Sie wollte noch mehr fragen, vor allem, weil Lilith so gesprächig war, was sie bei Virgil noch nie geschafft hatte, seit sie ihn kennengelernt hatte.
Aber sie waren angekommen.
Die riesigen Türen des Blutschlosses öffneten sich mit einem Geräusch, das wie ein tiefes, kehliges Knurren aus den Tiefen der Erde hallte.
Diese Türen waren lebendig und pulsierten mit der Essenz der purpurroten Flüssigkeit, aus der sie bestanden, und als sie sich öffneten, schien ein Fluss dunkler Kraft in den Thronsaal zu fließen.
Die Luft selbst zitterte unter dem Gewicht der sich nähernden Präsenz. Wäre Athena allein an diesem Ort gewesen, hätte sie allein die Aura getötet, aber mit Lilith war es anders.
In diesen großen Saal des Blutes trat die Heerschar der Hölle.
Es war eine furchterregende Versammlung von Wesen, die sich jedem irdischen Verständnis entzogen. Sie waren das genaue Gegenteil ihrer weißflügeligen Gegenstücke.
Aber noch schlimmer war, dass es sich nicht um bloße Teufel handelte; sie waren die Kelchträger des Morgensterns, die Elite der Höllenlegionen.
Es waren sechshundertsechsundsechzig an der Zahl, einschließlich des Cerberus, der draußen noch immer Schmerzen litt. Jeder einzelne von ihnen war eine einzigartige Abscheulichkeit, geschaffen aus den dunkelsten Winkeln des Leibes der Verderberinnen.
Athenas Sinne schärften sich, als sie den Anblick auf sich wirken ließ.
Der Thronsaal, so groß er auch war, schien sich zu dehnen, um die schiere Größe dieser Kreaturen aufzunehmen, als würde das Schloss selbst ihre Macht anerkennen und respektieren.
Es war jedoch offensichtlich, dass Lilith sich der Größe und Anzahl ihrer Besucher bewusst war und das Schloss so gestaltet hatte, dass alle Platz fanden.
Diese Kelchträger waren ein furchterregender Anblick, einer monströser als der andere. Einige von ihnen ragten wie Riesen empor, ihre massigen Körper streiften die blutgetränkte Decke.
Eines dieser Wesen hatte einen massigen Körperbau mit vier muskulösen Armen, die in Klauen endeten, die scharf genug waren, um die Realität selbst zu zerreißen. Zumindest sagte ihr das Athenas Instinkt.
Seine Haut war tiefrot und pulsierend, bedeckt mit Schuppen, die einen kränklichen Schimmer hatten. Wo sein Gesicht hätte sein sollen, war nur ein klaffendes Maul mit Reihen von gezackten Zähnen, die ständig vor Hunger knirschten.
Aber das war noch nicht das schlimmste Aussehen von allen. Es war ja fast so, als würden sie darum wetteifern, wer am hässlichsten war.
Eine andere Gestalt war schlanker, aber nicht weniger furchterregend. Sie sah aus wie eine Schlange mit einem langen, gewundenen Körper, der sich um sich selbst wickelte. Ihre Haut war glatt und ölig rot, und aus ihrem Kopf ragten mehrere schlangenähnliche Fortsätze, die jeweils in einem fangzahnbewehrten Maul endeten.
Seine Augen waren kalt und berechnend und leuchteten in einem tiefen, bösartigen Gelb. Er hatte einen Stab mit einer sich windenden Dornenmasse an der Spitze, die das Blut aus der Luft zu trinken schien.
Zu Athenas Schock hatte einer der Kelchträger eine Gestalt, die komplett aus flackerndem Feuer bestand.
Er bewegte sich wie ein lebendes Inferno, seine Flammen verdrehten und verzerrten sich zu verschiedenen Formen – mal menschenähnlich, mal tierisch und mal völlig unerkennbar. Die Hitze, die er ausstrahlte, war unerträglich, doch die Blutburg absorbierte und zerstreute sie und hielt den Raum in einer unheimlichen, bedrückenden Wärme.
Andere waren noch grotesker.
Eine Kreatur hatte zwei Köpfe, die in einem ewigen Knurren miteinander verschmolzen waren, und ihr massiver Torso war mit Stacheln übersät, von denen Gift tropfte. Sie hatte acht muskulöse Beine, die in Hufen endeten, die beim Laufen donnernd auf den Boden schlugen. Eine andere war komplett mit Augen bedeckt, Hunderte von ihnen blinzelten gleichzeitig, und sie hatte weder Mund noch Nase – nur eine wirbelnde Masse von Tentakeln, wo sich ihr Kopf hätte befinden sollen.
Trotz ihrer unterschiedlichen Formen hatten alle Kelchträger eines gemeinsam: ihre Haut, die tief blutrot war und sie als Elite der Hölle auswies. Ihre Waffen waren genauso furchterregend wie ihr Aussehen – Klingen, die von einem inneren, dämonischen Feuer glühten, Ketten, die mit den Schreien der Verdammten rasselten, und Keulen, die zu pulsieren schienen, als hätten sie ein Eigenleben.
Als sie den Thronsaal betraten, hallten die Schreie der Cerberus Lilith draußen immer noch durch den Saal.
Der Lärm war ohrenbetäubend, eine Kakophonie der Qual, die durch die Wände zu hallen schien. Aber die Kelchträger kümmerten sich nicht darum; sie waren jenseits solcher irdischen Sorgen und konzentrierten sich ganz auf die dunkle Aufgabe, die sie erwartete.
Unter ihnen stand einer, der menschlicher aussah und neben Lilith auf Athena schaute. In dem Moment, als sein wandernder Blick auf sie fiel, drehte sie sich in seine Richtung, aber aus Schuldgefühlen versteckte er sich leicht hinter einem anderen. Schließlich hatte er ein Gesicht, das Athena wiedererkennen würde.
In diesem Moment trat eine Gestalt aus der Masse der Abscheulichkeiten hervor und zog alle Blicke auf sich. Dieses Wesen war anders als die anderen, und Athena war klar, dass es das mächtigste unter ihnen war.
Sein Körper befand sich in einem ständigen Zustand der Veränderung, er verschob sich und verformte sich, als wäre er in einer Endlosschleife der Verwandlung gefangen. Der Effekt war wie das Rauschen eines alten Fernsehers, bei dem sich Formen bildeten und wieder auflösten, bevor man sie vollständig erkennen konnte.
Die Macht dieser Kreatur war greifbar und strahlte pure Verderbnis aus, die die Realität um sie herum zu verzerren schien. Die Luft schien vor ihrer Präsenz zurückzuweichen, und der Boden unter ihr wellte sich, als würde sie auf der Oberfläche eines aufgewühlten Teiches laufen. Sie war sowohl fest als auch ätherisch, ein Paradoxon der Form, das den Gesetzen der Natur widersprach.
Ihre Augen – oder das, was in ihrem sich ständig verändernden Gesicht als Augen zu erkennen war – waren leere Abgründe, die alles Licht und Leben um sich herum verschluckten. Sie richteten sich mit einer Intensität auf Lilith, die den Willen jedes schwächeren Wesens gebrochen hätte. In einer Hand hielt sie eine Waffe, die ebenso undefinierbar war wie ihre Gestalt und sich ständig zwischen einem Schwert, einem Stab und einer Peitsche verwandelte, wobei jede Form furchterregender war als die vorherige.
Athena konnte die pure Boshaftigkeit spüren, die von dieser Kreatur ausging, und sie wusste ohne Zweifel, dass es sich um ein Wesen von unvorstellbarer Macht handelte. Der Raum, das Schloss, ja sogar die ganze Welt schien sich seinem Willen zu beugen.
Und doch blieb Lilith ruhig, ihre Augen verengten sich leicht, als sie das abscheuliche Wesen vor sich betrachtete.
Die Spannung lag schwer in der Luft, als Liliths Lippen zu einem dunklen, wissenden Lächeln verzogen. Das Spiel hatte gerade erst begonnen.
Schließlich hatte dieses abscheuliche Wesen eine klare Absicht, und die war die unverhohlene Herausforderung der Mutter der Hölle, und Lilith, so erkannte Athena, war niemand, der Respektlosigkeit dulden würde.
(Anmerkung des Autors: Nach dem Erzählen der Geschichte hielt ich es für notwendig, diese Becherhalter richtig zu erklären. Aber das wird das einzige Mal sein. Da es zu viel Platz einnimmt und ich lieber zum spannenden Teil der Geschichte kommen möchte, aber oft beschweren sich Leute, dass ich die Charaktere nicht ausreichend erkläre.)