In den tiefsten Tiefen des Reichs der alten Dämonengötter, in einer Festung, die von ewiger Dunkelheit umhüllt war, tauchte Yao Huang auf, seine Gestalt materialisierte sich aus dem Nichts. Sein Gesicht war blass, sein Atem ging stoßweise, und seine Augen brannten vor einer Mischung aus Frustration und Unglauben. Die Schlacht am Weltenbaum war eine demütigende Niederlage gewesen, ein Rückschlag, den er nicht erwartet hatte.
Er hatte Yue Yuns Macht unterschätzt. Ihre Beherrschung des Mondlichts ging weit über das hinaus, was er sich vorgestellt hatte. Es war eine Kraft, die es mit den Urgöttern aufnehmen konnte, eine Macht, die ihn an seine Grenzen gebracht und zum Rückzug gezwungen hatte.
„Mein Herr, geht es Euch gut?“
Mo Liang eilte zu ihm, seine Stimme voller Sorge. Er hatte die Unruhe in der Leere gespürt, die chaotischen Energiefluktuationen, die die Rückkehr seines Meisters ankündigten.
Yao Huang winkte ihn ab, sein Geist war noch immer von der Begegnung benommen. Er brauchte Zeit, um sich zu sammeln, um zu analysieren, was geschehen war, und um seinen nächsten Schritt zu planen.
„Mir geht es gut“, sagte er mit angespannter Stimme. „Es war nur … unerwartet.“
Er holte tief Luft und versuchte, die Unruhe in seinem Inneren zu beruhigen. Es war ihm nicht gelungen, den Weltenbaum zu zerstören. Schlimmer noch, er war wie ein Feigling geflohen.
Nach einigen Augenblicken der Stille sprach Yao Huang endlich wieder, seine Stimme hatte etwas von ihrer Gelassenheit zurückgewonnen. „Mo Xie“, sagte er mit scharfem Tonfall. „Wo ist er? Ist er mit der Azurblauen Welt zurückgekehrt?“
Mo Liangs Gesichtsausdruck veränderte sich, und ein Anflug von Unruhe huschte über sein Gesicht. „Mein Herr“, begann er zögernd, „wir haben seit seiner Abreise nichts mehr von Mo Xie gehört. Ich habe versucht, ihn zu kontaktieren, aber … es gab keine Antwort.“
Yao Huangs Augen verengten sich, sein Blick wurde hart. Er hatte Mo Xie eine wichtige Aufgabe anvertraut, die Eroberung der Azurwelt, ein strategischer Schachzug, der ihm einen bedeutenden Vorteil gegenüber Yun Lintian verschafft hätte.
„Was meinst du mit keiner Antwort?“, fragte Yao Huang mit erhobener Stimme. „Er sollte längst zurück sein. Die Azurwelt ist nicht so weit von hier entfernt.“
Mo Liang schluckte schwer, als er die wachsende Wut seines Meisters spürte. „Ich weiß es nicht, mein Herr. Vielleicht gab es … unvorhergesehene Komplikationen?“
Yao Huang schlug mit der Faust auf einen Tisch in der Nähe, sodass die Wucht des Aufpralls die Steinoberfläche zersplitterte. „Komplikationen?“, brüllte er. „Mo Xie ist ein alter Teufelsgott-Vorfahre! Welche Komplikationen könnte er schon haben, die ihn daran hindern würden, eine so einfache Aufgabe zu erledigen?“
Er ging auf und ab, seine Gedanken rasten. Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Mo Xie war keiner, der versagte, und er war ganz sicher keiner, der spurlos verschwand.
„Schickt einen Suchtrupp los“, befahl Yao Huang mit kalter, harter Stimme. „Findet Mo Xie. Und bringt mir die Azurblaue Welt. Ich will Antworten, und ich will sie sofort.“
Mo Liang verbeugte sich tief. „Ja, mein Herr. Es soll geschehen.“
Als Mo Liang sich umdrehen wollte, hielt Yao Huang ihn zurück. „Warte“, sagte er, seine Stimme jetzt sanfter, aber nicht weniger eindringlich. „Da ist noch etwas. Etwas … Unerwartetes ist am Weltbaum passiert.“
Er erzählte von der Schlacht, vom Erscheinen von Yue Yun, ihrer überwältigenden Kraft und seinem erzwungenen Rückzug. Er sprach vom Mondlicht, von seiner Reinheit und Stärke, von seiner Fähigkeit, seiner Dunkelheit entgegenzuwirken.
Mo Liang hörte aufmerksam zu, seine Augen wurden mit jedem Detail größer. Er hatte seinen Meister noch nie von einer solchen Niederlage sprechen hören, von einer so mächtigen Gegnerin.
„Diese Yue Yun“, sagte Yao Huang mit wütender Stimme. „Sie ist die Tochter von Yun Lintian. Es macht keinen Sinn, dass er eine so mächtige Tochter hat, ohne dass wir davon wissen.“
„Was sollen wir jetzt tun, mein Herr?“, fragte Mo Liang aufmerksam.
„Such erst mal Mo Xie, dann reden wir darüber.“ Yao Huang winkte ab.
„Ja, mein Herr“, sagte Mo Liang und verbeugte sich noch mal.
Als Mo Liang ging, um den Befehl auszuführen, blieb Yao Huang allein in der Dunkelheit zurück, sein Geist von einem Wirbelwind aus Gedanken und Emotionen erfüllt. Das Scheitern am Weltbaum, das Verschwinden von Mo Xie, das Auftauchen von Yue Yun – all diese Ereignisse hatten seine Pläne durcheinandergebracht.
Er hatte seine Feinde unterschätzt und musste nun den Preis dafür zahlen. Aber er war nicht besiegt. Noch nicht. Er würde sich anpassen, er würde sie überwinden, er würde einen Weg finden, seine Ziele zu erreichen.
Er war Yao Huang, der Erbe der Macht des Gottes der Dunkelheit. Er würde sich nicht aufhalten lassen!
***
Yun Lintians Augen flogen auf, als er endlich Yao Huangs Aura ausmachte. Sie war schwach, fast versteckt in der chaotischen Energie des Reichs der alten Dämonengötter, aber unverkennbar. Yao Huang war hier, und Yun Lintian hatte nicht vor, ihn entkommen zu lassen.
Ohne zu zögern schoss Yun Lintian vorwärts, sein Körper bewegte sich schneller als das Licht selbst. Die Kraft des Gottes des Raumes strömte durch ihn hindurch und ermöglichte es ihm, mühelos durch die Leere zu fliegen. Sterne verschwammen an ihm vorbei, während er durch die endlose Dunkelheit navigierte, seine Sinne auf Yao Huangs Energie fixiert.
Die Reise war schnell, aber die Spannung in der Luft war spürbar. Yun Lintian konnte das Gewicht des Reichs des alten Teufelsgottes auf sich lasten spüren, die chaotische Energie der Leere drohte ihn zu überwältigen. Aber er drängte vorwärts, seine Entschlossenheit war unerschütterlich.
Endlich, nach einer Zeit, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, erreichte Yun Lintian den Rand einer riesigen, dunklen Festung.
Das Bauwerk ragte vor ihm empor, seine Mauern ragten hoch in den Himmel, seine Präsenz war bedrohlich und unheilvoll. Dies war Yao Huangs Versteck, das Herz des Reiches der alten Dämonengötter.
Yun Lintian stand vor der Festung, sein Gesichtsausdruck war ruhig, aber seine Augen brannten vor Entschlossenheit. Er konnte Yao Huangs Präsenz im Inneren spüren, die dunkle Energie des Gottes der Dunkelheit pulsierte wie ein Herzschlag.
Ohne zu zögern trat Yun Lintian vor und verschwand in der Festung.
Im Inneren der Kammer öffnete Yao Huang plötzlich die Augen, als er es spürte – eine mächtige, chaotische Energie, die die Festung zu durchdringen schien. Es war eine Präsenz, die er nur zu gut kannte.
„Yun Lintian“, murmelte Yao Huang, seine Stimme voller Wut und Unglauben. „Wie …?“
Er sprang auf und schrie: „Haltet ihn schnell auf!“
Mo Han und Mo Qian, die gerade mit Yao Huang zurückgekommen waren, eilten herbei, um Yao Huang zu beschützen.
In diesem Moment betrat Yun Lintian die Festung, seine Gestalt in ein schwaches, ätherisches Licht gehüllt, das in scharfem Kontrast zu der bedrückenden Dunkelheit um ihn herum stand.
Die Luft war dick von Verwesungsgeruch und der bedrückenden Schwere dunkler Energie, aber Yun Lintians Präsenz durchdrang sie wie ein Messer. Seine Augen leuchteten kalt und entschlossen, und das Himmelsdurchbohrende Schwert in seiner Hand summte vor Kraft, seine Klinge schimmerte mit
dem Zeichen des Lichts.
Er war hier, um zu töten!