechnend über sie hinweg. „Zerstörung dient niemandem, Malachor. Sie ist ihr eigener Zweck.
Aber ich bin hier, genau wie ihr alle, um Leviathan zu Fall zu bringen. Wenn wir diesen alten Urvater zuschlagen lassen, ist unser Ende besiegelt. Ich schlage vor, wir greifen ihn an.“ Ihre Worte ließen einen Schauer durch die Leere gehen, denn sie alle wussten, dass es keine Gnade und keinen Kompromiss geben würde, wenn Astraelia involviert war. „Wenn die Leviathan-Familie vernichtet ist, wird nichts von ihnen übrig bleiben. Nicht ihre Macht, nicht ihr Vermächtnis – nichts.“
Baaldriths groteske Gestalt zitterte vor Hunger, und er leckte sich mit seiner übergroßen Zunge die Lippen. „Ich hoffe, du lässt etwas für den Rest von uns übrig, Astraelia. Ich liebe den Geschmack einer zerbrochenen Dynastie.“
Astraelia warf ihm einen Blick zu, der sowohl kalt als auch abweisend war. „Du bekommst, was übrig bleibt, Baaldrith. Wenn du schnell genug bist.“
Zolgorith, wie immer faul und langsam, gähnte gelangweilt. „Lasst uns einfach weitermachen. Je schneller wir Leviathan vernichten, desto schneller kann ich zu meiner … Ruhe zurückkehren.“
Und so planten sie. Und sie kamen schnell zu einer Einigung. Niemand würde sich zurückhalten oder sich in seiner Primärwelt verstecken. Stattdessen würden sie den Kampf zu Leviathan tragen. Andernfalls wäre ihr Ende gewiss.
Allerdings wussten sie nicht, dass Lilith diese Denkweise längst vorausgesehen hatte. Sie hatten nämlich nie daran gedacht, dass die Mutter der Hölle diejenige war, die die Leviathan-Familie befreit hatte.
Der Grund dafür war, dass sich die Nachricht von Liliths Erwachen zwar in der ganzen Hölle verbreitet hatte, die Wesen, die in dieser rauen Umgebung lebten, jedoch auf ihre Bitte hin beschlossen hatten, nichts zu sagen.
Das bedeutete, dass sie zwar in den Krieg zogen, aber für Lilith war es eine gezielte Einladung. Schließlich hatte sie andere Pläne.
(Anmerkung des Autors: Ich weiß, dass das eine Menge zu verdauen war, vor allem die Namen, aber ich musste sie alle unterbringen. Jeder einzelne ist entscheidend für den weiteren Verlauf der Geschichte. Also passt auf und habt Spaß.)